Schillingreport

Der Schillingreport (Eigenschreibweise: schillingreport) ist eine jährlich erscheinende Studie, welche Daten zur Zusammensetzung der Führungsgremien der Schweizer Wirtschaft und des öffentlichen Sektors erhebt.

Geschichte

Der Schillingreport erschien erstmals im Jahr 2006. Als Herausgeber zeichnete das Zürcher Executive-Search-Unternehmen Guido Schilling AG verantwortlich.[1] Zu dieser Zeit standen die Chefetagen in der Schweiz wegen hoher Löhne und der 2005 lancierten eidgenössischen Volksinitiative «gegen die Abzockerei» stark im öffentlichen Interesse.[2] Um einen Beitrag zu mehr Transparenz in den Chefetagen zu leisten, nahm der Schillingreport die Zusammensetzung der Spitzen in den grössten Schweizer Unternehmen genauer unter die Lupe.[1]

Seit 2006 untersucht der Schillingreport die Zusammensetzung der Geschäftsleitungen und seit 2010 auch die Verwaltungsräte der 100 grössten Schweizer Unternehmen.[3] Seit 2016 berücksichtigt die Auswertung auch den öffentlichen Sektor mit den Topkadern der Kantone und der Bundesverwaltung.[4][5] Ebenfalls seit 2016 befragen die Herausgeber der Studie im Zweijahresrhythmus die 250 bedeutendsten Unternehmen der Schweiz nach ihren Frauenanteilen in der gesamten Belegschaft und in den Managementstufen unterhalb der Geschäftsleitung.[6][7] Damit ermittelt der Schillingreport die Gender-Diversity-Pipeline der Unternehmen, die das Potenzial an Frauen zeigt, die sich auf die nächsthöhere Führungsstufe entwickeln können.[8][9][10]

Bericht

Der Schillingreport unterscheidet zwischen drei Datensätzen.[3] Der Datensatz des Privaten Sektors umfasst die 100 grössten Schweizer Arbeitgeber. Zum Datensatz des öffentlichen Sektor zählen die 26 Kantone und die Bundesverwaltung. Für die Gender-Diversity-Pipeline berücksichtigt der Schillingreport die 250 bedeutendsten Schweizer Unternehmen.

Der Stichtag für die Erhebungen fällt jährlich auf den 31. Dezember.

Das erste Hauptkapitel beleuchtet die Zusammensetzung der Geschäftsleitungen und der Verwaltungsräte der Privatwirtschaft sowie die Zusammensetzung der Topkader und der Schweizer Bundesräte und Regierungsräte. Zudem erhebt das erste Kapitel die Erfahrung und Verantwortungsbereiche der Gremiumsmitglieder.

Das zweite Hauptkapitel untersucht die Frauenanteile im privaten und öffentlichen Sektor sowie die Gender-Diversity-Pipeline der teilnehmenden Unternehmen. Letztere wird nach Branchen aufgeschlüsselt.

Das dritte Hauptkapitel untersucht die Nationalitäten in den Geschäftsleitungen und Verwaltungsräten von Unternehmen der Privatwirtschaft.

Im vierten Hauptkapitel analysiert der Schillingreport die verschiedene Untergruppen Chief Executive Officers (CEOs) und Verwaltungsratspräsidenten, SMI-Unternehmen, bundesnahe Unternehmen und Unternehmen in öffentlichem Besitz sowie Kantonalbanken.

Der Schillingreport erscheint in den Sprachen Deutsch, Französisch und Englisch. Herausgeber ist Guido Schilling, Managing Partner bei den Schweizer Executive-Search-Unternehmen Guido Schilling AG und Schilling Partners AG.[11][12]

