„Bogen (Waffe)“ – Versionsunterschied

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Der '''Bogen''' (Plural: Bogen oder Bögen), seltener auch verdeutlichend '''Pfeilbogen''' genannt, ist eine Abschussvorrichtung für [[Pfeil (Geschoss)|Pfeile]]. Seit der ausgehenden [[Altsteinzeit]] (30.000–10.000 v.&nbsp;Chr.) beweisen [[Archäologischer Fund|archäologische Funde]] die Nutzung von Pfeil und Bogen als [[Jagdwaffe]]. Später – seit der [[Jungsteinzeit]] – wurden Pfeil und Bogen auch als [[Waffe]] bei kriegerischen Auseinandersetzungen eingesetzt.<ref>Vgl. [[Felsmalereien in der spanischen Levante]]</ref> Heute dient der Bogen primär als [[Sportgerät]], siehe [[Bogenschießen]]. Als [[Spielzeug|Kinderspielzeug]] werden ''Pfeil und Bogen'' auch als ''Flitze-'' oder ''Flitzbogen'' bezeichnet.
Der '''Bogen''' (Plural: Bogen oder Bögen), seltener auch verdeutlichend '''Pfeilbogen''' genannt, ist eine Abschussvorrichtung für [[Pfeil (Geschoss)|Pfeile]]. Der Bogenbauer wird ''Bogner'' genannt. Seit der ausgehenden [[Altsteinzeit]] (30.000–10.000 v.&nbsp;Chr.) beweisen [[Archäologischer Fund|archäologische Funde]] die Nutzung von Pfeil und Bogen als [[Jagdwaffe]]. Seit der späten [[Jungsteinzeit]] wurden Pfeil und Bogen auch als [[Kriegswaffe]] eingesetzt.<ref>Vgl. [[Felsmalereien in der spanischen Levante]]</ref> Heute dient der Bogen in Europa als [[Sportgerät]] beim [[Bogenschießen]]; in einigen Ländern der [[Bogenjagd]]. Als [[Spielzeug|Kinderspielzeug]] werden ''Pfeil und Bogen'' auch als ''Flitze-'' oder ''Flitzbogen'' bezeichnet.


== Aufbau und Funktionsprinzip ==
== Aufbau und Funktionsprinzip ==
[[Datei:Recurve de.svg|miniatur|hochkant=1.5|Aufbau eines Recurve-Bogens]]
[[Datei:Recurve de.svg|mini|hochkant=1.5|Aufbau eines Recurve-Bogens]]
Ein Bogen besteht stets aus einem [[Elastizität (Physik)|elastischen]], stabähnlichen Gegenstand, dem eigentlichen Bogen, dessen Enden durch eine Schnur, der [[Bogensehne]], verbunden werden. Traditionelle Bögen wurden aus [[Holz]], [[Horn]] und [[Sehnenbelag|Tiersehnen]] gefertigt; ein hochwertiger [[Kompositbogen]] erforderte einen aufwendigen mehrmonatigen Herstellungsprozess. Moderne Bögen bestehen meist aus Holz-/Kunststoffkomposita.
Ein Bogen besteht stets aus einem [[Elastizität (Physik)|elastischen]], stabähnlichen Gegenstand, dem eigentlichen Bogen, dessen Enden durch eine Schnur, die [[Bogensehne]], verbunden werden. Traditionelle Bögen wurden aus [[Holz]], [[Horn]] und [[Sehnenbelag|Tiersehnen]] gefertigt; ein hochwertiger [[Kompositbogen]] erforderte einen aufwändigen mehrmonatigen Herstellungsprozess. Moderne Bögen bestehen meist aus Holz-, [[Glasfaserverstärkter Kunststoff|glasfaserverstärkten (GFK)]] oder [[Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff|kohlenstofffaserverstärkten (CFK)]] Kunststoffkomposita.


=== Komponenten, Termini und Kennwerte ===
Der Bogen selbst kann in fünf Abschnitte gegliedert werden: ein meist starres Mittelstück, das als Griff für den Bogenschützen dient, zwei daran anschließende flexible Wurfarme und die beiden abschließenden Bogenenden, an denen die Bogensehne befestigt wird. Beim Einhängen der Bogensehne müssen die Wurfarme gekrümmt werden, dies sorgt für die ''Vorspannung'' des Bogens. Beim Ausziehen der Bogensehne, dem ''Spannen'', werden die Wurfarme stärker gekrümmt und speichern [[Verformungsenergie|Energie]]. Diese sorgt beim Loslassen der Sehne (des Pfeiles) für die Beschleunigung eines eingelegten Pfeils. Das Prinzip ist mit einer [[Sprungfeder]] vergleichbar.
Der Bogen selbst kann in fünf Abschnitte gegliedert werden: ein meist starres ''Mittelteil'', das als Griff für den Bogenschützen dient ''(Griffstück)'', zwei daran anschließende flexible ''Wurfarme'' und die beiden abschließenden Bogenenden, die ''Tips'' oder ''Nocken'', an denen die ''Bogensehne'' befestigt wird. Beim Einhängen der Bogensehne, dem ''Spannen'' des Bogens, müssen die Wurfarme gekrümmt werden, dies sorgt für die ''Vorspannung'' des Bogens. Beim Ausziehen der Bogensehne ''(Auszug)'', werden die Wurfarme stärker gekrümmt und speichern [[Verformungsenergie|Energie]]. Diese sorgt beim Loslassen, dem ''Lösen'' der Sehne (des Pfeiles), für die Beschleunigung des aufgelegten Pfeils. Das Prinzip ist dem einer [[Feder (Technik)#Blattfeder|Blattfeder]] mit anfangs degressiver und in weitem Auszug zunehmend progressiver Federkennlinie vergleichbar. Ein Bogen ist ein [[Leistungswandler]]: die beim Auszug langsam aufgewandte und in dem Bogen gespeicherte Zugarbeit des Schützen wird beim Lösen in kürzester Zeit in eine schnelle Wurfarmbewegung umgewandelt und auf den Pfeil übertragen. Deshalb darf ein ausgezogener Bogen niemals ohne Pfeil gelöst werden ''(Leerschuss)'' – es besteht Bruch- und Verletzungsgefahr! Die komplette gespeicherte Energie entlädt sich mangels Pfeilmasse als trägem Gegengewicht fast augenblicklich ausschließlich im Bogenmaterial. Einzig noch abführende und bremsende Wirkung haben die trägen Massen der beschleunigten Sehne und Wurfarme selbst. Der Bogen kann explosionsartig in mehrere Teile zersplittern.


Weil ein Pfeil nicht wie ein Geschoss durch explosive Treibmittel beschleunigt wird, sondern durch die ''Wurfarme'', schießt ein Bogen nicht – ein Bogen „wirft“.
Die zum Spannen nötige [[Kraft]] wird als ''Zuggewicht'' bezeichnet und aus historischen Gründen häufig in englischen [[Pfund#Avoirdupois Weight|Pfund]] angegeben. Das maximal mögliche Zuggewicht eines Bogens wird maßgeblich durch die Steifheit der Wurfarme vorgegeben. Es kann mehr als 100 Pfund betragen, was einer Kraft von 444&nbsp;[[Newton (Einheit)|N]] entspricht. Für die resultierende Endgeschwindigkeit eines Pfeiles ist zusätzlich der Wirkungsgrad entscheidend, d.&nbsp;h. der Grad, mit dem der Bogen die gespeicherte Verformungsenergie in [[kinetische Energie]] umwandeln kann. Nicht nutzbare Energie verpufft in der nötigen Beschleunigung der Wurfarme selbst.


Die bei ''Vollauszug'' nötige Halte[[kraft]] wird als ''Zuggewicht'' bezeichnet, und aus historischen Gründen überwiegend in englischen [[Avoirdupois|Pfund]] angegeben. Das maximal mögliche Zuggewicht eines Bogens wird maßgeblich durch die Steifheit der Wurfarme im Verhältnis zur ''Bogenlänge'' vorgegeben. Es kann mehr als 100&nbsp;Pfund betragen, was einer Kraft von 444&nbsp;[[Newton (Einheit)|N]] entspricht.
Die gängigste Form des Bogens ist der ''Rechtshandbogen''. Dies bedeutet, dass der Schütze den Bogen mit der linken Hand hält und die Bogensehne mit der rechten Hand spannt. Man bezeichnet den Schützen auch als ''Rechtshandschützen''. Bei einem ''Linkshandbogen'' bzw. Linkshandschützen kehren sich die Verhältnisse um. Die Wahl des Bogens wird aber keineswegs nur durch die Händigkeit des Schützen bestimmt, sondern auch durch dessen [[Augendominanz]]. Die Sehne mit dem Pfeil wird zu dem dominanten Auge geführt, weil dieses das Zielen übernimmt.


Die Kennwerte eines Bogens sind üblicherweise auf der dem Schützen zugewandten Seite, dem ''Bauch'' des Bogens in Nähe des Griffes angegeben, bei handgefertigten Bögen handschriftlich zusammen mit der Signatur des [[Bogenbauer]]s. Die Angabe des Zuggewichtes gilt für eine bestimmte [[Auszugslänge]], meist für die Standardauszugslänge von 28&nbsp;Zoll (~&nbsp;71 cm); bei speziell für den Kunden gebauten Bögen (''Custombogen'') für dessen Auszugslänge. Die Auszugslänge ist eine standardisiert gemessene Länge vom tiefsten Punkt des Griffstückes bis zum [[Nockpunkt]] an der Sehne im [[Ankerpunkt (Bogenschießen)|Ankerpunkt]] des Schützen bei ausgezogenem Bogen, plus 1&nbsp;{{Bruch|3|4}}&nbsp;Zoll. Der Additonswert stellt näherungsweise Vergleichbarkeit mit einer alten Definition her, welche bis Vorderkante Bogen in Höhe der Pfeilauflage misst. Jeder Schütze hat eine individuelle Auszugslänge. Beim Ziehen des Bogens über die angegebene Auszugslänge hinaus steigt das Zuggewicht und somit der Kraftaufwand rapide an, es kommt zum sogenannten [[Stacking (Bogenschießen)|Stacking]]. Die kontrollierte Kraftdosierung und damit die Kontrolle über eine konstante Pfeilgeschwindigkeit – und mit dieser wiederum die Treffsicherheit – nehmen ab. Es besteht Bogenbruch- und Verletzungsgefahr. Bei modernen Sportbögen signalisiert ein [[Klicker (Bogenschießen)|Klicker]] dem Schützen das Erreichen einer speziellen Zuglänge und damit das Erreichen seines ''Ankerpunktes''.
Bei modernen Sportbögen signalisiert ein [[Klicker (Bogenschießen)|Klicker]] dem Schützen das Erreichen einer speziellen Zuglänge.


Eine typische Kennwertangabe auf einem Wurfarm lautet beispielsweise: ''66″&nbsp;46#&nbsp;@&nbsp;28″''. Gesprochen: „66&nbsp;Zoll Bogenlänge, 46&nbsp;libs (engl. Pfund) Zuggewicht bei 28&nbsp;Zoll Auszug.“
Im Gegensatz zur [[Armbrust]] sind viele Bögen nicht symmetrisch gebaut. Ein Maß für den Unterschied der Wurfarme ist der ''[[Tiller]]''.


Die gängigste Form des Bogens ist der ''Rechtshandbogen''. Dies bedeutet, dass der Schütze den Bogen mit der linken Hand hält (''Bogenhand'' links) und die Bogensehne mit der rechten Hand auszieht (''Zughand'' rechts). Man bezeichnet den Schützen auch als ''Rechtshandschützen''. Bei einem ''Linkshandbogen'' bzw. Linkshandschützen kehren sich die Verhältnisse um. Die Wahl des Bogens wird aber keineswegs nur durch die Händigkeit des Schützen bestimmt, sondern auch durch dessen [[Augendominanz]]. Die Sehne mit dem Pfeil wird zu dem dominanten Auge geführt, weil dieses das Zielen übernimmt.
== Geschichte des Bogens ==
=== Bogen der Alt- und Mittelsteinzeit ===
Die ältesten Steinspitzen, deren Interpretation als Pfeilspitzen umstritten ist, stammen aus dem [[Abri]] [[Sibudu-Höhle|Sibudu]] (Provinz [[KwaZulu-Natal]], Südafrika) und sind etwa 64.000 Jahre alt.<ref>Marlize Lombard, Laurel Phillipson: ''Indications of bow and stone-tipped arrow use 64 000 years ago in KwaZulu-Natal, South Africa.'' In: ''Antiquity'', Band 84, Nr. 325, 2010, S. 635–648.</ref> In Europa gibt es seit dem [[Solutréen]] (etwa 22.000 bis 18.000 v. Chr.) gestielte Spitzen aus [[Feuerstein]], die wahrscheinlich [[Pfeilspitze]]n waren.<ref>L. Pericot Garcia: ''La cueva del Parpallo.'' Madrid 1957.</ref><ref>Ulrich Stodiek, Harm Paulsen: ''Mit dem Pfeil, dem Bogen.'' Oldenburg (Isensee-Verlag), 1996, S. 37–38.</ref> Sie können als ältester indirekter Beweis für die Existenz des Bogens gewertet werden. Es handelt sich um gestielte Spitzen, die auf nicht erhaltenen Holzschäften von etwa einem Zentimeter Dicke aufgesetzt waren, sofern die Schulter der Spitzen als Maß für die Dicke der [[Pfeil (Geschoss)|Pfeilschäfte]] steht. Alternativ können dies aber auch Spitzen für [[Speer]]e sein, die mit der [[Speerschleuder]] geworfen wurden. Der älteste Speerschleuderfund stammt aus demselben Zeithorizont wie die Stielspitzen von Parpalló (etwa 18.000&nbsp;v.&nbsp;Chr.) Da auch Speere meist aus sich nach oben verjüngenden [[Spross]]en (Schösslingen) gefertigt wurden (bei Pfeilen spricht man von „getaperter“ Schaftform), konnten diese an der Spitze ebenfalls sehr schlank sein.


=== Wirkungsgrad ===
Der älteste als Bogen interpretierte archäologische Fund stammt aus einer Kiesgrube in [[Mannheim-Vogelstang]] aus der Zeit des älteren [[Magdalénien]]s.<ref name="Rosendahl">Gaëlle Rosendahl, Karl-Wilhelm Beinhauer, Manfred Löscher, Kurt Kreipl, Rudolf Walter, Wilfried Rosendahl: ''Le plus vieil arc du monde? Une pièce intéressante en provenance de Mannheim, Allemagne.'' L’Anthropologie 110/3, 2006, S. 371–382.</ref> Das rund 40&nbsp;cm lange Fragment eines Kiefernholz-Stabes (''[[Pinus sylvestris]]'') wurde mittels der [[Radiokohlenstoffmethode]] auf ein Alter von 14.680&nbsp;±&nbsp;70&nbsp;[[Before Present|BP]] datiert (entspricht [[Radiokohlenstoffdatierung#Kalibrierung|kalibriert]] 16.055 ± 372 v.&nbsp;Chr.).<ref>kalibriert mit [http://www.calpal-online.de CalPal online] (abgerufen am 18. Januar 2014)</ref> Der komplette Bogen hatte eine Länge von etwa 110&nbsp;cm. Einige Veränderungen der Holzoberfläche wurden als Bearbeitungsmerkmale gedeutet: So besitzt eine Seite des Fragments eine geglättete Oberfläche und die Abweichung an einer Seite wurde ausgeglichen. Eine randlich gelegene Druckstelle wird von den Autoren als Nocke für die [[Bogensehne]] gesehen.<ref name="Rosendahl" /> Anhand von Rekonstruktionen wird die Leistung auf etwa 25-30 englische [[Pfund]] geschätzt (11 bis 13 kg), was Reichweiten von bis zu 80 m ermöglicht.<ref name="Rosendahl" />
Für die resultierende Endgeschwindigkeit eines Pfeiles ist neben der Kennlinie des Zuggewichtsverlaufes (Auszugsarbeit = gespeicherte Energie) der Wirkungsgrad entscheidend, d.&nbsp;h. das Vermögen, mit dem der Bogen die durch die Auszugsarbeit in ihm gespeicherte Verformungsenergie in [[kinetische Energie]] des Pfeiles umwandeln kann. Ein Teil der nicht nutzbaren Energie verpufft in der Beschleunigung der Wurfarme und Sehne selbst, ein weiterer in Verformungsarbeit im Bogenmaterial durch Vibrationen von den Stoßwellen der plötzlichen Entladung. Das Gewicht des Pfeiles beeinflusst ebenfalls den Wirkungsgrad eines Bogens: je schwerer der Pfeil, desto höher der Wirkungsgrad, aber desto langsamer der Pfeil. Der Wirkungsgrad kann nur für ein bestimmtes Pfeilgewicht ermittelt oder angegeben werden. Hilfsgröße ist die sogenannte ''virtuelle Masse'' des Bogens, sie ist eine konstante Bogeneigenschaft und kennzeichnet die ''energetische Güte'' des Bogens. Je geringer die virtuelle Masse ist, desto höher ist der allgemeine Wirkungsgrad und desto unempfindlicher reagiert der Bogen auf Gewichtsschwankungen zwischen unterschiedlichen Pfeilen. Die virtuelle Masse <math>M_v</math> kann experimentell über den Vergleich der Pfeilgeschwindigkeiten <math>v_1</math> und <math>v_2</math> zweier unterschiedlich schwerer Pfeile der Massen <math>m_1</math> und <math>m_2</math> ermittelt werden – und daraus der Wirkungsgrad bei einem gegebenen Pfeilgewicht.
:<math>\text{Virtuelle Masse des Bogens:}\qquad M_v = \frac{m_2 v_2^2 - m_1 v_1^2}{v_1^2 - v_2^2} \quad \left[\text{kg}\right]</math>
:<math>\text{Wirkungsgrad:}\qquad \eta = \frac {m_\text{Pfeil}} {m_\text{Pfeil} + M_v}</math>
Ist die virtuelle Masse Null, so ist der Wirkungsgrad immer 100 % und unabhängig vom Pfeilgewicht.


Bei bekannter virtueller Masse lässt sich über eine bekannte Geschwindigkeit <math>v_a</math> eines Pfeiles der Masse <math>m_a</math> die theoretische Abschussgeschwindigkeit <math>v_0</math> ohne Pfeil, dem Leerschuss mit Pfeilmasse 0, errechnen und mithilfe dieser die prognostizierte Pfeilgeschwindigkeit <math>v_x</math> für ein beliebiges Pfeilgewicht <math>m</math>:
Darüber hinaus gibt es aus dem späten [[Magdalénien]] eine mögliche Bogendarstellung auf einer gravierten Kalksteinplatte aus der ''Grotte des Fadets'', [[Vienne (Département)|Departement Vienne]] (Frankreich).<ref>[[Henri Breuil]]: ''Une visite à la grotte des Fadets à Lussac-le-Châteaux (Vienne).'' Bulletin A. F. A. S. Paris, 1905, S. 358.</ref><ref>Jean Airvaux, André Chollet: ''Figuration humaine sur plaquette à la grotte des Fadets à [[Kanton Lussac-les-Châteaux|Lussac-les-Châteaux]] (Vienne)''. Bulletin Societe Prehistoire Francaise 82 (1985), S. 83–85.</ref> Die Ritzung ist jedoch nicht so eindeutig, dass die Interpretation als gesichert gelten könnte.
:<math>\text{Leerschuss:}\qquad v_0 = v_a \cdot \sqrt{1 + \frac{m_a}{M_v}} \quad \left[\frac{\text{m}}{\text{s}}\right]</math>
:<math>\text{Pfeilgeschwindigkeit:}\qquad v_x = v_0 \cdot \sqrt{\left(1 + \frac{m_\text{Pfeil}}{M_v} \right)^{-1}} \quad \left[\frac{\text{m}}{\text{s}}\right]</math>


Es ist zu erkennen, dass bei niedriger virtueller Masse, also hoher energetischer Güte des Bogens, die Leerschussgeschwindigkeit zunimmt. Im Falle des theoretisch perfekten Bogens mit virtueller Masse Null steigt die Abschussgeschwindigkeit beim Leerschuss ins Unendliche. Das bedeutet in diesem Fall, dass die gesamte beim Ausziehen gespeicherte Verformungsenergie schlagartig beim Leer-Lösen alleine vom Bogen aufgenommen werden muss. Leerschüsse sind deshalb generell gefährlich. Sie können den Bogen zerstören und den Bogenschützen oder anwesende Personen verletzen. Der Zusammenhang zeigt, dass gerade qualitativ hochwertige Bögen, die sich u.&nbsp;a. durch hohe Wirkungsgrade auszeichnen, durch Leerschüsse besonders gefährdet sind – kompensatorisch wirkt nur noch die qualitativ ebenfalls höherwertige Verarbeitung guter Bögen.
Mit hoher Wahrscheinlichkeit gibt es steinerne Pfeilspitzen in Form der so genannten [[Federmesser]]. Diese waren bei den [[Federmesser-Gruppen]] während der ersten Wiederbewaldung am Ende der [[Weichsel-Eiszeit]] in Gebrauch. Die ältesten archäologischen Bodenfunde und damit zweifelsfreien Belege für den Bogen stellen komplett erhaltene Pfeile aus dem [[Stellmoor]] dar ([[Ahrensburger Kultur]], etwa 10.000&nbsp;v.&nbsp;Chr.).<ref>Alfred Rust: ''Die alt- und mittelsteinzeitlichen Funde von Stellmoor.'' 1943.</ref> Vom Ausgräber [[Alfred Rust]] wurden zwei ebenfalls dort gefundene Kiefernholzfragmente als Teile von Stabbögen interpretiert.<ref>Alfred Rust: ''Die alt- und mittelsteinzeitlichen Funde von Stellmoor.'' 1943, S. 192–193; Tafel 97/98</ref> Rust schreibt, dass es sich um [[Kernholz]] relativ dicker Stämme handelt, dieses aber außen zur [[Splintholz]]zone hin liegt. Die [[Jahrring]]e beider Stücke liegen etwa drei Millimeter auseinander. Die Interpretation als Bogenfragmente bleibt unsicher, zumal die Stücke inzwischen verschollen sind. Rekonstruktionen mit [[Druckholz]] der nordischen Kiefer beweisen die Schussfähigkeit einer solchen Waffe, obwohl Kiefer gemeinhin nicht als gutes Bogenholz bekannt ist.<ref>Ragnar Insulander: ''Der Bogen von Stellmoor – Der älteste der Welt?'' Traditionell Bogenschiessen, Heft 16/ 2000, S. 38–39.</ref> Alternative Deutungen der beiden Stücke von Stellmoor bestehen zum Beispiel mit Boots[[spanten]] oder Schlittenteilen, wofür die Verwendung von Kiefernholz plausibel wäre.<ref>G. Burov: ''Die mesolithischen Schlittenformen in Nordosteuropa.'' In: ''Den Bogen spannen…'' (Festschrift für B. Gramsch zum 65. Geburtstag). Beiträge zur Ur- und Frühgeschichte Mitteleuropas 20, Beier & Beran, Weissbach 1999.</ref>


