„Rastertunnelmikroskop“ – Versionsunterschied

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Das '''Rastertunnelmikroskop''' oder '''Rastertunnelektronenmikroskop''' (abgekürzt '''RTM''', oder '''STM''' von englisch ''scanning tunnelling microscope'') ist ein [[Mikroskop]], das in der [[Oberflächenphysik]] eingesetzt wird, um die Oberfläche einer Probe durch ''"Abtasten"'' abzubilden. Die Rastertunnelmikroskopie unterscheidet sich von den länger bekannten und verwendeten oberflächensensitiven Beugungsmethoden wie z.B. der Beugung langsamer Elektronen ([[LEED|LEED]]) dadurch, dass sie ein reales Abbild der Probenoberfläche erzeugt (Abbildung im Ortsraum). Dadurch kann die Rastertunnelmikroskopie im Gegensatz zu den Beugungsmethoden (die im inversen Raum abbilden) auch nicht-periodische, lokale Strukturen - wie z.B. Oberflächendefekte - sichtbar machen.
Das '''Rastertunnelmikroskop''' oder auch '''Rastertunnelektronenmikroskop''', selten auch Tunnelelektronenmikroskop (abgekürzt '''RTM''', oder '''STM''' von englisch ''scanning tunnelling microscope'') ist ein [[Mikroskop]], das in der [[Oberflächenphysik]] eingesetzt wird, um die Oberfläche einer Probe abzubilden. Die Rastertunnelmikroskopie unterscheidet sich von den länger bekannten und verwendeten oberflächensensitiven Beugungsmethoden wie z.B. der Beugung langsamer Elektronen ([[LEED|LEED]]) dadurch, dass sie ein ''"reales"'' Abbild der Probenoberfläche erzeugt (Abbildung im Ortsraum). Dadurch kann die Rastertunnelmikroskopie im Gegensatz zu den Beugungsmethoden (die im inversen Raum abbilden) auch nicht-periodische, lokale Strukturen - wie z.B. Oberflächendefekte und [[Nanoteilchen|Nanostrukturen]]- sichtbar machen.


Bei der rastertunnelmikroskopischen Messung wird eine elektrisch leitende Spitze systematisch (in einem ''[[Raster]]'') über das Untersuchungsobjekt gefahren. Sowohl Nadel als auch Objekt sind von [[Elektronenwolke]]n umgeben.
Bei der rastertunnelmikroskopischen Messung wird eine elektrisch leitende Spitze (auch Nadel) systematisch (in einem ''[[Raster]]'') über das enbenfalls leitende Untersuchungsobjekt gefahren. Die Sitze und die Objektoberfläche sind dabei durch ihre [[Elektronen]] beschrieben, die in Form von [[Quantenmechanischer Zustand|quantenmechanischen Zuständen]] (auch [[Elektronenwolke|Elektronenwolken]] oder [[Orbital|Orbitale]]) vorliegen. Der Abstand zwischen dem Objekt und der Spitze wird nun so gering gehalten, dass die [[Elektronen]] zwischen der Spitze und der Probe ausgetauscht werden können ([[Quantenmechanischer Tunneleffekt]]). Dies geschieht üblicherweise bei einer Entfernung von 1 [[Nanometer|nm]] und darunter. Für den realen Tunnelstrom ist weiterhin das Anlegen einer s.g. ''"Tunnelspannung"'' zwischen Spitze und Probe nötig.
Der Abstand zwischen dem Objekt und der Spitze wird nun so gering gehalten, dass die [[Elektronen]] zwischen der Spitze und der Probe ausgetauscht werden ([[Quantenmechanischer Tunneleffekt]]). Dies geschieht üblicherweise bei einer Entfernung von unter 1 [[Nanometer|nm]].


Die Rastertunnelmikroskopie ist ein indirektes Abbildungsverfahren, da das Gesamtbild einer Messung aus den an jedem Rasterpunkt gemessenen und in Graustufen umgerechneten Werten des Tunnelstroms zusammengesetzt wird.
Die Rastertunnelmikroskopie ist ein indirektes Abbildungsverfahren, da das Gesamtbild einer Messung aus den an jedem Rasterpunkt gemessenen und in Graustufen umgerechneten Werten des Tunnelstroms zusammengesetzt wird.


Da das Prinzip der Rastertunnelmikroskopie auf der Messung eines Stromflusses zwischen der Probe und der Spitze des Rastertunnelmikroskops beruht, können nur elektrisch leitende Proben (Metalle, hinreichend leitfähige, dotierte Halbleiter) untersucht werden.
Da das Prinzip der Rastertunnelmikroskopie auf der Messung eines Stromflusses zwischen der Probe und der Spitze des Rastertunnelmikroskops beruht, können nur elektrisch leitende Proben ([[Metalle]], [[Halbmetalle]], hinreichend leitfähige [[Halbleiter]], [[Supraleiter]]) untersucht werden.


