„Krakauer Auschwitzprozess“ – Versionsunterschied
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Im '''Krakauer Auschwitzprozess''' waren 40 frühere [[Schutzstaffel|SS]]-Wächter des Konzentrations- und Vernichtungslagerkomplexes [[KZ Auschwitz|Auschwitz]] angeklagt. Der Prozess fand in [[Krakau]] (poln. Kraków), [[Polen]], vor dem [[Oberstes Nationales Tribunal Polens|Obersten Nationalen Tribunal Polens]] statt. Er begann am 24. November 1947 und endete am 22. Dezember 1947 mit dem Urteil. Das Verfahren war durch die von [[Jan Sehn]] geleitete Krakauer Bezirkskommission zur Untersuchung der deutschen Verbrechen vorbereitet worden. Den Vorsitz im Prozess hatte Richter Alfred Eimer, der im März 1947 den Prozess gegen [[Rudolf Höß]] in Warschau geleitet hatte.<ref>{{Literatur |Autor=Sybille Steinbacher |Titel=Auschwitz: Geschichte und Nachgeschichte |Verlag=C.H.Beck |Datum=2015 |ISBN=978-3-406-67628-4 |Online=https://books.google.de/books?id=-f0uBgAAQBAJ&pg=PA109&lpg=PA109&dq=%22alfred+eimer%22+1947&source=bl&ots=Yik6dsphcE&sig=ACfU3U0yRFO174A5YnmMWhpljeoIwrpzzg&hl=de&sa=X&ved=2ahUKEwji0onP28LqAhUyxKYKHX3ECqgQ6AEwAHoECEwQAQ#v=onepage&q=%22alfred%20eimer%22%201947&f=false |Abruf=2020-07-10}}</ref> 23 Angeklagte wurden zum Tode verurteilt (zwei wurden anschließend begnadigt), 16 erhielten Haftstrafen, einer wurde freigesprochen. |
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Der '''Krakauer Auschwitzprozess''' begann am 24. November 1947 in [[Krakau]] (poln. Kraków), Polen, gegen 40 frühere [[Schutzstaffel|SS]]-Wächter des [[KZ Auschwitz]] im Komplex der deutschen Todes-, Arbeits- und Konzentrationslager bei Krakau. Das Verfahren vor dem [[Oberstes Nationales Tribunal Polens|Obersten Nationalen Tribunal Polens]] endete am 22. Dezember 1947. |
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== Angeklagte == |
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Bekannte Angeklagte waren [[Arthur Liebehenschel]], früherer Kommandant; [[Maria Mandl]], Oberaufseherin des Frauen-Konzentrationslagers in Auschwitz-Birkenau ab September 1942 (außer ihr waren noch vier Aufseherinnen angeklagt) und der SS-Arzt [[Johann Paul Kremer]], bekannt unter anderem durch sein Tagebuch aus dem Jahr 1942. |
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Mit [[Arthur Liebehenschel]] stand einer der drei Kommandanten des Lagers Auschwitz in diesem Verfahren vor Gericht. Er galt im Vergleich zu seinem Vorgänger [[Rudolf Höß]] und seinem Nachfolger [[Richard Baer]] als gemäßigter Führer, der die Zustände im Lager besserte und Strafen abschaffte. Die weiteren Hauptangeklagten [[Maximilian Grabner]], der berüchtigte Chef der Politischen Abteilung, Lagerführer [[Hans Aumeier]] und die Oberaufseherin des Frauenlagers [[Maria Mandl]] hingegen galten als Schrecken der Häftlinge; sie konnten unzähliger Morde von eigener Hand überführt werden. |
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Weitere prominente Angeklagte waren der Chef der Krematorien und Gaskammern [[Erich Mußfeldt]], die Blockführer des [[Block 11 (KZ Auschwitz)|Todesblocks 11]] mit der [[Schwarze Wand (KZ Auschwitz)|Schwarzen Wand]], [[Wilhelm Gehring]] und Kurt Hugo Müller, die Lager- und Rapportführer [[Fritz Buntrock]], [[Ludwig Plagge]] und [[Otto Lätsch]] sowie die aufgrund ihrer Brutalität gefürchteten Aufseherinnen [[Therese Brandl]], [[Alice Orlowski]], [[Luise Danz]] und [[Hildegard Lächert]], genannt die „blutige Brigitte“. |
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Die Anklageerhebung in diesem Verfahren vor dem Nationalen obersten Gericht (polnisch ''Najwyższy Trybunał Narodowy'', NTN, errichtet am 22. Januar 1946 zur Verurteilung von [[Kriegsverbrechen]]) wurde durch das [[Instytut Pamięci Narodowej|Institut für Nationales Gedenken]] in [[Kattowitz]] (poln. Katowice) vorbereitet. Die Ergebnisse des Verfahrens wurden später in der [[Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen|Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen]] in der Bundesrepublik Deutschland weiter verwendet. |
