Peter Rosei

Peter Rosei (2009)

Peter Rosei (* 17. Juni 1946 in Wien) ist ein österreichischer Romancier und Essayist.

Leben und Werk

Peter Rosei ist der Sohn eines Eisenbahnbeamten und einer Ladenbesitzerin. Er wuchs in Wien auf, wo er das Gymnasium besuchte und seine Reifeprüfung mit Auszeichnung bestand. Anschließend studierte er an der Universität Wien Jus. 1968 promovierte er dort zum Doktor der Rechtswissenschaften. Von 1969 bis 1971 war er Sekretär und Manager des Wiener Malers Ernst Fuchs. Danach leitete er für kurze Zeit einen Schulbuchverlag.[1] Seit 1972 lebt er als freier Schriftsteller in Wien, von 1975 bis 1981 in Bergheim bei Salzburg, danach wieder in Wien. Aus der Salzburger Zeit datierte seine enge Freundschaft mit H. C. Artmann, die bis zu dessen Tod andauerte. Weiters gehörten Gerhard Amanshauser und Helmut Eisendle zum Salzburger Freundeskreis. Rosei unternahm und unternimmt immer wieder ausgedehnte Reisen, im Feuilleton gilt er vielfach als der Reisende[2] schlechthin. Unter anderem war er Writer in Residence an amerikanischen Universitäten, unterrichtete in Japan, zuletzt auch an der Universität für angewandte Kunst in Wien sowie an der Universität Wien. Er ist verheiratet mit Christiana Pock, der jüngeren Schwester von Rosa Artmann, geb. Pock, und hat einen Sohn. Mit seiner Frau lebte er u. a. in Italien und übersetzte aus dem Italienischen. Der Bildhauer Franz Rosei ist ein Bruder Peter Roseis.

Peter Rosei hat eines der umfangreichsten Werke der neueren Literatur deutscher Sprache geschaffen. Sein schriftstellerisches Debüt hatte Rosei 1972 mit dem Erzählband Landstriche, seinen ersten großen Erfolg 1977 mit dem Roman Wer war Edgar Allan? Der sich am Rande des Fantastischen bewegende Roman machte Rosei seinerzeit zu einem der meistbesprochenen jungen Autoren und war bereits ein paar Jahre nach seinem Erscheinen zum Kultbuch avanciert.[1] In den siebziger Jahren zählte er mit Autoren wie Barbara Frischmuth, Alois Brandstetter, Franz Innerhofer, Gernot Wolfgruber und Gert Jonke zu einer Art „Residenz-Kultur“. Von 1990 bis 2005 erschienen seine großen Prosaprojekte beim Stuttgarter Verlag Klett-Cotta. Der Verlag legte auch eine mehrbändige Ausgabe des frühen Werkes vor. Später kehrte Rosei wieder zum Residenz Verlag zurück. Nebenher verfasste Rosei Gedichte, zahlreiche Hörspiele, auch Filmdrehbücher, darunter zum Film Wer war Edgar Allan?, bei dem Michael Haneke Regie führte. Obgleich es durchaus stilistische und motivische Kontinuität erkennen lässt, gliedern deutliche Zäsuren das Werk Peter Roseis. Dominierte in den frühen Publikationen ein nüchterner, protokollarischer Ton, der Gesellschaft wie Natur mit radikalem Pessimismus schilderte, wich er später einer eher melancholischen bzw. sarkastischen Betrachtungsweise. Roseis Sprache wird als sachlich und präzise beschrieben.[3] Die späteren Bücher wurden auf einen größeren Handlungsspielraum hin angelegt. Mehrfach sind sie in Zyklen organisiert, wie etwa das 15000-Seelen-Projekt aus den achtziger Jahren, wo Rosei versuchte, eine umfassende Darstellung der heutigen Welt[4] zu geben. In den Wiener Dateien, beginnend mit dem Roman Wien Metropolis (2005), werden österreichische Befindlichkeiten in einer globalisierten Welt beispielhaft dargestellt und vorgeführt. Seine Poetik als Künstler hat Rosei in zahlreichen Essays konkretisiert. Vor allem sind hier seine Beiträge zu einer Poesie der Zukunft (Grazer Poetikvorlesung 1995[5]) sowie Brown vs. Calder: Gedanken zur Dichtkunst (2015) zu nennen.

Peter Rosei war Gründungsmitglied der Grazer Autorenversammlung 1973, aus der er 1978 gemeinsam mit H. C. Artmann und Helmut Eisendle wieder austrat.

Peter Rosei kommentierte in zahlreichen Artikeln ethische, politische, ökonomische und künstlerische Fragen der Zeit, die unter anderem in der NZZ,[6] der österreichischen PRESSE[7] und dem österreichische STANDARD[8] veröffentlicht, später in Essay-Bänden gesammelt wurden.