Die mit dem Rastertunnelmikroskop gewonnenen Abbildungen entsprechen allerdings ''nicht'' der "wahren" atomaren (geometrischen) Struktur der Oberfläche. Vielmehr wird die elektronische Oberflächenstruktur gemessen. Atomare und elektronische Struktur der Oberfläche können - müssen aber nicht - übereinstimmen. Diese Tatsache wird bei der Interpretation von rastertunnelmikroskopischen Aufnahmen oft vernachlässigt.
Die mit dem Rastertunnelmikroskop gewonnenen Abbildungen entsprechen allerdings ''nicht'' der "wahren" atomaren (geometrischen) Struktur der Oberfläche. Vielmehr wird zunächst die elektronische Oberflächenstruktur gemessen. Atomare und elektronische Struktur der Oberfläche können - müssen aber nicht - übereinstimmen. Diese Tatsache wird bei der Interpretation von rastertunnelmikroskopischen Aufnahmen oft vernachlässigt.


== Experimentelle Randbedingungen ==
==Mess-Modi==


Aufgrund des ultrakurzen Abstandes zwischen Spitze und Probenoberfläche von ca. 1 nm ([[Nanometer]]) mus eine Rastertunnelmikroskop i.d.R. gegenüber der Umwelt schwingungsisoliert werden. Dies Geschieht meist mit einer Kombination aus einem [[Feder]]system und einer [[Dämpfung]] (oft in Form einer [[Wirbelstrombremse]]). Ferner sind Temperaturschwankungen zu vermeiden, da diese Verzerrungen und Längenänderungen im Aufbau bewirken, die meist schnell mehr als 1 nm betragen. Auch eine elektromagnetische Abschrimung gegenüber der Umwelt ist aufgrund der oft nur 10 bis 1000 pA ([[Pico]][[ampere]]) betragenden Tunnelströme notwendig.
Ein STM arbeitet im "Nahfeld Modus", d.h. der Abstand der Spitze von der Probe bzw. die Auflösung des Mikroskops sind geringer als die Wellenlänge der Tunnelelektronen (vgl. [[Materiewellen]] und [[de Broglie]]-Gleichung).


Die Tunnelspannungen zwischen Spitze und Probe betragen i.d.R. wenige bis zu einigen 100 mV bei Metallen, Halbmetallen und Supraleitern und einige [[Volt]] bei Halbleitern.
Es wird eine [[elektrische Spannung]], in der Fachwelt auch ''Bias'' genannt, zwischen dem Untersuchungsobjekt und der Spitze angelegt, so kann ein [[Elektrischer Strom|Strom]], der so genannte [[Tunnelstrom]] fließen.


Sowohl die zu untersuchende Oberfläche als auch die Benutzte Spitze müssen an der Oberfläche elektrisch ideal leitend sein. Dies ist i.d.R. unter [[Normalbedingungen]] nicht der Fall, da beide [[oxidieren]] oder andersweitig verschmutzt werden können. Deshalb wird die Rastertunnelmikroskopie oft im [[Ultrahochvakuum]] durchgeführt, was einen nicht zu unterschätzenden technischen Aufwand bedeutet.
:'''Modus Konstanter Höhe''' (constant height method)<br />Die absolute Höhe der Spitze über der Probe wird nicht verändert. Da die Stärke dieses Stroms sehr stark ([[exponentiell]]) vom Abstand der Nadel zum Objekt abhängt, lässt sich für jeden Rasterpunkt so der Abstand der Nadel zum Objekt rekonstruieren, wodurch ein dreidimensionales Bild des Objektes hergestellt wird. Das ist nur möglich für im wesentlichen flache Proben.


Die Bewegung der Spitze relativ zur Probenoberfläche wird mit Hilfe von [[Piezo|piezoelektrischen Keramiken]] bewerkstelligt. Diese lassen eine hochpräzise Kontrolle im sub-Nanometer Maßstab über angelegte [[elektrische Spannung|elektrische Spannungen]] zu.
:'''Modus Konstanter Tunnelstrom''' (constant current method)<br />Eine andere Methode der Abbildung beruht darauf, die Höhe der Spitze fortlaufend so zu verändern, dass der Strom konstant bleibt (''constant current method'', CCM oder ''constant gap width method'', CGM). Ist der Strom konstant, so ist falls die elektrische Eigenschaft der Oberfläche gleich bleibt auch der Abstand konstant. Somit lässt sich nun über die Position der Spitze das dreidimensionales Bild der Oberfläche rekonstruieren. Die Auflösung ist bei diesem Verfahren so hoch, dass die atomare Struktur der Oberfläche sichtbar wird.


== Theorie ==
:'''Spektroskopiemodus'''<br />Einen großen Einfluss auf die Messung hat auch die elektronische Struktur der Probe. Man erhält bei keiner STM-Methode ein reines Höhenprofil der Probe, sondern dazu überlagert auch die elektronische Struktur der Probe. Zum Beispiel kann ein einzelnes Sauerstoffatom auf einer Oberfläche des Halbleitermaterials Galliumarsenid mal als Mulde und mal als Hügel erscheinen, je nachdem, ob man positive oder negative Spannung zwischen Spitze und Probe anlegt.<br />Man kann das ausnutzen, um die energetischen Lagen der Oberflächenzustände einer Probe, also die Orte, an denen sich Elektronen aufhalten dürfen, zu bestimmen. Man muss dazu der Spannung eine hochfrequente Wechselspannung überlagern und kann dann aus der Ableitung des Stromes nach der Spannung die sogenannte Zustandsdichte errechnen.