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Der Universitätsprofessor [[Johann Paul Kremer]] wurde für die Selektion von fast 50.000 Menschen zur Tötung in den Gaskammern binnen weniger Monate, die er in seinem Tagebuch auch selbst beschrieb, zum Tod am Strang verurteilt, jedoch am Tag der Hinrichtung aufgrund seines Alters zu lebenslanger Haft begnadigt.<ref>{{Literatur |Autor=Ernst Klee |Titel=Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. |Auflage=1 |Verlag=S. Fischer |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2013 |ISBN=978-3-10-039333-3 |Seiten=236}}</ref> Sein Kollege [[Hans Münch (Mediziner)|Hans Münch]] hatte sich dem Rampen- und Gaskammerdienst entziehen können und verbuchte positive Zeugenaussagen für sich; er wurde als einziger Angeklagter freigesprochen. |
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[[Arthur Breitwieser]] und [[Hans Koch (SS-Mitglied)|Hans Koch]] waren [[Sanitätswesen (KZ)|Sanitätsdienstgrade]] (SDG) gewesen. Aufgabe der SDG war weniger die medizinische Versorgung der Häftlinge als ihre Tötung. Seit Beginn der massenweisen Vergasung von Menschen im Frühjahr 1942 fiel ihnen die Aufgabe zu, das gebundene [[Zyklon B]] in die Öffnungen der jeweiligen [[Gaskammern und Krematorien der Konzentrationslager Auschwitz|Gaskammern]] zu kippen. Sie waren damit das letzte und tödlichste Glied der langen Kette von Tätern des [[Holocaust]]. Gegen Arthur Breitwieser wurde zunächst die Todesstrafe verhängt, zunehmende Zweifel ob seiner Beteiligung an den Vergasungen führten jedoch zur Begnadigung. Hans Koch machte gesundheitliche Probleme während seiner Einsätze geltend und wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. |
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Neben Tätern, die den Häftlingen bekannt geworden waren, fanden sich auch bürokratisch im Hintergrund wirkende Männer auf der Anklagebank wieder, so der Rechnungsführer Richard Schröder, der Waffenmeister Karl Seufert und der Kommandanturspieß Detlef Nebbe. |
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|Führer des Desinfektions- und Vergasungskommandos |
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|15 Jahre Haftstrafe, Entlassung 19. Dezember 1956 |
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|15 Jahre Haftstrafe, verstorben in Haft 11. Oktober 1949 |
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|Richard Schröder |
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|Rechnungsführer der Standortverwaltung |
|Rechnungsführer der Standortverwaltung |
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|[[Erich Dinges]] |
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|Mitglied der Fahrbereitschaft |
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|5 Jahre Haftstrafe, Entlassung |
|5 Jahre Haftstrafe, Entlassung 1953 |
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|[[Karl Jeschke]] |
|[[Karl Jeschke]] |
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|Wachmann |
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|3 Jahre Haftstrafe, Entlassung 18. April 1950 |
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|[[Hans Münch]] |
|[[Hans Münch (Mediziner)|Hans Münch]] |
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|[[KZ-Arzt|Lagerarzt]] |
|[[KZ-Arzt|Lagerarzt]] |
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|[[Freispruch]] |
|[[Freispruch]] |
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== Schicksal der Verurteilten == |
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== Vollstreckungen == |
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Die Hinrichtungen wurden am 24. Januar 1948 im Krakauer [[Gefängnis Montelupich]] durch [[Hängen|Erhängen]] vollzogen. |
Von den 23 Todesurteilen wurden 21 vollstreckt. Die Hinrichtungen wurden am 24. Januar 1948 im Krakauer [[Gefängnis Montelupich]] durch [[Hängen|Erhängen]] vollzogen. Zwei Todesurteile wurden in lebenslange Haftstrafen umgewandelt. |
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Vier der Inhaftierten starben während ihres Gefängnisaufenthalts, aller Wahrscheinlichkeit nach an [[Tuberkulose]]. Die anderen zu Haftstrafen verurteilten bzw. begnadigten SS-Leute wurden spätestens 1959 entlassen und nach Deutschland abgeschoben, wo sie mitunter erneut gerichtlich belangt wurden.<ref>{{Literatur |Autor=Ernst Klee |Titel=Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage=1 |Verlag=S. Fischer |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2013 |ISBN=978-3-10-039333-3 |Seiten=93, 224, 273}}</ref> |
