„Selbstbestimmungsrecht der Völker“ – Versionsunterschied

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Das Prinzip der Selbstbestimmung stammt aus der [[Zeitalter der Aufklärung|Philosophie der Aufklärung]] und war zunächst ein individuelles Recht. Die Wandlung zum [[Gruppenrecht]] begann bereits mit dem Ringen um die [[Religionsfreiheit]]. Verbunden ist das Selbstbestimmungsrecht mit der Idee der [[Volkssouveränität]], die im späten 18. Jahrhundert in der [[Französischen Revolution]] und dem [[Geschichte der USA#Unabhängigkeitskrieg|Unabhängigkeitskrieg der USA]] den Sieg über das alte [[Dynastie|dynastische]] Prinzip errang. Voraussetzung für die Idee der politischen Selbstbestimmung war die Herausbildung des politischen Volksbegriffes im 19. Jahrhundert und die damit verbundene Ablösung des [[Untertan]]enverhältnisses durch ein [[Republik|republikanisches]] Staatsverständnis, das den einzelnen als [[Staatsbürger]] begreift. Nach der Durchsetzung des politischen Volksbegriffes nach der [[Revolution von 1848]] entwickelte sich die Idee des [[Nationalitätenprinzip]]s, wonach jedes Volk das Recht auf einen (eigenen) Staat habe, wodurch sich dieses Prinzip vor allem gegen die [[Vielvölkerstaat]]en richtete. Der Schweizer Völkerrechtler [[Johann Caspar Bluntschli]] formulierte das Nationalitätenprinzip folgendermaßen: "Jede Nation ein Staat. Jeder Staat ein nationales Wesen." Offen blieb hierbei, was unter Volk oder Nation zu verstehen ist, und wie es von anderen Völkern bzw. Nationen abgegrenz werden kann, wenn nicht durch die vorgegebene Zugehörigkeit zu einem bereits bestehenden Staat. Insbesondere entstand das Problem, ob ethnischen Minderheiten in einem Staat das Recht zur [[Sezession]] oder zur regionalen oder [[Volksgruppe|volksgruppenbezogenen]] [[Autonomie]] zustehen sollte.
Das Prinzip der Selbstbestimmung stammt aus der [[Zeitalter der Aufklärung|Philosophie der Aufklärung]] und war zunächst ein individuelles Recht. Die Wandlung zum [[Gruppenrecht]] begann bereits mit dem Ringen um die [[Religionsfreiheit]]. Verbunden ist das Selbstbestimmungsrecht mit der Idee der [[Volkssouveränität]], die im späten 18. Jahrhundert in der [[Französischen Revolution]] und dem [[Geschichte der USA#Unabhängigkeitskrieg|Unabhängigkeitskrieg der USA]] den Sieg über das alte [[Dynastie|dynastische]] Prinzip errang. Voraussetzung für die Idee der politischen Selbstbestimmung war die Herausbildung des politischen Volksbegriffes im 19. Jahrhundert und die damit verbundene Ablösung des [[Untertan]]enverhältnisses durch ein [[Republik|republikanisches]] Staatsverständnis, das den einzelnen als [[Staatsbürger]] begreift. Nach der Durchsetzung des politischen Volksbegriffes nach der [[Revolution von 1848]] entwickelte sich die Idee des [[Nationalitätenprinzip]]s, wonach jedes Volk das Recht auf einen (eigenen) Staat habe, wodurch sich dieses Prinzip vor allem gegen die [[Vielvölkerstaat]]en richtete. Der Schweizer Völkerrechtler [[Johann Caspar Bluntschli]] formulierte das Nationalitätenprinzip folgendermaßen: "Jede Nation ein Staat. Jeder Staat ein nationales Wesen." Offen blieb hierbei, was unter Volk oder Nation zu verstehen ist, und wie es von anderen Völkern bzw. Nationen abgegrenz werden kann, wenn nicht durch die vorgegebene Zugehörigkeit zu einem bereits bestehenden Staat. Insbesondere entstand das Problem, ob ethnischen Minderheiten in einem Staat das Recht zur [[Sezession]] oder zur regionalen oder [[Volksgruppe|volksgruppenbezogenen]] [[Autonomie]] zustehen sollte.