Der [[Quantenmechanischer Tunneleffekt|Tunneleffekt]] wurde bereits 1961 von [[John Bardeen]] eindimensional erklärt. Überträgt man diese Theorie auf die Rastertunnelmikroskopie, so ist eine atomar genaue Kenntnis der Spitze notwendig, um die gemessenen Bilder zu interpretieren. Eine wesentliche Vereinfachungen stellt die s.g. [[Tersoff-Hamann-Theorie]] (1985) dar, die den Einfluß der Spitze auf die Messung vernachlässigt und Aussagen über die elektronische Struktur der Probe liefert. Die Spitze wird dabei als Metall mit linearer elektronischer [[Zustandsdichte]] und kugelsymmetrischen s-[[Quantenmechanische Wellenfunktion|Wellenfunktionen]] angenommen. Eine Erweiterung dieser Theorie lieferte C. Julien Chen (1987), der komplexere Spitzengeometrien berechnete. Eine wirklich dreidimensionale Theorie zum Rastertunnelmikroskop ist zwar analytisch aufstellbar, jedoch i.d.R. kaum lösbar und damit von untergeordneter Bedeutung. Dreidimensionalen Systeme können nur näherungsweise numerisch berechnet werden, meist unter der Zuhilfenahme mehrerer abgeschätzter Parameter.


==Mess-Modi==
Den drei Methoden ist gemein, dass die Messspitze linienhaft über die Probe bewegt wird, bevor sie lateral versetzt eine benachbarte Linie erfasst. Hieraus ergibt sich ein Linienraster auf der Oberfläche.
Neben dem Aufsetzen der Spitze hat die Methode der konstanten Höhe den Nachteil, dass sich die Spitze bei Vertiefungen soweit entfernen kann, dass der Strom nicht mehr messbar ist. Vorteil ist dagegen, dass der Abstand nicht nachgeführt werden muss und damit schnelle Aufnahmen möglich sind (Video-RTM). Bei statischen Proben ist es sinnvoller, den Abstand beim Rastern so zu variieren, dass der Tunnelstrom konstant bleibt (CCM).


Ein '''STM''' arbeitet mit einem Abstand der Spitze von der Probe bzw. mit einer Auflösung die geringer als die Wellenlänge der Tunnelelektronen (vgl. [[Materiewellen]] und [[de Broglie]]-Gleichung) sind. Es wird eine [[elektrische Spannung]] (engl. ''bias'' oder ''tunneling bias'') zwischen dem Untersuchungsobjekt und der Spitze angelegt, so kann ein [[Elektrischer Strom|Strom]], der so genannte [[Tunnelstrom]] fließen.
:'''Austrittsarbeitsmodus'''<br />Lässt man die Spitze über einem Punkt der Probe die Höhe verändern, kann man aus der Ableitung des Tunnelstroms nach der Höhe (von der Spitze über der Probe) die Austrittsarbeit der Elektronen bestimmen.

:'''Modus Konstanter Höhe''' (constant height method, abgek. CHM)<br />Die absolute Höhe der Spitze über der Probe wird nicht verändert. Da die Stärke dieses Stroms sehr stark ([[exponentiell]]) vom Abstand der Nadel zum Objekt abhängt, lässt sich für jeden Rasterpunkt so der Abstand der Nadel zum Objekt rekonstruieren, wodurch ein dreidimensionales Bild des Objektes hergestellt wird. Das ist nur möglich für im wesentlichen flache Proben. Allerdings ermöglich dieser Modus ein sehr schnelles Abrastern der Probenoberfläche. Dies ist für die Erstellung von zeitaufgelösten Filmen von Veränderungen an der Porbenoberfläche wichtig. Ansonsten hat der '''Modus Konstanter Höhe''' kaum praktische Bedeutung.

:'''Modus Konstanten Tunnelstroms''' (constant current method, abgek. CCM oder constant gap width mode, abgek. CGM)<br />Eine andere Methode der Abbildung beruht darauf, die Höhe der Spitze fortlaufend so zu verändern, dass der Strom konstant bleibt. Dies geschiet über einen elektronischen [[Regelkreis]] zur Abstandsregelung. Somit lässt sich nun über die Position der Spitze das dreidimensionales Bild der Oberfläche direkt bestimmten. Die Auflösung ist bei diesem Verfahren so hoch, dass die atomare elektronische Struktur der Oberfläche sichtbar wird. Der Bildkontrast darf jedoch nicht direkt als atomare Struktur verstanden werden. Inzwischen sind mindestens 9 verschiedene Kontrastmechanismen bekannt, die dier Bildentstehung beeinflussen und bei der Interpretation beachtet werden müssen. Allerdings ist die Methode durch den Regelkreis in Ihrer Messgeschwindigkeit begrenzt, die Aufnahme eine Bildes dauert i.d.R. mehrere 10 Sekunden bis zu Stunden. In der Praxis wird dieser Modus meistens benutzt.

