Kugelmugel

Die „Republik“ Kugelmugel
Der Innenraum der Sphäre
Kugelmugel aus der Vogelperspektive
Botschaft Republik Kugelmugel Singerstraße 20, Anwaltskanzlei Ramin Mirfakhrai

Kugelmugel ist ein im Wiener Wurstelprater auf einem kleinen mit Stacheldraht umzäunten Stück Grund aufgestelltes Kugelhaus von 8 Meter Durchmesser, das vom Künstler Edwin Lipburger (* 1928 in Lauterach/Vorarlberg; † 8. Jänner 2015) geschaffen und 1982 hierher verlegt wurde, nachdem er es 11 Jahre davor ohne amtlichen Konsens in Niederösterreich errichtet hatte. Lipburger erklärte Kugelmugel zur eigenständigen Republik. Die Wiener Verwaltung betrachtet es als Kunstprojekt, welches nie genehmigt wurde, aber geduldet wird.[1]

Geschichte

1971 stellte Edwin Lipburger in Katzelsdorf bei Wiener Neustadt in Niederösterreich in der Nähe der Landesstraße 4091 ein Kugelhaus auf eine Wiese. Da keine Baugenehmigung vorlag, rechtfertigte sich Lipburger damit, dass seine „nur vorübergehend stabilisierte Kugel“ ein „positiv konstant gekrümmter, zweidimensionaler Raum und daher kein Begriff im Sinne der Niederösterreichischen Bauordnung“ bzw. ein „Konstruktionsmodell für eine 20 Meter dicke Kugel aus Stahlbeton“ sei. Außerdem stellte er gekrümmte Ortstafeln auf, die jedoch von der Gendarmerie beschlagnahmt wurden und einen Rechtsstreit auslösten, weshalb er vom Bezirksgericht Wiener Neustadt 1979 wegen Amtsanmaßung zu zehn Wochen Freiheitsstrafe verurteilt wurde, die auch verbüßt werden mussten. Bereits 1976 hatte „Revolutionsführer“ Lipburger die nicht offiziell anerkannte Republik Kugelmugel ausgerufen.

Anfang Juni 1982 wurde das Kugelhaus in den Wiener Prater in den jetzigen Ort hinter dem Wiener Planetarium verlegt. Dieser Ort liegt an der Prater Hauptallee nahe der Vivariumstraße. Der mit Wiese bewachsene Platz von kaum 100 m² Fläche wurde vom Künstler mit einem offiziell wirkenden Straßenschild Antifaschismusplatz bezeichnet, welches Liphauer ebenso als Kunstobjekt bezeichnete. Die Straßenbezeichnung findet sich in keinem offiziellen Verzeichnis. Er ist im Wesentlichen regelmäßig 8-eckig eingezäunt. Die 9 etwa 2,60 m hohen Betonzaunsäulen tragen Maschendrahtzaun, von deren obersten Abschnitt knicken jedoch nach außen Spanndrähte und Stacheldraht. An einem Eck befindet sich der Eingang in Form einer Holztür, die mit rot-weißem Bakenmuster, wie es für Schildwachen üblich ist, lackiert ist.

Eine liegend-rechteckige Tafel mit waagrechten Streifen in weiß-rot-weiß, mittigem schwarz-weißem Signet eines Porträts und der Aufschrift „Republik Kugelmugel / Grenzübergang“ flaggt den „Staat“ über dieser mit Briefschlitz versehenen Zauntür aus. Kommunikation findet statt über Anschläge in einem Schaukasten mit A4-Papieren sowie zwei etwa 1,50 m × 3 m großen weißen Plakattafeln mit Text, die von 2 Alu-Baugerüsten in etwa 2,50 m Höhe über Grund gehalten werden. Die unter der Unterschrift „Generalvolksanwalt Edwin Lipburger-Kugelmugel“ angegebene Webadresse www.republik-kugelmugel.com[2] führte zu einer eigenwilligen Selbstdarstellung, die heute noch im Webarchiv abrufbar ist. Laut Artikel in der Presse vom August 2014 prangte damals am Pkw Lipburgers, abgestellt bei seiner Wohnung in Penzing, die Aufschrift „Staat im Staat. Kugelmugel. Exterritorial.“

Lipburgers Sohn Nikolaus trägt die Arbeit weiter. Im Frühjahr 2016 wurde ein Symposium innerhalb Kugelmugel einberufen, und dabei geplant, den Ort wieder verstärkt als Raum für künstlerische Ausstellungen zur Verfügung zu stellen. Seither gibt es (Stand 2018) regelmäßige Kunstveranstaltungen.

Reaktivierung

Im August 2022 wurde bekannt, dass die Unternehmerin Linda Treiber beauftragt wurde, Kugelmugel zu reaktivieren. Laut Medienbericht sollte das Objekt ab Frühling 2023 wieder der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.[3]

Am 1. Juni 2024 war das Haus erstmals seit vielen Jahren wieder geöffnet.[4]

Literatur

  • Elke Wikidal: Republik Kugelmugel. Kugelhaus und Ministaat im Prater. In: Werner Michael Schwarz, Susanne Winkler (Hrsg.): Der Wiener Prater. Labor der Moderne. Politik – Vergnügen – Technik. Birkhäuser, Basel 2024, ISBN 978-3-0356-2855-5, S. 208–211.
Commons: Kugelmugel – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Quellen

Einzelnachweise

  1. https://www.diepresse.com/3852490/was-macht-ein-ministaat-mitten-im-prater
  2. www.republik-kugelmugel.com (Memento vom 28. Juni 2015 im Internet Archive)
  3. Draßmarkterin als Managerin des „Kugelmugel“ im Prater. Auf bvz.at, 20. August 2022, zuletzt abgerufen am 29. August 2023.
  4. Kronen Zeitung. Wien-Ausgabe. 30. Mai 2024, S. 29.

Koordinaten: 48° 12′ 55,9″ N, 16° 23′ 45,9″ O