Nach dem [[Erster Weltkrieg|Ersten Weltkrieg]] wurde das Selbstbestimmungsrecht der Völker trotz der politischen Bekundungen nur begrenzt verwirklicht, teilweise auch offen mißachtet. Einigen Nationalitäten des [[Österreich-Ungarn|österreichisch-ungarisches]] Vielvölkerrechterstaates, die zu den "Siegern" gerechnet wurden, wurde mit Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht die Gründung neuer Staaten gestattet. Diese waren jedoch nun ebenfalls Vielvölkerstaaten, weil sie weitgehend die alte historischen Grenzen als neue Grenzen beanspruchten.


In der Völkerbundsatzung ([[Versailler Vertrag]]) wurde das Selbstbestimmungsrecht nicht verankert. Es ist erst mit der Satzung der Vereinten Nationen (UN-Charta) zu einer wichtigen Rechtsnorm des Völkerrechts geworden.
In der Völkerbundsatzung ([[Versailler Vertrag]]) wurde das Selbstbestimmungsrecht nicht verankert. Es ist erst mit der Satzung der Vereinten Nationen (UN-Charta) zu einer wichtigen Rechtsnorm des Völkerrechts geworden.

In der Zeit des [[Völkerbund]]es wurde das Selbstbestimmungsrecht der Völker im Fall der [[Åland]]-Inseln ein einziges Mal angewandt und verwirklicht. Die schwedische Bevölkerung der Åland-Inseln forderte nach der Unabhängigkeit Finnlands 1917 den Anschluß an Schweden. Obwohl das Selbstbestimmungsrecht von der Völkerbundsatzung noch nicht als geltende Norm des Völkerrechts anerkannt worden war, forderte der [[Völkerbundrat]] Finnland im Juni 1921 dazu auf, ein [[Autonomiestatut]] zu erlassen. Dieser Aufforderung kam Finnland nach. Dieses Statut mit dem Heimatrecht (Hembygdsrätt), das die Sicherung der Nationalität, der Sprache und der Kultur der schwedischsprachigen Bevölkerung der Inseln sichern sollte, regelt auch heute noch die Rechte der schwedischen Minderheit und die rechtlichen Beziehungen der Åland-Inseln zum Gesamtstaat.


==Selbstbestimmungsrecht als Minderheitenschutz==
==Selbstbestimmungsrecht als Minderheitenschutz==
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====[[Vertrag von Saint-Germain]] mit [[Österreich]]====
====[[Vertrag von Saint-Germain]] mit [[Österreich]]====


Im Vertrag von Saint-Germain wurde die Alleinschuld Österreichs am 1. Weltkrieg festgehalten und die Kronländer des [[Habsburger]]-Reichs als selbstständige Staaten deklariert. Abstimmungen über einen Verbleib bei Österreich gab es in [[Salzburg (Bundesland)|Salzburg]], [[Vorarlberg]] und Süd[[kärnten]]. Nur in letzterem Fall wurde das Ergebnis der Volksabstimmung berücksichtigt, in den anderen Fällen lehnte Deutschland bzw. die Schweiz eine Aufnahme ab.
Siehe [[Geschichte_Österreichs#Die_Erste_Republik|Geschichte Österreichs]].

Ohne Abstimmung und gegen den Willen der angestammten deutschsprachigen Bevölkerung wurde bereits am Ende des ersten Weltkriegs [[Südtirol]] von [[Tirol]] abgetrennt und fiel als einziger Teil des österreichischen Kernlands an Italien.

Die Bestrebungen der deutschsprachigen Bevölkerung in den Randgebieten von [[Böhmen]] und [[Mähren]], Territorien in denen sie die Mehrheit der Bevölkerung stellten, von der neu entstehenden Tschechoslowakei abzutrennen, waren aufgrund machtpolitischer Interessen der Siegermächte und der Tschechoslowakei nicht von Erfolg gekrönt. Bei einer Abstimmung in [[Ödenburg]] (Sopron) wählte die Mehrheit den Anschluss an [[Ungarn]].
Auch eine Union der 1. Republik mit dem [[Deutsches Reich|Deutschen Reich]] anzuschliessen, konnte nur mit Genehmigung des [[Völkerbund]]s vollzogen werden, wozu es aber nie kam.