:'''Spektroskopiemodus''', auch '''Rastertunnelspektroskopie''' (engl. scanning tunneling spectroscopy), abgek. STS<br />Da man mit dem '''STM''' über den [[Quantenmechanischer Tunneleffekt|Tunneleffekt]] vermittelt zunächst die lokale elektronische Struktur der Probenoberfläche mißt, kann man das '''STM''' auch direkt zur Bestimmung dieser ausnutzen. Zum Beispiel erscheint ein einzelnes Sauerstoffatom auf einer Oberfläche des Halbleitermaterials Galliumarsenid mal als Mulde und mal als Hügel, je nachdem, ob man positive oder negative Spannung zwischen Spitze und Probe anlegt.<br />Man kann das ausnutzen, um die entweder die energetischen Lagen der Oberflächenzustände einer Probe (STS-Spektren an einem Ort) oder die Orte an denen sich Elektronen bei einer bestimmten [[Energie]] (enspricht der [[elektrische Spannung|Tunnelspannung]]) aufhalten dürfen (SPS-Bilder bei konstanter Tunnelspannung) zu bestimmen. Man muss dazu der Tunnelspannung eine kleine hochfrequente Wechselspannung überlagern und kann dann aus der Ableitung des Stromes nach der Spannung die sogenannte Zustandsdichte errechnen. Die Rastertunnelspektroskopie wird oft bei tiefen Temperaturen von wenigen [[Kelvin]] durchgeführt, das die energetische Auflösung über die [[Fermi-Verteilung]] von der Temperatur abhängt. Der Spektroskopiemodus ist weiterhin in diverse Untermodi unterteilt.

Den drei Methoden (CHM, CCM und STS-Bilder) ist gemein, dass die Messspitze linienhaft über die Probe bewegt wird, bevor sie lateral versetzt eine benachbarte Linie erfasst. Hieraus ergibt sich ein Linienraster auf der Oberfläche.

Neben dem Aufsetzen der Spitze hat die Methode der konstanten Höhe den Nachteil, dass sich die Spitze bei Vertiefungen soweit entfernen kann, dass der Strom nicht mehr messbar ist. Im Falle von ''Bergen'' auf der Oberfläche rammt die Spitze meist in die Probenoberfläche und wird dadurch zerstört. Der Vorteil ist dagegen, dass der Abstand nicht nachgeführt werden muss und damit schnelle Aufnahmen möglich sind (Video-RTM). Bei statischen Proben ist es sinnvoller, den Abstand beim Rastern so zu variieren, dass der Tunnelstrom konstant bleibt (CCM).


==Objektveränderung==
==Objektveränderung==
Eine weitere Anwendung des Rastertunnelmikroskops ist die gezielte Veränderung eines Objektes.
Eine weitere Anwendung des Rastertunnelmikroskops ist die gezielte Veränderung eines Objektes.
Hierbei wird die Nadel an die gewünschte Stelle des Objektes gebracht. Durch Anlegen einer (im Vergleich zur Abbildungsrasterung) hohen Spannung kann man nun [[Atom]]e aus der Oberfläche lösen und an die Spitze kleben. Wird die Spitze nun von der Probe weggezogen, so reißt das Atom aus der Oberfläche heraus. An der neuen Position kann es anschließend durch ein sehr kurzes Anlegen einer hohen Spannung wieder abgelegt werden.
Hierbei wird die Nadel an die gewünschte Stelle des Objektes gebracht. Durch Anlegen einer (im Vergleich zur Abbildungsrasterung) hohen Spannung kann man nun [[Atom]]e aus der Oberfläche lösen und an die Spitze kleben. Wird die Spitze nun von der Probe weggezogen, so reißt das Atom aus der Oberfläche heraus. An der neuen Position kann es anschließend durch ein sehr kurzes Anlegen einer hohen Spannung wieder abgelegt werden. Weiterhin gibt es auch die Möglichkeit des ''Schubsens'' oder ''Mitziehens'' von einelnen [[Atom|Atomen]] oder [[Molekül|Moleküen]] auf der Oberfläche durch geeignete, meist hohe Tunnelspannungen an der Spitze. Mithilfe dieser Methoden wurde das s.g. atomare Schreiben durchgeführt, das Schriftzüge wie [[IBM]], Logos einzelner [[Hochschulen]] oder Landkartenskizzen mit einzelnen Atomen auf Oberflächen darstellt.


Auf dem Gebiet der [[Magnetspeicher|Magnetischen Datenspeicherung]] hat [[IBM]] ein [[Niedrigtemperatur-Scanning-Tunnelmikroskop]] entwickelt. Damit sollen erfolgreiche Versuche durchgeführt worden sein, einzelne Atome in ihrer [[Elektronenspin|Spin]]-(magnetischen)-Ausrichtung in einer [[Magnetismus|Magnetschicht]] zu verändern und gezielt zu beeinflussen. Die Methode wird [[Spin-Anregungs-Spektroskopie]] (''Spin-Excitation-Spektroskopie'') genannt. (''[[Science|Science Express]].'' 2006, 4)
Auf dem Gebiet der [[Magnetspeicher|Magnetischen Datenspeicherung]] hat [[IBM]] ein Scanning-Tunnelmikroskop entwickelt, dass bei sehr niedrigen Temperaturen funktioniert (~4 [[Kelvin|K]]). Damit sollen erfolgreiche Versuche durchgeführt worden sein, einzelne Atome in ihrer [[Elektronenspin|Spin]]-(magnetischen)-Ausrichtung in einer [[Magnetismus|Magnetschicht]] zu verändern und gezielt zu beeinflussen. Die Methode wird [[Spin-Anregungs-Spektroskopie]] (''Spin-Excitation-Spektroskopie'') genannt. (''[[Science|Science Express]].'' 2006, 4)


