„GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen“ – Versionsunterschied

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Der ''Zwischenbericht der Bundesregierung zu der Polizeiaktion am 27. Juni 1993 in Bad Kleinen'' formuliert: „Beamter Nr. 6 stürmte vor, in kurzem Abstand gefolgt vom Beamten Nr. 8. Beide sicherten in stehender, leicht vorgebeugter Haltung den in Gleis 4 liegenden Grams.“
Der ''Zwischenbericht der Bundesregierung zu der Polizeiaktion am 27. Juni 1993 in Bad Kleinen'' formuliert: „Beamter Nr. 6 stürmte vor, in kurzem Abstand gefolgt vom Beamten Nr. 8. Beide sicherten in stehender, leicht vorgebeugter Haltung den in Gleis 4 liegenden Grams.“


Obwohl die diversen Mordtheorien in Ermittlerkreisen als widerlegt gelten, wurden auch Jahre nach den Vorfällen Texte oder Bücher veröffentlicht, welche die Ergebnisse der Untersuchung bezweifeln oder gar angreifen. <ref>Als ausführliches Beispiel kann das Buch „bad kleinen und die erschiessung von wolfgang grams“ dienen, das in gekürzter Fassung bei [http://www.nadir.org/nadir/archiv/Repression/bad_kleinen/ nadir.org] zu finden ist.</ref>
Obwohl die diversen Mordtheorien in Ermittlerkreisen als widerlegt gelten, wurden auch Jahre nach den Vorfällen Texte oder Bücher veröffentlicht, welche die Ergebnisse der Untersuchung bezweifeln oder gar angreifen. <ref>Als ausführliches Beispiel kann das Pamphlet „bad kleinen und die erschiessung von wolfgang grams“ dienen, das in gekürzter Fassung bei [http://www.nadir.org/nadir/archiv/Repression/bad_kleinen/ nadir.org] zu finden ist.</ref>


Der Journalist [[Hans Leyendecker]], der damals die Spiegel-Titelgeschichte geschrieben hat, sagte 2007 in einem Interview mit dem [[Deutschlandfunk]], er habe die Aussage eines Polizisten, Grams sei von zwei Kollegen erschossen worden, überbetont: "Ich hatte dieser Aussage eine zu große Bedeutung gegeben, sie zu wenig relativiert und das Ganze zu stark aufgeblasen. Dadurch entstand der Eindruck, dass das was dieser Zeuge gesagt hat auch korrekt gewesen sei. Das kann man so nicht behaupten." Für diesen Fehler, für den er sich heute geniere, hätte er eigentlich damals entlassen werden müssen.
Der Journalist [[Hans Leyendecker]], der damals die Spiegel-Titelgeschichte geschrieben hat, sagte 2007 in einem Interview mit dem [[Deutschlandfunk]], er habe die Aussage eines Polizisten, Grams sei von zwei Kollegen erschossen worden, überbetont: "Ich hatte dieser Aussage eine zu große Bedeutung gegeben, sie zu wenig relativiert und das Ganze zu stark aufgeblasen. Dadurch entstand der Eindruck, dass das was dieser Zeuge gesagt hat auch korrekt gewesen sei. Das kann man so nicht behaupten." Für diesen Fehler, für den er sich heute geniere, hätte er eigentlich damals entlassen werden müssen.

Version vom 5. Juli 2007, 11:02 Uhr

Der GSG-9-Einsatz in Bad Kleinen war ein Polizeieinsatz am 27. Juni 1993, bei dem die RAF-Mitglieder Birgit Hogefeld und Wolfgang Grams im mecklenburgischen Bad Kleinen festgenommen werden sollten. Die Festnahme von Birgit Hogefeld verlief erfolgreich. Bei einem anschließenden Feuergefecht kamen der GSG-9-Beamte Michael Newrzella und der Terrorist Wolfgang Grams ums Leben.

Vorbereitung

Dem seit 1982 als V-Mann des Verfassungsschutzes tätigen Klaus Steinmetz war es Anfang der 90er Jahre gelungen, in das Umfeld der Rote Armee Fraktion vorzudringen. Steinmetz nahm an diversen nicht militanten Aktionen teil und drang im Laufe der Zeit immer tiefer in die Szene ein. Ende Februar 1992 gelang es ihm, Birgit Hogefeld in Paris zu treffen. Im April 1993 traf Steinmetz erstmals auf Grams, allerdings ohne ihn zu identifizieren. Der Verfassungsschutz beschloss, Hogefeld und Grams festnehmen zu lassen. Die Aktion sollte so durchgeführt werden, dass Steinmetz weiter als V-Mann eingesetzt werden konnte.