{{Lückenhaft|Anwendungsfall [[Åland]]-Inseln}}
{{Lückenhaft|Anwendungsfall Anwendungsfall [[Palästina]]}}
{{Lückenhaft|Anwendungsfall [[Dekolonisation]]}}
{{Lückenhaft|Minderheitenrechte und Sezession}}


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

Version vom 20. Februar 2006, 17:15 Uhr

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Das Selbstbestimmungsrecht der Völker (englisch: "right to self-determination (of peoples)"; französisch: "droit des peuples à disposer d'eux-même" oder "le droit à l'autodétermination") ist ein völkerrechtliches Prinzip, wonach jedes Volk das Recht hat, frei, also unabhängig von ausländischen Einflüssen, über seinen politischen Status, seine Staats- und Regierungsform und seine wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu etscheiden.

Es ist in der UN-Charta als Ziel der Vereinten Nationen (VN) (Art. 1 Abs. 2) sowie zusätzlich noch als wirtschaftliches und soziales Ziel der VN (Art. 55) verankert. Das Selbstbestimmungsrecht der Völker wird heute überwiegend als zwingende Norm (ius cogens) des Völkerrechts angesehen.

Menschenrechtlich verankert wurde das Selbstbestimmungsrecht der Völker in den beiden Menschenrechtspakten vom 19. Dezember 1966, dem Internationaler Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte und dem Internationalen Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte, in deren Artikel 1 übereinstimmend jeweils erklärt wird:

Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft diese Rechtes entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.

In der Prinzipienerklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 24. Oktober 1970 (Resolution 2625 (XXV)) wird das Selbstbestimmungsrecht erneut bekräftigt:

Kraft des in der Charta der Vereinten Nationen verankerten Grundsatzes der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker haben alle Völker das Recht, frei und ohne Einmischung von außen über ihren politischen Status zu entscheiden und ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung zu gestalten, und jeder Staat ist verpflichtet, dieses Recht im Einklang mit den Bestimmungen der Charta zu achten.

Normativität des Selbstbestimmungsrechtes der Völker

Die beiden Menschenrechtspakte der Vereinten Nationen, der Internationale Pakt über Bürgerliche und Politische Rechte sowie der Internationale Pakt über Wirtschaftliche, Soziale und Kulturelle Rechte erkennen das Selbstbestimmungsrecht für die Vertragsstaaten bindend an. In beiden Pakten heißt es gleichlautend in Artikel I:

„(1) Alle Völker haben das Recht auf Selbstbestimmung. Kraft dieses Rechts entscheiden sie frei über ihren politischen Status und gestalten in Freiheit ihre wirtschaftliche, soziale und kulturelle Entwicklung.“

„(2) Alle Völker können für ihre eigenen Zwecke frei über ihre natürlichen Reichtümer und Mittel verfiigen, unbeschadet aller Verpflichtungen, die aus der internationalen wirtschaftlichen Zusammenarbeit auf der Grundlage des gegenseitigem Wohles sowie aus dem Völkerrecht erwachsen. In keinem Fall darf ein Volk seiner eigenen Existenzmittel beraubt werden.“

„(3) Die Vertragsstaaten, einschließlich der Staaten, die für die Verwaltung von Gebieten ohne Selbstregierung und von Treuhandgebieten verantwortlich sind, haben entsprechend der Charta der Vereinten Nationen die Verwirklichung des Rechts auf Selbstbestirnmung zu fördern und dieses Recht zu achten.“

Eine Definition des zugrundeliegenden Begriffs „Volk“ ist in den Pakten nicht vorhanden. Daher gibt es weiten Interpretationsspielraum bei der Bestimmung der Reichweite dieses Artikels.

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker nach der Prinzipienerklärung der Generalversammlung der Vereinten Nationen vom 24. Oktober 1970 (Resolution 2625 (XXV)) dem Ziel, die "freundschaftlichen Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten" zu fördern und dem "Kolonialismus unter gebührender Berücksichtigung des frei geäußerten Willens der betroffenen Völker ein rasches Ende zu bereiten":

Jeder Staat hat die Pflicht, sowohl gemeinsam mit anderen Staaten als auch jeder für sich, die Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichberechtigung und Selbstbestimmung der Völker im Einklang mit den Bestimmungen der Charta zu fördern und die Vereinten Nationen bei der Erfüllung der ihnen mit der Charta übertragenen Aufgaben hinsichtlich der Anwendung dieses Grundsatzes zu unterstützen,
a) um freundschaftliche Beziehungen und Zusammenarbeit zwischen den Staaten zu fördern und
b) um dem Kolonialismus unter gebührender Berücksichtigung des frei geäußerten Willens der betroffenen Völker ein rasches Ende zu bereiten,
eingedenk dessen, dass die Unterwerfung von Völkern unter fremde Unterjochung, Herrschaft und Ausbeutung eine Verletzung dieses Grundsatzes und eine Verweigerung grundlegender Menschenrechte darstellt und im Widerspruch zur Charta steht.

