Vincent Bolloré

Vincent Bolloré (2013)

Vincent Bolloré (* 1. April 1952 in Boulogne-Billancourt) ist ein rechtskonservativer französischer Geschäftsmann, Industrieller, Corporate Raider und Medienmogul.

Biografie

Vincent Bolloré stammt aus einer wohlhabenden bretonischen Familie. Er hat einen Bachelor of Laws der Universität Paris-Nanterre. Seine berufliche Karriere begann er danach als Trainee bei der Investmentbank Edmond Rothschild. Später übernahm er die Leitung des im Besitz der Familie befindlichen Mischkonzerns Bolloré. Der Konzern ist unter anderem auf den Geschäftsfeldern Logistik (insbesondere Seefracht und Afrikahandel), Papierindustrie, Werbung, Medien und Mineralölwirtschaft tätig.

Die Zeitung Die Welt beschrieb seine Aktivitäten als Corporate Raider (sogenannte „Heuschrecke“) einmal mit den Worten: „der am meisten gefürchtete Investor Frankreichs“, „gilt als skrupellos, als Meister der Verunsicherung“. Vincent Bolloré war unter anderem im französischen Baukonzern Bouygues engagiert, wo er für die Auswechslung des Firmenchefs sorgte, bevor er seine Beteiligung unter Gewinn wieder abstieß. 2004 stieg Bolloré bei der zweitgrößten französischen und weltweit sechstgrößten Werbeagentur Havas ein und wurde größter Anteilseigner. 2005 gründete er den Fernsehsender Direct 8 und erwarb Anteile an dem britischen Marktforschungs- und Mediaplanungsunternehmen Aegis Group, die inzwischen (Stand Juli 2006) auf 29 % anwuchsen. Im Juni 2006 gründet er die Gratiszeitung Direct Soir.

Im Mai 2007 geriet der frischgewählte französische Staatspräsident Nicolas Sarkozy wegen Vorteilsannahme in die öffentliche Kritik, da er auf Einladung und privat finanziert von Vincent Bolloré, direkt nach seiner Wahl und noch vor seinem Amtsantritt, einen Privatjet Bollorés auf dessen Kosten benutzte und eine Malta-Kreuzfahrt auf einer seiner Luxusyachten, der Paloma, antrat. Sarkozy über Bolloré: „Ich wünsche der französischen Wirtschaft viele wie Vincent Bolloré.“[1]

Vincent Bolloré wird auf der im März 2013 veröffentlichten Liste der reichsten Menschen der Welt des Forbes Magazine an Position 329 aufgeführt, mit einem geschätzten Vermögen von 4 Milliarden US-Dollar.[2] Im Jahr 2013 ist Vincent Bolloré der achtreichste Franzose. 2014 beschloss er als Präsident von Vivendi, in das italienische Telekommunikationsunternehmen Telecom Italia und in den italienischen Sender Mediaset zu investieren, der von der Holdinggesellschaft Fininvest der Familie Berlusconi kontrolliert wird.[3]

Die Bolloré-Gruppe hat auch wichtige Positionen in den Volkswirtschaften mehrerer ehemaliger französischer Kolonien in Afrika (insbesondere Elfenbeinküste, Gabun, Kamerun und Kongo).[4][5][6] Am 24. April 2018 wurde Bolloré wegen Befragung über die wahrgenommenen Zusammenhänge zwischen Abzinsungssätzen für politische Beratung (über Havas) und Hafenkonzessionen in Lomé, Togo und Conakry, Guinea, in Gewahrsam genommen. Anschließend wurde er wegen „Korruption ausländischer Agenten“, „Fälschung von Dokumenten“ und „Mittäterschaft bei Vertrauensbruch“ angeklagt.[7][8][9] Wenn er für schuldig befunden wird, könnte er mit einer Höchststrafe von 1 Million Euro und einer Freiheitsstrafe von bis zu 10 Jahren rechnen.[10] Nach einem Teil-Schuldeingeständnis bestätigte am 21. März 2023 die Untersuchungskammer des Pariser Berufungsgerichts, die von der Verteidigung von Vincent Bolloré angerufen wurde, der die Einstellung der Ermittlungen und die Anklageerhebung gegen seinen Mandanten beantragte, dass dieser wegen dieser Korruption einem Richter vorgeführt wird. Das Schuldeingeständnis von Vincent Bolloré, der hiermit glaubte, einem Urteil zu entgehen, wurde aus der Akte genommen.[11]

Infolge des Börsengangs der Universal Music Group an der Euronext Amsterdam hielt Bolloré im Jahr 2022 18 Prozent der UMG-Aktien.[12]

Bolloré hat als Medienmogul maßgeblich die Präsidentschaftskandidatur des rechtsextremen Eric Zemmour 2022 ermöglicht und wird von manchen Journalisten für die angebliche Nutzung seiner Machtfülle im Medienbereich für Eigeninteressen kritisiert.[13]

