Coleman Barracks

Coleman Army Airfield
Fliegerhorst Sandhofen
Militärhubschrauber auf dem Coleman Airfield 1997
Kenndaten
ICAO-CodeETOR
FlugplatztypMilitärflugplatz
Koordinaten

49° 33′ 36″ N, 8° 27′ 59″ OKoordinaten: 49° 33′ 36″ N, 8° 27′ 59″ O

Höhe über MSL94 m  (308 ft)
Verkehrsanbindung
Entfernung vom Stadtzentrum10 km nördlich von Mannheim
StraßeA6 B44
Basisdaten
Eröffnung1935
Schließung2013 (als Flugplatz)
BetreiberUS Army
Start- und Landebahn
05/23916 m × 23 m Asphalt

Die Coleman Barracks sind eine US-amerikanische Kaserne mit Militärflugplatz (Coleman Army Airfield, IATA-Code: ETOR) im Norden Mannheims, in der Nähe des Stadtteils Sandhofen auf der Gemarkung Scharhof. Sie gehörte zur inzwischen aufgelösten US-Garnison Mannheim (mittlerweile zur US-Garnison Rheinland-Pfalz) und ist die letzte von den US-Streitkräften in Mannheim genutzte Liegenschaft. 2015 waren auf dem ca. 220 ha großen Areal 1200 Fahrzeuge und Gerätschaften, darunter 250 Panzer, eingelagert.[1]

Geschichte

Fliegerhorst Sandhofen

Luftschiffwerft

Luftschiff SL 2

Während des Ersten Weltkrieges gab es die Fertigung von Zeppelinen in Sandhofen. Die Schütte-Lanz-Werke betrieben eine Luftschiffwerft in der Schütte-Lanz-Militärluftschiffe gebaut wurden. Zusätzlich gab es einen Flugplatz und die Luftschifferkaserne der Kaiserlichen Luftstreitkräfte.[2]
Siehe auch Liste der Schütte-Lanz-Luftschiffe.

Fliegerhorst der Wehrmacht

Nördlich von Sandhofen entstand durch die Aufrüstung der Wehrmacht 1935 der Fliegerhorst Sandhofen der Luftwaffe. Die folgende Tabelle zeigt eine Auflistung einiger fliegender aktiver Einheiten (ohne Schul- und Ergänzungsverbände) die hier zwischen 1937 und 1945 stationiert waren.[3]

VonBisEinheitAusrüstung
März 1937Oktober 1938II./JG 334 (II. Gruppe des Jagdgeschwaders 334)Arado Ar 68E, Heinkel He 51, Messerschmitt Bf 109B, Messerschmitt Bf 109D
Juli 1938Oktober 1938III./JG 334Arado Ar 68E, Messerschmitt Bf 109D
November 1938April 1939II./JG 133Messerschmitt Bf 109D, Messerschmitt Bf 109E
Oktober 1939März 1940I./JG 51Messerschmitt Bf 109E
Oktober 1939Mai 1940Stab/JG 52Messerschmitt Bf 109E
November 1939Mai 1940V.(Z)/LG 1 (V. Gruppe des Lehrgeschwaders 1)Messerschmitt Bf 110C, Messerschmitt Bf 110D
Juni 1940Juli 1940IV.(Stuka)/LG 1Junkers Ju 87B
Dezember 1940Februar 1941II., III./JG 51Messerschmitt Bf 109E, Messerschmitt Bf 109F
Februar 1941Mai 1941Stab, I./JG 3Messerschmitt Bf 109E
Mai 1941September 1941Stab, I./JG 53Messerschmitt Bf 109F
Juni 1943Juni 1943I./KG 77Junkers Ju 88A-4

Nach dem Krieg

Die US-Armee rückte vom 26. bis 29. März 1945 auf den Fliegerhorst vor, besetzte ihn und nannte ihn vorläufig Advanced Landing Ground Y-79 Mannheim/Sandhofen. Man baute eine gewaltige Zeltstadt auf und richtete etliche Gebäude wieder her. In vier Tagen wurde das Flugfeld wieder flugtauglich gemacht und die erste fliegende Einheit, die 358th Tactical Fighter Group mit North American P-51 Mustang und Lockheed P-38 Lightning, wurde dorthin verlegt. Die Zeltstadt wurde immer größer und entwickelte sich zu einem Durchgangslager für Material und Personal für ganz Deutschland.

