Boehmer (Familie)

Böhmer bzw. Boehmer ist der Name eines alten und in Einzellinien geadelten mitteldeutschen, evangelischen Juristengeschlechts, welches in seinen Reihen viele herausragende Persönlichkeiten aufweist.

Herkunft

Bisher ist unklar, woher die ersten Vorfahren kamen. Sie könnten aus Böhmen eingewandert bzw. infolge der Hussitenkriege (1419–1439) von dort geflüchtet sein. Das mag den Familiennamen erklären, es gibt aber auch Hinweise, dass er vom niederdeutschen Wort „Bohm“ (Baum) abstammen könnte und von solchen Personen geführt wurde, die in der Nähe von besonders eindrucksvollen Bäumen aber auch Schlagbäumen (Zollstelle) wohnten. Die urkundlich gesicherten Vorfahren der Familie nannten sich anfangs „Behme“ oder „Behmer“, später Boehmer und Böhmer. In der Allgemeinen Deutschen Biographie (ADB) und der Neuen Deutschen Biographie (NDB) ist nur die Schreibweise Böhmer und von Böhmer aufgeführt, in der Familie dagegen hat sich seit spätestens Anfang des 20. Jahrhunderts Böhmer bzw. von Boehmer durchgesetzt.

Der erste sicher nachgewiesene Ahnherr ist Andreas Behmer (1598–1643), der in den Wirren am Ende des dreißigjährigen Krieges (1618–1648) aus dem Gebiet um Groppendorf nach Helmstedt kam. Bereits sein Sohn Valentin Boehmer (1634–1704), mit dem die Stammreihe beginnt, genoss eine juristische Ausbildung und brachte es zum Rechtskonsulenten. Seit dieser Zeit entschieden sich immer wieder Mitglieder dieser Familie für eine juristische Laufbahn und bekleideten dabei oftmals hochrangige Ämter.


Justus Henning Boehmer, der Zweig Böhmer

So war schon Valentins Sohn, Justus (Jobst) Henning Boehmer (1674–1749), einer der bedeutendsten Rechtsgelehrten seiner Zeit. Er wurde Juraprofessor, Hofpfalzgraf, Geheimer Rat, Regierungskanzler des Herzogtums Magdeburg und Ordinarius der juristischen Fakultät der Universität Leopoldina von Halle (Saale). In seiner Jugendzeit dichtete er eine Reihe von bis heute verwendeten Kirchenliedern.

Wappen von Justus Henning Boehmer

Von den Söhnen wurden Johann Samuel Friedrich Boehmer (1704–1772) und Karl August Boehmer (1707–1748) auf Grund ihrer Verdienste von Friedrich dem Großen am 8. März 1770 bzw. 12. Oktober 1743 in den erblichen preußischen Adelsstand erhoben. Seit dieser Zeit gibt es also nicht geadelte und erbrechtlich geadelte Nachkommen.

Zu den ersteren gehörten u.a. Philipp Adolf Boehmer (1711-1789), Professor für Anatomie und Leibarzt König Friedrich Wilhelms II. (1744–1797); Georg Friedrich Boehmer (1739-1797), preußischer Resident am kaiserlichen Hof in Wien und am Reichstag in Regensburg; und Georg Ludwig Boehmer (1715-1797), Professor für Straf- und Kirchenrecht. Zu dessen Kindern gehörten Johann Georg Wilhelm Boehmer (1761-1839), der zunächst Privatdozent für Theologie in Göttingen war, dann linksrheinischer Jakobiner und Mitgründer der Mainzer Republik wurde, anschließend im napoleonischen Königreich Westphalen als Friedensrichter und Polizeikommissar eingesetzt war und schließlich wieder in Göttingen als Privatdozent für Rechtskunde starb, und dessen Bruder Johann Franz Wilhelm Boehmer (1754–1788), Amts- und Bergarzt, erster Ehemann der Caroline Michaelis und Vater ihrer Tochter Auguste Boehmer.

Der Zweig von Boehmer

Der einzige Sohn von Karl August von Boehmer verstarb bereits im ersten Lebensjahr. Die derzeit lebenden adeligen Namensträger stammen daher ausschließlich von Johann Samuel Friedrich von Boehmer ab.

Wappen der Linie Johann Samuel Friedrich von Boehmer

Zu dessen Nachkommen gehören aus jüngerer Zeit die Brüder Bruno von Boehmer (1866-1943), Ingenieur und Schöpfer der kommunalen Wasserversorgung in Rheinhessen, und Hugo Erich von Boehmer (1857-1939), Patentanwalt am Reichskammergericht, Schriftleiter und Genealoge. Einer seiner Söhne war Hasso von Boehmer (1904–1945), Oberstleutnant im Generalstabsdienst und Widerstandskämpfer im Dritten Reich, hingerichtet am 5. März 1945 in Berlin-Plötzensee. Sohn des letzteren ist der Immunologe Harald von Boehmer, Professor an der Harvard Universität. Die juristische Neigung setzte sich aber weiterhin durch. So finden sich in den Stammtafeln der Familie mit aktuell 208 aufgeführten Personen insgesamt mehr als 27 Professoren und/oder Doktoren des Rechtes sowie sonstige Rechtsgelehrte, 11 Professoren und/oder Doktoren der Medizin, neun hochrangige Militärdienstgrade, ansonsten Gutsbesitzer, Ingenieure und Kaufleute.

Die Familie Böhmer/von Boehmer war ursprünglich vor allem in den Räumen Göttingen, Halle, Berlin und Hannover ansässig, ist aber heute über Deutschland hinaus verstreut. Die von Boehmers sind u. a. verschwägert mit so bekannten Familien wie Stahl, von Saldern, von Kalckreuth, von Goertzke, von Ditfurth, Knackroth, Rhontgensthein oder Poensgen.

Bekannte Familienmitglieder

Quellen

  • NDB [1]
  • Georg Ludwig Böhmer in ADB [2]
  • Georg Wilhelm Böhmer in ADB [3]
  • Johann Samuel Friedrich von Böhmer in ADB [4]
  • Justus Henning Böhmer in ADB [5]
  • Justus Henning Böhmer an der Leopoldina [6]
  • Philipp Adolf Böhmer in ADB [7]
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Band III. 1958
  • Archiv Hans-Thorald Michaelis
  • Genealogisches Handbuch des Adels, Adelslexikon Band I, Band 53 der Gesamtreihe, C. A. Starke Verlag, Limburg (Lahn) 1972, ISSN 0435-2408
  • Hans-Thorald Michaelis: „Geschichte der Familie von Boehmer - In Fortführung der von Hugo Erich von Boehmer im Jahre 1892 verfassten Genealogie der von Justus Henning Boehmer abstammenden Familien sowie auch einiger der mit ihnen verschwägerten Familien.“ Rheinische Verlagsanstalt, Bonn-Bad Godesberg (1978); 247 Seiten