„Unwetter in der Schweiz im Juni 2024“ – Versionsunterschied

[gesichtete Version][gesichtete Version]
Inhalt gelöscht Inhalt hinzugefügt
Nichts in den Einzelnachweisen von mehreren Toten gefunden; Aussage entsprechend korrigiert
Zeile 1: Zeile 1:
{{Laufendes Ereignis}}
{{Laufendes Ereignis}}
<!-- schweizbezogen -->
<!-- schweizbezogen -->
Das '''Unwetter in der Schweiz vom 21. Juni 2024''' war ein Wetterereignis, das in verschiedenen Regionen der [[Schweizer Alpen]] und der Nordostschweiz durch [[Hochwasser]] und [[Murgang|Murgänge]] zu grossen Schäden führte und mehrere Menschenleben forderte. Die Beeinträchtigung der Verkehrsinfrastruktur hatte Auswirkungen auf den alpenquerenden Verkehr und für den Tourismus im [[Kanton Wallis]] und interessierten deshalb auch internationale Medien.<ref>[https://www.tagesschau.de/ausland/europa/schweiz-hochwasser-ueberschwemmungen-100.html ''Heikle Lage in Zermatt Vermisste nach Überschwemmungen in der Schweiz.''] [[Tagesschau (ARD)|Tagesschau]], 22. Juni 2024.</ref><ref>[https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2024-06/ueberschwemmungen-schweiz-hochwasser-zermatt-opfer-fs ''Schweiz: Zerstörte Straßen und Häuser, abgerutschte Hänge'']. [[Die Zeit|Zeit online]]. 23. Juni 2024.</ref><ref>[https://www.fr.de/panorama/misoxtal-schweiz-unwetter-wetter-regen-erdrutsch-verschuettet-vier-menschen-93145769.html ''Schwere Alpen-Unwetter spülen Autobahn weg: Leiche gefunden – Weitere Personen vermisst.''] In: [[Frankfurter Rundschau]], 24. Juni 2024.</ref>
Das '''Unwetter in der Schweiz vom 21. Juni 2024''' war ein Wetterereignis, das in verschiedenen Regionen der [[Schweizer Alpen]] und der Nordostschweiz durch [[Hochwasser]] und [[Murgang|Murgänge]] zu grossen Schäden führte und mindestens ein Menschenleben forderte. Zwei Personen werden noch vermisst.<ref name="br20240623">{{Internetquelle |url=https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/vermisste-nach-unwettern-in-der-schweiz-zermatt-abgeschnitten,UGPYiWc |titel=Ein Toter nach Unwettern in der Schweiz - noch zwei Vermisste |werk=br.de |datum=2024-06-23 |abruf=2024-06-24}}</ref> Die Beeinträchtigung der Verkehrsinfrastruktur hatte Auswirkungen auf den alpenquerenden Verkehr und für den Tourismus im [[Kanton Wallis]] und interessierten deshalb auch internationale Medien.<ref>[https://www.tagesschau.de/ausland/europa/schweiz-hochwasser-ueberschwemmungen-100.html ''Heikle Lage in Zermatt Vermisste nach Überschwemmungen in der Schweiz.''] [[Tagesschau (ARD)|Tagesschau]], 22. Juni 2024.</ref><ref>[https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2024-06/ueberschwemmungen-schweiz-hochwasser-zermatt-opfer-fs ''Schweiz: Zerstörte Straßen und Häuser, abgerutschte Hänge'']. [[Die Zeit|Zeit online]]. 23. Juni 2024.</ref><ref>[https://www.fr.de/panorama/misoxtal-schweiz-unwetter-wetter-regen-erdrutsch-verschuettet-vier-menschen-93145769.html ''Schwere Alpen-Unwetter spülen Autobahn weg: Leiche gefunden – Weitere Personen vermisst.''] In: [[Frankfurter Rundschau]], 24. Juni 2024.</ref>