Am 24. Juni 1993 trafen sich Hogefeld und Steinmetz in Bad Kleinen, fuhren weiter nach Wismar, mieteten ein Zimmer und warteten ab. Steinmetz trug während der ganzen Zeit einen Peilsender und ein Abhörgerät bei sich, so dass er jederzeit zu orten war und die Gespräche belauscht werden konnten.

Ausführung

Am 27. Juni 1993 fuhren Hogefeld und Steinmetz zurück nach Bad Kleinen, um sich dort mit Grams zu treffen. Am Bahnhof und in der Umgebung waren zu diesem Zeitpunkt 38 Beamte vom MEK des Bundeskriminalamtes, 37 GSG-9-Männer und 22 weitere Beamte im Einsatz.

Grams traf um 14:00 Uhr ein. Um 15:15 Uhr verließen Hogefeld, Grams und Steinmetz die Bahnhofsgaststätte „Billard-Café“. Wenig später erfolgte in der Bahnhofsunterführung der Zugriff durch sieben GSG-9-Beamte. Die Festnahme von Grams misslang, und er floh zum Bahnsteig hinauf. Bei dem folgenden, wenige Sekunden dauernden Schusswechsel verletzte Grams den Beamten Michael Newrzella so schwer, dass dieser später im Krankenhaus starb. Die Beamten verletzten sowohl Grams als auch eine Bahnangestellte. Grams fiel auf die Gleise und blieb liegen.

Der Tod von Wolfgang Grams

Über die Details der folgenden Ereignisse gehen die Wertungen verschiedener Gruppen auseinander. Nach den Ermittlungsergebnissen der Staatsanwaltschaft Schwerin hat Grams den Polizisten Newrzella getötet, fiel verwundet auf die Gleise und beging anschließend Selbstmord durch Kopfschuss, um nicht festgenommen zu werden. Gegenpositionen besagen, Newrzella sei durch Querschläger aus den Waffen seiner Kollegen umgekommen und ein Beamter habe Grams – geplant oder versehentlich – mit einem aufgesetzten Schuss in den Kopf getötet.

Der Zwischenbericht der Bundesregierung zu der Polizeiaktion am 27. Juni 1993 in Bad Kleinen formuliert: „Beamter Nr. 6 stürmte vor, in kurzem Abstand gefolgt vom Beamten Nr. 8. Beide sicherten in stehender, leicht vorgebeugter Haltung den in Gleis 4 liegenden Grams.“

Obwohl die diversen Mordtheorien in Ermittlerkreisen als widerlegt gelten, wurden auch Jahre nach den Vorfällen Texte oder Bücher veröffentlicht, welche die Ergebnisse der Untersuchung bezweifeln oder gar angreifen. [1]

Der Journalist Hans Leyendecker, der damals die Spiegel-Titelgeschichte geschrieben hat, sagte 2007 in einem Interview mit dem Deutschlandfunk, er habe die Aussage eines Polizisten, Grams sei von zwei Kollegen erschossen worden, überbetont: "Ich hatte dieser Aussage eine zu große Bedeutung gegeben, sie zu wenig relativiert und das Ganze zu stark aufgeblasen. Dadurch entstand der Eindruck, dass das was dieser Zeuge gesagt hat auch korrekt gewesen sei. Das kann man so nicht behaupten." Für diesen Fehler, für den er sich heute geniere, hätte er eigentlich damals entlassen werden müssen.