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== Zeugen (Auswahl) == |
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== Bedeutung == |
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Der Krakauer Auschwitzprozess gilt als der erste [[Auschwitzprozesse|Auschwitzprozess]]. Allerdings waren schon beim ersten [[Bergen-Belsen-Prozess]] (17. September bis 17. November 1945 in [[Lüneburg]]) Verbrechen im KZ Auschwitz angeklagt worden, da einige der Angeklagten vor ihrem Einsatz im [[KZ Bergen-Belsen]] im KZ Auschwitz tätig gewesen waren. |
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Der Krakauer Auschwitzprozess diente als Vorbild für zahlreiche ähnliche Verfahren gegen hunderte ehemalige SS-Angehörige, die in den ersten Nachkriegsjahren in Polen, vornehmlich in Krakau und [[Wadowice]], stattfanden.<ref>{{Literatur |Autor=Ernst Klee |Titel=Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. |Auflage=1 |Verlag=S. Fischer |Ort=Frankfurt am Main |Datum=2013 |ISBN=978-3-10-039333-3 |Seiten=213}}</ref> Die Ergebnisse dieser Verfahren wurden später von der [[Zentrale Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen|Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen]] in der Bundesrepublik Deutschland ausgewertet und für den ersten [[Frankfurter Auschwitz-Prozess|Frankfurter Auschwitzprozess]] (1963–1965) verwendet. |
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== Siehe auch == |
== Siehe auch == |
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* [[Auschwitzprozesse]] |
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* Die 13 [[Nürnberger Prozesse]] vor dem Internationalen Militärgerichtshof von November 1945 bis 1948 |
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* [[Nürnberger Prozesse]] (1945 bis 1949) |
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* Der erste [[Bergen-Belsen-Prozess]] vor einem britischen [[Militärgericht]] in [[Lüneburg]] gegen das Führungspersonal des [[KZ Bergen-Belsen]] vom 17. September bis 17. November 1945. Da ein Teil der Angeklagten zuvor im KZ Auschwitz tätig war, wurde bei diesen die Anklage neben der Verhandlung der Verbrechen in Bergen-Belsen auch auf die Verbrechen im KZ Auschwitz ausgedehnt. Daher kann dieser Prozess auch als ein erster Auschwitz-Prozess bezeichnet werden. |
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* Der [[Rudolf Höß|Höß-Prozess]] (11.–29. März 1947 in Warschau, Polen); gegen den ehemaligen SS-Kommandanten Rudolf Höß ebenfalls vor dem Nationalen obersten Gericht (pl. NTN) |
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* Sechs deutsche [[Auschwitzprozesse|Frankfurter Auschwitzprozesse]] (1963/1965 der 1. und 1965/1966 der 2. Auschwitzprozess sowie 4 Nachfolgeprozesse in den 1970er-Jahren) |
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== Literatur == |
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== Weblinks == |
== Weblinks == |
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* [http://www.sonderkommando.info/proces/cracovie/accuses/index.html Fotos der Angeklagten] |
* [http://www.sonderkommando.info/proces/cracovie/accuses/index.html Fotos der Angeklagten] |
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== Einzelnachweise == |
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<references /> |
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[[Kategorie:NS-Prozess]] |
[[Kategorie:NS-Prozess]] |
Aktuelle Version vom 13. Juni 2024, 10:38 Uhr
![](https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/thumb/9/94/Auschwitz_Trial_1947_2.tiff/lossy-page1-220px-Auschwitz_Trial_1947_2.tiff.jpg)
Im Krakauer Auschwitzprozess waren 40 frühere SS-Wächter des Konzentrations- und Vernichtungslagerkomplexes Auschwitz angeklagt. Der Prozess fand in Krakau (poln. Kraków), Polen, vor dem Obersten Nationalen Tribunal Polens statt. Er begann am 24. November 1947 und endete am 22. Dezember 1947 mit dem Urteil. Das Verfahren war durch die von Jan Sehn geleitete Krakauer Bezirkskommission zur Untersuchung der deutschen Verbrechen vorbereitet worden. Den Vorsitz im Prozess hatte Richter Alfred Eimer, der im März 1947 den Prozess gegen Rudolf Höß in Warschau geleitet hatte.[1] 23 Angeklagte wurden zum Tode verurteilt (zwei wurden anschließend begnadigt), 16 erhielten Haftstrafen, einer wurde freigesprochen.