Bei der Gründung neuer Staaten ist der Wille des Volkes zu beachten und anderen Staaten ist verboten, mittels Gewalt andere Völker an der Selbstbestimmung zu hindern:

Die Gründung eines souveränen und unabhängigen Staates, die freie Assoziation mit einem unabhängigen Staat, die freie Eingliederung in einen solchen Staat oder der Eintritt in einen anderen, durch ein Volk frei bestimmten politischen Status sind Möglichkeiten der Verwirklichung des Selbstbestimmungsrechts durch das betreffende Volk.
Jeder Staat hat die Pflicht, jede Gewaltmaßnahme zu unterlassen, welche die Völker, auf die sich die Erläuterung dieses Grundsatzes bezieht, ihres Rechts auf Selbstbestimmung, Freiheit und Unabhängigkeit beraubt. Bei ihren Maßnahmen und ihrem Widerstand gegen solche Gewaltmaßnahmen im Bemühen um die Ausübung ihres Selbstbestimmungsrechts sind diese Völker berechtigt, im Einklang mit den Zielen und Grundsätzen der Charta Unterstützung zu suchen und zu erhalten.

Entwicklung und Idee des Selbstbestimmungsrechts der Völker

Die Idee des Selbstbestimmungsrechts der Völker wurde erstmals am Ende des Ersten Weltkriegs durch den US-Präsidenten Wilson im Rahmen seiner Friedensbemühungen (siehe auch 14-Punkte-Programm) vertreten.

Das Prinzip der Selbstbestimmung stammt aus der Philosophie der Aufklärung und war zunächst ein individuelles Recht. Die Wandlung zum Gruppenrecht begann bereits mit dem Ringen um die Religionsfreiheit. Verbunden ist das Selbstbestimmungsrecht mit der Idee der Volkssouveränität, die im späten 18. Jahrhundert in der Französischen Revolution und dem Unabhängigkeitskrieg der USA den Sieg über das alte dynastische Prinzip errang. Voraussetzung für die Idee der politischen Selbstbestimmung war die Herausbildung des politischen Volksbegriffes im 19. Jahrhundert und die damit verbundene Ablösung des Untertanenverhältnisses durch ein republikanisches Staatsverständnis, das den einzelnen als Staatsbürger begreift. Nach der Durchsetzung des politischen Volksbegriffes nach der Revolution von 1848 entwickelte sich die Idee des Nationalitätenprinzips, wonach jedes Volk das Recht auf einen (eigenen) Staat habe, wodurch sich dieses Prinzip vor allem gegen die Vielvölkerstaaten richtete. Der Schweizer Völkerrechtler Johann Caspar Bluntschli formulierte das Nationalitätenprinzip folgendermaßen: "Jede Nation ein Staat. Jeder Staat ein nationales Wesen." Offen blieb hierbei, was unter Volk oder Nation zu verstehen ist, und wie es von anderen Völkern bzw. Nationen abgegrenz werden kann, wenn nicht durch die vorgegebene Zugehörigkeit zu einem bereits bestehenden Staat. Insbesondere entstand das Problem, ob ethnischen Minderheiten in einem Staat das Recht zur Sezession oder zur regionalen oder volksgruppenbezogenen Autonomie zustehen sollte.

Nach dem Ersten Weltkrieg wurde das Selbstbestimmungsrecht der Völker trotz der politischen Bekundungen nur begrenzt verwirklicht, teilweise auch offen mißachtet. Einigen Nationalitäten des österreichisch-ungarisches Vielvölkerrechterstaates, die zu den "Siegern" gerechnet wurden, wurde mit Berufung auf das Selbstbestimmungsrecht die Gründung neuer Staaten gestattet. Diese waren jedoch nun ebenfalls Vielvölkerstaaten, weil sie weitgehend die alte historischen Grenzen als neue Grenzen beanspruchten.

In der Völkerbundsatzung (Versailler Vertrag) wurde das Selbstbestimmungsrecht nicht verankert. Es ist erst mit der Satzung der Vereinten Nationen (UN-Charta) zu einer wichtigen Rechtsnorm des Völkerrechts geworden.