==Forschungsgeschichte==
==Forschungsgeschichte==
Das erste erfolgreiche Experiment zum Nachweis eines abstandsabhängigen Tunnelstromes konnte am [[18. März]] [[1981]] durchgeführt werden. Die beiden Physiker [[Gerd Binnig]] und [[Heinrich Rohrer]], die das Experiment durchführten und das Rastertunnelmikroskop letztlich auch zum einsetzbaren Instrument machten, erhielten hierfür [[1986]] den [[Nobelpreis]] in Physik.
Das erste erfolgreiche Experiment zum Nachweis eines abstandsabhängigen Tunnelstromes konnte am [[18. März]] [[1981]] durchgeführt werden. Die beiden Physiker [[Gerd Binnig]] und [[Heinrich Rohrer]], die das Experiment durchführten und das Rastertunnelmikroskop letztlich auch zum einsetzbaren Instrument machten, erhielten hierfür [[1986]] den [[Nobelpreis]] in Physik. Ferner waren auch Christian Gerber und E. Weibel an der Entwicklung beteiligt.


Anm.: Entgegen vieler Lehrbücher gibt es sehr wohl schon frühere Arbeiten auf diesem Gebiet, in denen die wesentlichen Aspekte eines RTM/STM demonstriert wurden - insbesondere das Auftreten eines Tunnelstromes. Dieses Gerät wurde von Russel Young, John Ward und Fredric Scire Ende der 60er Jahre als Topografiner entwickelt. Es gab jedoch bürokratische und technische Schwierigkeiten, beispielsweise störten die Vibrationen der Klimaanlage die Messungen. Das Nobelpreiskomitee
Anm.: Entgegen vieler Lehrbücher gibt es sehr wohl schon frühere Arbeiten auf diesem Gebiet, in denen die wesentlichen Aspekte eines RTM/STM demonstriert wurden - insbesondere das Auftreten eines Tunnelstromes. Dieses Gerät wurde von Russel Young, John Ward und Fredric Scire Ende der 60er Jahre als Topografiner entwickelt. Es gab jedoch bürokratische und technische Schwierigkeiten, beispielsweise störten die Vibrationen der Klimaanlage die Messungen. Das Nobelpreiskomitee erkannte jedoch später ihre Leistungen an.
erkannte jedoch später seine Leistungen an.

== Theorie ==
Anschaulich kann wird der [[Quantenmechanischer Tunneleffekt|Tunneleffekt]] eindimensional erklärt.
Die erste dreidimensionale Theorie zum '''Rastertunnelmikroskop''' war die [[Tersoff-Hamann-Theorie]].


Das Rastertunnelmikroskop ist der Vater aller anderen [[Rastersondenmikroskopie|Rastersondenmikroskope]] mit Ausnahme des Rasterelektronenmikroskops. In der Folgezeit wurden vor allem das [[Rasterkraftmikroskop]] (AFM) und das [[Optisches Rasternahfeldmikroskop|optische Rasternahfeldmikroskop]] (SNOM) entwickelt, welche sich einer anderen atomaren Wechselwirkung bedienen. Die Entwicklung aller dieser [[Rastersondenmikroskopie|Rastersondenmikroskope]] war eine wesentlicher Schritt in Richtung der [[Nanowissenschaften]], da man mit ihnen auf recht einfache und vergleichsweise preiswerte Art und Weise nanoskopische Objekte (Objekte, die kleiner sind als die Lichtwellenlänge von 400 bis 800 nm) beobachten und darüber hinaus auch manipulieren kann.


Ferner hat die Rastertunnelmikroskopie wesentlich zur Veranschaulichung der Quantenmechanik beigetragen. Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde s.g. [[Quantum Corrals]] erzeugt und gemessen. Quantum Corrals sind einfache geometrische Quantensysteme auf Oberflächen. Anhand dieser Quantum Corrals konnte extrem anschaulich die Analogie zwischen [[Materiewellen|Elektronenwellen]] und [[Wasserwelle|Wasserwellen]] dargestellt werden, was eine bis dahin nicht vorhandene direkte Bestätigung der [[Quantenmechanik]] im Realraum ist. Die Abbildungen dieser Quantum Corrals gehen inzwischen um die Welt: Sie sind die meist dargestellten STM-Bilder auf Büchern und darüber hinaus auch in Tageszeitungen zu finden. Solche Bilder, ihre Interpretation und Wirkung sind inzwischen sogar Forschungsgegenstand der [[Bildwissenschaft|Bildwissenschaften]] (vgl. [[Horst Bredekamp]]) und der [[Kunstgeschichte]].


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
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== Literatur ==
== Literatur ==
* C. Julien Chen: ''Introduction to Scanning Tunneling Mircoscopy''. Oxford University Press, Oxford 1993, ISBN 0-19-507150-6 (Englisch)
* [[Roland Wiesendanger]]: ''Scanning Probe Microscopy and Spectroscopy - Methods and Applications''. Cambridge University Press, Cambridge 1994, ISBN 0-521-42847-5 (Englisch)
* [[Roland Wiesendanger]]: ''Scanning Probe Microscopy and Spectroscopy - Methods and Applications''. Cambridge University Press, Cambridge 1994, ISBN 0-521-42847-5 (Englisch)
* Russell Young, John Ward, Fredric Scire: ''The Topografiner. An Instrument for Measuring Surface Microtopography.'' in: ''Review of scientific instruments, with physics news and views.'' American Institute of Physics, Lancaster PA 43.1972, 999. {{ISSN|0034-6748}}
* Russell Young, John Ward, Fredric Scire: ''The Topografiner. An Instrument for Measuring Surface Microtopography.'' in: ''Review of scientific instruments, with physics news and views.'' American Institute of Physics, Lancaster PA 43.1972, 999. {{ISSN|0034-6748}}
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* [http://sxm4.uni-muenster.de/ Rastertunnelmikroskop im Eigenbau]
* [http://sxm4.uni-muenster.de/ Rastertunnelmikroskop im Eigenbau]
* [http://www.news.cornell.edu/releases/Nov99/molecules.ws.html STM builds a molecule]
* [http://www.news.cornell.edu/releases/Nov99/molecules.ws.html STM builds a molecule]
* Forschungsprojekt [http://www2.hu-berlin.de/kulturtechnik/dtb.php?show=startseite Das technische Bild]