Angeklagte
Mit Arthur Liebehenschel stand einer der drei Kommandanten des Lagers Auschwitz in diesem Verfahren vor Gericht. Er galt im Vergleich zu seinem Vorgänger Rudolf Höß und seinem Nachfolger Richard Baer als gemäßigter Führer, der die Zustände im Lager besserte und Strafen abschaffte. Die weiteren Hauptangeklagten Maximilian Grabner, der berüchtigte Chef der Politischen Abteilung, Lagerführer Hans Aumeier und die Oberaufseherin des Frauenlagers Maria Mandl hingegen galten als Schrecken der Häftlinge; sie konnten unzähliger Morde von eigener Hand überführt werden.
Weitere prominente Angeklagte waren der Chef der Krematorien und Gaskammern Erich Mußfeldt, die Blockführer des Todesblocks 11 mit der Schwarzen Wand, Wilhelm Gehring und Kurt Hugo Müller, die Lager- und Rapportführer Fritz Buntrock, Ludwig Plagge und Otto Lätsch sowie die aufgrund ihrer Brutalität gefürchteten Aufseherinnen Therese Brandl, Alice Orlowski, Luise Danz und Hildegard Lächert, genannt die „blutige Brigitte“.
Der Universitätsprofessor Johann Paul Kremer wurde für die Selektion von fast 50.000 Menschen zur Tötung in den Gaskammern binnen weniger Monate, die er in seinem Tagebuch auch selbst beschrieb, zum Tod am Strang verurteilt, jedoch am Tag der Hinrichtung aufgrund seines Alters zu lebenslanger Haft begnadigt.[2] Sein Kollege Hans Münch hatte sich dem Rampen- und Gaskammerdienst entziehen können und verbuchte positive Zeugenaussagen für sich; er wurde als einziger Angeklagter freigesprochen.
Arthur Breitwieser und Hans Koch waren Sanitätsdienstgrade (SDG) gewesen. Aufgabe der SDG war weniger die medizinische Versorgung der Häftlinge als ihre Tötung. Seit Beginn der massenweisen Vergasung von Menschen im Frühjahr 1942 fiel ihnen die Aufgabe zu, das gebundene Zyklon B in die Öffnungen der jeweiligen Gaskammern zu kippen. Sie waren damit das letzte und tödlichste Glied der langen Kette von Tätern des Holocaust. Gegen Arthur Breitwieser wurde zunächst die Todesstrafe verhängt, zunehmende Zweifel ob seiner Beteiligung an den Vergasungen führten jedoch zur Begnadigung. Hans Koch machte gesundheitliche Probleme während seiner Einsätze geltend und wurde zu lebenslanger Haft verurteilt.
Neben Tätern, die den Häftlingen bekannt geworden waren, fanden sich auch bürokratisch im Hintergrund wirkende Männer auf der Anklagebank wieder, so der Rechnungsführer Richard Schröder, der Waffenmeister Karl Seufert und der Kommandanturspieß Detlef Nebbe.
Die 40 Urteile im Einzelnen
Angeklagter | Funktion | Urteil |
---|---|---|
Arthur Liebehenschel | Lagerkommandant im Stammlager des KZ Auschwitz | Todesurteil, hingerichtet 24. Januar 1948 |
Maria Mandl | Oberaufseherin | |
Hans Aumeier | Schutzhaftlagerführer | |
August Bogusch | Blockführer | |
Therese Brandl | Aufseherin | |
Fritz Buntrock | Rapportführer | |
Wilhelm Gehring | Blockführer in Block 11 | |
Paul Götze | Blockführer | |
Maximilian Grabner | Leiter der Politischen Abteilung | |
Heinrich Josten | Kommandeur der Wachmannschaft | |
Hermann Kirschner | Blockführer | |
Josef Kollmer | Kommandeur der Wachmannschaft | |
Franz Kraus | Verwaltungsführer | |
Otto Lätsch | Lagerführer Gleiwitz IV | |
Herbert Ludwig | Blockführer | |
Karl Möckel | Chef der Standortverwaltung | |
Kurt Hugo Müller | Blockführer in Block 11 | |
Erich Mußfeldt | Leiter der Krematorien | |
Ludwig Plagge | Rapportführer | |
Hans Schumacher | Mitglied der Standortverwaltung | |
Paul Szczurek | Blockführer und Kommandoführer | |
Arthur Breitwieser | SS-Sanitätsdienstgrad (SDG) | Todesurteil, begnadigt zu lebenslanger Haft, Entlassung 18. Januar 1959 |
Johann Paul Kremer | Lagerarzt | Todesurteil, begnadigt zu lebenslanger Haft, Entlassung 9. Januar 1958 |