== Ursachen ==
== Ursachen ==
Zeile 20: Zeile 20:
In den südlichen Tälern des Kantons Graubünden und im [[Kanton Tessin]] kam es zu einem folgenreichen Hochwasserereignis. Das Bergtal Misox wurde von der Flut und Murgängen auf der Länge von 20 Kilometern zu einem grossen Schadenplatz. Am 21. Juni 2024 gingen in der Gemeinde [[Lostallo]] an mehreren Stellen Gerölllawinen und Schlammmassen nieder. Die Abwasserreinigungsanlage von Lostallo wurde überschwemmt, mehrere Wasserkraftwerke des Energieunternehmens [[Axpo Power|Axpo]] mussten ihren Betrieb einstellen. Dutzende Personen wurden aus ihren Häusern evakuiert.<ref>[https://www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/djsg/kapo/aktuelles/medien/2024/Seiten/202406223.aspx ''Misox: Hochwasserlage.''] Kantonspolizei Graubünden. 22. Juni 2024.</ref>
In den südlichen Tälern des Kantons Graubünden und im [[Kanton Tessin]] kam es zu einem folgenreichen Hochwasserereignis. Das Bergtal Misox wurde von der Flut und Murgängen auf der Länge von 20 Kilometern zu einem grossen Schadenplatz. Am 21. Juni 2024 gingen in der Gemeinde [[Lostallo]] an mehreren Stellen Gerölllawinen und Schlammmassen nieder. Die Abwasserreinigungsanlage von Lostallo wurde überschwemmt, mehrere Wasserkraftwerke des Energieunternehmens [[Axpo Power|Axpo]] mussten ihren Betrieb einstellen. Dutzende Personen wurden aus ihren Häusern evakuiert.<ref>[https://www.gr.ch/DE/institutionen/verwaltung/djsg/kapo/aktuelles/medien/2024/Seiten/202406223.aspx ''Misox: Hochwasserlage.''] Kantonspolizei Graubünden. 22. Juni 2024.</ref>


Der Weiler Sorte ({{Höhe|430|CH}}) drei Kilometer südlich von Lostallo wurde besonders stark getroffen. Die kleine Ortschaft war auf dem alten Schuttkegel des Wildbaches [[Rià de Rebolgin]] errichtet worden, der ein steiles Tobel und Hochtal nordwestlich des Berges [[Sass Castel]] ({{Höhe|2516|CH}}) entwässert. Die steile Landschaft der ''Alp de Vazzola'' im Rebolgintal befindet sich auf ausgedehnten Geröll und Bergsturzablagerungen, die von Erosionsgräben durchzogen sind. In diesem Gebiet entstand wegen der Niederschläge eine Schlamm- und Geröllrüfe, die auch grosse Felsblöcke mitriss und auf ihrem Weg in das Tal viele Bäume im Bergwald entwurzelte. Die grosse Schuttlawine zerstörte einige Häuser in Sorte und unterbrach die Strassen im Tal. Mehrere Personen aus dem Weiler verloren ihr Leben, eine weitere Person konnte aus einem beschädigten Haus lebend gerettet werden.<ref>[https://www.cdt.ch/news/abbiamo-trovato-una-salma-356035 ''Mesolcina«Abbiamo trovato una salma».] In: [[Corriere del Ticino]], 23. Juni 2024.</ref><ref>[https://www.suedostschweiz.ch/graubuenden/aufraeumarbeiten-laufen-in-der-bildergalerie-so-zeigt-sich-die-region-moesa-nach-den-unwettern In der Bildergalerie: So zeigt sich die Region Moesa nach den Unwetter.] In: [[Südostschweiz (Zeitung)|Südostschweiz]], 23. Juni 2024.</ref>
Der Weiler Sorte ({{Höhe|430|CH}}) drei Kilometer südlich von Lostallo wurde besonders stark getroffen. Die kleine Ortschaft war auf dem alten Schuttkegel des Wildbaches [[Rià de Rebolgin]] errichtet worden, der ein steiles Tobel und Hochtal nordwestlich des Berges [[Sass Castel]] ({{Höhe|2516|CH}}) entwässert. Die steile Landschaft der ''Alp de Vazzola'' im Rebolgintal befindet sich auf ausgedehnten Geröll und Bergsturzablagerungen, die von Erosionsgräben durchzogen sind. In diesem Gebiet entstand wegen der Niederschläge eine Schlamm- und Geröllrüfe, die auch grosse Felsblöcke mitriss und auf ihrem Weg in das Tal viele Bäume im Bergwald entwurzelte. Die grosse Schuttlawine zerstörte einige Häuser in Sorte und unterbrach die Strassen im Tal. Mindestens eine Personen aus dem Weiler verlor ihr Leben, eine weitere Person konnte aus einem beschädigten Haus lebend gerettet werden.<ref>[https://www.cdt.ch/news/abbiamo-trovato-una-salma-356035 ''Mesolcina«Abbiamo trovato una salma».] In: [[Corriere del Ticino]], 23. Juni 2024.</ref><ref>[https://www.suedostschweiz.ch/graubuenden/aufraeumarbeiten-laufen-in-der-bildergalerie-so-zeigt-sich-die-region-moesa-nach-den-unwettern In der Bildergalerie: So zeigt sich die Region Moesa nach den Unwetter.] In: [[Südostschweiz (Zeitung)|Südostschweiz]], 23. Juni 2024.</ref> Zwei Personen werden noch vermisst.<ref name="br20240623" />