Der ALG Y-79 verfügte über eine exzellente und nicht durch den Krieg zerstörte Infrastruktur, direkte Schienenanbindung, den Rhein als Wasserstraße, Flugplatz und Autobahnanbindung nach Frankfurt und Heidelberg. Ab August 1945 hieß der Flugplatz wieder Mannheim/Sandhofen.

Coleman Barracks und Airfield

Das Flugfeld wurde abgegrenzt und am 11. Mai 1951 wurden aus Mannheim/Sandhofen die heutige Coleman Barracks und das Flugfeld Coleman Army Airfield (Coleman AAF).

Im Jahr 1951 wurden Vorkriegsgebäude wieder hergerichtet, der Haupteingang umgebaut und direkt neben der Autobahn wurden 40 neue Unterkünfte gebaut. Die US-Armee hatte beschlossen, den Flugplatz zu einem großen Stützpunkt für Panzer- und Transporteinheiten auszubauen.

Lieutenant Colonel Wilson D. Coleman, nach dem die Kaserne benannt wurde, hatte am 30. Juli 1944 in Saint-Denis, Frankreich, besondere Tapferkeit vor dem Feind bewiesen, indem er, bevor er fiel, alleine eine komplette deutsche Panzerkolonne mit seiner Panzerfaust aufhielt. Dafür bekam er posthum das Distinguished Service Cross verliehen und wurde am 25. Januar 1949 auf den Nationalfriedhof von Arlington, Virginia, umgebettet.[4] Mit der Namensgebung wurde Lieutenant Colonel Wilson D. Coleman posthum ein Denkmal gesetzt.

Am 23. Februar 1952 zogen dann Einheiten der 8. US-Infanteriedivision mit hunderten von Panzern und einer Stärke von 3500 Mann in die Kaserne ein. Die 8. US-Infanteriedivision wurde am 17. Januar 1992 bei einer feierlichen Zeremonie in Bad Kreuznach deaktiviert und die in Mannheim stationierten Einheiten wurden in die USA versetzt. In der Folgezeit wurden die Coleman Barracks zur größten und einzigen Hubschrauberwerft der United States Army außerhalb der USA. 1982 wurde eine riesige Werfthalle errichtet. Die betreute Einheit ist das 502nd Aviation Regiment. Zu Beginn der 1980er Jahre hatte Coleman mehr Flugbewegungen als irgendein anderes Flugfeld der US-Armee in Europa. In den späten 1980er Jahren wurde es dann ruhiger, die Infanterie verließ Coleman und Transporteinheiten der 37th Transportation zogen ein. 1996 und 1998 bis Anfang 2002 war keine fliegende Einheit und keine Flugsicherung vorhanden. Seit dem 23. Februar 2002 ist Coleman wieder aktiv. Die Hangars wurden renoviert und das Vorfeld wurde stark vergrößert. Ein neuer Tower, der größte und modernste der US-Armee in Europa, wurde gebaut. Coleman Radar, welcher die Anflug- und Abflugkontrolle für Coleman und die benachbarten Zivilflugplätze Flugplatz Mannheim City, Speyer und Worms durchführt[Beleg?], zog ein. Am 11. Juli 2013 wurde die bis dahin bestehende Kontrollzone des Militärflugplatzes aufgehoben.[5]

Einheiten und Einrichtungen

Die Senderkette American Forces Network (AFN) wurde zur Rundfunkversorgung der US-Soldaten in Europa gegründet. Die AFN-Europazentrale befand von 2004 bis 2013 in den Coleman Barracks. Sie war von Heidelberg und Frankfurt am Main nach Mannheim zusammengelegt worden. 2013 wurde die Europazentrale von den Coleman Barracks vorübergehend zur Ramstein Air Base verlegt, 2014 schließlich in die Sembach Kaserne.