Nachwirkungen

Nach den behördlichen Ermittlungsergebnissen hat sich Grams, nachdem er Newrzella durch Schüsse aus einer mitgeführten Pistole getötet hatte, selbst umgebracht, indem er sich, um der Festnahme zu entgehen, schwer verletzt im rückwärtigen Fallen auf die Gleise einen aufgesetzten Kopfschuss zufügte. In Unterstützer- und Sympathisantenkreisen der RAF ist der Verdacht verbreitet, dass Grams von einem GSG-9-Mann gezielt getötet worden sei, obwohl er bereits kampfunfähig war, zumal mehrere unbeteiligte Zeugen diese Version des Hergangs gegenüber dem Nachrichtenmagazin Spiegel bestätigten. Hans Leyendecker, der Autor des Spiegel-Artikels, rückte allerdings nach Kenntnisnahme der Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft Schwerin von seiner Darstellung wieder ab. Später bezeichnete er die von ihm verfasste Spiegel-Titelgeschichte von 1993 zur angeblichen Hinrichtung des Terroristen Wolfgang Grams in Bad Kleinen, die auf zwei Quellen aufbaute, die sich später nicht verifizieren ließen, als seinen „verheerendsten Fehler“.

Als die Umstände des Einsatzes genauer untersucht wurden, traten erhebliche Mängel in der Berichterstattung der verschiedenen Ermittlungsbehörden sowie bei der Spurensicherung zu Tage. Aufgrund der öffentlichen Debatte trat der damalige Bundesinnenminister Rudolf Seiters zurück; Generalbundesanwalt Alexander von Stahl wurde später entlassen.

Die Eltern des verstorbenen Grams klagten vor der Zivilkammer des Landgerichtes Bonn gegen den Bund und forderten Schadenersatz. Das Gericht kam zu der Erkenntnis, dass die genauen Tathergänge nicht aufklärbar seien. Die Klage wurde abgewiesen. Weitere Klagen, unter anderem vor dem Europäischen Gerichtshof, blieben ebenfalls ohne Erfolg.

Michael Newrzella (* September 1967) war der erste GSG 9-Beamte, der bei einem Einsatz starb, und zugleich das letzte Opfer der 1998 aufgelösten RAF.

Fingerabdrücke deuten darauf hin, dass auch die RAF-Terroristen Ernst Volker Staub und Daniela Klette am Tatort anwesend waren.[2]

Die RAF nahm am 29. November 1996 in der Zeitschrift Interim Stellung zur Position von Klaus Steinmetz innerhalb der Organisation. Es wird betont, Steinmetz habe keinen Einfluss auf die Entscheidungsprozesse innerhalb der Szene genommen. Als Fehler wird eingeräumt, dass er trotz seiner politischen Nicht-Beteiligung nicht als Spitzel verdächtigt wurde.

das ist doch ein punkt, an dem wir uns alle, die mit ihm zu tun hatten, an den kopf greifen müßten: er hat nie was entwickelt, nichts eingebracht und trotzdem lief alles mit ihm weiter - erst sein jahrelanges dasein in der scene und dann auch der kontakt zu uns. [3]

Literarische und musikalische Verarbeitung

In seinem 2005 veröffentlichten Roman In seiner frühen Kindheit ein Garten stellt Christoph Hein die Ereignisse und die Ermittlungen aus der Sicht der Familie des getöteten Terroristen dar (sodass ihm in Kritiken einseitige Parteinahme für die RAF vorgeworfen wurde). Auch der Krimi-Autor Wolfgang Schorlau hat in seinem Roman Die Blaue Liste das Thema verarbeitet.

Die aus der linken Szene stammende Band „Dritte Wahl“ beschäftigt sich in dem Lied „Bad K.“ mit den Ereignissen vom 27. Juni 1993. Das Lied Kopfschuss der Punk-Band „WIZO“ spielt ebenfalls auf das Geschehen in Bad Kleinen an.

Die Wirren um die Rekonstruktion des Hergangs inspirierten auch Satire und Kabarett. Wiglaf Droste begann sein Was in Bad Kleinen wirklich geschah mit dem Satz: „Am 27. Juni 1993 auf dem Bahnhof in Bad Kleinen, Mecklenburg, erschießt der GSG-9-Beamte Michael Newrzella zunächst sich selbst.“

Quellen

  1. Als ausführliches Beispiel kann das Pamphlet „bad kleinen und die erschiessung von wolfgang grams“ dienen, das in gekürzter Fassung bei nadir.org zu finden ist.
  2. Wiedergeburt der Roten Armee Fraktion, Frankfurter Allgemeine Zeitung, 20. Mai 2001
  3. Stellungnahme der RAF zu Steinmetz' Rolle als Spitzel