In der Zeit des Völkerbundes wurde das Selbstbestimmungsrecht der Völker im Fall der Åland-Inseln ein einziges Mal angewandt und verwirklicht. Die schwedische Bevölkerung der Åland-Inseln forderte nach der Unabhängigkeit Finnlands 1917 den Anschluß an Schweden. Obwohl das Selbstbestimmungsrecht von der Völkerbundsatzung noch nicht als geltende Norm des Völkerrechts anerkannt worden war, forderte der Völkerbundrat Finnland im Juni 1921 dazu auf, ein Autonomiestatut zu erlassen. Dieser Aufforderung kam Finnland nach. Dieses Statut mit dem Heimatrecht (Hembygdsrätt), das die Sicherung der Nationalität, der Sprache und der Kultur der schwedischsprachigen Bevölkerung der Inseln sichern sollte, regelt auch heute noch die Rechte der schwedischen Minderheit und die rechtlichen Beziehungen der Åland-Inseln zum Gesamtstaat.

Selbstbestimmungsrecht als Minderheitenschutz

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker geht grundsätzlich davon aus, dass jedes Volk das Recht hat, über sich selbst und sein Schicksal zu bestimmen. Demzufolge ist es das gute Recht von Minderheiten, sich als Volk zu definieren und Autonomie für sich zu beanspruchen, wobei unter Autonomie vom Recht auf Brauchtumspflege bis hin zur Eigenstaatlichkeit alles verstanden werden kann.

Praktische Fragen des Selbstbestimmungsrechtes

Das Selbstbestimmungsrecht der Völker kann, wenn es denn eingefordert wird, selbst auch zum Anlaß für entstehende Konflikte werden. Beispiele hierfür sind:

Probleme nach dem 1. Weltkrieg

Wilson trat dafür ein, dass in potenziellen Konfliktgebieten Abstimmungen über die Zugehörigkeit zu einer Nation durchgeführt werden sollten. Dieser Forderung wurde allerdings in den Pariser Vorortverträgen nicht komplett entsprochen. Weiters war sie insofern problematisch, als besonders im Gebiet der österreichisch-ungarischen Monarchie die Volksgruppen so eng verzahnt lebten (bis hin zu bilingualen Bevölkerungsgruppen), dass eine Aufteilung in ethnisch reine Nationalstaaten unmöglich war.

Vertrag von Versailles mit dem Deutschen Reich

Elsass-Lothringen wurde ohne Abstimmung an Frankreich abgetreten, ebenso auch der so genannte Polnische Korridor inklusive der Stadt Posen an Polen. Danzig wurde freie Stadt unter dem Protektorat des Völkerbunds. In Eupen-Malmedy, Oberschlesien, dem Saarland und Ostpreußen sowie in Nordschleswig fanden Abstimmungen statt. Der Ostteil von Oberschlesien wurde polnisch, obwohl 60% für einen Verbleib bei Deutschland stimmten.

Vertrag von Saint-Germain mit Österreich

Im Vertrag von Saint-Germain wurde die Alleinschuld Österreichs am 1. Weltkrieg festgehalten und die Kronländer des Habsburger-Reichs als selbstständige Staaten deklariert. Abstimmungen über einen Verbleib bei Österreich gab es in Salzburg, Vorarlberg und Südkärnten. Nur in letzterem Fall wurde das Ergebnis der Volksabstimmung berücksichtigt, in den anderen Fällen lehnte Deutschland bzw. die Schweiz eine Aufnahme ab.

Ohne Abstimmung und gegen den Willen der angestammten deutschsprachigen Bevölkerung wurde bereits am Ende des ersten Weltkriegs Südtirol von Tirol abgetrennt und fiel als einziger Teil des österreichischen Kernlands an Italien.

Die Bestrebungen der deutschsprachigen Bevölkerung in den Randgebieten von Böhmen und Mähren, Territorien in denen sie die Mehrheit der Bevölkerung stellten, von der neu entstehenden Tschechoslowakei abzutrennen, waren aufgrund machtpolitischer Interessen der Siegermächte und der Tschechoslowakei nicht von Erfolg gekrönt. Bei einer Abstimmung in Ödenburg (Sopron) wählte die Mehrheit den Anschluss an Ungarn. Auch eine Union der 1. Republik mit dem Deutschen Reich anzuschliessen, konnte nur mit Genehmigung des Völkerbunds vollzogen werden, wozu es aber nie kam.

Siehe auch

Weblinks