Im Gegensatz zur [[Armbrust]] sind viele Bögen nicht symmetrisch gebaut. Ein Wurfarm, meist der untere, ist biegehärter als der andere. Eine [[Kennzahl]] und Maß für den Unterschied der Wurfarme ist der ''[[Tiller]]''. Die Notwendigkeit des Tiller resultiert aus den asymmetrischen Kraftpunkten von Druckpunkt des Griffes (Bogenhand) und Zugpunkt auf der Sehne (Zughand). Sie liegen je nach Bogentyp und gewähltem Fingergriff der Zughand nicht in der Mitte des Bogens, sondern mehr oder weniger tiefer, so dass der untere Wurfarm beim Auszug stärker belastet wird und deshalb ausgleichend steifer sein muss. Der [[Traditionelles Bogenschießen#Unteranker|Untergriff]] an der Sehne benötigt einen anderen Tiller als der [[Traditionelles Bogenschießen#Mediterraner Griff|mediterrane Ablass]], die Benutzung eines [[Bogenausstattung#Release|Release]] wiederum einen anderen. Das korrekte [[Tillern]] eines Bogens gehört zur höchsten handwerklichen Kunstfertigkeit eines Bogenbauers. Ein schlecht getillerter Bogen verliert Wirkungsgrad, wirft unruhig oder kann beim Ausziehen oder Lösen brechen.
Die ältesten unzweifelhaften Bogenfunde stammen aus dem nordischen [[Mesolithikum]]. Sie waren aus [[Ulmen]] gefertigt. Die beiden ältesten Exemplare stammen aus [[Holmegaard Kommune|Holmegård]] auf [[Seeland (Dänemark)|Seeland]] (Dänemark). Da die fünf nachfolgend aufgelisteten Bogenfunde recht ähnlich konstruiert und dimensioniert sind, wird diese Form des Flachbogens mit D-förmigem Querschnitt als mesolithischer Standardtyp angesehen.<ref>C. A. Bergman: ''The Development of the Bow in Western Europe: A Technological and Functional Perspective.'' In: G. L. Peterkin, H. M. Bricker, P. Mellars (Hrsg.): ''Hunting and Animal Exploitation in the Later Palaeolithic and Mesolithic of Eurasia.'' Archaeological Papers of the American Anthropological Association 4 (1993). S. 95–105.</ref>
* Holmegård IV, Seeland ([[Kongemose-Kultur]], ca. 6000&nbsp;v.&nbsp;Chr.): Dabei handelt es sich um zwei Flachbögen aus Ulmenstämmchen (''[[Bergulme]]''), wovon einer vollständig und einer etwa zur Hälfte erhalten ist.<ref>G. Rausing: ''The Bow: Some Notes on ist Origin and Development.'' Acta Archaeologica Lundensia 6, C. W. K. Gleerups, Lund 1967, S. 49.</ref> Die Innenseiten der Bögen sind flach, die Außenseiten gerundet. Die Griffpartien sind deutlich eingezogen. Die Originallängen betragen 154&nbsp;cm beim vollständigen Exemplar und werden bei dem halb erhaltenen auf 184&nbsp;cm geschätzt.
* Ageröd V, Südschweden (im [[Atlantikum]], 14C-Datierung 6860–6540 [[Before Present|BP]]): Ein Flachbogen aus [[Ulme]] (''Ulmus sp.''), ca. 170&nbsp;cm lang; ein Flachbogen aus [[Eberesche]] bzw. Vogelbeerbaum (''Sorbus aucuparia''), fragmentarisch noch 61,7&nbsp;cm erhalten; ein Stabbogen.<ref>L. Larsson: ''Ageröd V: An Atlantic Bog Site in Central Scania.'' Acta Archaeologica Lundensia 12, C. W. K. Gleerups, Lund 1983, S. 57–59.</ref> Nach Bergman sei der Stabbogen weniger effizient und seiner Spekulation nach möglicherweise von Jugendlichen gebaut worden.<ref>C. A. Bergman: ''The Development of the Bow in Western Europe: A Technological and Functional Perspective.'' In: G. L. Peterkin, H. M. Bricker, P. Mellars (Hrsg.): ''Hunting and Animal Exploitation in the Later Palaeolithic and Mesolithic of Eurasia.'' Archaeological Papers of the American Anthropological Association 4, 1993, S. 98–99.</ref>
* Ringkloster, Dänemark: Bogen aus der [[Ertebølle-Kultur]], Datierung 5400–3550&nbsp;v.&nbsp;Chr.
* [[Tybrind vig]], Dänemark: Bogen aus Ulmenholz, ca. 160&nbsp;cm lang, Ertebølle-Kultur, Datierung 4600–3200&nbsp;v.&nbsp;Chr.<ref>S. H. Andersen: ''Tybrind Vig: A submerged Ertebolle settlement in Denmark.'' In: J. M. Coles, A. J. Lawson (Hrsg.): ''European Wetlands in Prehistory.'' Clarendon Press, Oxford 1987.</ref> Es handelt sich um ein weitestgehend komplett erhaltenes Exemplar. Der Bogen hat einen runden Rücken und einen flachen Bauch. Die Tips sind unterschiedlich ausgeformt, was auf die Verwendung einer Spannschnur hindeutet.<ref>{{internetquelle|hrsg= Bue Westh|url= http://www.buewesth.dk/tybrind_vig_buen.html|titel= Tybrind vig buen|datum= 2012-07-19|zugriff=2012-07-19}}</ref>[[Datei:Tybrind Vig Bow Tips Dark Background.jpg|miniatur|Tips an einem Bogen im Tybrind-Vig-Stil]]


== Geschichte des Bogens ==
Der Flachbogen mit D-förmigem Querschnitt (auch „Propeller-Typ“ genannt) war bis in die [[Bronzezeit]] geläufig. Der Bogen von Møllegabet&nbsp;II (Dänemark) ([[Ertebølle-Kultur]]) hat als einziger Mesolithbogen im Gegensatz dazu schmale und hohe Wurfarmenden, bei denen sich die äußeren Wurfarmenden nicht mitbogen. Parallel dazu gab es mesolithische Fallenbogen aus dem Vis-Moor ([[Republik Komi]], [[Nordwestrussland]]), die meist kein Flachbogendesign aufweisen. Es handelt sich um insgesamt 31 meist einfach und mit geringem Aufwand gebaute Stabbogen aus Nadelhölzern, die in fest installierten Bogenfallen eingesetzt wurden. Die [[Radiokohlenstoffdatierung]] beträgt etwa 6000&nbsp;v.&nbsp;Chr.<ref>G. Burov: ''Der Bogen bei den mesolithischen Stämmen Nordosteuropas.'' Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 14/ 15, 1980, S. 373–388.</ref><ref name="Steguweit.Bogenfallen">Leif Steguweit: ''Bogenfallen – Aus der Trickkiste der Steinzeit.'' In: ''Traditionell Bogenschiessen'' 21, 2001, S. 21–24. ([https://www.academia.edu/9837195/_2001_Bogenfallen_TB_21_ PDF-Download])</ref>
{{Hauptartikel|Geschichte des Bogens}}
=== Früheste Funde ===
[[Datei:Escena de caça de la cova dels Cavalls, reproducció del museu de la Valltorta.JPG|mini|Felsbild, ca. 13.000&nbsp;Jahre alt, [[Barranco de la Valltorta]], [[Provinz Castellón]], Spanien]]
[[Datei:Morella (combate-de-arquero.png|mini|[[Krieg#Definitionen|Kriegerische]] Auseinandersetzung im [[Mesolithikum]] zwischen zwei Gruppen von Bogenschützen. [[Morella|Morella la Vella]], Provinz Castellón, Ostspanien]]
Die ältesten Steinspitzen, deren Interpretation als Pfeilspitzen aber umstritten ist, stammen aus dem [[Abri]] [[Sibudu-Höhle|Sibudu]] (Provinz [[KwaZulu-Natal]], Südafrika) und sind etwa 64.000 Jahre alt.<ref name="LombardPhillipson2015">{{cite journal|last1=Lombard|first1=Marlize|last2=Phillipson|first2=Laurel|title=Indications of bow and stone-tipped arrow use 64 000 years ago in KwaZulu-Natal, South Africa|journal=Antiquity|volume=84|issue=325|year=2015|pages=635–648|issn=0003-598X|doi=10.1017/S0003598X00100134}}</ref>
Früheste Nachweise außerhalb von Afrika (Sri Lanka) ~48ka.<ref>{{cite news |title=Discovery of oldest bow and arrow technology in Eurasia |url=https://phys.org/news/2020-06-discovery-oldest-arrow-technology-eurasia.html |accessdate=2020-07-04 |work=phys.org |language=en}}</ref><ref>{{cite journal |last1=Langley |first1=Michelle C. |last2=Amano |first2=Noel |last3=Wedage |first3=Oshan |last4=Deraniyagala |first4=Siran |last5=Pathmalal |first5=M. M. |last6=Perera |first6=Nimal |last7=Boivin |first7=Nicole |last8=Petraglia |first8=Michael D. |last9=Roberts |first9=Patrick |title=Bows and arrows and complex symbolic displays 48,000 years ago in the South Asian tropics |journal=Science Advances |date=2020-06-01 |volume=6 |issue=24 |pages=eaba3831 |doi=10.1126/sciadv.aba3831 |pmid=32582854 |pmc=7292635 |bibcode=2020SciA....6A3831L }}</ref> In Europa gibt es seit dem [[Solutréen]] (etwa 22.000 bis 18.000 v.&nbsp;Chr.) gestielte Spitzen aus [[Feuerstein]], die wahrscheinlich [[Pfeilspitze]]n waren.<ref>L. Pericot Garcia: ''La cueva del Parpallo.'' Madrid 1957.</ref><ref>Ulrich Stodiek, Harm Paulsen: ''Mit dem Pfeil, dem Bogen.'' Oldenburg (Isensee-Verlag), 1996, S. 37–38.</ref> Sie können als ältester indirekter Beweis für die Existenz des Bogens gewertet werden.


Das älteste als Bogen interpretierte archäologische Fundstück stammt aus einer Kiesgrube in [[Mannheim-Vogelstang]] aus der Zeit des [[Magdalénien]]s<ref name="Rosendahl">{{cite journal|last1=Rosendahl|first1=Gaëlle|last2=Beinhauer|first2=Karl-Wilhelm|last3=Löscher|first3=Manfred|last4=Kreipl|first4=Kurt|last5=Walter|first5=Rudolf|last6=Rosendahl|first6=Wilfried|title=Le plus vieil arc du monde ? Une pièce intéressante en provenance de Mannheim, Allemagne|journal=L'Anthropologie|volume=110|issue=3|year=2006|pages=371–382|issn=0003-5521|doi=10.1016/j.anthro.2006.06.008}}</ref>. Das Holz wurde mit der [[Radiokohlenstoffmethode]] auf ein Alter von 14.680&nbsp;±&nbsp;70&nbsp;[[Before Present|BP]] datiert (entspricht [[Radiokohlenstoffdatierung#Kalibrierung|kalibriert]] 16.055 ± 372 v.&nbsp;Chr.).<ref>kalibriert mit [http://www.calpal-online.de/ CalPal online] (abgerufen am 18. Januar 2014)</ref> Der komplette Bogen hatte eine Länge von etwa 110&nbsp;cm. Anhand von Rekonstruktionen wird die Leistung auf etwa 25–30 englische [[Pfund]] Zuggewicht geschätzt (11 bis 13 kg), was Reichweiten von bis zu 80 m ermöglicht.<ref name="Rosendahl" />
=== Bogen der Jungsteinzeit ===
[[Datei:Valtorta cave painting.jpg|miniatur|Felsbild, [[Valltorta]], [[Maestrazgo]], Spanien]]
Zwei Bogentypen prägten die [[Jungsteinzeit]] Mitteleuropas: Zum einen Bogen mit hohen Querschnitten, zum anderen der „propellerförmige Typ“.<ref>J. Junkmanns: ''Pfeil und Bogen. Herstellung und Gebrauch in der Jungsteinzeit.'', Museum Schwab, Biel 2001.</ref><ref>J. Junkmanns: ''Jungsteinzeitliche Bogen.'' In: ''Das Bogenbauer-Buch''. A. Hörnig, Ludwigshafen 2001, S. 47–55.</ref> Als bevorzugtes Bogenholz wurde nun [[Eibe]] verwendet. Trotz der bäuerlichen Wirtschaftsweise behielten Pfeil und Bogen stets eine Bedeutung als Statussymbole, wie Grabbeigaben der ältesten Ackerbau-Kultur in Mitteleuropa (der so genannten [[Linienbandkeramik]]) zeigen. Keine Bodenfunde, aber Abbildungen von Recurvebogen (bei sehr wahrscheinlicher [[Kompositbogen|Kompositbauweise]]) gibt es bereits seit dem [[Frühneolithikum]] auf [[Vorgeschichtliche Felsmalereien im östlichen Spanien|Felsbildern in Spanien]].<ref>M.-S. Hernández Pérez, P. Ferrer Marset, E. Catalá Ferrer: ''Arte rupestre en Alicante.'' Alicante (Centre d’Estudis Contestans), 1988.</ref><ref name="Steguweit.Jungsteinzeit">Leif Steguweit ''Belege für Recurve-Bogen in der europäischen Jungsteinzeit.'' In: Volker Alles (Hrsg.): ''Reflexbogen. Geschichte und Herstellung''. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2009, S. 10–25.</ref> Auch Felsbilder im algerischen [[Tassili]] zeigen jungsteinzeitliche Bogenjäger.<ref>Jörg W. Hansen: ''Tassili. Felsbildkunst in den westlichen und südlichen algerischen Tassilis.'' Somogy èditions dárt, Paris 2009, ISBN 978-2-7572-0251-7.</ref>


Darüber hinaus gibt es aus dem späten [[Magdalénien]] eine mögliche Bogendarstellung auf einer gravierten Kalksteinplatte aus der ''Grotte des Fadets'', [[Département Vienne]] (Frankreich).<ref>[[Henri Breuil]]: ''Une visite à la grotte des Fadets à Lussac-le-Châteaux (Vienne).'' Bulletin A. F. A. S. Paris, 1905, S. 358.</ref><ref>Jean Airvaux, André Chollet: ''Figuration humaine sur plaquette à la grotte des Fadets à [[Kanton Lussac-les-Châteaux|Lussac-les-Châteaux]] (Vienne)''. Bulletin Societe Prehistoire Francaise 82 (1985), S. 83–85.</ref> Die Ritzung ist jedoch nicht so eindeutig, dass die Interpretation als gesichert gelten könnte.
In das [[Jungneolithikum]] (etwa 4300 v. Chr.) datieren die Funde vom [[Schnidejoch]],<ref name="tagi_20080821">[[Tages-Anzeiger]] (21. August 2008): ''[http://www.tagesanzeiger.ch/wissen/geschichte/story/23498395 Neue Funde im Eis – älter als Ötzi]''</ref><ref>[http://www.kommunikation.unibe.ch/content/medien/medienmitteilungen/news/2008/eisfunde_vom_schnidejoch__1000_jahre_aelter_als_oetzi/index_ger.html Universität Bern, Abteilung Kommunikation: Eisfunde vom Schnidejoch – 1000 Jahre älter als Ötzi]</ref> die komplette Bogenausrüstung der Gletschermumie [[Ötzi]] stammt aus dem [[Spätneolithikum]] und ist etwa 3300 v. Chr. gefertigt worden.


Der im [[Mesolithikum]] bezeugte Flachbogen mit D-förmigem Querschnitt (auch „Propeller-Typ“ genannt) war bis in die [[Bronzezeit]] geläufig.<ref>G. Burov: ''Der Bogen bei den mesolithischen Stämmen Nordosteuropas.'' Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 14/15, 1980, S. 373–388. C. A. Bergman: ''The Development of the Bow in Western Europe: A Technological and Functional Perspective.'' In: G. L. Peterkin, H. M. Bricker, [[Paul Mellars|P. Mellars]] (Hrsg.): ''Hunting and Animal Exploitation in the Later Palaeolithic and Mesolithic of Eurasia.'' Archaeological Papers of the American Anthropological Association 4 (1993). S. 95–105.</ref><ref name="Steguweit.Bogenfallen">Leif Steguweit: ''Bogenfallen – Aus der Trickkiste der Steinzeit.'' In: ''Traditionell Bogenschiessen'' 21, 2001, S. 21–24. ([https://www.academia.edu/9837195/_2001_Bogenfallen_TB_21_ PDF-Download])</ref> Bögen vom Typ Holmegård sind unter anderem aus den [[Ertebölle-Kultur|Ertebölle]]-Siedlungen von Maglemosegård, [[Ringkloster]] und [[Tybrind Vig]] in Dänemark belegt<ref>Eva-Maria Mertens, Linde, Ulme, Hasel. Zur Verwendung von Pflanzen für Jagd- und Fischfanggeräte im Mesolithikum Dänemarks und Schleswig-Holsteins. ''Prähistorische Zeitschrift'' 75/1, 2000, Abb. 3.</ref>. Sie sind meist aus Ulmenholz gefertigt.<ref>Eva-Maria Mertens, Linde, Ulme, Hasel. Zur Verwendung von Pflanzen für Jagd- und Fischfanggeräte im Mesolithikum Dänemarks und Schleswig-Holsteins. ''Prähistorische Zeitschrift'' 75/1, 2000, Tab. 1.</ref>
Auch Gräber der [[Endneolithikum|endneolithischen]] [[Glockenbecherkultur]] zeigen in Form von so genannten [[Armschutzplatte]]n und [[Pfeilspitze]]n aus [[Feuerstein]], dass die Bogenausstattung zu den wichtigsten Waffen zählte. Eine Ausstattung mit Pfeilen und Armschutzplatte wurde im Grab des [[Bogenschütze von Amesbury|Bogenschützen von Amesbury]] entdeckt.
Abbildungen von Recurvebogen (bei sehr wahrscheinlicher [[Kompositbogen|Kompositbauweise]]) gibt es seit dem [[Frühneolithikum]] auf [[Vorgeschichtliche Felsmalereien im östlichen Spanien|Felsbildern in Spanien]].<ref>M.-S. Hernández Pérez, P. Ferrer Marset, E. Catalá Ferrer: ''Arte rupestre en Alicante.'' Alicante (Centre d’Estudis Contestans), 1988.</ref><ref name="Steguweit.Jungsteinzeit">Leif Steguweit ''Belege für Recurve-Bogen in der europäischen Jungsteinzeit.'' In: Volker Alles (Hrsg.): ''Reflexbogen. Geschichte und Herstellung''. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2009, S. 10–25.</ref>


=== Antike ===
Eines der wenigen erhaltenen Exemplare aus dem Endneolithikum ist der Meare-Heath-Bogen. Es handelt sich um ein einzelnes Exemplar aus Eibenholz, das im Juni 1961 in den [[Somerset|Somerset Levels]] in England gefunden wurde. Im Vergleich zu anderen Bögen sind dessen Wurfarme sehr breit und verlaufen bis kurz vor den Tips weitestgehend parallel. Zusätzlich sind sie mit Lederbändern umwickelt. Das Alter wird auf etwa 2700&nbsp;v.&nbsp;Chr. geschätzt. Das ungewöhnliche Design, das dem Prinzip moderner Bögen teilweise stark widerspricht, deutet grundsätzlich darauf hin, dass es sich um eine rein zeremonielle Waffe handeln könnte. Dennoch haben mehrere Nachbauten gezeigt, dass der Bogen prinzipiell funktional ist.<ref>Stuart Prior: ''Recreating the Neolithic Meare Heath Bow – Reassessing the past through Experimental Archaeology.'' In: ''Journal of the Society of Archer-Antiquaries.'' Bd. 43, 2000, S. 44–48.</ref>
[[Datei:Victory stele of Naram Sin 9066.jpg|mini|[[Narām-Sîn-Stele]]. Der als Gott dargestellte Herrscher hält Pfeil und Bogen in den Händen.]]
[[Datei:Skythe.png|mini|hochkant=1.3|[[Skythen|Skythe]] beim Spannen des Reflexbogens, Umzeichnung vom Goldbecher aus [[Kul-Oba|Kul'-Oba]] ([[Krim]])]]
Der Kurzbogen entwickelte sich wahrscheinlich mit und in den [[Steppenreiter]]kulturen und im Vorderen Orient. Auf antiken Darstellungen sowie in den [[Kurgan (Grabhügel)|Kurganen]] finden sich erste Belege. Wegen der im Vergleich zum [[Langbogen]] ungünstigeren mechanischen Verhältnisse haben sie zurückgebogene Bogenenden (Recurves) und Sehnen-/Hornverstärkungen ([[Kompositbogen]]). Hierauf zurückgehende Formen wurden von Griechen und Römern übernommen.