[[Kategorie:Spektroskopie]]
[[Kategorie:Spektroskopie]]

Version vom 23. April 2006, 02:28 Uhr

Rastertunnelmikroskop

Das Rastertunnelmikroskop oder auch Rastertunnelektronenmikroskop, selten auch Tunnelelektronenmikroskop (abgekürzt RTM, oder STM von englisch scanning tunnelling microscope) ist ein Mikroskop, das in der Oberflächenphysik eingesetzt wird, um die Oberfläche einer Probe abzubilden. Die Rastertunnelmikroskopie unterscheidet sich von den länger bekannten und verwendeten oberflächensensitiven Beugungsmethoden wie z.B. der Beugung langsamer Elektronen (LEED) dadurch, dass sie ein "reales" Abbild der Probenoberfläche erzeugt (Abbildung im Ortsraum). Dadurch kann die Rastertunnelmikroskopie im Gegensatz zu den Beugungsmethoden (die im inversen Raum abbilden) auch nicht-periodische, lokale Strukturen - wie z.B. Oberflächendefekte und Nanostrukturen- sichtbar machen.

Bei der rastertunnelmikroskopischen Messung wird eine elektrisch leitende Spitze (auch Nadel) systematisch (in einem Raster) über das enbenfalls leitende Untersuchungsobjekt gefahren. Die Sitze und die Objektoberfläche sind dabei durch ihre Elektronen beschrieben, die in Form von quantenmechanischen Zuständen (auch Elektronenwolken oder Orbitale) vorliegen. Der Abstand zwischen dem Objekt und der Spitze wird nun so gering gehalten, dass die Elektronen zwischen der Spitze und der Probe ausgetauscht werden können (Quantenmechanischer Tunneleffekt). Dies geschieht üblicherweise bei einer Entfernung von 1 nm und darunter. Für den realen Tunnelstrom ist weiterhin das Anlegen einer s.g. "Tunnelspannung" zwischen Spitze und Probe nötig.

Die Rastertunnelmikroskopie ist ein indirektes Abbildungsverfahren, da das Gesamtbild einer Messung aus den an jedem Rasterpunkt gemessenen und in Graustufen umgerechneten Werten des Tunnelstroms zusammengesetzt wird.

Da das Prinzip der Rastertunnelmikroskopie auf der Messung eines Stromflusses zwischen der Probe und der Spitze des Rastertunnelmikroskops beruht, können nur elektrisch leitende Proben (Metalle, Halbmetalle, hinreichend leitfähige Halbleiter, Supraleiter) untersucht werden.

Die mit dem Rastertunnelmikroskop gewonnenen Abbildungen entsprechen allerdings nicht der "wahren" atomaren (geometrischen) Struktur der Oberfläche. Vielmehr wird zunächst die elektronische Oberflächenstruktur gemessen. Atomare und elektronische Struktur der Oberfläche können - müssen aber nicht - übereinstimmen. Diese Tatsache wird bei der Interpretation von rastertunnelmikroskopischen Aufnahmen oft vernachlässigt.

Experimentelle Randbedingungen

Aufgrund des ultrakurzen Abstandes zwischen Spitze und Probenoberfläche von ca. 1 nm (Nanometer) mus eine Rastertunnelmikroskop i.d.R. gegenüber der Umwelt schwingungsisoliert werden. Dies Geschieht meist mit einer Kombination aus einem Federsystem und einer Dämpfung (oft in Form einer Wirbelstrombremse). Ferner sind Temperaturschwankungen zu vermeiden, da diese Verzerrungen und Längenänderungen im Aufbau bewirken, die meist schnell mehr als 1 nm betragen. Auch eine elektromagnetische Abschrimung gegenüber der Umwelt ist aufgrund der oft nur 10 bis 1000 pA (Picoampere) betragenden Tunnelströme notwendig.

Die Tunnelspannungen zwischen Spitze und Probe betragen i.d.R. wenige bis zu einigen 100 mV bei Metallen, Halbmetallen und Supraleitern und einige Volt bei Halbleitern.

Sowohl die zu untersuchende Oberfläche als auch die Benutzte Spitze müssen an der Oberfläche elektrisch ideal leitend sein. Dies ist i.d.R. unter Normalbedingungen nicht der Fall, da beide oxidieren oder andersweitig verschmutzt werden können. Deshalb wird die Rastertunnelmikroskopie oft im Ultrahochvakuum durchgeführt, was einen nicht zu unterschätzenden technischen Aufwand bedeutet.