Zu den Coleman-Barracks gehören noch zwei, nur durch eine öffentliche Straße abgetrennte Areale. Zum einen handelt es sich um ein zentrales Treibstofflager mit mehreren Benzin-, Kerosin- und Diesel-Großtanks, die so genannte „Tank-Farm“, und zum anderen um das BEQ-Unteroffizierswohnareal.

Zur Sicherung des Flugbetriebs unterhalten die amerikanischen Streitkräfte auf dem Gelände eine Feuerwehrstation, deren Fahrzeuge mitunter auch bei Bränden im zivilen Bereich ausrücken.

Militärgefängnis

Auf einem abgeteilten und besonders gesicherten Geländeabschnitt befand sich das einzige Militärgefängnis (Confinement Facility) der amerikanischen Streitkräfte in Europa. Im BND-Untersuchungsausschuss des Deutschen Bundestages kamen 2009 Vorwürfe zur Sprache, dass in diesem Gefängnis 2003 und 2006 Gefangene gefoltert wurden. Die Bundesanwaltschaft nahm keine Ermittlungen auf.[6]

Zukunft des Geländes

2010 hatte die US-Army angekündigt, sich bis 2015 komplett aus dem Rhein-Neckar-Gebiet zurückzuziehen. Die Rückgabe des ca. 220 ha großen Coleman-Areals wurde für Februar 2015 angekündigt. Da das Gelände Eigentum der Bundesrepublik ist, obliegt es nach der Rückgabe der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben die Konversionsfläche zu vermarkten.[7] Die Rückzugsankündigung löste Diskussionen über die Nachnutzung aus. Es wurden sehr unterschiedliche Vorstellungen und Interessen geäußert, von einer Seenlandschaft bis zum Verkehrsflughafen.

Das im Auftrag der Stadtverwaltung die Konversion in Mannheim steuernde Konversionsbüro führte öffentliche und nichtöffentliche Beteiligungsveranstaltungen durch, wo Bürger ihre Ideen darstellen und darüber mit Experten diskutieren konnten. Das Konversionsbüro selbst warb für ein Straßenlogistikzentrum zur Förderung des elektrischen Schwerlastverkehrs (Green Logistics).[8]

Das Regierungspräsidium Karlsruhe als höhere Naturschutzbehörde führte eine Biotopkartierung durch. Auf dem Gelände wurden über 160 gefährdete Tierarten gefunden. Das Regierungspräsidium regte an, rund 80 Hektar als Naturschutzgebiet auszuweisen.[9] Die Stadt wünschte sich Ende 2014, dieses Gebiet in das Nationale Naturerbe aufzunehmen. Dann würde der Bund das Gelände kostenlos zur Verfügung stellen. Das Land Baden-Württemberg stellte einen entsprechenden Antrag.[10]

Seit der völkerrechtswidrigen Annexion der ukrainischen Halbinsel Krim durch Russland im März 2014 hat sich die Sicherheitslage geändert. Mitte Januar 2015 wurde öffentlich, dass die US Army das Areal doch noch für mehrere Jahre benötigt. Damit sind die Konversionsplanungen obsolet.[11][12] Am 4. Mai 2015 begann der Wiederbezug des Geländes mit Einheiten der 16th Sustainment Brigade und 21st Theater Sustainment Command, ausgestattet mit M1-Abrams- und M2-Bradley-Panzern. Der wiederbelebte Stützpunkt solle für die schnelle Eingreifgruppe in Osteuropa dienen.[13] Da die Kosten von Materialtransporten aus den USA zu teuer sind, werden die Gerätschaften konserviert abgestellt, so dass sie auch ohne dauerhafte Mannschaften schnell zur Verfügung stehen. Die Mannschaften sollen im Bedarfsfall per Luftbrücke eingeflogen werden.[14][15]