Bogenfunde der [[Bronzezeit]], [[Eisenzeit]] und der römischen Kaiserzeit sind in Mitteleuropa, wo weiterhin Langbögen bezeugt sind, äußerst selten.<ref name="Eckhardt">Holger Eckhardt: ''Pfeil und Bogen. Eine archäologisch-technologische Untersuchung zu urnenfelder- und hallstattzeitlichen Befunden.'' Internationale Archäologie. Bd. 21. Marie Leidorf, Espelkamp 1996, ISBN 3-924734-39-9; b: Kat.-Nr. 211–212</ref><ref name="Comstock">Paul Comstock: ''Bogen der europäischen Vorgeschichte.'' In: ''Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus''. Bd. 2. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2004, ISBN 3-9808743-5-4, S. 110–111.</ref>
Der Kurzbogen entwickelte sich wahrscheinlich mit und in den [[Steppenreiter]]kulturen. Auf antiken Darstellungen sowie in den [[Kurgan (Grabhügel)|Kurganen]] finden sich erste Belege. Wegen der im Vergleich zum [[Langbogen]] ungünstigeren mechanischen Verhältnisse haben sie zurückgebogene Bogenenden (Recurves) und Sehnen-/Hornverstärkungen ([[Kompositbogen]]).


=== Mittelalter ===
=== Bogen der Bronze- und vorrömischen Eisenzeit ===
[[Datei:Skythe.png|miniatur|hochkant=1.3|[[Skythen|Skythe]] beim Spannen des Reflexbogens, Umzeichnung vom Goldbecher aus [[Kul-Oba|Kul'-Oba]] ([[Krim]])]]
[[Datei:Bogenschuetzen Reiter-2.jpg|mini|hochkant=1.3|Darstellung von Bogenschützen im [[Stuttgarter Psalter]] (um 830)]]
Aus der [[Völkerwanderungszeit]] sind insbesondere die Bogen der [[Merowinger]] und [[Alamannen]] überliefert und im [[Stuttgarter Psalter]] (um 830) werden Kampfszenen mit Pfeil und Bogen zwischen [[Awaren]] und [[Franken (Volk)|Franken]] gezeigt.<ref name="Riesch">Holger Riesch: ''Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit. Eine Quellenkunde und Rekonstruktion des frühmittelalterlichen Bogenschießens.'' Karfunkel, Wald-Michelbach, 2002.</ref>
Bogenfunde der [[Bronzezeit]] und [[Eisenzeit]] sind in Mitteleuropa äußerst selten.<ref name="Eckhardt">Holger Eckhardt: ''Pfeil und Bogen. Eine archäologisch-technologische Untersuchung zu urnenfelder- und hallstattzeitlichen Befunden.'' Internationale Archäologie. Bd. 21. Marie Leidorf, Espelkamp 1996, ISBN 3-924734-39-9; b: Kat.-Nr. 211–212</ref> Der [[Bogenschütze von Amesbury]] aus der [[Endneolithikum|endneolithisch]]-[[frühbronzezeit]]lichen [[Glockenbecherkultur]] ist mit Langbogen, Pfeilen und [[Armschutzplatte]] bestattet worden. Oft sind bei endneolithischen Gräbern nur noch die Pfeilspitzen, steinernen Armschutzplatten oder [[Schäftung (Vor- und Frühgeschichte)#Mögliche Hilfsgeräte zur Schäftung|Pfeilschaftglätter]] erhalten, die auf den Status des Bogens als Waffe hinweisen. Auch in der frühbronzezeitlichen [[Aunjetitzer Kultur]] bleibt diese Grabbeigabe bestehen. Vom Ende der [[Frühbronzezeit]] ist ein Geweihbogen ([[Rothirsch]]) aus England bekannt, der mit nur 45 Zentimetern Länge zu den Miniaturbogen zählt.<ref>Kasia Gdaniec: ''A miniature antler bow from a Middle Bronze Age site at Isleham, (Cambridgeshire), England.'' Antiquity 70, 1996, S. 652–657.</ref> Die <sup>14</sup>C-Datierung dieses singulären Fundes ergibt ein Alter zwischen 1750 und 1605&nbsp;v.&nbsp;Chr.
Für die [[Mittlere Bronzezeit|Mittlere]] und [[Späte Bronzezeit]] gibt es bislang keine Bogenfunde, lediglich zwei [[Köcher]] aus [[urnenfelderzeit]]lichen Gräbern: einen mit elf Pfeilen aus [[Ockstadt]] (Wetteraukreis),<ref name="Eckhardt" /> und einen mit sechs Pfeilspitzen und Schaftresten aus [[Behringersdorf]] (Kr. Nürnberger Land).<ref>Ernst Probst: ''Die Urnenfelderkultur. Eine Kultur der Bronzezeit vor etwa 1300/1200 bis 800&nbsp;v.&nbsp;Chr.'' Grin-Verlag, Norderstedt 1996, S. 43–44.</ref> Aus klimatischen Gründen ist in Mitteleuropa nicht von Importen [[Vorderasien|vorderasiatischer]] [[Kompositbogen]] auszugehen, sondern überwiegend vom reinen Holzbogen (''Selfbow''). Häufig gefunden werden dagegen so genannte „graeco-eurasische“ Pfeilspitzen der [[Hallstattzeit]], wie im Gräberfeld von [[Hallstatt]], in [[Salzburg]], [[Mellrichstadt]], in einer Höhle bei [[Ebermannstadt]], auf der [[Ehrenbürg]] bei Forchheim, der [[Heuneburg]] (Kr. Sigmaringen).<ref>Birgit Schmalz: ''Vorzeit. Spuren in Rhön-Grabfeld.'' Hrsg. vom Verein für Heimatgeschichte e.&nbsp;V. Königshofen, Bad Königshofen 1998.</ref> Diese gelten als Importe aus Griechenland und dem Gebiet der [[Skythen]] bzw. als technische Nachahmungen dieser Formen.


[[Datei:Douglas Fairbanks Robin Hood 1922 film poster.jpg|mini|Bekanntester literarischer (Rechtshand-)Schütze mit dem Langbogen: [[Robin Hood]] – Filmplakat von 1922]]
=== Bogen der Germanen ===
Der klassische [[Langbogen]] entwickelte sich im europäischen Hoch- bzw. [[Spätmittelalter]] zum englischen Langbogen (engl. Longbow<ref>''[[:en:Longbow|Longbow]]'' in der englischsprachigen Wikipedia</ref>) mit sehr hohen Zuggewichten weiter, mit dem mühelos eine damals gebräuchliche [[Kettenrüstung]] und unter günstigen Bedingungen sogar die als Reaktion entwickelten [[Plattenpanzer]] durchschlagen werden konnten. Im Spätmittelalter begann die Verdrängung des Bogens durch andere Fernwaffen wie Armbrust und vor allem Feuerwaffen.
[[Germanen]] bauten im 1.–2.&nbsp;Jahrhundert meist Stabbogen mit hohem Querschnitt, die seit der [[Eisenzeit]] typischerweise dick auslaufende Wurfarmenden mit zum Teil seitlich angebrachter Nockenkerbe hatten. Sie sind in Siedlungen und als Einzelfunde archäologisch nachgewiesen.<ref>Wolfgang Adler: ''Studien zur germanischen Bewaffnung: Waffenmitgabe und Kampfesweise im Niederelbegebiet und im übrigen Freien Germanien um Christi Geburt.'' Habelt, Bonn 1993. (Saarbrücker Beiträge zur Altertumskunde 58)</ref>


=== Neuzeit ===
Seit dem 19. Jahrhundert entstand das Gerücht, römische Geschichtsschreiber hätten die Verachtung der Germanen gegenüber Pfeil und Bogen als Kriegswaffe zum Ausdruck gebracht, was in einer Art [[Ehrenkodex]] festgehalten gewesen sei.<ref>Thomas Marcotty: ''Bogen und Pfeile.'' Verlag A. Hörnig (2004)</ref><ref>Hans Delbrück: ''Geschichte der Kriegskunst: Geschichte der Kriegskunst: Das Mittelalter, Die Neuzeit, Das Altertum, Die Germanen.'' Nikol, 2006.</ref> [[Tacitus]] erwähnte in seiner „[[Germania (Tacitus)|Germania]]“ dazu jedoch nichts. Stattdessen kann die Ineffizienz des Bogens gegen gepanzerte [[Römische Legion|römischen Legionen]] ins Feld geführt werden.<ref name="Bulanda">Edmund Bulanda: ''Bogen und Pfeil bei den Völkern des Altertums''. Wien und Leipzig 1913, S. 131.</ref> Das schließt jedoch die Möglichkeit des Gebrauches nicht aus, und es gibt Belege, dass sich die [[Gallier]] zur selben Zeit des Bogens bedienten.<ref name="Bulanda" />
In der [[Frühe Neuzeit|frühen Neuzeit]] (ca. 1500 bis 1790) wurden die Langbögen abgelöst. Im englischen Bürgerkrieg in der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden noch Langbögen verwendet, kurze Zeit später wurde der Langbogen in England aber endgültig verdrängt. [[Muskete]]n erlangten eine immer höhere Feuerkraft und Reichweite und konnten Panzerungen leichter durchschlagen. Zudem war die Ausbildung eines Langbogenschützen weit aufwändiger und länger als die eines Musketenschützen.


Der Bogen als Waffe spielte in der Neuzeit vorwiegend bei den indigenen Völkern Afrikas, Amerikas und Australiens eine Rolle. Auf den Schlachtfeldern Europas war er schließlich kein gewohnter Anblick mehr.
Eine herausragende Kollektion von 36 Bogenfunden germanischer Zeit stammt aus dem [[Nydam-Moor]] in [[Südjütland]].<ref name="Comstock">Paul Comstock: ''Bogen der europäischen Vorgeschichte.'' In: ''Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus''. Bd. 2. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2004, ISBN 3-9808743-5-4, S. 110–111.</ref> Die Eibenbogen wurden offenbar mit vielen weiteren Waffen zusammen mit dem [[Nydam-Schiff]] im Moor versenkt. Die Datierung der Bogen wird mit 100–350&nbsp;n.&nbsp;Chr.,<ref name="Comstock" /> an anderer Stelle mit 300&nbsp;n.&nbsp;Chr.<ref>Tom Mills: ''Ein Bogen aus der Kupferzeit.'' In: ''Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus''. Bd. 4. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2004, ISBN 3-938921-07-2, S. 103.</ref> angegeben. Der Bau des Nydam-Schiffes selbst ist [[Dendrochronologie|dendrochronologisch]] auf 310–350 n. Chr. zu datieren, so dass die Datierung der Bogen ebenfalls ins frühe 4.&nbsp;Jahrhundert wahrscheinlich sein dürfte. Beim ''Typ Nydam'' handelt es sich um schlanke Stabbogen von 178–187&nbsp;cm Länge, die an die späteren englischen [[Langbogen]] erinnern. Die spitz zulaufenden Wurfarme haben Tips (Endenverstärkungen) aus Geweih, die zum Teil einen achteckigen Querschnitt haben. Bei einem dieser Bogen ist ein Tip aus Eisen erhalten.<ref name="Comstock" />


Seit dem 19. Jahrhundert erleben Bogensport und Bogenjagd wieder einen Aufschwung.
=== Völkerwanderungszeit und Frühmittelalter ===
Aus der [[Völkerwanderungszeit]] sind insbesondere die Bogen der [[Merowinger]] und [[Alamannen]] überliefert.<ref name="Riesch">Holger Riesch: ''Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit. Eine Quellenkunde und Rekonstruktion des frühmittelalterlichen Bogenschießens.'' Karfunkel, Wald-Michelbach, 2002.</ref> Ein erfolgreicher Einsatz der [[Alamannen]] gegen die [[Römer]] in einer Schlacht am [[Rhein]] im Jahre [[354]] dokumentiert die Verwendung des Bogens als Kriegswaffe.


In Kunst und Literatur sowie Sagen hatte der Bogen schon seit der Antike und dem Mittelalter Eingang gefunden.
Eine vorzügliche Quelle zur Erforschung frühmittelalterlicher Eibenbogen bot der bereits 1846 ausgegrabene Friedhof von [[Oberflacht]], Landkreis [[Tuttlingen]].<ref name="Riesch" /><ref>Wolfgang Menzel: ''Die Heidengräber am Lupfen (bei Oberflacht). Aus Auftrag des Württembergischen Alterthums-Vereins geöffnet und beschrieben von dem K. Württ. Hauptmann v. Dürrich und Dr. Wolfgang Menzel'', 1847.</ref> Die Belegung des Friedhofs stammt aus dem Zeitraum von 530 bis 650.


== Bogentypen und Einsatzbereiche ==
Ein mit einer Eisenblechtülle beschlagener alamannischer Bogen wurde in einem Grab in der St.&nbsp;Martinskirche in [[Altdorf UR|Altdorf]] (Kanton Uri, Schweiz) gefunden. Das Grab datiert um das Jahr 670. Bei diesem Bogen bestehen Ähnlichkeiten zu den D-förmigen Nydam-Bogen aus dem 4.&nbsp;Jahrhundert, die ebenfalls eine Eisenblech- oder Geweihtülle hatten.<ref>Holger Riesch: ''Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit. Eine Quellenkunde und Rekonstruktion des frühmittelalterlichen Bogenschießens.'' Karfunkel, 2002, S. 24–27.</ref>
[[Datei:Primitive Bow.jpg|mini|Primitivbogen aus einem Stück Holz]]
[[Datei:Different bow nocks.jpeg|mini|Unterschiedliche Tips an Primitiv-Bögen]]Es existiert kein einzelnes, allgemeingültiges Klassifikationssystem für Bögen.<ref>{{Literatur |Autor=W. F. Paterson |Hrsg= |Titel=Encyclopaedia of archery |Auflage= |Verlag=St. Martin's Press |Ort=New York |Datum=1984 |ISBN=0-312-24585-8 |Seiten=37}}</ref> Bogentypen können anhand verschiedener Eigenschaften wie dem verwendeten Material, der Auszugslänge, der Form des Bogens und ähnlichem beschrieben werden.<ref>{{Literatur |Autor=Ernest Gerald Heath |Hrsg= |Titel=Archery: the modern approach |Auflage=2 |Verlag=Faber and Faber |Ort=London |Datum=1978 |ISBN=978-0-571-04957-8 |Seiten=14–16}}</ref>


=== Primitivbogen ===
Im [[Stuttgarter Psalter]] (um 830) werden Kampfszenen mit Pfeil und Bogen zwischen [[Awaren]] und [[Franken (Volk)|Franken]] gezeigt.
Ein Primitivbogen (traditioneller Bogen; Englisch: ''selfbow'') ist in seiner ursprünglichen Form aus einem Stück Holz gefertigt, ohne dass ein Schussfenster (Englisch: ''shelf'') und ein Griffbereich ausgeformt werden. Der einfache Bogen besitzt daher keine Pfeilauflage, sondern der Pfeil wird über den Handrücken der Bogenhand aufgelegt.

=== Hoch- und Spätmittelalter ===
Der klassische [[Langbogen]] entwickelte sich im europäischen Hoch- bzw. [[Spätmittelalter]] zum englischen Langbogen (engl. Longbow<ref>''[[:en:Longbow|Longbow]]'' in der englischsprachigen Wikipedia</ref>) mit sehr hohen Zuggewichten weiter. Diese Entwicklung ist die Antwort auf die besonders im [[Hochmittelalter]] vorkommenden Panzerreiter (siehe [[Ritter]]). So konnte ein Pfeil, der von einem Langbogenschützen abgeschossen wurde, mühelos eine damals gebräuchliche [[Kettenrüstung]] und unter günstigen Bedingungen sogar die als Reaktion entwickelten [[Plattenpanzer]] durchschlagen. Auch die Pferde der Ritter mussten nun, soweit überhaupt möglich, vor Waffenwirkung beschützt werden. Allerdings mussten entsprechend große Kräfte zum Spannen des Bogens ausgeübt werden. Heranreitende [[Kavallerie]] hatte nur selten die Möglichkeit, die Bogenschützen mit ihren Nahkampfwaffen anzugreifen.

Im Jahr 1139 wurde der Einsatz des Bogens (gemeinsam mit der Armbrust) bei kriegerischen Auseinandersetzungen unter Christen durch das [[Zweites Laterankonzil|Zweite Laterankonzil]] geächtet.<ref>Alberigo, Giuseppe: ''Conciliorum oecumenicorum decreta'', Canon IXXX, Bologna, 1973³, S. 195–203</ref>

==== Hochmittelalter ====
Im [[Hochmittelalter]] (ca. 1050 bis 1250) waren im Westen vor allem [[Wales|Waliser]] und Engländer, im Osten besonders die Türken und Mongolen gefürchtete Bogenschützen. Mehrere Schlachten im [[Hundertjähriger Krieg|Hundertjährigen Krieg]] gewannen die Engländer mit ihrer taktisch eingebundenen Bogenstreitmacht. Um den in diesem Krieg entstandenen Bedarf an [[Eiben]]holz zur Bogenherstellung decken zu können, wurde nicht zuletzt auch Holz aus deutschen Wäldern verwendet.

Im Gegensatz zur Jagd wurde mit den damaligen Kriegsbögen nicht gezielt, sondern auf die Salvenwirkung gesetzt. Durch die große Anzahl an Schützen und dementsprechend vielen gleichzeitig niedergehenden Pfeilen war die Trefferwahrscheinlichkeit trotzdem recht hoch. <!-- Ein durchschnittlicher englischer Bogenschütze sollte idealerweise acht Pfeile gleichzeitig in der Luft halten. Das heißt, wenn der achte Pfeil geschossen wurde, war der erste noch nicht im Ziel. --> Kriegsbögen hatten ein hohes Zuggewicht, typischerweise mehr als 100 englische Pfund, das sind ca 45 kg. In alten [[Chronik]]en wurde berichtet, dass die Pfeile „dicht wie Schnee“ auf den Gegner niedergingen.

Zwar hatte schon [[Wilhelm I. (England)|Wilhelm der Eroberer]] in der [[Schlacht von Hastings]] eine große Truppe von französischen Bogenschützen gegen die Truppen von König [[Harald II. (England)|Harald II.]] eingesetzt, aber sie waren ebenso wie die weniger zahlreichen englischen Bogenschützen nur mit relativ kurzen Bögen ausgerüstet.

Bereits im 11. Jahrhundert wurde von [[Waliser|walisischen]] Bogenschützen berichtet, deren Pfeile ca. zehn Zentimeter dicke Eichentore durchschlugen. In den Dienst des englischen Königs [[Eduard I. (England)|Eduard&nbsp;I.]] wurde der Langbogen nach der Unterwerfung der Waliser im späten 13. Jahrhundert übernommen. Zunächst wurden walisische Bogenschützen eingesetzt, später wurden auch englische Langbogenschützen ausgebildet. Ende des 13. Jahrhunderts entwickelte sich der englische Typ mit tiefem D-förmigem Querschnitt, der in [[Westeuropa]] zur effektivsten Fernkampfwaffe wurde, die von einem einzigen Menschen bedient werden konnte. Der militärische Einsatz des Langbogens wurde im europäischen Mittelalter zuerst in England realisiert.

Um mit einem Langbogen eine solche Wirkung zu entfalten, war jahrelange Übung notwendig. Im mittelalterlichen England wurden daher [[Gesetz]]e erlassen, die die männliche Bevölkerung dazu verpflichteten, sich im Umgang mit dem Langbogen zu üben. Zudem mussten englische Väter ihre Söhne mit einem Langbogen ausrüsten, wenn diese ein bestimmtes Alter erreicht hatten. Bei Skelettfunden, die man englischen Langbogenschützen zuordnen konnte ([[Mary Rose]]), wurden auf starke mechanische Belastung hinweisende Umbildungen von Arm- und Wirbelknochen festgestellt.

Moderne Versuche haben ergeben, dass ein von einem Langbogen abgeschossener Pfeil unter Idealbedingungen die Brustplatte einer Plattenrüstung durchschlagen konnte.

Zur Herstellung von Langbögen verwendeten die Engländer vorwiegend [[Eiben]]holz, da dieses die hohen auftretenden Zug- und Stauchkräfte aufnehmen kann. Diese Eigenschaften ermöglichten die Entwicklung zum leistungsstarken Stabbogen, der im Gegensatz zum Flachbogen auf weite Distanzen einzusetzen ist. Die walisischen Bogenschützen schossen auch mit [[Ulme]]nbögen. Noch heute ist die Eibe streng geschützt, weil dem damaligen Bedarf an Eibenholz fast die gesamten Bestände des Alpenraums und der Pyrenäen zum Opfer gefallen waren.

Die meisten englischen Langbögen reichten dem Schützen im ungespannten Zustand mindestens bis auf Augenhöhe.
[[Datei:Douglas Fairbanks Robin Hood 1922 film poster.jpg|miniatur|Bekanntester literarischer (Rechtshand-) Schütze mit dem Langbogen: [[Robin Hood]] – Filmplakat von 1922]]
In anderen europäischen Reichen wurde der Nutzen dieser Waffe ebenfalls erkannt, sodass der Langbogen auch außerhalb Englands Verbreitung fand, wo er aber aufgrund der Konkurrenz durch andere Fernwaffen, vor allem die gegen Ende des Mittelalters aufkommenden Feuerwaffen, nicht die gleiche Rolle spielte wie in England.

==== Spätmittelalter ====
In den Schlachten des [[Spätmittelalter]]s (ca. 1250 bis 1500) bewährte sich der Langbogen vielfach. Geriet gegnerische [[Kavallerie|Reiterei]] unter die wenig bis gar nicht [[Rüstung|gepanzerten]] Bogenschützen, hatten diese allerdings meist nur ein leichtes [[Schwert]] oder auch nur einen [[Dolch]] oder ein Messer zur Verteidigung. Solche Kämpfe endeten meist in einer Katastrophe für die Bogenschützen, die aufgrund ihrer langen Ausbildung nur schwer zu ersetzen waren. Deshalb bezogen die englischen Langbogenschützen meist Deckung hinter spitzen Holzpfählen, die in die Erde gerammt waren. Davor postierten sich schwer gepanzerte [[Ritter]], die zu Fuß kämpften und mit ihren [[Lanze]]n gegnerische Truppen auf Distanz halten sollten.

Der Sage nach wurden im [[Hundertjähriger Krieg|Hundertjährigen Krieg]] englischen Bogenschützen, die in Gefangenschaft gerieten, der rechte [[Zeigefinger|Zeige]]- und [[Mittelfinger]] abgehackt, mit denen die Sehne gezogen wurde. Verschiedene Gesten (''Fuck off''-V, [[Victory-Zeichen]], ''crossed fingers'') werden auf diese Sage zurückgeführt.