Die [[Autobahn A13 (Schweiz)|Autobahn A&nbsp;13]] wurde im Gebiet ''Buffalora'' zwischen [[Soazza]] und [[Lostallo|Cabbiolo]] auf einer Strecke von rund 150 Metern zerstört. An dieser Stelle erreichen von den steilen Berghängen der Buffalorabach und ein Wildbach aus dem Val d'Orbel den Talboden und münden in die [[Moesa (Fluss)|Moesa]], die das Tal zum [[Ticino (Fluss)|Ticino]] entwässert. Ein sonst eher unscheinbarer Seitenbach aus den Bergen auf der Ostseite des Tales führte wegen der Niederschläge riesige Schuttmassen mit sich, die das Flussbett der Moesa zeitweise vollständig versperrten, so dass der Talfluss die Autobahn bei der Buffalorabrücke überflutete, dann den Strassendamm unterspülte und die Fahrbahnen auf der ganzen Breite wegriss.<ref>Francesco Pellgrinelli: [https://www.cdt.ch/news/i-lavori-dureranno-almeno-un-mese-a2-a-rischio-paralisi-356066?cx_experienceId=EXL2ASBTAEF5&cx_experienceActionId=showRecommendationsVDO63W1RA6OP58#cxrecs_s ''L'emergenza. «I lavori dureranno almeno un mese»: A2 a rischio paralisi.''] In: [[Corriere del Ticino]], 23. Juni 2024.</ref> Auch die Kantonsstrasse und einige Lokalstrassen im Mixos waren wegen Murgängen unpassierbar.<ref>Paride Pelli: [https://www.cdt.ch/news/se-la-natura-ha-sempre-lultima-parola-356094 ''Se la natura ha sempre l’ultima parola.''] In: [[Corriere del Ticino]], 24. Juni 2024.</ref>
Die [[Autobahn A13 (Schweiz)|Autobahn A&nbsp;13]] wurde im Gebiet ''Buffalora'' zwischen [[Soazza]] und [[Lostallo|Cabbiolo]] auf einer Strecke von rund 150 Metern zerstört. An dieser Stelle erreichen von den steilen Berghängen der Buffalorabach und ein Wildbach aus dem Val d'Orbel den Talboden und münden in die [[Moesa (Fluss)|Moesa]], die das Tal zum [[Ticino (Fluss)|Ticino]] entwässert. Ein sonst eher unscheinbarer Seitenbach aus den Bergen auf der Ostseite des Tales führte wegen der Niederschläge riesige Schuttmassen mit sich, die das Flussbett der Moesa zeitweise vollständig versperrten, so dass der Talfluss die Autobahn bei der Buffalorabrücke überflutete, dann den Strassendamm unterspülte und die Fahrbahnen auf der ganzen Breite wegriss.<ref>Francesco Pellgrinelli: [https://www.cdt.ch/news/i-lavori-dureranno-almeno-un-mese-a2-a-rischio-paralisi-356066?cx_experienceId=EXL2ASBTAEF5&cx_experienceActionId=showRecommendationsVDO63W1RA6OP58#cxrecs_s ''L'emergenza. «I lavori dureranno almeno un mese»: A2 a rischio paralisi.''] In: [[Corriere del Ticino]], 23. Juni 2024.</ref> Auch die Kantonsstrasse und einige Lokalstrassen im Mixos waren wegen Murgängen unpassierbar.<ref>Paride Pelli: [https://www.cdt.ch/news/se-la-natura-ha-sempre-lultima-parola-356094 ''Se la natura ha sempre l’ultima parola.''] In: [[Corriere del Ticino]], 24. Juni 2024.</ref>