Von 1998 bis 2011 war Peter Rosei Aufsichtsratsvorsitzender[9] der Literar-Mechana. Während dieser Zeit konnten dort u. a. die sozial-kulturellen Einrichtungen großzügig ausgebaut werden.

Auszeichnungen

Werke (Auswahl)

Peter Rosei liest aus Das große Töten (2009)

PROSA


ESSAYS

  • Versuch, die Natur zu kritisieren. Residenz Verlag, Salzburg – Wien 1982, ISBN 3-7017-0320-5.
  • Album von der traurigen und glücksstrahlenden Reise. Verlag Droschl, Graz 2002, ISBN 3-85420-603-8
  • Was tun? – Essays zu Politik und Ökonomie. Sonderzahl Verlag, Wien 2016, ISBN 978-3-85449-456-0.
  • Ich bin kein Felsen, ich bin ein Fluss – Essays über Kunst und Politik. Sonderzahl Verlag, Wien 2020, ISBN 978-3-85449-555-0.
  • Die Geschichte geht weiter – Ungemütliche Essays. Sonderzahl Verlag, Wien 2024, ISBN 978-3-85449-653-3.


THEATER


LYRIK


HÖRSPIELE

  • 1972: Ein Fragment und seine Deutung, ORF
  • 1974: Lügen und andere Wahrheiten, ORF-S 1980: WDR
  • 1984: Tage des Königs, WDR
  • 1985: Die Engel, WDR 1985: ORF-S 1986: SDR 1988: SWR
  • 1988: Goldtatze, SWR/NDR
  • 1989: Die Reise, ORF-W/SFB
  • 1990: Am Meer – On the beach, SDR
  • 1995: Rorschachtest, ORF/BR/SFB
  • 1997: Kolchis, ORF
  • 2004: Minotaurus kehrt heim, ORF
  • 2007: Amerika! Amerika!, ORF
  • 2008: Russland. Rossija. Russland, ORF
  • 2009: Nihon Monogatari – Erzählungen von Japan, ORF
  • 2011: Nachricht von Europa. Europa, ORF
  • 2016: Mozarttreiben, ORF

Bücher von Peter Rosei wurden in folgende Sprachen übersetzt: in amerikanisches Englisch, Französisch, Russisch, Japanisch, Holländisch, Italienisch, Bulgarisch, Polnisch, Schwedisch und Serbokroatisch. Zuletzt erschien der Roman „Wien Metropolis“ (2021) auf Hindi[12] und der Roman „Das Märchen vom Glück“ (2024) auf Bahasa in Indonesien.[13]

Übersetzungen

Herausgeberschaft

Bücher über Peter Rosei

Archiv

Der Großteil von Peter Roseis Manuskripten, Briefen und anderen Materialien befindet sich seit 2010 als Vorlass in der Handschriftensammlung der Wienbibliothek.[14] Kleinere Konvolute sind im Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek und in anderen Sammlungen[15] aufbewahrt.

Commons: Peter Rosei – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b U.M.H.: Rosei Peter. In: Harenberg Kulturführer. Roman und Novelle. Meyers Lexikonverlag, Mannheim 2007, ISBN 978-3-411-76163-0, S. 587 f.
  2. Peter Rosei, Reisender & Schriftsteller. Abgerufen am 5. Juli 2024.
  3. Peter Rosei. Abgerufen am 28. Mai 2024.
  4. Peter Rosei. Abgerufen am 28. Mai 2024.
  5. Rosei Peter – Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung. Abgerufen am 10. Mai 2024.
  6. Dummheit hat immer Saison, aber nicht alle Dummheiten sind gleichermassen schädlich. Abgerufen am 28. Mai 2024.
  7. Peter Rosei: Peter Rosei: Und dann plötzlich, die Liebe. Abgerufen am 28. Mai 2024.
  8. Moral, Ehre, Anstand? Peter Rosei fordert schlicht Menschlichkeit. Abgerufen am 28. Mai 2024.
  9. N.,N. (Hrsg.): Salut für Franz-Leo Popp. Picus Verlag, Wien 2008, ISBN 978-3-85452-100-6, S. 107.
  10. [1], Manuskript in der Österreichischen Nationalbibliothek, abgerufen am 10. Juli 2024
  11. Mann und Frau., Typoskript in der Österreichischen Nationalbibliothek, abgerufen am 27. Mai 2024
  12. Mahanagar Vienna. Abgerufen am 28. Mai 2024.
  13. Peter Rosei: Dongeng Tentang Kebahagiaan. Yayasan Pustaka Obor Indonesia, Jakarta 2024, ISBN 978-6-23321277-9.
  14. Mag. Gerlinde Riedl: Mailath: Wienbibliothek erwirbt Vorlass Peter Rosei. Abgerufen am 22. Mai 2024.
  15. Archiv_RV_Sichtungsliste_140224 15. Februar 2024 Dokument. Abgerufen am 22. Mai 2024.