Noch im Jahre 1590 verteidigte der englische Adlige [[Sir John Smythe]] den Nutzen des Langbogens gegenüber den damals gebräuchlichen [[Arkebuse]]n und [[Muskete]]n. Smythe wies darauf hin, dass ein Bogen im Gegensatz zu einer [[Feuerwaffe]] über keinen Mechanismus verfügt, der versagen könnte. Zudem hob er die deutlich höhere Feuerrate des Bogens im Vergleich zu Feuerwaffen hervor. Außerdem würde ein dichter, heranfliegender Pfeilhagel die Moral des Gegners schädigen.

Aus dem Wrack des in dieser Zeit gesunkenen Schiffs ''[[Mary Rose]]'' wurden etliche Langbögen geborgen, die zum Teil so gut erhalten sind, dass sie noch schießbar sind.

=== Frühe Neuzeit ===
In der [[Frühe Neuzeit|frühen Neuzeit]] (ca. 1500 bis 1790) wurden die Langbögen abgelöst. Im englischen Bürgerkrieg in der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden noch Langbögen verwendet, kurze Zeit später wurde der Langbogen in England aber endgültig verdrängt. Musketen erlangten eine immer höhere Feuerkraft und Reichweite und konnten Panzerungen leichter durchschlagen. Zudem war die Ausbildung eines Langbogenschützen weit aufwändiger und länger als die eines Musketenschützen.

== Bogentypen und Einsatzbereiche ==
[[Datei:Primitive Bow.jpg|miniatur|Primitiv-Bogen aus einem Stück Holz]]
[[Datei:Different bow nocks.jpeg|miniatur|Unterschiedliche Nocken an Primitiv-Bögen]]


=== Primitiv-Bogen ===
Ein Primitiv-Bogen (traditioneller Bogen) ist in seiner ursprünglichen Form aus einem Stück Holz gefertigt (''englisch:'' Selfbow), ohne dass ein Schussfenster (''englisch:'' Shelf) und ein Griffbereich ausgeformt werden. Der einfache Bogen besitzt daher keine Pfeilauflage, sondern wird über den Handrücken der Bogenhand aufgelegt.
„Primitivbogen“ als Bogenklasse im heutigen traditionellen Bogensport bedeutet vor allem, dass nur Bogen zugelassen sind, die ausschließlich aus natürlichen (d. h. vorindustriellen) Materialien bestehen. Daher können Backing und Griffleder vorhanden sein, sofern sie aus Naturmaterialien bestehen.
„Primitivbogen“ als Bogenklasse im heutigen traditionellen Bogensport bedeutet vor allem, dass nur Bogen zugelassen sind, die ausschließlich aus natürlichen (d. h. vorindustriellen) Materialien bestehen. Daher können Backing und Griffleder vorhanden sein, sofern sie aus Naturmaterialien bestehen.


Auch die Bogensehne muss aus Naturmaterialien (Flachs, Leinen, Sehne, Leder, Haut etc.) gefertigt sein. Sie wird in den Nocks eingehängt.
Auch die Bogensehne muss aus Naturmaterialien (Flachs, Leinen, Sehne, Leder, Haut etc.) gefertigt sein. Sie wird in den Tips eingehängt.


In Europa verwendete Hölzer sind z.&nbsp;B. Eibe, Esche, Ahorn und Akazie.
In Europa verwendete Hölzer sind z.&nbsp;B. Eibe, Esche, Ahorn und [[Gewöhnliche Robinie|Robinie]].


=== Langbogen ===
=== Langbogen ===
[[Datei:Longbow arrow.jpg|miniatur|Moderner „glasbelegter“ Langbogen]]
[[Datei:Longbow.jpg|mini|Moderner Langbogen]]
{{Hauptartikel|Langbogen}}
{{Hauptartikel|Langbogen}}
Zwischen dem Primitiv-Bogen und dem Langbogen bestehen fließende Übergänge. Ein Langbogen kann ein Holzbogen (Selfbow) ohne Schussfenster sein. Moderne Langbogen bestehen meist aus laminierten Holzstreifen oder mit auf- oder eingelegten [[Kunststoff]]en. Dabei kommen vor allem [[Glasfaser]]laminate für den Belag der Bauch- und Rückenseite zum Einsatz, sowie [[Kohlenstofffaser]]n als Schichtlaminat.
Zwischen dem Primitivbogen und dem Langbogen bestehen fließende Übergänge. Ein Langbogen kann ein Holzbogen (Selfbow) ohne Schussfenster sein. Moderne Langbogen bestehen meist aus laminierten Holzstreifen oder mit auf- oder eingelegten [[Kunststoff]]en. Dabei kommen vor allem [[Glasfaser]]laminate für den Belag der Bauch- und Rückenseite zum Einsatz sowie [[Kohlenstofffaser]]n als Schichtlaminat.


Im traditionellen Bogenbau wird zwischen Langbogen englischer und amerikanischer Bauart unterschieden. Englische Langbögen des Mary-Rose-Typus sind traditionell aus [[Eiben]]holz gefertigt und haben einen tiefen D-förmigen Bogenarmquerschnitt ohne Griffband. Die späteren viktorianischen englischen Langbogen haben über die gesamte Länge einen linsenförmigen Querschnitt und einen runden Griff, meist mit einer Lederwicklung. Man spricht dabei von einem Stabbogen. Amerikanische Langbogen besitzen flache Wurfarme mit meist eher rechteckigen Wurfarmquerschnitt und einen der Hand stärker angepassten Griff (siehe Bild). Letztere werden auch [[Amerikanischer Flachbogen|Flachbogen]] genannt.
Im traditionellen Bogenbau wird zwischen Langbogen englischer und amerikanischer Bauart unterschieden. Englische Langbögen des Mary-Rose-Typus sind traditionell aus Eibenholz gefertigt und haben einen tiefen D-förmigen Bogenarmquerschnitt ohne Griffband. Die späteren viktorianischen englischen Langbogen haben über die gesamte Länge einen [[linsenförmig]]en Querschnitt und einen runden Griff, meist mit einer Lederwicklung. Man spricht dabei von einem Stabbogen. Amerikanische Langbogen besitzen flache Wurfarme mit meist eher rechteckigem Wurfarmquerschnitt und einem der Hand stärker angepassten Griff. Letztere werden auch [[Amerikanischer Flachbogen|Flachbogen]] genannt.


=== Recurve-/Reflexbogen ===
=== {{Anker|Recurvebogen}} Reflexbogen ===
[[Datei:Recurve samick a-z hg.jpg|miniatur|Recurve]]
[[Datei:Recurve samick a-z hg.jpg|mini|Recurve]]
[[Datei:Recurve.jpg|miniatur|Wurfarmenden von Recurvebogen]]
[[Datei:Recurve.jpg|mini|Wurfarmenden von Recurvebogen]]
Recurve (''englisch'': zurückgebogen) steht für das Hauptmerkmal dieses Bogentyps, die zurückgebogene Form der Wurfarme.<ref>[http://dict.leo.org/ende?lp=ende&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed&sectHdr=on&spellToler=on&chinese=both&pinyin=diacritic&search=recurve&relink=on Aussprache: recurve]</ref> Die Begriffe ''Recurvebogen'' und ''Reflexbogen'' werden synonym verwandt.<ref>Volker Alles (Hrsg.): ''Reflexbogen. Geschichte und Herstellung.'' Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2009, S. 10–25.</ref>
''Reflex'' (lat. für {{' |zurückgebogen}})<ref>[http://dict.leo.org/ende?lp=ende&lang=de&searchLoc=0&cmpType=relaxed&sectHdr=on&spellToler=on&chinese=both&pinyin=diacritic&search=recurve&relink=on Aussprache: recurve]</ref> steht für das Hauptmerkmal dieses Bogentyps, die zurückgebogene Form der Wurfarme, die im entspannten Zustand vom Schützen wegweisen.<ref name="Brockhaus">Der Brockhaus multimedial 2010, Artikel ''Bogen'': „Der zusammengesetzte Bogen ist in der Regel so konstruiert, dass sich die Bogenenden (auch als {{' |Bogenarme}} bezeichnet) im entspannten Zustand zum Ziel hin krümmen (Reflexbogen).“</ref> Neben dem Begriff ''Reflexbogen'' wird das [[denglisch]]e '''''Recurvebogen''''' synonym verwandt.<ref>Volker Alles (Hrsg.): ''Reflexbogen. Geschichte und Herstellung.'' Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2009, S. 10–25.</ref>
Die ältesten Nachweise dieses Bogentyps sind die zahlreichen Felsbilder aus der Zeit der [[Cardial- oder Impressokultur|Cardialkeramik]] im 7. Jahrtausend v. Chr. an der spanischen Mittelmeerküste, auf denen Krieger oder Jäger mit Recurvebogen abgebildet sind.<ref name="Steguweit.Jungsteinzeit" /> Spätere Darstellungen von Recurvebogen stammen aus der Bernburger Kultur und sind auf etwa 3.100 BC datiert. So z.b. auf dem Megalithgrab von Göhlitzsch. Vermutlich war der Recurvebogen bereits mit der Ausbreitung der Megalithkultur nach Nord- und Mitteleuropa gekommen und somit seit spätestens 4.000 v. Chr. ausgiebig verbreitet.
Um etwa 3000 v. Chr. findet man sie erstmalig auf Megalithgräber der Maikop-Kultur (z.b. in Klady) dargestellt und anschliessend im Rahmen der Kura-Araxas-Kultur. Archäologen stellen hier einen direkten Kulturkontakt zwischem dem nördlichen Kaukasus und Mitteldeutschland her.
Um ca. 2400 v. Chr. stellen sich inbesondere Akkadische Könige mit einem Recurvebogen dar. Akkadische Königstitel verbinden traditionell die Macht über den Bogen mit der Herrschaft über unterworfene Länder. Später wird dies durch Reflexbögen ersetzt und ein üblicher Bestandteil von Darstellungen der Königen im vorderen Orient, insbesondere zur Darstellung ihrer Kampfkraft. Beispiele gibt es unter Babyloniern, Assyrern und Persern.
Im ägyptischen [[Theben (Ägypten)|Theben]] wurden Exemplare eines Typs gefunden, die wahrscheinlich [[Assyrer|assyrischer]] Herkunft waren und vermutlich aus der Zeit um 1200 v. Chr. stammen. Im Bronzezeitlichem Südeuropa wurden vor allen Dingen Handschoner gefunden, die den Bogenschützen vor der Sehne schützen, was dafür spricht das auch hier Recurvebögen seit längerem im Gebrauch waren.


Die ältesten Nachweise dieses Bogentyps sind [[Felsmalereien in der spanischen Levante]] (seit dem 6. Jahrtausend v.&nbsp;Chr.), auf denen Krieger oder Jäger mit Recurvebögen abgebildet sind.<ref name="Steguweit.Jungsteinzeit" /> Spätere Darstellungen von Recurvebogen stammen aus der mitteldeutschen [[Bernburger Kultur]], z.&nbsp;B. in der [[Steinkiste von Göhlitzsch]]. Spätestens mit der westeuropäischen [[Megalithkultur]] kam der Recurvebogen nach Nord- und Mitteleuropa. Etwa um 3000 v.&nbsp;Chr. findet man sie auf Megalithgräbern der osteuropäischen [[Maikop-Kultur]] (z.&nbsp;B. in Klady) und anschließend im Rahmen der Kura-Araxas-Kultur.
Der Recurvebogen (Reflexbogen) speichern in ihren Wurfarmen mehr Energie und haben daher einen höheren Wirkungsgrad als Flachbogen und Langbogen. Die anliegenden Sehnen dämpfen außerdem den Handschock nach dem Schuss.
Während beim Langbogen die Bogensehne frei schwingt, liegt sie beim Recurvebogen auf den Wurfarmenden (den „Recurves“) auf. Durch die Streckung der Sehne beim Abschuss wird ein Teil der Schwingungen vom Bogen absorbiert. Durch die Kompositbauweise – die bei Reflexbogen die Regel darstellt – kann dieser weiter ausgezogen werden als ein Lang- oder Flachbogen und hat dabei dennoch einen weicheren Auszug. Die starke Vorspannung der Wurfarme erfordert allerdings auch eine wesentlich größere Belastbarkeit des Materials.


Um ca. 2400 v. Chr. stellen sich akkadische Könige mit einem Recurvebogen als Machtsymbol dar. Später wird dies durch Reflexbögen ersetzt und ein üblicher Bestandteil von Darstellungen der Könige im Vorderen Orient. Beispiele gibt es unter Babyloniern, Assyrern und Persern. Im ägyptischen [[Theben (Ägypten)|Theben]] wurden Exemplare eines Typs gefunden, die wahrscheinlich [[Assyrer|assyrischer]] Herkunft waren und aus der Zeit um 1200 v.&nbsp;Chr. stammen.
Als Take-Down-Recurve bezeichnet man Recurve-Bögen, die aus einem Mittelstück und zwei Wurfarmen, also drei Teilen, bestehen. Der Vorteil dieser Bögen besteht darin, dass man sie auseinanderbauen kann, was sie komfortabler und mobiler macht. Zudem kann man die Wurfarme wechseln, falls sie z.B. defekt sind oder gegen andere Wurfarme mit anderem Zuggewicht austauschen. Die heute seltener verwendeten einstückigen Bögen haben ein traditionelleres Aussehen und sind in der Regel leichter als die Take-Down-Recurves.<ref>Dwight R. Schuh: ''Bowhunting Equipment & Skills'', Verlag Creative Publishing Int'l, 1997, ISBN 1610603060, Seite 28 [http://books.google.de/books?id=MU0k1jsEjO4C&pg=PA28]</ref> Auch besitzen viele Take-Down-Recurves ein schwereres Mittelstück aus Metall oder Kunststoff, was zur Stabilisierung des Schusses beiträgt. Allerdings gibt es auch Take-Down-Recurve, die ein Mittelstück aus Holz besitzen, welches nicht schwerer ist als das Mittelstück eines einstückigen Recurves mit vergleichbarer Größe.


Der Reflexbogen speichert in den Wurfarmen mehr Energie und hat daher einen höheren Wirkungsgrad als der Flach- und Langbogen. Die anliegende Sehne dämpft außerdem den Handschock nach dem Schuss. Während beim Langbogen die Bogensehne frei schwingt, liegt sie beim Reflexbogen auf den zurückgebogenen (Reflex) Wurfarmenden auf. Durch die Streckung der Sehne beim Abschuss wird ein Teil der Schwingungen vom Bogen absorbiert. Durch die [[Kompositbauweise]] – die bei Reflexbogen die Regel darstellt (siehe [[Kompositbogen]]) – kann dieser weiter ausgezogen werden als ein Lang- oder Flachbogen und hat dabei dennoch einen weicheren Auszug. Die starke Vorspannung der Wurfarme erfordert allerdings auch eine wesentlich größere Belastbarkeit des Materials.
Unter Recurvebogen wird heute (ohne weitere Zusätze) im sportlichen Bogenschießen der „olympische Recurve“ mit Visier und Stabilisatoren verstanden. Demgegenüber wird mit dem Begriff [[Blankbogen]] im heutigen Sprachgebrauch die Klasse „Recurvebogen ohne Visier und Stabilisatoren“ bezeichnet. Im Verständnis des traditionellen Bogensports werden alle Bogen ohne Visier als Blankbogen bezeichnet.


Als '''''Take-Down-Recurve''''' (deutsch: zerlegbar) bezeichnet man Reflex-Bögen, die aus einem Mittelteil und zwei montierbaren Wurfarmen bestehen. Der Vorteil dieser Bögen besteht neben den kleineren Transportmaßen auch darin, dass ein schweres Mittelstück aus Metall oder Kunststoff zur Stabilisierung des Bogens beim Abschuss beiträgt.<ref>Dwight R. Schuh: ''Bowhunting Equipment & Skills'', Verlag Creative Publishing Int'l, 1997, ISBN 1-61060-306-0, [http://books.google.de/books?id=MU0k1jsEjO4C&pg=PA28 S. 28].</ref> Durch den Einsatz verschiedener Wurfarme lässt sich das Zuggewicht des Bogens verändern. Defekte Wurfarme können ausgewechselt werden.
=== Compoundbogen ===

[[Datei:HoytCompoundBOW.JPG|miniatur|hochkant|Compoundbogen mit Twin-Limbs und Twin-Cams]]
Im Internationalen Bogensport wird heute der ''olympische Recurvebogen'' mit Visier und Stabilisatoren verstanden. Demgegenüber wird mit dem Begriff [[Blankbogen]] im heutigen Sprachgebrauch die Klasse ''Reflexbogen ohne Visier und Stabilisatoren'' bezeichnet. Im traditionellen Bogensport werden alle Bögen ohne Visier als Blankbogen bezeichnet.
→ ''Hauptartikel: [[Compoundbogen]]''

=== {{Anker|Compound}} Compoundbogen ===
[[Datei:HoytCompoundBOW.JPG|mini|hochkant|Compoundbogen mit Twin-Limbs und Twin-Cams]]
{{Hauptartikel|Compoundbogen}}


Der ''Compoundbogen'' besitzt an den Bogenenden des Bogens drehbare Räder, die sogenannten Camwheels, kurz Cams genannt. Sie besitzen zwei verschiedene Durchmesser, auf denen Kabel oder Sehne aufgerollt sind. Im ungespannten Zustand ist auf dem größeren der beiden Räder die Sehne aufgerollt. Beim Spannen des Bogens wird die Sehne vom großen Rad abgerollt und auf dem kleinen Rad wird das am gegenüberliegenden Wurfarm befestigte Kabel aufgerollt. Die Cams sind zusätzlich [[Exzentrizität (Technik)|exzentrisch]] aufgehängt.
Der ''Compoundbogen'' besitzt an den Bogenenden des Bogens drehbare Räder, die sogenannten Camwheels, kurz Cams genannt. Sie besitzen zwei verschiedene Durchmesser, auf denen Kabel oder Sehne aufgerollt sind. Im ungespannten Zustand ist auf dem größeren der beiden Räder die Sehne aufgerollt. Beim Spannen des Bogens wird die Sehne vom großen Rad abgerollt und auf dem kleinen Rad wird das am gegenüberliegenden Wurfarm befestigte Kabel aufgerollt. Die Cams sind zusätzlich [[Exzentrizität (Technik)|exzentrisch]] aufgehängt.
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Moderne Compoundbögen wenden wie bei einem [[Wellrad]] das [[Hebelgesetz]] an. Die sich nach außen wegdrehende Rolle ist wie ein starrer Hebel, der auf die Drehachse wirkt. Durch die exzentrische Aufhängung der Rollen/Cams verändert sich der Angriffswinkel und der Hebelarm, der Bogen arbeitet so immer im effektivsten Bereich. Werden die Rollen/Cams mit der Bogensehne nach außen gezogen, verlängert sich der Hebelarm. Diese Mechanismen sind beim Compoundbogen in einer praktischen Anwendung umgesetzt. Dadurch ergibt sich im Gegensatz zu anderen Bogen ein nicht-linearer Kraftverlauf beim Auszug: Mit steigendem Auszug nimmt die Kraft zunächst stetig zu (wie auch bei anderen Bogen), um dann aber beim Überschreiten des sogenannten Gipfel-Zuggewichtes schlagartig abzunehmen. Der Bogenschütze hält dann bei voll ausgezogenem Bogen nur noch einen Bruchteil des Gipfelzuggewichtes auf der Hand. Die Zugreduzierung kann bis zu 80 % betragen, d.&nbsp;h. bei einem Gipfelzuggewicht von 50 Pfund muss der Schütze nur zehn Pfund im Auszug halten. Dadurch kann der Bogen ruhiger gehalten werden und das Zielen fällt wesentlich leichter.
Moderne Compoundbögen wenden wie bei einem [[Wellrad]] das [[Hebelgesetz]] an. Die sich nach außen wegdrehende Rolle ist wie ein starrer Hebel, der auf die Drehachse wirkt. Durch die exzentrische Aufhängung der Rollen/Cams verändert sich der Angriffswinkel und der Hebelarm, der Bogen arbeitet so immer im effektivsten Bereich. Werden die Rollen/Cams mit der Bogensehne nach außen gezogen, verlängert sich der Hebelarm. Diese Mechanismen sind beim Compoundbogen in einer praktischen Anwendung umgesetzt. Dadurch ergibt sich im Gegensatz zu anderen Bogen ein nicht-linearer Kraftverlauf beim Auszug: Mit steigendem Auszug nimmt die Kraft zunächst stetig zu (wie auch bei anderen Bogen), um dann aber beim Überschreiten des sogenannten Gipfel-Zuggewichtes schlagartig abzunehmen. Der Bogenschütze hält dann bei voll ausgezogenem Bogen nur noch einen Bruchteil des Gipfelzuggewichtes auf der Hand. Die Zugreduzierung kann bis zu 80 % betragen, d.&nbsp;h. bei einem Gipfelzuggewicht von 50 Pfund muss der Schütze nur zehn Pfund im Auszug halten. Dadurch kann der Bogen ruhiger gehalten werden und das Zielen fällt wesentlich leichter.