Version vom 24. Juni 2024, 14:25 Uhr

Das Unwetter in der Schweiz vom 21. Juni 2024 war ein Wetterereignis, das in verschiedenen Regionen der Schweizer Alpen und der Nordostschweiz durch Hochwasser und Murgänge zu grossen Schäden führte und mindestens ein Menschenleben forderte. Zwei Personen werden noch vermisst.[1] Die Beeinträchtigung der Verkehrsinfrastruktur hatte Auswirkungen auf den alpenquerenden Verkehr und für den Tourismus im Kanton Wallis und interessierten deshalb auch internationale Medien.[2][3][4]

Ursachen

Bereits zu Beginn des Monats Juni hatten während eines länderübergreifenden katastrophalen Hochwassers in Süddeutschland und den Alpen nach starken Regenfällen mehrere Flüsse auch in der Schweiz Hochwasser geführt und lokale Überschwemmungen verursacht. Die Wasserstände erreichten in den folgenden Wochen allmählich wieder normale Verhältnisse; die Böden blieben jedoch noch längere Zeit von Wasser durchtränkt, und im Hochgebirge lag viel Neuschnee. Nach einigen Tagen mit Hochdruckwetter entstand um den 20. Juni erneut eine Wetterlage mit einem Höhentief und einer kräftigen Südwestströmung, die feuchte Luftmassen in den Alpenraum führte. Wegen der warmen Luft verstärkte sich bei steigender Schneegrenze zugleich die Schneeschmelze in den Alpen, was in den Berggebieten der Schweiz zu rasch ansteigenden Wassermengen in einigen Flüssen führte. Eine Gewitterfront brachte am 21. Juni 2024 andauernde starke Niederschläge im Alpenraum und auch im Jura sowie in grenznahen Gebieten der Nachbarländer. Im Graubündner Bergtal Misox fiel innert 24 Stunden 125 mm Regen. Viele Gewässer der Schweiz verzeichneten am 21. Juni und in der Nacht zum 22. Juni Pegelspitzen.

Folgen

Rheingebiet

Das Hochwasser des Rheins liess den Wasserstand des Bodensees wie schon Ende Mai 2024 erneut ansteigen, so dass die Schweizer Behörden für die Seeufer und den Hochrhein die Gefahrenstufe 4 ausriefen. Alle Personen waren aufgefordert, sich zu ihrer Sicherheit von den See- und Flussufern fernzuhalten. Bis zum 24. Juni stieg das Wasser im Bodensee weiter an; beim Pegel Berlingen wurde der Wasserstand von 396,95 m ü. M. gemessen.[5]

Wallis

Im Kanton Wallis floss aus den Wildbächen des Hochgebirges so viel Wasser in die Rhone, dass diese bei Sitten und im Unterwallis stellenweise beinahe die Oberkante der Böschungen an den Schutzdämmen erreichte. Bei der Pegelstation von Branson wurde am 22. Juni 2024 ein Abfluss von 819 m3 gemessen. Im Chablais oberhalb des Genfersees erreichte der Abfluss der Rhone nach Informationen des kantonalen Führungsstabs des Kantons Waadt zeitweise 1200 m3. Bei der Rhonemündung in den Genfersse sammelten sich an einer Schwimmbarriere grosse Massen von Treibholz. In Chippis mussten mehr als 200 Bewohner die Häuser in der Umgebung des Flusses verlassen.[6][7]