Die Bewegung der Spitze relativ zur Probenoberfläche wird mit Hilfe von piezoelektrischen Keramiken bewerkstelligt. Diese lassen eine hochpräzise Kontrolle im sub-Nanometer Maßstab über angelegte elektrische Spannungen zu.

Theorie

Der Tunneleffekt wurde bereits 1961 von John Bardeen eindimensional erklärt. Überträgt man diese Theorie auf die Rastertunnelmikroskopie, so ist eine atomar genaue Kenntnis der Spitze notwendig, um die gemessenen Bilder zu interpretieren. Eine wesentliche Vereinfachungen stellt die s.g. Tersoff-Hamann-Theorie (1985) dar, die den Einfluß der Spitze auf die Messung vernachlässigt und Aussagen über die elektronische Struktur der Probe liefert. Die Spitze wird dabei als Metall mit linearer elektronischer Zustandsdichte und kugelsymmetrischen s-Wellenfunktionen angenommen. Eine Erweiterung dieser Theorie lieferte C. Julien Chen (1987), der komplexere Spitzengeometrien berechnete. Eine wirklich dreidimensionale Theorie zum Rastertunnelmikroskop ist zwar analytisch aufstellbar, jedoch i.d.R. kaum lösbar und damit von untergeordneter Bedeutung. Dreidimensionalen Systeme können nur näherungsweise numerisch berechnet werden, meist unter der Zuhilfenahme mehrerer abgeschätzter Parameter.

Mess-Modi

Ein STM arbeitet mit einem Abstand der Spitze von der Probe bzw. mit einer Auflösung die geringer als die Wellenlänge der Tunnelelektronen (vgl. Materiewellen und de Broglie-Gleichung) sind. Es wird eine elektrische Spannung (engl. bias oder tunneling bias) zwischen dem Untersuchungsobjekt und der Spitze angelegt, so kann ein Strom, der so genannte Tunnelstrom fließen.

Modus Konstanter Höhe (constant height method, abgek. CHM)
Die absolute Höhe der Spitze über der Probe wird nicht verändert. Da die Stärke dieses Stroms sehr stark (exponentiell) vom Abstand der Nadel zum Objekt abhängt, lässt sich für jeden Rasterpunkt so der Abstand der Nadel zum Objekt rekonstruieren, wodurch ein dreidimensionales Bild des Objektes hergestellt wird. Das ist nur möglich für im wesentlichen flache Proben. Allerdings ermöglich dieser Modus ein sehr schnelles Abrastern der Probenoberfläche. Dies ist für die Erstellung von zeitaufgelösten Filmen von Veränderungen an der Porbenoberfläche wichtig. Ansonsten hat der Modus Konstanter Höhe kaum praktische Bedeutung.
Modus Konstanten Tunnelstroms (constant current method, abgek. CCM oder constant gap width mode, abgek. CGM)
Eine andere Methode der Abbildung beruht darauf, die Höhe der Spitze fortlaufend so zu verändern, dass der Strom konstant bleibt. Dies geschiet über einen elektronischen Regelkreis zur Abstandsregelung. Somit lässt sich nun über die Position der Spitze das dreidimensionales Bild der Oberfläche direkt bestimmten. Die Auflösung ist bei diesem Verfahren so hoch, dass die atomare elektronische Struktur der Oberfläche sichtbar wird. Der Bildkontrast darf jedoch nicht direkt als atomare Struktur verstanden werden. Inzwischen sind mindestens 9 verschiedene Kontrastmechanismen bekannt, die dier Bildentstehung beeinflussen und bei der Interpretation beachtet werden müssen. Allerdings ist die Methode durch den Regelkreis in Ihrer Messgeschwindigkeit begrenzt, die Aufnahme eine Bildes dauert i.d.R. mehrere 10 Sekunden bis zu Stunden. In der Praxis wird dieser Modus meistens benutzt.
Spektroskopiemodus, auch Rastertunnelspektroskopie (engl. scanning tunneling spectroscopy), abgek. STS
Da man mit dem STM über den Tunneleffekt vermittelt zunächst die lokale elektronische Struktur der Probenoberfläche mißt, kann man das STM auch direkt zur Bestimmung dieser ausnutzen. Zum Beispiel erscheint ein einzelnes Sauerstoffatom auf einer Oberfläche des Halbleitermaterials Galliumarsenid mal als Mulde und mal als Hügel, je nachdem, ob man positive oder negative Spannung zwischen Spitze und Probe anlegt.
Man kann das ausnutzen, um die entweder die energetischen Lagen der Oberflächenzustände einer Probe (STS-Spektren an einem Ort) oder die Orte an denen sich Elektronen bei einer bestimmten Energie (enspricht der Tunnelspannung) aufhalten dürfen (SPS-Bilder bei konstanter Tunnelspannung) zu bestimmen. Man muss dazu der Tunnelspannung eine kleine hochfrequente Wechselspannung überlagern und kann dann aus der Ableitung des Stromes nach der Spannung die sogenannte Zustandsdichte errechnen. Die Rastertunnelspektroskopie wird oft bei tiefen Temperaturen von wenigen Kelvin durchgeführt, das die energetische Auflösung über die Fermi-Verteilung von der Temperatur abhängt. Der Spektroskopiemodus ist weiterhin in diverse Untermodi unterteilt.