2021 hat Vincent Bolloré die Sonntagszeitung Le Journal du Dimanche übernommen.[14] Im Sommer 2023, entschied er, dass Geoffroy Lejeune, der frühere Chefredakteur des als islamkritisch und politisch rechts geltenden Blattes Valeurs Actuelles, Chefredakteur des JDD wird. Daraufhin trat die Redaktion in einen Streik, der sechs Wochen andauerte.[15] Da die Geschäftsleitung nicht nachgab und Lejeune sein Amt im August antrat, entschieden sich zahlreiche Redakteure, die Zeitung zu verlassen. In Verhandlungen mit der Geschäftsleitung konnte erreicht werden, dass diejenigen, die gehen wollen, eine Abfindung bekommen werden.

Im vorgezogenen Wahlkampf zu den Parlamentswahlen in Frankreich 2024 untersagte Bolloré den von ihm kontrollierten Medien, den Rassemblement National als rechtsextrem zu bezeichnen.[16]

Er ist geschieden und hat vier Kinder.[17]

Hörfunkbeiträge

Literatur (Auswahl)

  • Nathalie Raulin, Renaud Lecadre: Vincent Bolloré: enquête sur un capitaliste au-dessus de tout soupçon. Paris: Denoël, 2000, ISBN 978-2-207-24946-8
  • Pierre Caminade (Hrsg.): Bolloré: monopoles services compris: tentacules africains. Dossiers noirs de la politique africaine de la France; 15. Paris: L'Harmattan, 2000. ISBN 2-7384-9632-6
  • Leo Klimm: Ihr Pate und seine Hetzer. In: Der Spiegel. 6. Juli 2024, S. 70.
Commons: Vincent Bolloré – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Wirbel um Sarkozys Milliardärsferien. In: Der Spiegel. 9. Mai 2007 (online [abgerufen am 25. September 2007]).
  2. Vincent Bolloré & family. In: forbes.com. 15. Februar 2024, abgerufen am 16. Februar 2024 (englisch).
  3. Vincent Bolloré. The New King of the European Media. 25. Februar 2016, abgerufen am 12. Mai 2022 (italienisch).
  4. Martine Orange: Enquête sur la face cachée de l'empire Bolloré. Abgerufen am 12. Mai 2022 (französisch).
  5. Thomas Deltombe: Port, rail, plantations : le triste bilan de Bolloré au Cameroun. 1. April 2009, abgerufen am 12. Mai 2022 (französisch).
  6. Fanny Pigeaud: Les Camerounais exploités des palmeraies de Bolloré. Abgerufen am 12. Mai 2022 (französisch).
  7. Renate Birk: Milliardär Vincent Bolloré festgenommen. 24. April 2018, abgerufen am 12. Mai 2022.
  8. Concessions portuaires en Afrique : Vincent Bolloré mis en examen. In: Le Monde.fr. 25. April 2018 (lemonde.fr [abgerufen am 12. Mai 2022]).
  9. Prix Albert-Londres 2017 - Vincent Bolloré, un ami qui vous veut du bien ? - 21 juillet 2016 | Ghostarchive. Abgerufen am 12. Mai 2022.
  10. Mis en examen, que risque Vincent Bolloré ? Abgerufen am 12. Mai 2022 (französisch).
  11. François Desprez: L'application de la comparution sur reconnaissance préalable de culpabilité à Nîmes et Béziers. Au regard du principe de judiciarité. In: Archives de politique criminelle. n° 29, Nr. 1, 2007, ISSN 0242-5637, S. 145, doi:10.3917/apc.029.0145 (wikiwix.com [abgerufen am 9. Juni 2023]).
  12. Universal hits massive valuation of $54bn as it lists on Amsterdam Stock Exchange. 21. September 2021, abgerufen am 12. Mai 2022 (amerikanisches Englisch).
  13. tagesschau.de: Vincent Bolloré: Frankreichs mächtiger Medienmogul. Abgerufen am 10. November 2022.
  14. Vu du Royaume-Uni. „JDD“, „Paris Match“ et l’emprise toujours plus forte de Bolloré sur les médias français. In: Courrier international, 25. Oktober 2021.
  15. Eine „leere Redaktion“ nach mehreren Wochen Streik. In: tagesschau.de, 1. August 2023.
  16. Stefanie Markert: Wahlkampf in Frankreich: Wie rechte Medien Le Pens Partei stärken. In: tagesschau.de. 5. Juli 2024, abgerufen am 5. Juli 2024.
  17. Vincent Bolloré : Quand le puissant patron a quitté sa femme pour... sa belle-soeur. Abgerufen am 10. November 2022 (französisch).