Im Mattertal stieg der Pegel der Matter Vispa so stark an, dass sie ufernahe Strassen von Zermatt und bei mehreren Gebäuden die Erdgschosse überflutete. Auch der Triftbach trat bei Zermatt über die Ufer. Erdrutsche unterbrachen die Strecke der Matterhorn-Gotthard-Bahn zwischen Visp und Täsch und zudem auch die Kantonsstrasse im Mattertal, so dass die Feriendestination Zermatt von der Aussenwelt abgeschnitten war. Bei Randa verschüttete ein Murgang des Dorfbachs die Hauptstrasse, bei Herbriggen ein zweiter Murgang die Strasse und die Bahnlinie.[8] An einigen Stellen unterspülte die Mattervispa die Bahngleise. In Visp und Täsch blieben Touristen, die nach Zermatt gelangen oder aus dem Mattertal ausreisen wollten, blockiert. Auch die Gornergratbahn musste zeitweise den Betrieb einstellen, weil die Schutzgalerie Riffelbord durch eine Erdrutsch beschädgt worden war. In den folgenden Tagen nahm die Matterhorn-Gotthard-Bahn zwar die Strecke von Zermatt nach Täsch wieder in Betrieb, während zwischen Täsch und Visp Busse als Ersatz für die unterbrochenen Bahnstrecke verkehrten, sobald die Schuttkegel der Murgänge auf der Kantonsstrasse beseitigt waren.

Die umfangreichsten Schäden im Wallis durch Hochwasser, Murgänge und Überschwemmungen entstanden im Val d’Anniviers. Der Talfluss Navisence führte ungefähr so viel Wasser wie beim letzten schweren Hochwasserereignis im Jahr 2018. Die Trinkwasserversorgung des Ferienorts Zinal und Abwasserleitungen wurden beschädigt und verschiedene Stromleitungen weggerissen. Zwischen Vissoie und Mayoux war die Kantonsstrasse unpassierbar.[9] Auch in Evolène war die Trinkwasserzufuhr zerstört.

Graubünden: Misox

In den südlichen Tälern des Kantons Graubünden und im Kanton Tessin kam es zu einem folgenreichen Hochwasserereignis. Das Bergtal Misox wurde von der Flut und Murgängen auf der Länge von 20 Kilometern zu einem grossen Schadenplatz. Am 21. Juni 2024 gingen in der Gemeinde Lostallo an mehreren Stellen Gerölllawinen und Schlammmassen nieder. Die Abwasserreinigungsanlage von Lostallo wurde überschwemmt, mehrere Wasserkraftwerke des Energieunternehmens Axpo mussten ihren Betrieb einstellen. Dutzende Personen wurden aus ihren Häusern evakuiert.[10]

Der Weiler Sorte (430 m ü. M.) drei Kilometer südlich von Lostallo wurde besonders stark getroffen. Die kleine Ortschaft war auf dem alten Schuttkegel des Wildbaches Rià de Rebolgin errichtet worden, der ein steiles Tobel und Hochtal nordwestlich des Berges Sass Castel (2516 m ü. M.) entwässert. Die steile Landschaft der Alp de Vazzola im Rebolgintal befindet sich auf ausgedehnten Geröll und Bergsturzablagerungen, die von Erosionsgräben durchzogen sind. In diesem Gebiet entstand wegen der Niederschläge eine Schlamm- und Geröllrüfe, die auch grosse Felsblöcke mitriss und auf ihrem Weg in das Tal viele Bäume im Bergwald entwurzelte. Die grosse Schuttlawine zerstörte einige Häuser in Sorte und unterbrach die Strassen im Tal. Mindestens eine Personen aus dem Weiler verlor ihr Leben, eine weitere Person konnte aus einem beschädigten Haus lebend gerettet werden.[11][12] Zwei Personen werden noch vermisst.[1]

Die Autobahn A 13 wurde im Gebiet Buffalora zwischen Soazza und Cabbiolo auf einer Strecke von rund 150 Metern zerstört. An dieser Stelle erreichen von den steilen Berghängen der Buffalorabach und ein Wildbach aus dem Val d'Orbel den Talboden und münden in die Moesa, die das Tal zum Ticino entwässert. Ein sonst eher unscheinbarer Seitenbach aus den Bergen auf der Ostseite des Tales führte wegen der Niederschläge riesige Schuttmassen mit sich, die das Flussbett der Moesa zeitweise vollständig versperrten, so dass der Talfluss die Autobahn bei der Buffalorabrücke überflutete, dann den Strassendamm unterspülte und die Fahrbahnen auf der ganzen Breite wegriss.[13] Auch die Kantonsstrasse und einige Lokalstrassen im Mixos waren wegen Murgängen unpassierbar.[14]

