Benutzer:Johnnychoice/Das Regierungssystem Polens


Der folgende Artikel betrachtet das polnische Regierungssystem im Zeitraum seit 1989. Er gliedert sich dabei in drei Teilabschnitte, welche verschiedene Phasen der politischen Entwicklung Polens widerspiegeln. Diese Phasen werden anhand von drei Kriterien semi-präsidentieller Regierungssysteme nach Matthew S. Shugart und John M. Carey untersucht. Hierbei handelt es sich erstens um die (quasi) direkte Wahl des Staatspräsidenten mit fester Amtsdauer, zweitens um die Abberufbarkeit der Regierung nur durch das Parlament und drittens um die verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Präsidenten.

1. Phase: 1989 - 1992

Die erste Phase wird durch die Runden-Tisch-Vereinbarungen (1989) und die sogenannte Kleine Verfassung im Jahr 1992 begrenzt. Wojciech Jaruzelski wird 1989 in einer indirekten Wahl durch die Nationalversammlung für sechs Jahre zum Präsidenten gewählt, somit ist das erste Kriterium des Semi-Präsidentialismus nicht erfüllt. Auch das zweite Kriterium der Abberufbarkeit der Regierung nur durch das Parlament ist nicht erfüllt, da zu dieser Zeit eine doppelte Abhängigkeit besteht, die sich im Initiativrecht bei Ernennung und Entlassung des Premiers sowie der Abberufbarkeit der Regierung durch das Parlament niederschlägt. Lediglich das dritte Kriterium ist von 1989 bis 1992 erfüllt, da der Präsident über eine Fülle von Rechten verfügt: von der Einberufung einer Kabinettssitzung und dessen Vorsitz über ein legislatives Veto und seine Gesetzesinitiative bis hin zur Ernennung einzelner Minister. Folglich besaß Polen in der Zeit von 1989 bis 1992 ein parlamentarisches Regierungssystem.

2. Phase: 1992 - 1997

Diese Phase beginnt mit der Kleinen Verfassung 1992 und endet mit der sogenannten Neuen Verfassung 1997. Im Gegensatz zur ersten Phase (1989 - 1992) ist das Kriterium der (quasi) direkten Wahl des Präsidenten mit fester Amtsdauer erfüllt, da 1990, noch vor den Änderungen durch die Kleine Verfassung, die Direktwahl eingeführt wurde und Lech Wałęsa für fünf Jahre zum Präsidenten gewählt wird. Auch das Kriterium der Abberufbarkeit der Regierung nur durch das Parlament ist nach Artikel 64 und 66 KV zwischen 1992 und 1997 erfüllt. Ebenso wie das Kriterium der verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Präsidenten, da dieser nach Art. 15 über ein Gesetzesinitiativrecht verfügt sowie das Primat in der Außenpolitik innehat. Polen kann nach der Kleine Verfassung als präsidentiell-parlamentarischen Regierungssystem angesehen werden.

3. Phase: 1997 - heute

Den Anfangpunkt dieser bis heute andauernden Phase setzt 1997 die Neue Verfassung. Hinsichtlich des Kriteriums der (quasi) direkten Wahl mit fester Amtsdauer gab es in der Neuen Verfassung keine Änderung, womit dieses Kriterium auch weiterhin erfüllt ist. Auch das Kriterium der Abberufbarkeit der Regierung nur durch das Parlament ist erfüllt, da das Initiativrecht bei Ernennung und Entlassung beim Sejm liegt, was die Möglichkeit eines (konstruktiven) Misstrauensvotums sowie die (symbolische) Designation des Premierministers durch den Präsidenten bedeutet. Auch das Kriterium der verfassungsrechtlichen Kompetenzen des Präsidenten ist erfüllt, da dieser neben der Gesetzesinitiative auch über ein Mitspracherecht in der Außenpolitik (Art. 133) verfügt. Folglich kann man Polen nach Shugart und Carey seit 1997 als premier-präsidentielles Regierungssystem einstufen.

Einzelnachweise