Der Compoundbogen ist der modernste aller Bögen und wird in der Regel mit einer mechanischen Lösehilfe (dem „Release“; engl. to release sth. = etwas ausklinken, etwas auslösen) geschossen, um Ablassfehler zu reduzieren. Zusätzlich werden Wasserwaagen und Vergrößerungen im Visier benutzt. Gepaart mit dem geringen Haltegewicht machen diese Hilfen den Compoundbogen insgesamt sehr präzise. Im Jahr 2012 lag z.&nbsp;B. der Weltrekord in der FITA Runde (Männer) im Freien mit 144 Pfeilen bei 1419 Ringen beim Compound. Im Vergleich dazu steht der Weltrekord FITA Runde (Männer) im Freien mit 144 Pfeilen bei 1387 mit dem Recurve.<ref>http://www.archery.org/</ref>
Der Compoundbogen ist der modernste aller Bögen und wird in der Regel mit einer mechanischen Lösehilfe (dem „Release“; engl. to release sth. = etwas ausklinken, etwas auslösen) geschossen, um Ablassfehler zu reduzieren. Zusätzlich werden Wasserwaagen und Vergrößerungen im Visier benutzt. Gepaart mit dem geringen Haltegewicht machen diese Hilfen den Compoundbogen insgesamt sehr präzise. Im Jahr 2012 lag z.&nbsp;B. der Weltrekord in der [[World Archery Federation|FITA]]-Runde (Männer) im Freien mit 144 Pfeilen bei 1419 Ringen beim Compound. Im Vergleich dazu steht der Weltrekord FITA-Runde (Männer) im Freien mit 144 Pfeilen bei 1387 Ringen mit dem Recurve.<ref>[https://worldarchery.sport/ World Archery]<!-- das ist zwar offenbar die aktuelle Website, aber wo der Beleg für die 1387 Ringe steht, ist unklar, evtl. wäre das hier ein besserer Beleg? https://www.reuters.com/article/idINIndia-53049120101120 --></ref>


=== Kyūdō-Bogen ===
=== Yumi ===
{{Hauptartikel|Yumi}}
{{Hauptartikel|Yumi}}
Der japanische [[Kyūdō]]-Bogen (Yumi) ist ein asymmetrischer Kompositbogen. Der Pfeil wird hier, wie es auch bei asiatischen Reitervölkern üblich war, zum Schuss auf der dem Schützen ''abgewandten'' Seite des Bogens geführt.
Der heute noch beim [[Kyūdō]] verwendete japanische Bogen (Yumi) ist ein asymmetrischer Kompositbogen. Der Pfeil wird hier, wie es auch bei asiatischen Reitervölkern üblich war, zum Schuss auf der rechten Seite des Bogens geführt. In der Frühgeschichte finden sich jedoch auch Darstellungen symmetrischer Bögen und früher Formen aus Vollmaterial.
In der Frühgeschichte finden sich jedoch auch Darstellungen symmetrischer und Vollmaterialformen.


=== Armbrust ===
Es wurde verschiedentlich diskutiert, dass der Kyūdō-Bogen als Reiterwaffe entwickelt wurde. Als Argument wird der kürzere (aber auch stärkere) untere Wurfarm angeführt, der beim Schuss vom Pferd aus den geringen Platz bis zum Pferderücken optimal ausnutzen kann. Gegner dieser umstrittenen Theorie weisen dagegen darauf hin, dass archäologische Funde den asymmetrischen Bogen weit vor domestizierten Pferden in Japan belegen. Zusätzlich ist zu bemerken, dass die Pfeile in Japan eine spezielle Behandlung erfahren: Um die Leitfedern zu stärken, wird der Pfeil (bzw. der Teil von der Nock bis zum Ende der Federn) einige Zeit über Wasserdampf erhitzt. Manchmal haben Pfeile in Japan auch vier Federn, wobei zwei davon oft verkürzt sind.
{{Hauptartikel|Armbrust}}

Bei der Armbrust, historisch auch ''Kreuzbogen'' genannt, handelt es sich um einen horizontal auf einer Mittelsäule montierten Bogen,<ref>{{Literatur |Autor=Charles E. Grayson, Daniel S. Glover |Hrsg= |Titel=Bogen, Pfeile, Köcher aus sechs Kontinenten: die Charles-E.-Grayson-Sammlung |Verlag=Hörnig |Ort=Ludwigshafen |Datum=2010 |ISBN=978-3-938921-17-3 |Seiten=193 f.}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Angelika O’Sullivan |Hrsg= |Titel=Waffenbezeichnungen in althochdeutschen Glossen: Sprach- und kulturhistorische Analysen und Wörterbuch |Reihe=Lingua Historica Germanica |BandReihe=5 |Verlag=Walter de Gruyter |Ort=Berlin |Datum=2013 |ISBN=978-3-05-006434-5 |Seiten=41}}</ref> dessen [[Bogensehne|Sehne]] durch eine Rückhaltevorrichtung in gespannter Position gehalten und für den Schuss über einen Abzugsmechanismus gelöst werden kann.
Beim ''mongolischen Schießstil'' liegt der Pfeil auch auf der „Außenkante“ des Bogens. Auch da hält der Daumen die Sehne und löst sie. Die mongolischen Bögen sind symmetrisch.

Entscheidend für die Position des Pfeils ist die Frage, wie der Bogen gespannt wird, europäisch mit drei Fingern, oder asiatisch mit dem Daumen. Davon ist abhängig, in welche Richtung die Sehne von den Fingern bzw. Daumen gleitet. Der Pfeil liegt immer auf der Seite dieser Richtung, bei drei Fingern links, beim Daumen somit rechts. Dies ist erforderlich, um zu vermeiden, dass der Pfeil beim Abschuss am Bogen anschlägt. Wird der Schuss gelöst, krümmt sich der Pfeil zuerst in die Bogenmitte, dann durch die eigene Elastizität in die entgegengesetzte Richtung. Genau zu diesem Zeitpunkt passiert der Pfeil den Bogen und wird somit nicht abgelenkt. Der Pfeil gleitet ''nicht'' die ganze Zeit bis zum Verlassen der Sehne entlang des Bogens.
Allerdings gibt es neben den heute am weitesten verbreiteten Kyudo-Schießformen noch viele andere. So finden sich auch heute noch und in Überlieferungen Schießtechniken, die sich von denen der gängigen Schießpraxis im heutigen Kyudo unterscheiden. So gab und gibt es auch Formen (überwiegend im Kriegsschießen), bei denen der Bogenarm steif gehalten oder bei sehr starken Bögen gar mit den Füßen gespannt, ein kürzerer Auszug genutzt oder die Sehne mit den Fingern oder anderen Vorrichtungen gezogen wurde. Dementsprechend würde nach der Theorie die Auflageseite des Pfeiles für diese Schießformen wechseln, oder eine Ablenkung bzw. Ausbremsung des Pfeiles in Kauf genommen werden.


== Bauweisen und Werkstoffe ==
== Bauweisen und Werkstoffe ==
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Ein ''Kompositbogen'' ist ein spezieller, aus mehreren verschiedenen Materialien bestehender Bogen, der in der ausgehenden Jungsteinzeit in Zentralasien entstand. Älteste archäologische Funde stammen aus der Region ''Pribaikalja'', nordwestlich des [[Baikalsee]]s in Südsibirien. Die dort in einem Gräberfeld gefundenen 16 Bogen sind bauchseitig mit Streifen aus Geweih versteift worden und laufen in spitzen Tips aus.<ref>A. P. Okladnikov: ''Neolit i Bronsovij vek Pribaikalja.'' Materialij i isledovania po archeologij SSSR 18. Moskau/Leningrad 1950.</ref><ref>G. Rausing: ''The Bow: Some Notes on its Origin and Development.'' Acta Archaeologica Lundensia 6. C. W. K. Gleerups, Lund 1967, S. 119–121.</ref>
Ein ''Kompositbogen'' ist ein spezieller, aus mehreren verschiedenen Materialien bestehender Bogen, der in der ausgehenden Jungsteinzeit in Zentralasien entstand. Älteste archäologische Funde stammen aus der Region ''Pribaikalja'', nordwestlich des [[Baikalsee]]s in Südsibirien. Die dort in einem Gräberfeld gefundenen 16 Bogen sind bauchseitig mit Streifen aus Geweih versteift worden und laufen in spitzen Tips aus.<ref>A. P. Okladnikov: ''Neolit i Bronsovij vek Pribaikalja.'' Materialij i isledovania po archeologij SSSR 18. Moskau/Leningrad 1950.</ref><ref>G. Rausing: ''The Bow: Some Notes on its Origin and Development.'' Acta Archaeologica Lundensia 6. C. W. K. Gleerups, Lund 1967, S. 119–121.</ref>


Reflexbogen sind üblicherweise in Kompositbauweise hergestellt. Von den Steppen aus verbreitete sich die Nutzung von Kompositbögen im bronzezeitlichen mediterranen und chinesischen Kulturkreis. Zur Herstellung von Kompositbögen wurden in einem aufwändigen, bis zu zwei Jahre dauernden Verfahren verschiedene Schichten von Holz und Tierhorn verleimt und mit Sehnen umwickelt. Die Funktion des Holzes beschränkte sich dabei z.&nbsp;T. auf das bloße Tragen der tierischen Materialien. Das Ergebnis war eine gegenüber traditionellen Bögen kleinere Waffe mit dennoch hoher Spannkraft, die sich hervorragend für Reiter eignete.
Reflexbogen sind üblicherweise in Kompositbauweise hergestellt. Von den Steppen aus verbreitete sich die Nutzung von Kompositbögen im bronzezeitlichen mediterranen und chinesischen Kulturkreis. Zur Herstellung von Kompositbögen wurden in einem aufwendigen, bis zu zwei Jahre dauernden Verfahren verschiedene Schichten von Holz und Tierhorn verleimt und mit einem [[Sehnenbelag]] versehen. Die Funktion des Holzes beschränkte sich dabei z.&nbsp;T. auf das bloße Tragen der tierischen Materialien. Das Ergebnis war eine gegenüber traditionellen Bögen kleinere Waffe mit dennoch hoher Spannkraft, die sich hervorragend für Reiter eignete.
Tiersehnen haben im Vergleich zu Holz eine ca. vierfache Zugfestigkeit. Horn hält eine doppelte Druckbelastung aus wie Holz. Daher lässt sich beim Bogenbau die benötigte Schichtdicke auf ein Viertel bzw. die Hälfte im Vergleich zu Holz reduzieren. Dünnere Bogenarme sind elastischer als dickere; je weniger Energie aber beim Biegen der Wurfarme verloren geht, umso mehr kann beim Verschießen des Pfeiles abgegeben werden. Kleinere und kürzere Wurfarme besitzen zudem weniger Masse, die bewegt werden muss. Außerdem kann man Verbundmaterialien in einem technisch besonders effektiven Design zusammenleimen.
Tiersehnen haben im Vergleich zu Holz eine ca. vierfache Zugfestigkeit. Horn hält eine doppelte Druckbelastung aus wie Holz. Daher lässt sich beim Bogenbau die benötigte Schichtdicke auf ein Viertel bzw. die Hälfte im Vergleich zu Holz reduzieren. Dünnere Bogenarme sind elastischer als dickere; je weniger Energie aber beim Biegen der Wurfarme verlorengeht, umso mehr kann beim Verschießen des Pfeiles abgegeben werden. Kleinere und kürzere Wurfarme besitzen zudem weniger Masse, die bewegt werden muss. Außerdem kann man Verbundmaterialien in einem technisch besonders effektiven Design zusammenleimen.


Der Vorteil von Sehnen und Horn besteht in ihrer höheren Fähigkeit, Energie zu speichern und auch wieder an den [[Pfeil (Geschoss)|Pfeil]] abzugeben. Die Effizienz eines solchen gut gebauten Kompositbogens mit entsprechender möglicher Formgebung ist höher als die eines konventionellen Bogens aus Holz, der bei identischem Layout sofort brechen würde. Mongolische und türkische [[Reiterbogen|Reiterbögen]] hatten ein Zuggewicht von durchschnittlich 75 Pfund und schossen speziell abgestimmte leichte Pfeile 500 bis 800&nbsp;m weit.
Der Vorteil von Sehnen und Horn besteht in ihrer höheren Fähigkeit, Energie zu speichern und auch wieder an den [[Pfeil (Geschoss)|Pfeil]] abzugeben. Die Effizienz eines solchen gut gebauten Kompositbogens mit entsprechender möglicher Formgebung ist höher als die eines konventionellen Bogens aus Holz, der bei identischem Layout sofort brechen würde. Mongolische und türkische [[Reiterbogen|Reiterbögen]] hatten ein Zuggewicht von durchschnittlich 75 Pfund und schossen speziell abgestimmte leichte Pfeile 500 bis 800&nbsp;m weit.
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Ein weiteres Beispiel für effektiven Einsatz von Kompositbögen sind die [[Comanche (Volk)|Comanche]] Nordamerikas, die im 19. Jahrhundert von den feindlichen Armeen der jungen Vereinigten Staaten anerkennend als die „beste leichte Kavallerie der Welt“ bezeichnet wurden.
Ein weiteres Beispiel für effektiven Einsatz von Kompositbögen sind die [[Comanche (Volk)|Comanche]] Nordamerikas, die im 19. Jahrhundert von den feindlichen Armeen der jungen Vereinigten Staaten anerkennend als die „beste leichte Kavallerie der Welt“ bezeichnet wurden.


Die höchste Vollendung in der Geschichte des Bogenbaus haben die Türken erreicht. Sehr schöne Exemplare sind im Völkerkundemuseum in Wien und im Schloss in Karlsruhe in den Waffensammlungen der Kriegsbeute der letzten Türkenbelagerung ausgestellt (siehe [[Karlsruher Türkenbeute]]). Besonders zu beachten ist, dass die Bogenenden im ungespannten Zustand nach vorn gebogen sind. Beim Bespannen des Bogens mit der Sehne werden diese meist erwärmt und in die entgegengesetzte Richtung umgebogen, so dass erst dann die endgültige Form des Bogens sichtbar wird.
Relativ fortgeschritten in der Geschichte des Bogenbaus waren die Türken. Sehr schöne Exemplare sind im Völkerkundemuseum in Wien und im Schloss in Karlsruhe in den Waffensammlungen der Kriegsbeute der letzten Türkenbelagerung ausgestellt (siehe [[Karlsruher Türkenbeute]]). Besonders zu beachten ist, dass die Bogenenden im ungespannten Zustand nach vorn gebogen sind. Beim Bespannen des Bogens mit der Sehne werden diese meist erwärmt und in die entgegengesetzte Richtung umgebogen, so dass erst dann die endgültige Form des Bogens sichtbar wird.


Moderne [[Faserverbundwerkstoff]]e prägen die heutigen Typen des Recurve- und [[Compoundbogen]]s.
Moderne [[Faserverbundwerkstoff]]e prägen die heutigen Typen des Recurve- und [[Compoundbogen]]s.


=== Backings ===
=== Backings ===
Ein Backing (''englisch'': Verstärkung des Bogenrückens, gemeint ist die Vorderseite des Bogens, an der Bauchseite befindet sich die Sehne), auch Lamination (Beschichtung) genannt, ist ein in Streifen geschnittener Bambus oder anderer Hölzer, der Zugbelastung gut verträgt. Sehnen von Großtieren oder Tier-[[Rohhaut]] werden auf die Vorderseite eines Bogens geklebt, um die starke Zugbelastung aufzunehmen. Die wirkungsvollste Form eines Backings ist der [[Sehnenbelag]]. Je nach Holzart muss das Backing dicker, beziehungsweise dünner sein, damit das Holzteil des Bogens keine Kompressionsbrüche bekommt. Bei Eibe wird dies eigentlich nicht benötigt, da das Splintholz (Außenbereich) der Eibe hervorragende Zugfestigkeit hat, das Kernholz (Innenbereich) wiederum hohem Druck standhält. Das Splintholz kann sich sehr gut dehnen und das Kernholz lässt sich gut komprimieren.
{{Hauptartikel|Sehnenbelag}}
Ein Backing (''englisch'': Verstärkung des Bogenrückens, gemeint ist die Vorderseite des Bogens, an der Bauchseite befindet sich die Sehne), auch Lamination (Beschichtung) genannt, ist ein in Streifen geschnittener Bambus oder anderer Hölzer, der Zugbelastung gut verträgt. Sehnen von Großtieren oder Tier-[[Rohhaut]] werden auf die Vorderseite eines Bogens geklebt, um die starke Zugbelastung aufzunehmen. Die wirkungsvollste Form eines Backings ist die mit Sehne. Je nach Holzart muss das Backing dicker, beziehungsweise dünner sein, damit das Holzteil des Bogens keine Kompressionsbrüche bekommt. Bei [[Eibe]] wird dies eigentlich nicht benötigt, da das Splintholz (Außenbereich) der Eibe hervorragende Zugfestigkeit hat, das Kernholz (Innenbereich) wiederum hohem Druck standhält. Das Splintholz kann sich sehr gut dehnen und das Kernholz lässt sich gut komprimieren.


=== Bögen aus Stahl ===
=== Bögen aus Stahl ===
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== Bogenschießen als Sport ==
== Bogenschießen als Sport ==
{{Hauptartikel|Bogenschießen}}
{{Hauptartikel|Bogenschießen}}
[[Datei:Bogenschiessen-halle.jpg|miniatur|Recurvebogen (vorne) und Compound-Bogen (hinten) beim Hallenschießen. Vier schießen einen Rechtshandbogen, nur einer (Mitte) einen Linkshandbogen]]
[[Datei:Bogenschiessen-halle.jpg|mini|Recurvebogen beim Hallenschießen. Vier schießen einen Rechtshandbogen, nur einer (Mitte) einen Linkshandbogen]]
[[Datei:Trefferaufnahme-Bogenschießen.jpg|miniatur|Trefferaufnahme beim Bogenschießen – Feldbogen]]
[[Datei:Trefferaufnahme-Bogenschießen.jpg|mini|Trefferaufnahme beim Bogenschießen – Feldbogen]]
Beim modernen Bogenschießen gibt es verschiedene Disziplinen. Allgemein werden Bogen ohne Visierhilfsmittel und Stabilisationsgewichte als [[Blankbogen]] (englisch: „Barebow“) bezeichnet. Moderne Lang- und Jagdrecurvebogen werden aus verschiedenen Schichten laminiert, die aus Holz oder mit [[Glasfaserverstärkter Kunststoff|Glas]] oder [[Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff|Kohlenstofffasern]] verstärktem Kunststoff bestehen. Auch Recurve-Sportbogen aus Aluminium und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff sind Blankbogen, wenn weder am Bogen noch an der Sehne Hilfsmittel zur Visierung, Entfernungsschätzung oder Stabilisierung vorhanden sind. Bei modernen Sportbogen unterscheidet man daher zwischen Blankbogen (Recurve ohne Visier und Stabilisationshilfsmittel), olympischem Recurve-Sportbogen (Visier und Stabilisationshilfsmittel erlaubt) und Compoundbogen (Visier mit Linsenoptik und Stabilisationshilfsmittel erlaubt).
Beim modernen Bogenschießen gibt es verschiedene Disziplinen. Allgemein werden Bogen ohne Visierhilfsmittel und Stabilisationsgewichte als [[Blankbogen]] (englisch: „Barebow“) bezeichnet. Moderne Lang- und Jagdrecurvebogen werden aus verschiedenen Schichten laminiert, die aus Holz oder mit [[Glasfaserverstärkter Kunststoff|Glas]]- oder [[Kohlenstofffaserverstärkter Kunststoff|Kohlenstofffasern]] verstärktem Kunststoff bestehen. Auch Recurve-Sportbogen aus Aluminium und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff sind Blankbogen, wenn weder am Bogen noch an der Sehne Hilfsmittel zur Visierung, Entfernungsschätzung oder Stabilisierung vorhanden sind. Bei modernen Sportbogen unterscheidet man daher zwischen Blankbogen (Recurve ohne Visier und Stabilisationshilfsmittel), olympischem Recurve-Sportbogen (Visier und Stabilisationshilfsmittel erlaubt) und Compoundbogen (Visier mit Linsenoptik und Stabilisationshilfsmittel erlaubt).


In verschiedenen Kulturen wurde und wird [[berittenes Bogenschießen]] als Sport betrieben.
In verschiedenen Kulturen wurde und wird [[berittenes Bogenschießen]] als Sport betrieben.


Der Wahlspruch der Bogenschützen lautet: „Alle ins Gold“, beziehungsweise „Alle ins Kill“ bei den 3D-Schützen.
Der Wahlspruch der Bogenschützen lautet: „Alle ins Gold“ bei den [[Bogenschießen#Schießen auf Zielscheiben|Scheibenschützen]], beziehungsweise „Alle ins Kill“ bei den [[Bogenschießen#3D-Bogenschießen|3D-Schützen]].

== Bogenjagd und -fischen ==
{{Hauptartikel|Bogenjagd|Bogenfischen}}
'''Bogenjagd''' bezeichnet die Ausübung der [[Jagd]] mit [[Pfeil (Geschoss)|Pfeil]] und Bogen.<ref>{{Literatur |Hrsg=Brian Lovett |Titel=Deer & Deer Hunting's Guide to Better Bow-Hunting |Verlag=Krause Publications |Datum=2011 |ISBN=978-1-4402-3092-9 |Kapitel=29}}</ref> Als eine der ältesten Jagdarten des Menschen wird sie noch heute von [[Bogenjagd indigener Völker|Naturvölkern]] zur Nahrungsbeschaffung betrieben. Die moderne Bogenjagd ist heute in 18 europäischen Ländern und weiten Teilen der Welt erlaubt.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.europeanbowhunting.org/index.php/nations |titel=Nations |abruf=2020-02-01}}</ref> Sie dient dabei neben der Nahrungsbeschaffung, auch als Mittel zur Kontrolle von Wildtierpopulationen in Schutzgebieten und im [[Städtischer Raum|urbanen Raum]].

Bogenjagd kann in Europa nur von ausgebildeten Jägern mit Jagdschein, die zusätzlich einen Bogenjagdschein besitzen, ausgeführt werden. Bevorzugt werden Jagd -[[Compoundbogen|Compoundbögen]] verwendet, da diese über die nötige jagdliche Präzision und Durchschlagskraft verfügen, um auch starkes Wild zu jagen. Abgesehen von den Bögen der Naturvölker sind [[Langbogen|Lang]]- oder [[Recurvebogen|Recurvebögen]] heute nur noch wenig verbreitet bei der modernen Bogenjagd. Sie sind besonders bei der Jagd auf Flug- und Niederwild im Einsatz. Bei dieser Jagdart ist der intuitive Schuss am besten geeignet, hierfür sind insbesondere diese Bogenarten ohne Visierung im Vorteil.