Luise Danz | Aufseherin | lebenslange Haftstrafe, Entlassung 20. August 1957 |
Hans Koch | Führer des Desinfektions- und Vergasungskommandos | lebenslange Haftstrafe, verstorben in Haft 14. Juli 1955 |
Anton Lechner | Angehöriger der Standortverwaltung | lebenslange Haftstrafe, Entlassung 1957 |
Adolf Medefind | stellv. Leiter des Verpflegungsmagazins | lebenslange Haftstrafe, verstorben in Haft 8. August 1948 |
Detlef Nebbe | Spieß der Kommandantur | lebenslange Haftstrafe, Entlassung 24. Oktober 1956 |
Karl Seufert | Leiter der Abteilung Waffen und Geräte | lebenslange Haftstrafe, Entlassung 2. November 1957 |
Alexander Bülow | Blockführer | 15 Jahre Haftstrafe, Entlassung 1956 |
Hans Hoffmann | Mitglied der Politischen Abteilung | 15 Jahre Haftstrafe, Entlassung 28. Juli 1956 |
Hildegard Lächert | Aufseherin | 15 Jahre Haftstrafe, Entlassung 1956 |
Eduard Lorenz | stellvertretender Leiter der Fahrbereitschaft | 15 Jahre Haftstrafe, Entlassung 8. Dezember 1955 |
Alice Orlowski | Aufseherin | 15 Jahre Haftstrafe, Entlassung 19. Dezember 1956 |
Franz Romeikat | Mitglied der Standortverwaltung | 15 Jahre Haftstrafe, Entlassung 25. Juni 1956 |
Johannes Weber | Leiter von Häftlingsküchen | 15 Jahre Haftstrafe, verstorben in Haft 11. Oktober 1949 |
Richard Schröder | Rechnungsführer der Standortverwaltung | 10 Jahre Haftstrafe, Entlassung 1953 |
Erich Dinges | Mitglied der Fahrbereitschaft | 5 Jahre Haftstrafe, Entlassung 1953 |
Karl Jeschke | Wachmann | 3 Jahre Haftstrafe, Entlassung 18. April 1950 |
Hans Münch | Lagerarzt | Freispruch |
Schicksal der Verurteilten
Von den 23 Todesurteilen wurden 21 vollstreckt. Die Hinrichtungen wurden am 24. Januar 1948 im Krakauer Gefängnis Montelupich durch Erhängen vollzogen. Zwei Todesurteile wurden in lebenslange Haftstrafen umgewandelt.
Vier der Inhaftierten starben während ihres Gefängnisaufenthalts, aller Wahrscheinlichkeit nach an Tuberkulose. Die anderen zu Haftstrafen verurteilten bzw. begnadigten SS-Leute wurden spätestens 1959 entlassen und nach Deutschland abgeschoben, wo sie mitunter erneut gerichtlich belangt wurden.[3]
Bedeutung
Der Krakauer Auschwitzprozess gilt als der erste Auschwitzprozess. Allerdings waren schon beim ersten Bergen-Belsen-Prozess (17. September bis 17. November 1945 in Lüneburg) Verbrechen im KZ Auschwitz angeklagt worden, da einige der Angeklagten vor ihrem Einsatz im KZ Bergen-Belsen im KZ Auschwitz tätig gewesen waren.
Der Krakauer Auschwitzprozess diente als Vorbild für zahlreiche ähnliche Verfahren gegen hunderte ehemalige SS-Angehörige, die in den ersten Nachkriegsjahren in Polen, vornehmlich in Krakau und Wadowice, stattfanden.[4] Die Ergebnisse dieser Verfahren wurden später von der Zentralen Stelle der Landesjustizverwaltungen zur Aufklärung nationalsozialistischer Verbrechen in der Bundesrepublik Deutschland ausgewertet und für den ersten Frankfurter Auschwitzprozess (1963–1965) verwendet.
Siehe auch
- Auschwitzprozesse
- Nürnberger Prozesse (1945 bis 1949)
- Józef Szajna (einer der Zeugen)
Literatur
- Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-039333-3. (Kurzbiografien der Angeklagten)
Weblinks
Einzelnachweise
- ↑ Sybille Steinbacher: Auschwitz: Geschichte und Nachgeschichte. C.H.Beck, 2015, ISBN 978-3-406-67628-4 (google.de [abgerufen am 10. Juli 2020]).
- ↑ Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. 1. Auflage. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-039333-3, S. 236.
- ↑ Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. 1. Auflage. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-039333-3, S. 93, 224, 273.
- ↑ Ernst Klee: Auschwitz. Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde. Ein Personenlexikon. 1. Auflage. S. Fischer, Frankfurt am Main 2013, ISBN 978-3-10-039333-3, S. 213.