Für die Kantonspolizei Graubünden leitete William Kloter den Rettungseinsatz im Misox. Bundesrat Ignazio Cassis besuchte zusammen mit dem Graubündner Regierungsrat Jon Domenic Parolini und weiteren Behördenmitgliedern die Schadenplätze im Tal, um die Folgen des Ereignisses, die über die Region und die Schweiz hinaus Auswirkungen hatten, zu beurteilen.[15] Die Kantonsbehörden planten in erster Priorität die Schäden an der Infrastruktur im Gebiet Sorte-Lostallo-Cabbiolo zu beheben, um den Lokalverkehr im Tal wieder möglich zu machen, während die Strassen im oberhalb liegenden Gebiet von Soazza bis Mesocco später geöffnet werden sollen. Zwischen Mesocco und Roveredo richtete die Schweizer Armee für dringende Transporte eine Luftbrücke mit Helikoptern ein.[16]

Wegen der Zerstörung der Strasse sperrten die Behörden die Autobahn A 13 bei Thusis im Norden und Lostallo im Süden. Die Nord-Süd-Route des San-Bernardino-Passes, über welche in den Sommermonaten oft um 15'000 Fahrzeuge täglich verkehren, ist bis auf weiteres nicht benützbar. Weil der voraussichtliche Ausweichverkehr über die Autobahn A 2 mit dem Gotthard-Strassentunnel kaum zu bewältigen ist,[17] plante der Bundesrat, mit den Nachbarländern eine internationale Verkehrsregelung zu treffen, um den Reiseverkehr durch die Alpen in der Sommerzeit auf die anderen Alpenpässe zu verteilen.

Einzelnachweise

  1. a b Ein Toter nach Unwettern in der Schweiz - noch zwei Vermisste. In: br.de. 23. Juni 2024, abgerufen am 24. Juni 2024.
  2. Heikle Lage in Zermatt Vermisste nach Überschwemmungen in der Schweiz. Tagesschau, 22. Juni 2024.
  3. Schweiz: Zerstörte Straßen und Häuser, abgerutschte Hänge. Zeit online. 23. Juni 2024.
  4. Schwere Alpen-Unwetter spülen Autobahn weg: Leiche gefunden – Weitere Personen vermisst. In: Frankfurter Rundschau, 24. Juni 2024.
  5. Lagebericht zum Wasserstand des Bodensees. auf bodensee-hochwasser.info. abgerufen am 24. Juni 2024.
  6. Valais: niveau d’alarme et situation particulière maintenu. In. Le Nouvelliste, 22. Juni 2024.
  7. Patrick Gasser: Entwarnung im Wallis: Das Hochwasser geht zurück. In: Neue Zürcher Zeitung. 23. Juni 2024.
  8. Bahntrassee meterhoch verschüttet. auf pomona.ch, 22. Juni 2024. Abgerufen am 24. Juni 2024.
  9. Alexandre Beney: Intempéries: les travaux de remise en état commencent en Anniviers. In: Le Nouvelliste. 23. Juni 2024.
  10. Misox: Hochwasserlage. Kantonspolizei Graubünden. 22. Juni 2024.
  11. Mesolcina«Abbiamo trovato una salma». In: Corriere del Ticino, 23. Juni 2024.
  12. In der Bildergalerie: So zeigt sich die Region Moesa nach den Unwetter. In: Südostschweiz, 23. Juni 2024.
  13. Francesco Pellgrinelli: L'emergenza. «I lavori dureranno almeno un mese»: A2 a rischio paralisi. In: Corriere del Ticino, 23. Juni 2024.
  14. Paride Pelli: Se la natura ha sempre l’ultima parola. In: Corriere del Ticino, 24. Juni 2024.
  15. Irene Sorali, Jenny Covelli: «Un tragico destino ha travolto Sorte, è scioccante, da pelle d'oca». In: Corriere del Ticino, 23. Juni 2024.
  16. Mesolcina«Abbiamo trovato una salma». In: Corriere del Ticino, 23. Juni 2024.
  17. Mega-Stau wegen gesperrter A13?