== Leistungsfähigkeit, Schussweite ==
== Leistungsfähigkeit, Schussweite ==
Aus [[Naturprodukt]]en gefertigte Bögen:
* Der türkische [[Selim III.|Sultan Selim III.]] soll 1798 einen Pfeil 889 m weit geschossen haben. Dies wäre die bisher größte Entfernung für einen aus Naturstoffen gefertigten Bogen.
* Englischer Langbogen, Zuggewicht 90,72&nbsp;kg, 57&nbsp;g schwerer Holzpfeil, Schussweite 427&nbsp;m (John Huffer, USA, 11. September 1997)
* Englischer Langbogen, Zuggewicht 90,72&nbsp;kg, 57&nbsp;g schwerer Holzpfeil, Schussweite 427&nbsp;m (John Huffer, USA, 11. September 1997)


Mit modernen Bögen erzielte man folgende Weiten:
Mit modernen Bögen wurden folgende Weiten erzielt:
* Recurve (1987, Don Brown, USA): 1222,0 m
* Recurve (1987, Don Brown, USA): 1222,0 m
* Compound (1992, K. Strother, USA): 1207,4 m
* Compound (1992, K. Strother, USA): 1207,4 m
* [[Fußbogen (Bogenschießen)|Fußbogen]]-Schießmethode (Harry Drake, USA, 24. September 1971): 1854,4 m. Bei dieser Schießmethode liegt der Schütze auf dem Boden. Der Bogen wird mit beiden Füßen nach vorne gedrückt und die Sehne gleichzeitig mit beiden Händen angezogen.<ref>[http://www.archeryhistory.com/articles/pics/drake71b.jpg Fußbogen-Rekordschuss über eine Meile im Bild]</ref><ref>[http://www.usaarcheryrecords.org/FlightPages/2007/worldrecords07.htm Liste von Rekorden der United States National Archery Association]</ref>
* [[Fußbogen (Bogenschießen)|Fußbogen]]-Schießmethode (Harry Drake, USA, 24. September 1971): 1854,4 m. Bei dieser Schießmethode liegt der Schütze auf dem Boden. Der Bogen wird mit beiden Füßen nach vorne gedrückt und die Sehne gleichzeitig mit beiden Händen angezogen.<ref>[http://www.archeryhistory.com/articles/pics/drake71b.jpg Fußbogen-Rekordschuss über eine Meile im Bild]</ref><ref>[http://www.usaarcheryrecords.org/FlightPages/2007/worldrecords07.htm Liste von Rekorden der United States National Archery Association]</ref>


== Rechtliche Situation ==
== Rechtliche Situation in Deutschland ==
Der Bogen wird manchmal als Waffe bezeichnet. Er fällt jedoch nicht unter die Restriktionen des Waffengesetzes sowie der Waffenverordnung und kann als Sportgerät ohne weitere Erlaubnis genutzt werden.
{{Staatslastig|DE}}

In Deutschland wird die rechtliche Situation durch das [[Waffengesetz (Deutschland)|Waffengesetz]] (WaffG) geregelt. Entscheidend für die Beurteilung sind dabei die Paragraphen §§ 1 und 2 WaffG sowie die dazugehörigen Anlagen.
Die Anlage 1 zum WaffG (zu Paragraph § 1 Absatz 4 WaffG) definiert in der Abschnitt 1, Unterabschnitt 2, Nummer 2 als den Schusswaffen gleichgestellt Gegenstände mit ''„… bei denen bestimmungsgemäß feste Körper gezielt verschossen werden, deren Antriebsenergie durch Muskelkraft eingebracht …“'', was soweit auch den Bogen umfassen würde. Jedoch folgt dann die Einschränkung ''„… und durch eine Sperrvorrichtung gespeichert werden kann.“'' Somit gilt die Nummer 1.2.2 der Anlage 1 zwar für Armbrüste, aber nicht für Bögen. Auch an keiner anderen Stelle der Anlage 1 wird der Bogen erwähnt oder eine entsprechende Definition für ihn verwendet.
Die rechtliche Situation wird dabei durch das [[Waffengesetz (Deutschland)|Waffengesetz]] (WaffG) geregelt. Entscheidend für die Beurteilung sind dabei die Paragraphen {{§|1|waffg_2002|juris}} und {{§|2|waffg_2002|juris}} WaffG sowie die dazugehörigen Anlagen. Grundsätzlich ist der Bogen nach § 1 WaffG eine Waffe. Die Anlage 1 zum WaffG (zu Paragraph § 1 Absatz 4 WaffG) definiert in Abschnitt 1, Unterabschnitt 2, Nummer 2 als den Schusswaffen gleichgestellte Gegenstände mit „… bei denen bestimmungsgemäß feste Körper gezielt verschossen werden, deren Antriebsenergie durch Muskelkraft eingebracht …“, was soweit auch den Bogen umfassen würde. Jedoch folgt dann die Einschränkung „… und durch eine Sperrvorrichtung gespeichert werden kann.“ Somit gilt die Nummer 1.2.2 der Anlage 1 zwar für Armbrüste, aber nicht für Bögen. Auch an keiner anderen Stelle der Anlage 1 wird der Bogen erwähnt oder eine entsprechende Definition für ihn verwendet.
Eindeutig wird die Situation dann mit der Anlage 2 zum WaffG (zu Paragraph § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG). Die Waffenliste der Anlage 2 schließt in Abschnitt 3, Unterabschnitt 2, Nummer 2 Schusswaffen teilweise vom Gesetz aus ''„… bei denen feste Körper durch Muskelkraft ohne Möglichkeit der Speicherung der so eingebrachten Antriebsenergie durch eine Sperrvorrichtung angetrieben werden.“'' (also auch Bögen). Dabei bezieht sich die teilweise Ausnahme auf [[Anscheinswaffe]]n nach Paragraph § 42a WaffG.
Eindeutig wird die Situation dann mit der Anlage 2 zum WaffG (zu Paragraph § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG). Die Waffenliste der Anlage 2 schließt in Abschnitt 3, Unterabschnitt 2, Nummer 2 Schusswaffen teilweise vom Gesetz aus „… bei denen feste Körper durch Muskelkraft ohne Möglichkeit der Speicherung der so eingebrachten Antriebsenergie durch eine Sperrvorrichtung angetrieben werden.“ (also auch Bögen). Dabei bezieht sich die teilweise Ausnahme auf [[Anscheinswaffe]]n nach § 42a WaffG. Damit ist der Bogen keine Waffe, für den die Bestimmungen nach dem WaffG gelten.

Damit ist der Bogen keine Waffe nach den Paragraphen des WaffG. Der Bogen ist ein Sportgerät und ist damit nicht waffenscheinpflichtig und unterliegt auch nicht den Restriktionen des Waffengesetzes und der Waffenverordnung.
Aus diesem Grund stellen auch Bogenplätze keine genehmigungspflichtigen Schießstätten dar, und es ist zu deren Betreiben keine waffenrechtliche Erlaubnis zum Betreiben einer Schießstätte nach § 27 Abs. 1 WaffG erforderlich. Dennoch können von Bögen Gefahren ausgehen. Insbesondere bei Bogenplätzen im Freien besteht bei nicht ordnungsgemäßer Durchführung des Schießens die Möglichkeit, dass durch die abgeschossenen Pfeile Personen oder Sachen und somit die öffentliche Sicherheit gefährdet werden. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ist je nach [[Landesrecht]] unterschiedlichen Behörden zugewiesen.


Der [[Deutscher Feldbogen Sportverband|Deutsche Feldbogen Sportverband]] und der [[Deutscher Schützenbund|Deutsche Schützenbund]] haben zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und zur sicheren Durchführung des Bogenschießens die ''Sicherheitstechnischen und Baulichen Regeln für Bogenplätze'' veröffentlicht. Darin werden Ausführungen zur baulichen Gestaltung von Bogenschießbahnen und Feldparcours gemacht, Gefahren-, Sicherheits- und Unbedenklichkeitsbereiche festgelegt sowie Vorgaben zum Verhalten gemacht.<ref>{{Internetquelle |autor= |url=https://dsb.de/fileadmin/dsb/migration_assets/sicherheitstechnische_regeln.pdf |titel=Sicherheitstechnische und Bauliche Regeln für Bogenplätze |hrsg=Deutscher Feldbogen Sportverband und Deutscher Schützenbund |datum=2009-03-21 |format=PDF ; 2,9 MB |abruf=2023-01-31}}</ref> Die Sicherheitstechnischen und Baulichen Regeln stellen Sicherheitsregeln nach Stand der Technik dar. Der Deutsche Bogensport-Verband wendet diese Regeln ebenfalls an. Die Bogensportverbände empfehlen bei der Einrichtung von Bogenplätzen in jedem Fall die Abstimmung mit den zuständigen Behörden.
[[Bogenjagd]] und [[Bogenfischen]] sind in Deutschland, Österreich und der Schweiz verboten, in vielen anderen Ländern dagegen erlaubt.


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== Bilder ==
== Bilder ==
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Battle of crecy froissart.jpg|[[Schlacht von Crécy]]
Battle of crecy froissart.jpg|[[Schlacht von Crécy]]
Schlacht von Azincourt.jpg|[[Schlacht von Azincourt]]
Schlacht von Azincourt.jpg|[[Schlacht von Azincourt]]
Chariot19.jpg|Ägyptischer Streitwagenfahrer und typischer [[Angularbogen]]
Chariot19.jpg|Ägyptischer Streitwagenfahrer und typischer [[Angularbogen]]
Hercules killing the Nemean Lion.jpg|[[Herakles|Hercules]] tötet den nemäischen Löwen (sein Bogen hängt rechts am Baum)
Sebald Beham, Hercules Killing the Nemean Lion, 1548, NGA 11846.jpg|[[Herakles|Hercules]] tötet den nemäischen Löwen (sein Bogen hängt rechts am Baum)
Triumph death clusone.jpg|Der Tod als Bogenschütze mit drei gleichzeitig geschossenen Pfeilen (aus [[Totentanz]] „Danse Macabre“ Commons)
Triumph death clusone.jpg|Der Tod als Bogenschütze mit drei gleichzeitig geschossenen Pfeilen (aus [[Totentanz]] „Danse Macabre“ Commons)
Meister der Schule von Fontainebleau 001.jpg|[[Diana]] auf der Jagd
Meister der Schule von Fontainebleau 001.jpg|[[Diana]] auf der Jagd
Lucas Cranach d.Ä. - Apollo und Diana.jpg|[[Apollon]] und Diana
Lucas Cranach d.Ä. - Apollo und Diana.jpg|[[Apollon]] und Diana
The Qianlong Emperor in Ceremonial Armour on Horseback.jpg|Reiterbogen & gespleißte Pfeile
The Qianlong Emperor in Ceremonial Armour on Horseback.jpg|Reiterbogen und gespleißte Pfeile
De Bry Chief Virginia.jpg|Häuptlinge der Virginia-Algonkin von Theodor de Bry, 1590
De Bry Chief Virginia.jpg|Häuptlinge der Virginia-Algonkin von Theodor de Bry, 1590
Ch2Opechancanough.jpg|Opechancanough, Häuptling der Pamunkey
Ch2Opechancanough.jpg|Opechancanough, Häuptling der Pamunkey
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== Literatur ==
== Literatur ==
* Jürgen Junkmanns: ''Pfeil und Bogen - Von der Altsteinzeit bis zum Mittelalter.'' [[Verlag Angelika Hörnig]], Ludwigshafen 2013, ISBN 978-3-938921-27-2.
* Jürgen Junkmanns: ''Pfeil und Bogen Von der Altsteinzeit bis zum Mittelalter.'' [[Verlag Angelika Hörnig]], Ludwigshafen 2013, ISBN 978-3-938921-27-2.
* Charles E. Grayson u.&nbsp;a.: ''Bogen, Pfeile, Köcher. Die Charles E. Grayson Sammlung.'' Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2010, ISBN 978-3-938921-17-3.
* Volker Alles (Hrsg.): ''Reflexbogen. Geschichte und Herstellung.'' Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2009, ISBN 978-3-938921-12-8.
* Peter O. Stecher: ''Legends in Archery: Adventurers with Bow and Arrow.'' Schiffer Pub Co, 2010, ISBN 978-0-7643-3575-4. (englisch)
* Peter O. Stecher: ''Legends in Archery: Adventurers with Bow and Arrow.'' Schiffer Pub Co, 2010, ISBN 978-0-7643-3575-4. (englisch)
* [[Manfred Korfmann]]: ''Schleuder und Bogen in Südwestasien: von den frühesten Belegen bis zum Beginn der historischen Stadtstaaten.'' Antiquitas: Reihe 3, Abhandlungen zur Vor- und Frühgeschichte, zur klassischen und provinzial-römischen Archäologie und zur Geschichte des Altertums, Bd. 13. Habelt, Frankfurt 1972, ISBN 3-7749-1227-0.
* [[Manfred Korfmann]]: ''Schleuder und Bogen in Südwestasien: von den frühesten Belegen bis zum Beginn der historischen Stadtstaaten.'' Antiquitas: Reihe 3, Abhandlungen zur Vor- und Frühgeschichte, zur klassischen und provinzial-römischen Archäologie und zur Geschichte des Altertums, Bd. 13. Habelt, Frankfurt 1972, ISBN 3-7749-1227-0.
* U. Stodiek, H. Paulsen: ''„Mit dem Pfeil, dem Bogen …“ Techniken der steinzeitlichen Jagd.'' Oldenburg 1996, ISBN 3-89598-388-8.
* Ulrich Stodiek, Harm Paulsen: ''„Mit dem Pfeil, dem Bogen …“ Techniken der steinzeitlichen Jagd.'' Isensee, Oldenburg 1996, ISBN 3-89598-388-8.
* Clemens Richter: ''Bogenschießen. Der abendländische Weg.'' DSV, Hamburg 2000, ISBN 3-88412-346-7.
* Hilary Greenland: ''Praktisches Handbuch für traditionelle Bogenschützen.'' Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2001, ISBN 3-9805877-0-3.
* Ekkehard Höhn, Karl-Heinz Hörnig: ''Traditionell Tunen, Feinabstimmung von Langbogen und Recurve.'' Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2000, ISBN 3-9805877-1-1.
* Thomas Marcotty: ''Bogen und Pfeile (Edition Arcofact).'' Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2002, ISBN 3-9805877-8-9.
* Thomas Marcotty: ''Bogen und Pfeile (Edition Arcofact).'' Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2002, ISBN 3-9805877-8-9.
* D. Vorderegger, G. Kaiser: ''Traditionelles Bogenschießen.'' Salzburg 2003, ISBN 3-9501778-0-9.
* D. Vorderegger: ''Schule des traditionellen Bogenschießens.'' Salzburg 2002, ISBN 3-9501778-1-7.
* Roger Ascham, Hendrik Wiethase (Hrsg.): ''Toxophilus – Die Schule des Bogenschießens.'' Wiethase, Untergriesbach 2005, ISBN 3-937632-12-3 (England, 1545).
* Roger Ascham, Hendrik Wiethase (Hrsg.): ''Toxophilus – Die Schule des Bogenschießens.'' Wiethase, Untergriesbach 2005, ISBN 3-937632-12-3 (England, 1545).
* Śārṅgadhara, Hendrik Wiethase (Hrsg.): ''Dhanurveda – Das Wissen vom Bogen.'' Wiethase, Untergriesbach 2005, ISBN 3-937632-14-X (Indien, 16. Jahrhundert).
* Śārṅgadhara, Hendrik Wiethase (Hrsg.): ''Dhanurveda – Das Wissen vom Bogen.'' Wiethase, Untergriesbach 2005, ISBN 3-937632-14-X (Indien, 16. Jahrhundert).
* Richard Kinseher: ''Der Bogen in Kultur, Musik und Medizin, als Werkzeug und Waffe.'' Kinseher, Kelheim 2005, ISBN 3-8311-4109-6.
* Richard Kinseher: ''Der Bogen in Kultur, Musik und Medizin, als Werkzeug und Waffe.'' Kinseher, Kelheim 2005, ISBN 3-8311-4109-6.
* Holger Riesch: ''„Quod nullus in hostem habeat baculum sed arcum“. Pfeil und Bogen als Beispiel für technologische Innovationen der Karolingerzeit''. In: Technikgeschichte, Bd. 61 (1994), H. 3, S. 209–226.


; Bogenbau
; Bogenbau
* Flemming Alrune u.&nbsp;a.: ''Das Bogenbauer-Buch. Europäischer Bogenbau von der Steinzeit bis heute.'' 7. Auflage. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2012, ISBN 978-3-9805877-7-8.
* Flemming Alrune u.&nbsp;a.: ''Das Bogenbauer-Buch. Europäischer Bogenbau von der Steinzeit bis heute.'' 7. Auflage. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2012, ISBN 978-3-9805877-7-8.
* Dean Torges: ''Auf der Spur des Osage-Bogens.'' 2. Auflage. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2004, ISBN 3-9808743-3-8.
* Steve Allely: ''Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus.'' Bd. 1. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2003, ISBN 3-9808743-2-X.
* Steve Allely: ''Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus.'' Bd. 1. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2003, ISBN 3-9808743-2-X.
* G. Fred Asbell: ''Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus.'' Bd. 2. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2004, ISBN 3-9808743-5-4 (enthält Kapitel über Kompositbogen)
* G. Fred Asbell: ''Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus.'' Bd. 2. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2004, ISBN 3-9808743-5-4 (enthält Kapitel über Kompositbogen)
* Tim Baker: ''Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus.'' Bd. 3., Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2005, ISBN 3-9808743-9-7.
* Tim Baker: ''Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus.'' Bd. 3. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2005, ISBN 3-9808743-9-7.
* Steve Allely u.&nbsp;a.: ''Die Bibel des traditionellen Bogenbaus.'' Bd. 4. 2. Auflage. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2008, ISBN 978-3-938921-07-4.
* Steve Allely u.&nbsp;a.: ''Die Bibel des traditionellen Bogenbaus.'' Bd. 4. 2. Auflage. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2008, ISBN 978-3-938921-07-4.
* Paul Comstock: ''Der gebogene Stock. Herstellung von Jagdbogen aus weißen Hölzern.'' 3. Auflage. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2009, ISBN 978-3-9808743-6-6.
* Wulf Hein: ''Mein Pfeil- & Bogenbuch. Bogenbau für Kinder und Jugendliche.'' Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2011, ISBN 978-3-938921-18-0.


== Weblinks ==
== Weblinks ==
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{{Wikibooks|Bogenbau}}
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* [http://www.pfeil-bogen.at/ Geschichte von Pfeil und Bogen und weiterführende Informationen]
* [http://www.traditionelles-bogenschiessen.at/ Bogenschiess-Technik] (benötigt Java)
* [http://granjow.net/projects/bow/BogenEffizienz.pdf Effizienz von Bögen] (PDF; 440 kB)
* [http://granjow.net/projects/bow/BogenEffizienz.pdf Effizienz von Bögen] (PDF; 440 kB)
* [http://miami.uni-muenster.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-1984/SUDHUES.PDF Dissertation „Wundballistik bei Pfeilverletzungen“] – mit umfangreicher Darstellung der Grundlagen des Bogenschießens (PDF; 2,75 MB)
* [http://web.archive.org/web/20130512160144/http://miami.uni-muenster.de/servlets/DerivateServlet/Derivate-1984/SUDHUES.PDF Dissertation „Wundballistik bei Pfeilverletzungen“] – mit umfangreicher Darstellung der Grundlagen des Bogenschießens (PDF; 2,75 MB)


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 16. Mai 2024, 10:52 Uhr

Moderne Nachbildung eines hunnischen Kompositbogens aus glasfaserverstärktem Kunststoff

Der Bogen (Plural: Bogen oder Bögen), seltener auch verdeutlichend Pfeilbogen genannt, ist eine Abschussvorrichtung für Pfeile. Der Bogenbauer wird Bogner genannt. Seit der ausgehenden Altsteinzeit (30.000–10.000 v. Chr.) beweisen archäologische Funde die Nutzung von Pfeil und Bogen als Jagdwaffe. Seit der späten Jungsteinzeit wurden Pfeil und Bogen auch als Kriegswaffe eingesetzt.[1] Heute dient der Bogen in Europa als Sportgerät beim Bogenschießen; in einigen Ländern der Bogenjagd. Als Kinderspielzeug werden Pfeil und Bogen auch als Flitze- oder Flitzbogen bezeichnet.

Aufbau und Funktionsprinzip

Aufbau eines Recurve-Bogens

Ein Bogen besteht stets aus einem elastischen, stabähnlichen Gegenstand, dem eigentlichen Bogen, dessen Enden durch eine Schnur, die Bogensehne, verbunden werden. Traditionelle Bögen wurden aus Holz, Horn und Tiersehnen gefertigt; ein hochwertiger Kompositbogen erforderte einen aufwändigen mehrmonatigen Herstellungsprozess. Moderne Bögen bestehen meist aus Holz-, glasfaserverstärkten (GFK) oder kohlenstofffaserverstärkten (CFK) Kunststoffkomposita.

Komponenten, Termini und Kennwerte

Der Bogen selbst kann in fünf Abschnitte gegliedert werden: ein meist starres Mittelteil, das als Griff für den Bogenschützen dient (Griffstück), zwei daran anschließende flexible Wurfarme und die beiden abschließenden Bogenenden, die Tips oder Nocken, an denen die Bogensehne befestigt wird. Beim Einhängen der Bogensehne, dem Spannen des Bogens, müssen die Wurfarme gekrümmt werden, dies sorgt für die Vorspannung des Bogens. Beim Ausziehen der Bogensehne (Auszug), werden die Wurfarme stärker gekrümmt und speichern Energie. Diese sorgt beim Loslassen, dem Lösen der Sehne (des Pfeiles), für die Beschleunigung des aufgelegten Pfeils. Das Prinzip ist dem einer Blattfeder mit anfangs degressiver und in weitem Auszug zunehmend progressiver Federkennlinie vergleichbar. Ein Bogen ist ein Leistungswandler: die beim Auszug langsam aufgewandte und in dem Bogen gespeicherte Zugarbeit des Schützen wird beim Lösen in kürzester Zeit in eine schnelle Wurfarmbewegung umgewandelt und auf den Pfeil übertragen. Deshalb darf ein ausgezogener Bogen niemals ohne Pfeil gelöst werden (Leerschuss) – es besteht Bruch- und Verletzungsgefahr! Die komplette gespeicherte Energie entlädt sich mangels Pfeilmasse als trägem Gegengewicht fast augenblicklich ausschließlich im Bogenmaterial. Einzig noch abführende und bremsende Wirkung haben die trägen Massen der beschleunigten Sehne und Wurfarme selbst. Der Bogen kann explosionsartig in mehrere Teile zersplittern.

