Xerothermrelikt

Xerothermrelikte (altgriechisch ξηρός xērós „dürr, trocken“ und altgriechisch θερμόςthermós „warm“) werden in der Botanik und Biogeografie Populationen von Pflanzenarten genannt, welche an Trockenheit und Wärme angepasst sind, und nach klimatischen Veränderungen auf „Wärmeinseln“ überleben konnten.

In Mitteleuropa zählen dazu die inselartigen Vorkommen von Steppenpflanzen. Diese Arten waren während der letzten Eiszeit und nacheiszeitlichen Wärmezeit, als das Klima trockener war, relativ weit verbreitet. Im heutigen humiden Waldklima findet man sie nur noch als Relikte an von Natur aus waldfreien Standorten, wo keine Beschattung vorhanden ist. Infrage kommen flachgründige Stein- oder Sandböden (beispielsweise im Naturschutzgebiet Großer Sand) oder steile Südhänge. Ein Beispiel für diese Arten aus dem pontischen Florenreich ist die Erd-Segge (Carex humilis).

Beispiele in Deutschland

wissenschaftlicher NameTrivialnameVorkommenBiotope[1]Bild
Adonis vernalisFrühlings-AdonisröschenMitteldeutsches Trockengebiet, Kyffhäuser, NSG Großer Sand, mittleres OdergebietHalbtrocken- und Trockenrasen, lichte Eichen- und Kiefernwälder
Astragalus exscapus[2][3]Boden-TragantMitteldeutsches Trockengebiet, u. a. im Naturpark Unteres Saaletalkontinentale Trocken- und Halbtrockenrasen
Carex humilis[4]Erd-SeggeMitteldeutsches Trockengebiet, Mittelgebirge, AlpenFelsfluren, Trocken- u. Halbtrockenrasen, Kiefernforste
Dianthus gratianopolitanus[5]PfingstnelkeNationalpark Kellerwald-Edersee, Naturpark Thüringer Schiefergebirge/Obere Saale, Schwäbische Albxerotherme Kalk- und Silikatfelsspalten, Felsfluren
Fumana procumbens[6]Gewöhnliches NadelröschenMitteldeutsches Trockengebiet, Rhein-Main-Trockengebiet (z. B. Großer Sand), DürrenastheideKalkfelsfluren und -trockenrasen, Sandtrockenrasen
Onosma arenariaSand-LotwurzGroßer Sand (bundesweit einziges Vorkommen)kontinentale Sandtrockenrasen, sandige Kieferntrockenwälder
Podospermum purpureumRote SchwarzwurzelRhein-Main-Trockengebiet (z. B. Großer Sand), Kyffhäuser, östliches BrandenburgKontinentale Trocken- und Halbtrockenrasen
Seseli annuum[7]SteppenfenchelMitteldeutsches Trockengebiet, Eifel, Nördlinger Ries, Briloner HochflächeXerothermrasen, Trockengebüschsäume
Teucrium montanum[2]Berg-GamanderMitteldeutsches Trockengebiet, Saaletal, Schwäbische Alb, AlpenFels- und Schotterfluren, Trocken- und Halbtrockenrasen

Literatur

  • Heinrich Walter, Siegmar-W. Breckle: Ökologie der Erde. Band 3: Spezielle Ökologie der gemäßigten und arktischen Zonen Euro-Nordasiens. Zonobiom VI–IX (= Ökologie der Erde. Bd. 3; UTB für Wissenschaft. Große Reihe. Bd. 8022). G. Fischer, Stuttgart 1986, ISBN 3-437-20310-X, S. 178–179; 2., überarb. Aufl. Mit Mathilde Rahmann, Okmir E. Agachanjanc. G. Fischer, Stuttgart/Jena 1994, ISBN 3-437-20504-8.

Einzelnachweise

  1. Eckehart J. Jäger (Hrsg.): Rothmaler – Exkursionsflora von Deutschland, Gefäßpflanzen: Grundband. 21. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2017, ISBN 3662497077, siehe Einträge zur jeweiligen Art.
  2. a b Eckehart J. Jäger (Hrsg.): Rothmaler – Exkursionsflora von Deutschland, Gefäßpflanzen: Grundband. 21. Auflage. Springer-Verlag, Berlin Heidelberg 2017, ISBN 3662497077, S. 30.
  3. Thomas Becker: Die Steppenreliktart Astragalus exscapus – eine Schlüsselart der Steppenreste Mitteleuropas? In: Steppenlebensräume Europas – Gefährdung, Erhaltungsmaßnahmen und Schutz. Tagungsband, Hrsg. vom Thüringer Ministerium für Landwirtschaft, Forsten, Umwelt und Naturschutz (TMLFUN), Erfurt 2013, ISBN 3000442480, S. 69–90.
  4. Die Erd-Segge: ein Kaltzeitrelikt In: Main-Post vom 20. März 2012.
  5. Rosa Blütenpracht auf nacktem Fels – Zur Pfingstnelkenblüte in den Nationalpark Kellerwald-Edersee Website des NABU.
  6. Norbert Müller: Zur Vergesellschaftung von Fumana procumbens Gr. et Godr. auf dem Lechfeld bei Augsburg wissenschaftlicher Bericht, Amt für Umweltschutz und Grünordnung Augsburg.
  7. Hessisches Ministerium für Umwelt, Klimaschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (Hrsg.): Tiere, Pflanzen, Lebensräume – Leitfaden zur Umsetzung von Ziel I und II der Hessischen Biodiversitätsstrategie in den Landkreisen und kreisfreien Städten 2015, S. 29.