Bedeutung

Bekanntheit erlangte der Schillingreport in der Schweiz, weil er die Diskussion über Diversität in Führungsgremien mit statistischen Daten unterlegt.[13][14][15][16] Die geringen Veränderungen des Frauenanteils besonders in den Geschäftsleitungen haben den Ruf nach einer Frauenquote lauter werden lassen.[17][18][19][20] 2019 lag der Frauenanteil in den Verwaltungsräten bei 21 Prozent und in den Geschäftsleitungen bei 9 Prozent.[21][22][23] Erst in 49 Prozent der untersuchten Unternehmen nehmen Frauen in der Geschäftsleitung Einsitz.[24][25][26] Im Rahmen seiner Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht) stützte sich der Schweizerische Bundesrat auf Zahlen des Schillingreport, um in der Schweiz wie in anderen europäischen Ländern gesetzliche Richtwerte für die Vertretung beider Geschlechter im Verwaltungsrat und in der Geschäftsleitung zu begründen.[27][28] Frauen sollen in grossen börsenkotierten Firmen künftig mindestens 30 Prozent der Sitze im Verwaltungsrat und 20 Prozent in der Geschäftsleitung besetzen.[29][30] Erfüllt ein Unternehmen die Richtwerte nicht, sind allerdings keine Sanktionen vorgesehen, es muss sich lediglich erklären.[31]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. a b Schillingreport: die Geschäftsleitungen und Verwaltungsräte der hundert grössten Schweizer Unternehmen im Vergleich: Transparenz an der Spitze. Verfügbar bei Schweizerische Nationalbibliothek, Magazin West (Fach 8502a)
  2. Iwan Städler: «Der Minder» kann nicht anders. In: Tages-Anzeiger. 14. Dezember 2012, abgerufen am 23. September 2019
  3. a b schillingreport 2019 – Transparenz an der Spitze – Die Führungsgremien der Schweizer Wirtschaft und des öffentlichen Sektors. In: www.schillingreport.ch, abgerufen am 29. August 2019
  4. Odilia Hiller: Kantone bieten Topfrauen mehr. In: Ostschweiz am Sonntag. 28. Februar 2016, abgerufen am 29. August 2019
  5. Lukas Leuzinger: Kantone verfehlen Frauenquote. In: Luzernerzeitung. 3. Februar 2016. Abgerufen am 12. September 2019
  6. Karen Merkel: So viele weibliche Talente bieten Schweizer Firmen. In: Handelszeitung. 31. Oktober 2016, abgerufen am 29. August 2019
  7. Kaspar Enz: Der lange Weg in die Chefetagen. In: St. Galler Tagblatt. 25. Dezember 2016, abgerufen am 12. September 2019
  8. Karen Merkel: Weniger Frauen in Schweizer Konzernspitzen. In: Handelszeitung. 7. März 2018, abgerufen am 29. August 2019
  9. Leandra Nef: «Wer Kaderfrauen sucht, der findet». In: Annabelle. 9. März 2018, abgerufen am 29. August 2019
  10. Philipp Albrecht, Andrea Arezina: Warum es Frauen so selten an die Spitze der Wirtschaft schaffen. In: Republik. 10. Juni 2019, abgerufen am 29. August 2019
  11. SRF: Frauenanteil in Geschäftsleitungen ist gestiegen. In: Schweizer Radio und Fernsehen. 9. März 2019, abgerufen am 29. August 2019
  12. Guido Schilling. auf der Website schillingpartners.ch, abgerufen am 29. August 2019
  13. Nicole Rütti: Quotendiskussion zeigt Wirkung. In: Neue Zürcher Zeitung. 5. März 2015, abgerufen am 12. September 2019
  14. Marina Bolzli: Warum es in der Kulturszene so wenig Chefinnen gibt. In: Berner Zeitung. 11. Juni 2019, abgerufen am 29. August 2019
  15. Hans Caspar von der Crone und Luca Angstmann: Kernfragen der Aktienrechtsrevision. In: SZW 89 (2017) S. 16, www.ius.uzh.ch, abgerufen am 29. August 2019
  16. SRF-Tagesschau: Unternehmen haben mehr Frauen in der Geschäftsleitung. In: Schweizer Radio und Fernsehen. 7. März 2019, abgerufen am 29. August 2019
  17. Bundesrat: Erläuternder Bericht zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht). In: Bundesamt für Justiz. Abgerufen am 29. August 2019
  18. Lukas Häuptli: Die Gleichstellung der Frau kommt kaum vom Fleck. Warum sich das in der Schweiz aber bald ändern könnte. In: Neue Zürcher Zeitung. 8. Juni 2019, abgerufen am 29. August 2019
  19. Karin Kofler, Laura Frommberg: Die Frauenquote bringt Firmen ins Rotieren. In: SonntagsZeitung. 23. Juni 2019, abgerufen am 29. August 2019
  20. Dominik Feusi: Wenig Widerstand gegen Frauenquote in den Chefetagen grosser Firmen. In: Tages-Anzeiger. 20. Juni 2019, abgerufen am 29. August 2019
  21. Olga Scheer: Der Frauenanteil in Schweizer Führungsetagen steigt wieder. In: Neue Zürcher Zeitung. 7. März 2019, abgerufen am 29. August 2019
  22. Nathalie Gratwohl: Warum Frauen seltener befördert werden als Männer – und was die Pensionierungswelle daran ändern könnte. In: Neue Zürcher Zeitung. 28. August 2019, abgerufen am 29. August 2019
  23. Nicole Rütti, Natalie Gratwohl: Junge Berufsfrauen fordern ihren Platz ein. In: Neue Zürcher Zeitung. 7. März 2019, abgerufen am 29. August 2019
  24. Valérie Müller, Marco Salvi: Gleichstellung im Change-Modus. In: Avenir Suisse. 13. Juni 2019, abgerufen am 29. August 2019
  25. schillingreport 2019 – Transparenz an der Spitze – Die Führungsgremien der Schweizer Wirtschaft und des öffentlichen Sektors. In: Schillingreport, abgerufen am 29. August 2019
  26. Martin Gollmer: Frauen in Topjobs auf dem Vormarsch. In: Finanz und Wirtschaft. 7. März 2019, abgerufen am 29. August 2019
  27. Bundesrat: Botschaft zur Änderung des Obligationenrechts (Aktienrecht). In: Bundesrat. 23. November 2016, abgerufen am 29. August 2019
  28. Maja Briner: Bundesrat beharrt auf Frauenquote. In: St. Galler Tagblatt. 24. November 2016, abgerufen am 12. September 2019
  29. Nicole Rütti: Die Frauen holen auf – aber nur langsam. In: Neue Zürcher Zeitung. 8. März 2019, abgerufen am 29. August 2019
  30. SWI swissinfo.ch: Regierung will mehr Frauen in Führungspositionen. In: SWI swissinfo.ch. 24. November 2016, abgerufen am 12. September 2019
  31. Keystone-SDA: Nationalrat heisst Aktienrechtsrevision knapp gut. In: Keystone-SDA. 15. Juni 2019, abgerufen am 9. Oktober 2019