Weil ein Pfeil nicht wie ein Geschoss durch explosive Treibmittel beschleunigt wird, sondern durch die Wurfarme, schießt ein Bogen nicht – ein Bogen „wirft“.

Die bei Vollauszug nötige Haltekraft wird als Zuggewicht bezeichnet, und aus historischen Gründen überwiegend in englischen Pfund angegeben. Das maximal mögliche Zuggewicht eines Bogens wird maßgeblich durch die Steifheit der Wurfarme im Verhältnis zur Bogenlänge vorgegeben. Es kann mehr als 100 Pfund betragen, was einer Kraft von 444 N entspricht.

Die Kennwerte eines Bogens sind üblicherweise auf der dem Schützen zugewandten Seite, dem Bauch des Bogens in Nähe des Griffes angegeben, bei handgefertigten Bögen handschriftlich zusammen mit der Signatur des Bogenbauers. Die Angabe des Zuggewichtes gilt für eine bestimmte Auszugslänge, meist für die Standardauszugslänge von 28 Zoll (~ 71 cm); bei speziell für den Kunden gebauten Bögen (Custombogen) für dessen Auszugslänge. Die Auszugslänge ist eine standardisiert gemessene Länge vom tiefsten Punkt des Griffstückes bis zum Nockpunkt an der Sehne im Ankerpunkt des Schützen bei ausgezogenem Bogen, plus 1 34 Zoll. Der Additonswert stellt näherungsweise Vergleichbarkeit mit einer alten Definition her, welche bis Vorderkante Bogen in Höhe der Pfeilauflage misst. Jeder Schütze hat eine individuelle Auszugslänge. Beim Ziehen des Bogens über die angegebene Auszugslänge hinaus steigt das Zuggewicht und somit der Kraftaufwand rapide an, es kommt zum sogenannten Stacking. Die kontrollierte Kraftdosierung und damit die Kontrolle über eine konstante Pfeilgeschwindigkeit – und mit dieser wiederum die Treffsicherheit – nehmen ab. Es besteht Bogenbruch- und Verletzungsgefahr. Bei modernen Sportbögen signalisiert ein Klicker dem Schützen das Erreichen einer speziellen Zuglänge und damit das Erreichen seines Ankerpunktes.

Eine typische Kennwertangabe auf einem Wurfarm lautet beispielsweise: 66″ 46# @ 28″. Gesprochen: „66 Zoll Bogenlänge, 46 libs (engl. Pfund) Zuggewicht bei 28 Zoll Auszug.“

Die gängigste Form des Bogens ist der Rechtshandbogen. Dies bedeutet, dass der Schütze den Bogen mit der linken Hand hält (Bogenhand links) und die Bogensehne mit der rechten Hand auszieht (Zughand rechts). Man bezeichnet den Schützen auch als Rechtshandschützen. Bei einem Linkshandbogen bzw. Linkshandschützen kehren sich die Verhältnisse um. Die Wahl des Bogens wird aber keineswegs nur durch die Händigkeit des Schützen bestimmt, sondern auch durch dessen Augendominanz. Die Sehne mit dem Pfeil wird zu dem dominanten Auge geführt, weil dieses das Zielen übernimmt.

Wirkungsgrad

Für die resultierende Endgeschwindigkeit eines Pfeiles ist neben der Kennlinie des Zuggewichtsverlaufes (Auszugsarbeit = gespeicherte Energie) der Wirkungsgrad entscheidend, d. h. das Vermögen, mit dem der Bogen die durch die Auszugsarbeit in ihm gespeicherte Verformungsenergie in kinetische Energie des Pfeiles umwandeln kann. Ein Teil der nicht nutzbaren Energie verpufft in der Beschleunigung der Wurfarme und Sehne selbst, ein weiterer in Verformungsarbeit im Bogenmaterial durch Vibrationen von den Stoßwellen der plötzlichen Entladung. Das Gewicht des Pfeiles beeinflusst ebenfalls den Wirkungsgrad eines Bogens: je schwerer der Pfeil, desto höher der Wirkungsgrad, aber desto langsamer der Pfeil. Der Wirkungsgrad kann nur für ein bestimmtes Pfeilgewicht ermittelt oder angegeben werden. Hilfsgröße ist die sogenannte virtuelle Masse des Bogens, sie ist eine konstante Bogeneigenschaft und kennzeichnet die energetische Güte des Bogens. Je geringer die virtuelle Masse ist, desto höher ist der allgemeine Wirkungsgrad und desto unempfindlicher reagiert der Bogen auf Gewichtsschwankungen zwischen unterschiedlichen Pfeilen. Die virtuelle Masse kann experimentell über den Vergleich der Pfeilgeschwindigkeiten und zweier unterschiedlich schwerer Pfeile der Massen und ermittelt werden – und daraus der Wirkungsgrad bei einem gegebenen Pfeilgewicht.

Ist die virtuelle Masse Null, so ist der Wirkungsgrad immer 100 % und unabhängig vom Pfeilgewicht.

Bei bekannter virtueller Masse lässt sich über eine bekannte Geschwindigkeit eines Pfeiles der Masse die theoretische Abschussgeschwindigkeit ohne Pfeil, dem Leerschuss mit Pfeilmasse 0, errechnen und mithilfe dieser die prognostizierte Pfeilgeschwindigkeit für ein beliebiges Pfeilgewicht :

Es ist zu erkennen, dass bei niedriger virtueller Masse, also hoher energetischer Güte des Bogens, die Leerschussgeschwindigkeit zunimmt. Im Falle des theoretisch perfekten Bogens mit virtueller Masse Null steigt die Abschussgeschwindigkeit beim Leerschuss ins Unendliche. Das bedeutet in diesem Fall, dass die gesamte beim Ausziehen gespeicherte Verformungsenergie schlagartig beim Leer-Lösen alleine vom Bogen aufgenommen werden muss. Leerschüsse sind deshalb generell gefährlich. Sie können den Bogen zerstören und den Bogenschützen oder anwesende Personen verletzen. Der Zusammenhang zeigt, dass gerade qualitativ hochwertige Bögen, die sich u. a. durch hohe Wirkungsgrade auszeichnen, durch Leerschüsse besonders gefährdet sind – kompensatorisch wirkt nur noch die qualitativ ebenfalls höherwertige Verarbeitung guter Bögen.

Im Gegensatz zur Armbrust sind viele Bögen nicht symmetrisch gebaut. Ein Wurfarm, meist der untere, ist biegehärter als der andere. Eine Kennzahl und Maß für den Unterschied der Wurfarme ist der Tiller. Die Notwendigkeit des Tiller resultiert aus den asymmetrischen Kraftpunkten von Druckpunkt des Griffes (Bogenhand) und Zugpunkt auf der Sehne (Zughand). Sie liegen je nach Bogentyp und gewähltem Fingergriff der Zughand nicht in der Mitte des Bogens, sondern mehr oder weniger tiefer, so dass der untere Wurfarm beim Auszug stärker belastet wird und deshalb ausgleichend steifer sein muss. Der Untergriff an der Sehne benötigt einen anderen Tiller als der mediterrane Ablass, die Benutzung eines Release wiederum einen anderen. Das korrekte Tillern eines Bogens gehört zur höchsten handwerklichen Kunstfertigkeit eines Bogenbauers. Ein schlecht getillerter Bogen verliert Wirkungsgrad, wirft unruhig oder kann beim Ausziehen oder Lösen brechen.

Geschichte des Bogens

Früheste Funde

Felsbild, ca. 13.000 Jahre alt, Barranco de la Valltorta, Provinz Castellón, Spanien
Kriegerische Auseinandersetzung im Mesolithikum zwischen zwei Gruppen von Bogenschützen. Morella la Vella, Provinz Castellón, Ostspanien

Die ältesten Steinspitzen, deren Interpretation als Pfeilspitzen aber umstritten ist, stammen aus dem Abri Sibudu (Provinz KwaZulu-Natal, Südafrika) und sind etwa 64.000 Jahre alt.[2] Früheste Nachweise außerhalb von Afrika (Sri Lanka) ~48ka.[3][4] In Europa gibt es seit dem Solutréen (etwa 22.000 bis 18.000 v. Chr.) gestielte Spitzen aus Feuerstein, die wahrscheinlich Pfeilspitzen waren.[5][6] Sie können als ältester indirekter Beweis für die Existenz des Bogens gewertet werden.

Das älteste als Bogen interpretierte archäologische Fundstück stammt aus einer Kiesgrube in Mannheim-Vogelstang aus der Zeit des Magdaléniens[7]. Das Holz wurde mit der Radiokohlenstoffmethode auf ein Alter von 14.680 ± 70 BP datiert (entspricht kalibriert 16.055 ± 372 v. Chr.).[8] Der komplette Bogen hatte eine Länge von etwa 110 cm. Anhand von Rekonstruktionen wird die Leistung auf etwa 25–30 englische Pfund Zuggewicht geschätzt (11 bis 13 kg), was Reichweiten von bis zu 80 m ermöglicht.[7]

Darüber hinaus gibt es aus dem späten Magdalénien eine mögliche Bogendarstellung auf einer gravierten Kalksteinplatte aus der Grotte des Fadets, Département Vienne (Frankreich).[9][10] Die Ritzung ist jedoch nicht so eindeutig, dass die Interpretation als gesichert gelten könnte.

Der im Mesolithikum bezeugte Flachbogen mit D-förmigem Querschnitt (auch „Propeller-Typ“ genannt) war bis in die Bronzezeit geläufig.[11][12] Bögen vom Typ Holmegård sind unter anderem aus den Ertebölle-Siedlungen von Maglemosegård, Ringkloster und Tybrind Vig in Dänemark belegt[13]. Sie sind meist aus Ulmenholz gefertigt.[14] Abbildungen von Recurvebogen (bei sehr wahrscheinlicher Kompositbauweise) gibt es seit dem Frühneolithikum auf Felsbildern in Spanien.[15][16]

Antike

Narām-Sîn-Stele. Der als Gott dargestellte Herrscher hält Pfeil und Bogen in den Händen.
Skythe beim Spannen des Reflexbogens, Umzeichnung vom Goldbecher aus Kul'-Oba (Krim)

Der Kurzbogen entwickelte sich wahrscheinlich mit und in den Steppenreiterkulturen und im Vorderen Orient. Auf antiken Darstellungen sowie in den Kurganen finden sich erste Belege. Wegen der im Vergleich zum Langbogen ungünstigeren mechanischen Verhältnisse haben sie zurückgebogene Bogenenden (Recurves) und Sehnen-/Hornverstärkungen (Kompositbogen). Hierauf zurückgehende Formen wurden von Griechen und Römern übernommen.

Bogenfunde der Bronzezeit, Eisenzeit und der römischen Kaiserzeit sind in Mitteleuropa, wo weiterhin Langbögen bezeugt sind, äußerst selten.[17][18]

Mittelalter

Darstellung von Bogenschützen im Stuttgarter Psalter (um 830)

Aus der Völkerwanderungszeit sind insbesondere die Bogen der Merowinger und Alamannen überliefert und im Stuttgarter Psalter (um 830) werden Kampfszenen mit Pfeil und Bogen zwischen Awaren und Franken gezeigt.[19]

Bekanntester literarischer (Rechtshand-)Schütze mit dem Langbogen: Robin Hood – Filmplakat von 1922

Der klassische Langbogen entwickelte sich im europäischen Hoch- bzw. Spätmittelalter zum englischen Langbogen (engl. Longbow[20]) mit sehr hohen Zuggewichten weiter, mit dem mühelos eine damals gebräuchliche Kettenrüstung und unter günstigen Bedingungen sogar die als Reaktion entwickelten Plattenpanzer durchschlagen werden konnten. Im Spätmittelalter begann die Verdrängung des Bogens durch andere Fernwaffen wie Armbrust und vor allem Feuerwaffen.

Neuzeit

In der frühen Neuzeit (ca. 1500 bis 1790) wurden die Langbögen abgelöst. Im englischen Bürgerkrieg in der Mitte des 17. Jahrhunderts wurden noch Langbögen verwendet, kurze Zeit später wurde der Langbogen in England aber endgültig verdrängt. Musketen erlangten eine immer höhere Feuerkraft und Reichweite und konnten Panzerungen leichter durchschlagen. Zudem war die Ausbildung eines Langbogenschützen weit aufwändiger und länger als die eines Musketenschützen.

Der Bogen als Waffe spielte in der Neuzeit vorwiegend bei den indigenen Völkern Afrikas, Amerikas und Australiens eine Rolle. Auf den Schlachtfeldern Europas war er schließlich kein gewohnter Anblick mehr.

Seit dem 19. Jahrhundert erleben Bogensport und Bogenjagd wieder einen Aufschwung.

In Kunst und Literatur sowie Sagen hatte der Bogen schon seit der Antike und dem Mittelalter Eingang gefunden.

Bogentypen und Einsatzbereiche

Primitivbogen aus einem Stück Holz
Unterschiedliche Tips an Primitiv-Bögen

Es existiert kein einzelnes, allgemeingültiges Klassifikationssystem für Bögen.[21] Bogentypen können anhand verschiedener Eigenschaften wie dem verwendeten Material, der Auszugslänge, der Form des Bogens und ähnlichem beschrieben werden.[22]

Primitivbogen

Ein Primitivbogen (traditioneller Bogen; Englisch: selfbow) ist in seiner ursprünglichen Form aus einem Stück Holz gefertigt, ohne dass ein Schussfenster (Englisch: shelf) und ein Griffbereich ausgeformt werden. Der einfache Bogen besitzt daher keine Pfeilauflage, sondern der Pfeil wird über den Handrücken der Bogenhand aufgelegt.

„Primitivbogen“ als Bogenklasse im heutigen traditionellen Bogensport bedeutet vor allem, dass nur Bogen zugelassen sind, die ausschließlich aus natürlichen (d. h. vorindustriellen) Materialien bestehen. Daher können Backing und Griffleder vorhanden sein, sofern sie aus Naturmaterialien bestehen.

Auch die Bogensehne muss aus Naturmaterialien (Flachs, Leinen, Sehne, Leder, Haut etc.) gefertigt sein. Sie wird in den Tips eingehängt.

In Europa verwendete Hölzer sind z. B. Eibe, Esche, Ahorn und Robinie.

Langbogen

Moderner Langbogen

Zwischen dem Primitivbogen und dem Langbogen bestehen fließende Übergänge. Ein Langbogen kann ein Holzbogen (Selfbow) ohne Schussfenster sein. Moderne Langbogen bestehen meist aus laminierten Holzstreifen oder mit auf- oder eingelegten Kunststoffen. Dabei kommen vor allem Glasfaserlaminate für den Belag der Bauch- und Rückenseite zum Einsatz sowie Kohlenstofffasern als Schichtlaminat.

Im traditionellen Bogenbau wird zwischen Langbogen englischer und amerikanischer Bauart unterschieden. Englische Langbögen des Mary-Rose-Typus sind traditionell aus Eibenholz gefertigt und haben einen tiefen D-förmigen Bogenarmquerschnitt ohne Griffband. Die späteren viktorianischen englischen Langbogen haben über die gesamte Länge einen linsenförmigen Querschnitt und einen runden Griff, meist mit einer Lederwicklung. Man spricht dabei von einem Stabbogen. Amerikanische Langbogen besitzen flache Wurfarme mit meist eher rechteckigem Wurfarmquerschnitt und einem der Hand stärker angepassten Griff. Letztere werden auch Flachbogen genannt.

Reflexbogen

Recurve
Wurfarmenden von Recurvebogen

Reflex (lat. für ‚zurückgebogen‘)[23] steht für das Hauptmerkmal dieses Bogentyps, die zurückgebogene Form der Wurfarme, die im entspannten Zustand vom Schützen wegweisen.[24] Neben dem Begriff Reflexbogen wird das denglische Recurvebogen synonym verwandt.[25]

Die ältesten Nachweise dieses Bogentyps sind Felsmalereien in der spanischen Levante (seit dem 6. Jahrtausend v. Chr.), auf denen Krieger oder Jäger mit Recurvebögen abgebildet sind.[16] Spätere Darstellungen von Recurvebogen stammen aus der mitteldeutschen Bernburger Kultur, z. B. in der Steinkiste von Göhlitzsch. Spätestens mit der westeuropäischen Megalithkultur kam der Recurvebogen nach Nord- und Mitteleuropa. Etwa um 3000 v. Chr. findet man sie auf Megalithgräbern der osteuropäischen Maikop-Kultur (z. B. in Klady) und anschließend im Rahmen der Kura-Araxas-Kultur.

Um ca. 2400 v. Chr. stellen sich akkadische Könige mit einem Recurvebogen als Machtsymbol dar. Später wird dies durch Reflexbögen ersetzt und ein üblicher Bestandteil von Darstellungen der Könige im Vorderen Orient. Beispiele gibt es unter Babyloniern, Assyrern und Persern. Im ägyptischen Theben wurden Exemplare eines Typs gefunden, die wahrscheinlich assyrischer Herkunft waren und aus der Zeit um 1200 v. Chr. stammen.

Der Reflexbogen speichert in den Wurfarmen mehr Energie und hat daher einen höheren Wirkungsgrad als der Flach- und Langbogen. Die anliegende Sehne dämpft außerdem den Handschock nach dem Schuss. Während beim Langbogen die Bogensehne frei schwingt, liegt sie beim Reflexbogen auf den zurückgebogenen (Reflex) Wurfarmenden auf. Durch die Streckung der Sehne beim Abschuss wird ein Teil der Schwingungen vom Bogen absorbiert. Durch die Kompositbauweise – die bei Reflexbogen die Regel darstellt (siehe Kompositbogen) – kann dieser weiter ausgezogen werden als ein Lang- oder Flachbogen und hat dabei dennoch einen weicheren Auszug. Die starke Vorspannung der Wurfarme erfordert allerdings auch eine wesentlich größere Belastbarkeit des Materials.

Als Take-Down-Recurve (deutsch: zerlegbar) bezeichnet man Reflex-Bögen, die aus einem Mittelteil und zwei montierbaren Wurfarmen bestehen. Der Vorteil dieser Bögen besteht neben den kleineren Transportmaßen auch darin, dass ein schweres Mittelstück aus Metall oder Kunststoff zur Stabilisierung des Bogens beim Abschuss beiträgt.[26] Durch den Einsatz verschiedener Wurfarme lässt sich das Zuggewicht des Bogens verändern. Defekte Wurfarme können ausgewechselt werden.

Im Internationalen Bogensport wird heute der olympische Recurvebogen mit Visier und Stabilisatoren verstanden. Demgegenüber wird mit dem Begriff Blankbogen im heutigen Sprachgebrauch die Klasse Reflexbogen ohne Visier und Stabilisatoren bezeichnet. Im traditionellen Bogensport werden alle Bögen ohne Visier als Blankbogen bezeichnet.

Compoundbogen

Compoundbogen mit Twin-Limbs und Twin-Cams

Der Compoundbogen besitzt an den Bogenenden des Bogens drehbare Räder, die sogenannten Camwheels, kurz Cams genannt. Sie besitzen zwei verschiedene Durchmesser, auf denen Kabel oder Sehne aufgerollt sind. Im ungespannten Zustand ist auf dem größeren der beiden Räder die Sehne aufgerollt. Beim Spannen des Bogens wird die Sehne vom großen Rad abgerollt und auf dem kleinen Rad wird das am gegenüberliegenden Wurfarm befestigte Kabel aufgerollt. Die Cams sind zusätzlich exzentrisch aufgehängt.

Moderne Compoundbögen wenden wie bei einem Wellrad das Hebelgesetz an. Die sich nach außen wegdrehende Rolle ist wie ein starrer Hebel, der auf die Drehachse wirkt. Durch die exzentrische Aufhängung der Rollen/Cams verändert sich der Angriffswinkel und der Hebelarm, der Bogen arbeitet so immer im effektivsten Bereich. Werden die Rollen/Cams mit der Bogensehne nach außen gezogen, verlängert sich der Hebelarm. Diese Mechanismen sind beim Compoundbogen in einer praktischen Anwendung umgesetzt. Dadurch ergibt sich im Gegensatz zu anderen Bogen ein nicht-linearer Kraftverlauf beim Auszug: Mit steigendem Auszug nimmt die Kraft zunächst stetig zu (wie auch bei anderen Bogen), um dann aber beim Überschreiten des sogenannten Gipfel-Zuggewichtes schlagartig abzunehmen. Der Bogenschütze hält dann bei voll ausgezogenem Bogen nur noch einen Bruchteil des Gipfelzuggewichtes auf der Hand. Die Zugreduzierung kann bis zu 80 % betragen, d. h. bei einem Gipfelzuggewicht von 50 Pfund muss der Schütze nur zehn Pfund im Auszug halten. Dadurch kann der Bogen ruhiger gehalten werden und das Zielen fällt wesentlich leichter.

Der Compoundbogen ist der modernste aller Bögen und wird in der Regel mit einer mechanischen Lösehilfe (dem „Release“; engl. to release sth. = etwas ausklinken, etwas auslösen) geschossen, um Ablassfehler zu reduzieren. Zusätzlich werden Wasserwaagen und Vergrößerungen im Visier benutzt. Gepaart mit dem geringen Haltegewicht machen diese Hilfen den Compoundbogen insgesamt sehr präzise. Im Jahr 2012 lag z. B. der Weltrekord in der FITA-Runde (Männer) im Freien mit 144 Pfeilen bei 1419 Ringen beim Compound. Im Vergleich dazu steht der Weltrekord FITA-Runde (Männer) im Freien mit 144 Pfeilen bei 1387 Ringen mit dem Recurve.[27]

Yumi

Der heute noch beim Kyūdō verwendete japanische Bogen (Yumi) ist ein asymmetrischer Kompositbogen. Der Pfeil wird hier, wie es auch bei asiatischen Reitervölkern üblich war, zum Schuss auf der rechten Seite des Bogens geführt. In der Frühgeschichte finden sich jedoch auch Darstellungen symmetrischer Bögen und früher Formen aus Vollmaterial.