Im April 2018 war in der Diskussion, auf dem zivilen Teil des Geländes ein zentrales Ankunftszentrum für Flüchtlinge (mit Unterbringungsmöglichkeit) einzurichten.[16] Es gab 2018 auch Pläne, das Gelände als Naturschutzgebiet auszuweisen.[17]

Im August 2021 wurde bekannt, dass die US Army das Gelände nun doch weiter nutzt.[18][19][20]

Seit April 2022 sind die Coleman Barracks[21] nach den Tower Barracks in Dülmen eines der zwei wichtigsten Drehkreuze für Material und militärisches Gerät der US Army zur Versorgung der ukrainischen Armee im Angriffskrieg Russlands.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. t-online.de: USA reaktivieren Militärlager in Europa - auch in Deutschland aufgerufen am 3. September 2015, vom 1. September 2015
  2. Zeitgeschichtliches Museum Mannheim (ZGMA), Schütte - Lanz Luftschifffahrt
  3. Henry L. deZeng IV: Luftwaffe Airfields 1935–45 Germany (1937 Borders), S. 425–427, abgerufen am 9. März 2020.
  4. Wilson Dudley Coleman Lieutenant Colonel, United States Army
  5. Deutsche Flugsicherung: Ausgewählte Berichtigungen zur Luftfahrtkarte ICAO In: Luftfahrthandbuch AIP GEN 0-19. 11. Juli 2013
  6. P. Blechschmidt: "Die Müllabfuhr trägt auch orangefarbene Overalls". In: sueddeutsche.de. 17. Mai 2010, abgerufen am 23. April 2017.
  7. Bundesanstalt für Immobilienaufgaben: Beschreibung der Coleman-Immobilie (Memento vom 23. Januar 2015 im Internet Archive)
  8. Konversionsbüro Stadt Mannheim: Präsentationen zu den Coleman Barracks (Memento vom 23. Januar 2015 im Internet Archive) abgerufen am 20. Mai 2023
  9. Naturschutzbund: Stellungnahme und Link zum Gutachten des Regierungspräsidiums (Memento vom 23. Januar 2015 im Internet Archive) abgerufen am 20. Mai 2023
  10. Stadt Mannheim: Baden-Württemberg beantragt Aufnahme in das "Nationale Naturerbe"
  11. Stadt Mannheim: Rückgabe verzögert sich
  12. Coleman-Barracks in Mannheim: Die Amerikaner bleiben länger - Mannhein - Nachrichten und Aktuelles - Rhein-Neckar-Zeitung. In: rnz.de. 21. November 2017, abgerufen am 3. März 2024.
  13. Stadt Mannheim: "US Army lädt zum Besuch auf Coleman ein", abgerufen am 27. September 2015
  14. Staff Sgt. Warren W. Wright Jr.: In Antwerpen entladene US-Panzer werden mit Binnenschiffen nach Mannheim transportiert. In: Luftpost-kl. 28. April 2015, abgerufen am 13. Juli 2015.
  15. Hardy Prothmann: Panzer und Ausrüstung im Rheinauer Hafen. In: Rheinneckarblog. 30. April 2015, abgerufen am 4. Mai 2015.
  16. Coleman-Baracks Mannheim: Kein Rückzug der US-Armee. Abgerufen am 6. Dezember 2018.
  17. Coleman - Pläne für ein neues Naturschutzgebiet | Mannheim.de. Abgerufen am 6. Dezember 2018.
  18. US-Army behält mehrere Standorte in Deutschland nun doch - Metropolregion. Abgerufen am 9. August 2021.
  19. Geänderte Anforderungen: US-Streitkräfte behalten sechs Liegenschaften in Deutschland und Belgien – Augen geradeaus! Abgerufen am 9. August 2021.
  20. spiegel.de
  21. SWR Aktuell: Mannheimer Coleman-Gelände als Drehscheibe im Ukraine-Konflikt. Abgerufen am 27. Januar 2023.