Armbrust

Bei der Armbrust, historisch auch Kreuzbogen genannt, handelt es sich um einen horizontal auf einer Mittelsäule montierten Bogen,[28][29] dessen Sehne durch eine Rückhaltevorrichtung in gespannter Position gehalten und für den Schuss über einen Abzugsmechanismus gelöst werden kann.

Bauweisen und Werkstoffe

Bogen in Kompositbauweise

Ein Kompositbogen ist ein spezieller, aus mehreren verschiedenen Materialien bestehender Bogen, der in der ausgehenden Jungsteinzeit in Zentralasien entstand. Älteste archäologische Funde stammen aus der Region Pribaikalja, nordwestlich des Baikalsees in Südsibirien. Die dort in einem Gräberfeld gefundenen 16 Bogen sind bauchseitig mit Streifen aus Geweih versteift worden und laufen in spitzen Tips aus.[30][31]

Reflexbogen sind üblicherweise in Kompositbauweise hergestellt. Von den Steppen aus verbreitete sich die Nutzung von Kompositbögen im bronzezeitlichen mediterranen und chinesischen Kulturkreis. Zur Herstellung von Kompositbögen wurden in einem aufwendigen, bis zu zwei Jahre dauernden Verfahren verschiedene Schichten von Holz und Tierhorn verleimt und mit einem Sehnenbelag versehen. Die Funktion des Holzes beschränkte sich dabei z. T. auf das bloße Tragen der tierischen Materialien. Das Ergebnis war eine gegenüber traditionellen Bögen kleinere Waffe mit dennoch hoher Spannkraft, die sich hervorragend für Reiter eignete. Tiersehnen haben im Vergleich zu Holz eine ca. vierfache Zugfestigkeit. Horn hält eine doppelte Druckbelastung aus wie Holz. Daher lässt sich beim Bogenbau die benötigte Schichtdicke auf ein Viertel bzw. die Hälfte im Vergleich zu Holz reduzieren. Dünnere Bogenarme sind elastischer als dickere; je weniger Energie aber beim Biegen der Wurfarme verlorengeht, umso mehr kann beim Verschießen des Pfeiles abgegeben werden. Kleinere und kürzere Wurfarme besitzen zudem weniger Masse, die bewegt werden muss. Außerdem kann man Verbundmaterialien in einem technisch besonders effektiven Design zusammenleimen.

Der Vorteil von Sehnen und Horn besteht in ihrer höheren Fähigkeit, Energie zu speichern und auch wieder an den Pfeil abzugeben. Die Effizienz eines solchen gut gebauten Kompositbogens mit entsprechender möglicher Formgebung ist höher als die eines konventionellen Bogens aus Holz, der bei identischem Layout sofort brechen würde. Mongolische und türkische Reiterbögen hatten ein Zuggewicht von durchschnittlich 75 Pfund und schossen speziell abgestimmte leichte Pfeile 500 bis 800 m weit.

Am bekanntesten wurden dabei die Hunnen und einige hundert Jahre später die Mongolen und Türken, deren Zügen nach Westen die Völker Europas anfangs wenig entgegenzusetzen hatten. Ihr militärischer Vorteil beruhte dabei auf dem massiven Einsatz der leichten Kavallerie, die – mit Kompositbögen bewaffnet – mobile und weit reichende Angriffe auf den Gegner durchführen konnte. Kompositbögen wurden jedoch schon seit der Antike auch von sesshaften Völkern übernommen, unter anderem von Römern und Parthern. Der Arcus war einer der von den Griechen und später von den Römern genutzter Kompositbogen.

Nachteilig ist die starke Anfälligkeit solcher klassischer Kompositbögen gegen jegliche Art von Feuchtigkeit – im Extremfall löst sich der durch elastischen und hochfesten Hautleim zusammengehaltene Materialverbund einfach auf, wodurch der Bogen irreparabel zerstört wird. Diese Problematik beeinflusste vermutlich den für das Schicksal Europas entscheidenden Rückzug der Hunnen um das Jahr 500.

Ein weiteres Beispiel für effektiven Einsatz von Kompositbögen sind die Comanche Nordamerikas, die im 19. Jahrhundert von den feindlichen Armeen der jungen Vereinigten Staaten anerkennend als die „beste leichte Kavallerie der Welt“ bezeichnet wurden.

Relativ fortgeschritten in der Geschichte des Bogenbaus waren die Türken. Sehr schöne Exemplare sind im Völkerkundemuseum in Wien und im Schloss in Karlsruhe in den Waffensammlungen der Kriegsbeute der letzten Türkenbelagerung ausgestellt (siehe Karlsruher Türkenbeute). Besonders zu beachten ist, dass die Bogenenden im ungespannten Zustand nach vorn gebogen sind. Beim Bespannen des Bogens mit der Sehne werden diese meist erwärmt und in die entgegengesetzte Richtung umgebogen, so dass erst dann die endgültige Form des Bogens sichtbar wird.

Moderne Faserverbundwerkstoffe prägen die heutigen Typen des Recurve- und Compoundbogens.

Backings

Ein Backing (englisch: Verstärkung des Bogenrückens, gemeint ist die Vorderseite des Bogens, an der Bauchseite befindet sich die Sehne), auch Lamination (Beschichtung) genannt, ist ein in Streifen geschnittener Bambus oder anderer Hölzer, der Zugbelastung gut verträgt. Sehnen von Großtieren oder Tier-Rohhaut werden auf die Vorderseite eines Bogens geklebt, um die starke Zugbelastung aufzunehmen. Die wirkungsvollste Form eines Backings ist der Sehnenbelag. Je nach Holzart muss das Backing dicker, beziehungsweise dünner sein, damit das Holzteil des Bogens keine Kompressionsbrüche bekommt. Bei Eibe wird dies eigentlich nicht benötigt, da das Splintholz (Außenbereich) der Eibe hervorragende Zugfestigkeit hat, das Kernholz (Innenbereich) wiederum hohem Druck standhält. Das Splintholz kann sich sehr gut dehnen und das Kernholz lässt sich gut komprimieren.

Bögen aus Stahl

Die Anfälligkeit der Kompositbögen gegen Feuchtigkeit führte in Indien zur Entwicklung von Bögen aus Stahl. Die indischen Schmiede verfügten über das metallurgische Wissen, um geeignete Legierungen herzustellen. Im Agni Purana, einem indischen religiösen Text aus dem 9. Jahrhundert, werden bereits Bögen aus Metall erwähnt.

Die Bögen waren nicht so leistungsfähig wie herkömmliche Kompositbögen, aber bei feuchtem Klima haltbarer und auch sonst widerstandsfähiger. Stahlbögen konnten auch problemlos gelagert werden. Von adeligen Kriegern gebrauchte Stahlbögen wurden reich verziert.

In Europa wurden Stahlbögen nur für Armbrüste hergestellt.

Bogenschießen als Sport

Recurvebogen beim Hallenschießen. Vier schießen einen Rechtshandbogen, nur einer (Mitte) einen Linkshandbogen
Trefferaufnahme beim Bogenschießen – Feldbogen

Beim modernen Bogenschießen gibt es verschiedene Disziplinen. Allgemein werden Bogen ohne Visierhilfsmittel und Stabilisationsgewichte als Blankbogen (englisch: „Barebow“) bezeichnet. Moderne Lang- und Jagdrecurvebogen werden aus verschiedenen Schichten laminiert, die aus Holz oder mit Glas- oder Kohlenstofffasern verstärktem Kunststoff bestehen. Auch Recurve-Sportbogen aus Aluminium und kohlenstofffaserverstärktem Kunststoff sind Blankbogen, wenn weder am Bogen noch an der Sehne Hilfsmittel zur Visierung, Entfernungsschätzung oder Stabilisierung vorhanden sind. Bei modernen Sportbogen unterscheidet man daher zwischen Blankbogen (Recurve ohne Visier und Stabilisationshilfsmittel), olympischem Recurve-Sportbogen (Visier und Stabilisationshilfsmittel erlaubt) und Compoundbogen (Visier mit Linsenoptik und Stabilisationshilfsmittel erlaubt).

In verschiedenen Kulturen wurde und wird berittenes Bogenschießen als Sport betrieben.

Der Wahlspruch der Bogenschützen lautet: „Alle ins Gold“ bei den Scheibenschützen, beziehungsweise „Alle ins Kill“ bei den 3D-Schützen.

Bogenjagd und -fischen

Bogenjagd bezeichnet die Ausübung der Jagd mit Pfeil und Bogen.[32] Als eine der ältesten Jagdarten des Menschen wird sie noch heute von Naturvölkern zur Nahrungsbeschaffung betrieben. Die moderne Bogenjagd ist heute in 18 europäischen Ländern und weiten Teilen der Welt erlaubt.[33] Sie dient dabei neben der Nahrungsbeschaffung, auch als Mittel zur Kontrolle von Wildtierpopulationen in Schutzgebieten und im urbanen Raum.

Bogenjagd kann in Europa nur von ausgebildeten Jägern mit Jagdschein, die zusätzlich einen Bogenjagdschein besitzen, ausgeführt werden. Bevorzugt werden Jagd -Compoundbögen verwendet, da diese über die nötige jagdliche Präzision und Durchschlagskraft verfügen, um auch starkes Wild zu jagen. Abgesehen von den Bögen der Naturvölker sind Lang- oder Recurvebögen heute nur noch wenig verbreitet bei der modernen Bogenjagd. Sie sind besonders bei der Jagd auf Flug- und Niederwild im Einsatz. Bei dieser Jagdart ist der intuitive Schuss am besten geeignet, hierfür sind insbesondere diese Bogenarten ohne Visierung im Vorteil.

Leistungsfähigkeit, Schussweite

  • Englischer Langbogen, Zuggewicht 90,72 kg, 57 g schwerer Holzpfeil, Schussweite 427 m (John Huffer, USA, 11. September 1997)

Mit modernen Bögen wurden folgende Weiten erzielt:

  • Recurve (1987, Don Brown, USA): 1222,0 m
  • Compound (1992, K. Strother, USA): 1207,4 m
  • Fußbogen-Schießmethode (Harry Drake, USA, 24. September 1971): 1854,4 m. Bei dieser Schießmethode liegt der Schütze auf dem Boden. Der Bogen wird mit beiden Füßen nach vorne gedrückt und die Sehne gleichzeitig mit beiden Händen angezogen.[34][35]

Rechtliche Situation in Deutschland

Der Bogen wird manchmal als Waffe bezeichnet. Er fällt jedoch nicht unter die Restriktionen des Waffengesetzes sowie der Waffenverordnung und kann als Sportgerät ohne weitere Erlaubnis genutzt werden.

Die rechtliche Situation wird dabei durch das Waffengesetz (WaffG) geregelt. Entscheidend für die Beurteilung sind dabei die Paragraphen § 1 und § 2 WaffG sowie die dazugehörigen Anlagen. Grundsätzlich ist der Bogen nach § 1 WaffG eine Waffe. Die Anlage 1 zum WaffG (zu Paragraph § 1 Absatz 4 WaffG) definiert in Abschnitt 1, Unterabschnitt 2, Nummer 2 als den Schusswaffen gleichgestellte Gegenstände mit „… bei denen bestimmungsgemäß feste Körper gezielt verschossen werden, deren Antriebsenergie durch Muskelkraft eingebracht …“, was soweit auch den Bogen umfassen würde. Jedoch folgt dann die Einschränkung „… und durch eine Sperrvorrichtung gespeichert werden kann.“ Somit gilt die Nummer 1.2.2 der Anlage 1 zwar für Armbrüste, aber nicht für Bögen. Auch an keiner anderen Stelle der Anlage 1 wird der Bogen erwähnt oder eine entsprechende Definition für ihn verwendet. Eindeutig wird die Situation dann mit der Anlage 2 zum WaffG (zu Paragraph § 2 Absatz 2 bis 4 WaffG). Die Waffenliste der Anlage 2 schließt in Abschnitt 3, Unterabschnitt 2, Nummer 2 Schusswaffen teilweise vom Gesetz aus „… bei denen feste Körper durch Muskelkraft ohne Möglichkeit der Speicherung der so eingebrachten Antriebsenergie durch eine Sperrvorrichtung angetrieben werden.“ (also auch Bögen). Dabei bezieht sich die teilweise Ausnahme auf Anscheinswaffen nach § 42a WaffG. Damit ist der Bogen keine Waffe, für den die Bestimmungen nach dem WaffG gelten.

Aus diesem Grund stellen auch Bogenplätze keine genehmigungspflichtigen Schießstätten dar, und es ist zu deren Betreiben keine waffenrechtliche Erlaubnis zum Betreiben einer Schießstätte nach § 27 Abs. 1 WaffG erforderlich. Dennoch können von Bögen Gefahren ausgehen. Insbesondere bei Bogenplätzen im Freien besteht bei nicht ordnungsgemäßer Durchführung des Schießens die Möglichkeit, dass durch die abgeschossenen Pfeile Personen oder Sachen und somit die öffentliche Sicherheit gefährdet werden. Die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit ist je nach Landesrecht unterschiedlichen Behörden zugewiesen.

Der Deutsche Feldbogen Sportverband und der Deutsche Schützenbund haben zur Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und zur sicheren Durchführung des Bogenschießens die Sicherheitstechnischen und Baulichen Regeln für Bogenplätze veröffentlicht. Darin werden Ausführungen zur baulichen Gestaltung von Bogenschießbahnen und Feldparcours gemacht, Gefahren-, Sicherheits- und Unbedenklichkeitsbereiche festgelegt sowie Vorgaben zum Verhalten gemacht.[36] Die Sicherheitstechnischen und Baulichen Regeln stellen Sicherheitsregeln nach Stand der Technik dar. Der Deutsche Bogensport-Verband wendet diese Regeln ebenfalls an. Die Bogensportverbände empfehlen bei der Einrichtung von Bogenplätzen in jedem Fall die Abstimmung mit den zuständigen Behörden.

Bilder

Literatur

  • Jürgen Junkmanns: Pfeil und Bogen – Von der Altsteinzeit bis zum Mittelalter. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2013, ISBN 978-3-938921-27-2.
  • Peter O. Stecher: Legends in Archery: Adventurers with Bow and Arrow. Schiffer Pub Co, 2010, ISBN 978-0-7643-3575-4. (englisch)
  • Manfred Korfmann: Schleuder und Bogen in Südwestasien: von den frühesten Belegen bis zum Beginn der historischen Stadtstaaten. Antiquitas: Reihe 3, Abhandlungen zur Vor- und Frühgeschichte, zur klassischen und provinzial-römischen Archäologie und zur Geschichte des Altertums, Bd. 13. Habelt, Frankfurt 1972, ISBN 3-7749-1227-0.
  • Ulrich Stodiek, Harm Paulsen: „Mit dem Pfeil, dem Bogen …“ Techniken der steinzeitlichen Jagd. Isensee, Oldenburg 1996, ISBN 3-89598-388-8.
  • Thomas Marcotty: Bogen und Pfeile (Edition Arcofact). Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2002, ISBN 3-9805877-8-9.
  • Roger Ascham, Hendrik Wiethase (Hrsg.): Toxophilus – Die Schule des Bogenschießens. Wiethase, Untergriesbach 2005, ISBN 3-937632-12-3 (England, 1545).
  • Śārṅgadhara, Hendrik Wiethase (Hrsg.): Dhanurveda – Das Wissen vom Bogen. Wiethase, Untergriesbach 2005, ISBN 3-937632-14-X (Indien, 16. Jahrhundert).
  • Richard Kinseher: Der Bogen in Kultur, Musik und Medizin, als Werkzeug und Waffe. Kinseher, Kelheim 2005, ISBN 3-8311-4109-6.
  • Holger Riesch: „Quod nullus in hostem habeat baculum sed arcum“. Pfeil und Bogen als Beispiel für technologische Innovationen der Karolingerzeit. In: Technikgeschichte, Bd. 61 (1994), H. 3, S. 209–226.
Bogenbau
  • Flemming Alrune u. a.: Das Bogenbauer-Buch. Europäischer Bogenbau von der Steinzeit bis heute. 7. Auflage. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2012, ISBN 978-3-9805877-7-8.
  • Steve Allely: Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus. Bd. 1. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2003, ISBN 3-9808743-2-X.
  • G. Fred Asbell: Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus. Bd. 2. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2004, ISBN 3-9808743-5-4 (enthält Kapitel über Kompositbogen)
  • Tim Baker: Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus. Bd. 3. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2005, ISBN 3-9808743-9-7.
  • Steve Allely u. a.: Die Bibel des traditionellen Bogenbaus. Bd. 4. 2. Auflage. Verlag Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2008, ISBN 978-3-938921-07-4.
Commons: Bogen (Waffe) – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Commons: Bögen in der Heraldik – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wikibooks: Bogenbau – Lern- und Lehrmaterialien
Wiktionary: Bogen – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Vgl. Felsmalereien in der spanischen Levante
  2. Marlize Lombard, Laurel Phillipson: Indications of bow and stone-tipped arrow use 64 000 years ago in KwaZulu-Natal, South Africa. In: Antiquity. 84. Jahrgang, Nr. 325, 2015, ISSN 0003-598X, S. 635–648, doi:10.1017/S0003598X00100134.
  3. Discovery of oldest bow and arrow technology in Eurasia In: phys.org. Abgerufen am 4. Juli 2020 (englisch). 
  4. Michelle C. Langley, Noel Amano, Oshan Wedage, Siran Deraniyagala, M. M. Pathmalal, Nimal Perera, Nicole Boivin, Michael D. Petraglia, Patrick Roberts: Bows and arrows and complex symbolic displays 48,000 years ago in the South Asian tropics. In: Science Advances. 6. Jahrgang, Nr. 24, 1. Juni 2020, S. eaba3831, doi:10.1126/sciadv.aba3831, PMID 32582854, PMC 7292635 (freier Volltext), bibcode:2020SciA....6A3831L.
  5. L. Pericot Garcia: La cueva del Parpallo. Madrid 1957.
  6. Ulrich Stodiek, Harm Paulsen: Mit dem Pfeil, dem Bogen. Oldenburg (Isensee-Verlag), 1996, S. 37–38.
  7. a b Gaëlle Rosendahl, Karl-Wilhelm Beinhauer, Manfred Löscher, Kurt Kreipl, Rudolf Walter, Wilfried Rosendahl: Le plus vieil arc du monde ? Une pièce intéressante en provenance de Mannheim, Allemagne. In: L'Anthropologie. 110. Jahrgang, Nr. 3, 2006, ISSN 0003-5521, S. 371–382, doi:10.1016/j.anthro.2006.06.008.
  8. kalibriert mit CalPal online (abgerufen am 18. Januar 2014)
  9. Henri Breuil: Une visite à la grotte des Fadets à Lussac-le-Châteaux (Vienne). Bulletin A. F. A. S. Paris, 1905, S. 358.
  10. Jean Airvaux, André Chollet: Figuration humaine sur plaquette à la grotte des Fadets à Lussac-les-Châteaux (Vienne). Bulletin Societe Prehistoire Francaise 82 (1985), S. 83–85.
  11. G. Burov: Der Bogen bei den mesolithischen Stämmen Nordosteuropas. Veröffentlichungen des Museums für Ur- und Frühgeschichte Potsdam 14/15, 1980, S. 373–388. C. A. Bergman: The Development of the Bow in Western Europe: A Technological and Functional Perspective. In: G. L. Peterkin, H. M. Bricker, P. Mellars (Hrsg.): Hunting and Animal Exploitation in the Later Palaeolithic and Mesolithic of Eurasia. Archaeological Papers of the American Anthropological Association 4 (1993). S. 95–105.
  12. Leif Steguweit: Bogenfallen – Aus der Trickkiste der Steinzeit. In: Traditionell Bogenschiessen 21, 2001, S. 21–24. (PDF-Download)
  13. Eva-Maria Mertens, Linde, Ulme, Hasel. Zur Verwendung von Pflanzen für Jagd- und Fischfanggeräte im Mesolithikum Dänemarks und Schleswig-Holsteins. Prähistorische Zeitschrift 75/1, 2000, Abb. 3.
  14. Eva-Maria Mertens, Linde, Ulme, Hasel. Zur Verwendung von Pflanzen für Jagd- und Fischfanggeräte im Mesolithikum Dänemarks und Schleswig-Holsteins. Prähistorische Zeitschrift 75/1, 2000, Tab. 1.
  15. M.-S. Hernández Pérez, P. Ferrer Marset, E. Catalá Ferrer: Arte rupestre en Alicante. Alicante (Centre d’Estudis Contestans), 1988.
  16. a b Leif Steguweit Belege für Recurve-Bogen in der europäischen Jungsteinzeit. In: Volker Alles (Hrsg.): Reflexbogen. Geschichte und Herstellung. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2009, S. 10–25.
  17. Holger Eckhardt: Pfeil und Bogen. Eine archäologisch-technologische Untersuchung zu urnenfelder- und hallstattzeitlichen Befunden. Internationale Archäologie. Bd. 21. Marie Leidorf, Espelkamp 1996, ISBN 3-924734-39-9; b: Kat.-Nr. 211–212
  18. Paul Comstock: Bogen der europäischen Vorgeschichte. In: Die Bibel des Traditionellen Bogenbaus. Bd. 2. Angelika Hörnig, Ludwigshafen 2004, ISBN 3-9808743-5-4, S. 110–111.
  19. Holger Riesch: Pfeil und Bogen zur Merowingerzeit. Eine Quellenkunde und Rekonstruktion des frühmittelalterlichen Bogenschießens. Karfunkel, Wald-Michelbach, 2002.
  20. Longbow in der englischsprachigen Wikipedia
  21. W. F. Paterson: Encyclopaedia of archery. St. Martin's Press, New York 1984, ISBN 0-312-24585-8, S. 37.
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  26. Dwight R. Schuh: Bowhunting Equipment & Skills, Verlag Creative Publishing Int'l, 1997, ISBN 1-61060-306-0, S. 28.
  27. World Archery
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