Den drei Methoden (CHM, CCM und STS-Bilder) ist gemein, dass die Messspitze linienhaft über die Probe bewegt wird, bevor sie lateral versetzt eine benachbarte Linie erfasst. Hieraus ergibt sich ein Linienraster auf der Oberfläche.

Neben dem Aufsetzen der Spitze hat die Methode der konstanten Höhe den Nachteil, dass sich die Spitze bei Vertiefungen soweit entfernen kann, dass der Strom nicht mehr messbar ist. Im Falle von Bergen auf der Oberfläche rammt die Spitze meist in die Probenoberfläche und wird dadurch zerstört. Der Vorteil ist dagegen, dass der Abstand nicht nachgeführt werden muss und damit schnelle Aufnahmen möglich sind (Video-RTM). Bei statischen Proben ist es sinnvoller, den Abstand beim Rastern so zu variieren, dass der Tunnelstrom konstant bleibt (CCM).

Objektveränderung

Eine weitere Anwendung des Rastertunnelmikroskops ist die gezielte Veränderung eines Objektes. Hierbei wird die Nadel an die gewünschte Stelle des Objektes gebracht. Durch Anlegen einer (im Vergleich zur Abbildungsrasterung) hohen Spannung kann man nun Atome aus der Oberfläche lösen und an die Spitze kleben. Wird die Spitze nun von der Probe weggezogen, so reißt das Atom aus der Oberfläche heraus. An der neuen Position kann es anschließend durch ein sehr kurzes Anlegen einer hohen Spannung wieder abgelegt werden. Weiterhin gibt es auch die Möglichkeit des Schubsens oder Mitziehens von einelnen Atomen oder Moleküen auf der Oberfläche durch geeignete, meist hohe Tunnelspannungen an der Spitze. Mithilfe dieser Methoden wurde das s.g. atomare Schreiben durchgeführt, das Schriftzüge wie IBM, Logos einzelner Hochschulen oder Landkartenskizzen mit einzelnen Atomen auf Oberflächen darstellt.

Auf dem Gebiet der Magnetischen Datenspeicherung hat IBM ein Scanning-Tunnelmikroskop entwickelt, dass bei sehr niedrigen Temperaturen funktioniert (~4 K). Damit sollen erfolgreiche Versuche durchgeführt worden sein, einzelne Atome in ihrer Spin-(magnetischen)-Ausrichtung in einer Magnetschicht zu verändern und gezielt zu beeinflussen. Die Methode wird Spin-Anregungs-Spektroskopie (Spin-Excitation-Spektroskopie) genannt. (Science Express. 2006, 4)

Forschungsgeschichte

Das erste erfolgreiche Experiment zum Nachweis eines abstandsabhängigen Tunnelstromes konnte am 18. März 1981 durchgeführt werden. Die beiden Physiker Gerd Binnig und Heinrich Rohrer, die das Experiment durchführten und das Rastertunnelmikroskop letztlich auch zum einsetzbaren Instrument machten, erhielten hierfür 1986 den Nobelpreis in Physik. Ferner waren auch Christian Gerber und E. Weibel an der Entwicklung beteiligt.

Anm.: Entgegen vieler Lehrbücher gibt es sehr wohl schon frühere Arbeiten auf diesem Gebiet, in denen die wesentlichen Aspekte eines RTM/STM demonstriert wurden - insbesondere das Auftreten eines Tunnelstromes. Dieses Gerät wurde von Russel Young, John Ward und Fredric Scire Ende der 60er Jahre als Topografiner entwickelt. Es gab jedoch bürokratische und technische Schwierigkeiten, beispielsweise störten die Vibrationen der Klimaanlage die Messungen. Das Nobelpreiskomitee erkannte jedoch später ihre Leistungen an.

Das Rastertunnelmikroskop ist der Vater aller anderen Rastersondenmikroskope mit Ausnahme des Rasterelektronenmikroskops. In der Folgezeit wurden vor allem das Rasterkraftmikroskop (AFM) und das optische Rasternahfeldmikroskop (SNOM) entwickelt, welche sich einer anderen atomaren Wechselwirkung bedienen. Die Entwicklung aller dieser Rastersondenmikroskope war eine wesentlicher Schritt in Richtung der Nanowissenschaften, da man mit ihnen auf recht einfache und vergleichsweise preiswerte Art und Weise nanoskopische Objekte (Objekte, die kleiner sind als die Lichtwellenlänge von 400 bis 800 nm) beobachten und darüber hinaus auch manipulieren kann.

Ferner hat die Rastertunnelmikroskopie wesentlich zur Veranschaulichung der Quantenmechanik beigetragen. Anfang der 90er Jahre des 20. Jahrhunderts wurde s.g. Quantum Corrals erzeugt und gemessen. Quantum Corrals sind einfache geometrische Quantensysteme auf Oberflächen. Anhand dieser Quantum Corrals konnte extrem anschaulich die Analogie zwischen Elektronenwellen und Wasserwellen dargestellt werden, was eine bis dahin nicht vorhandene direkte Bestätigung der Quantenmechanik im Realraum ist. Die Abbildungen dieser Quantum Corrals gehen inzwischen um die Welt: Sie sind die meist dargestellten STM-Bilder auf Büchern und darüber hinaus auch in Tageszeitungen zu finden. Solche Bilder, ihre Interpretation und Wirkung sind inzwischen sogar Forschungsgegenstand der Bildwissenschaften (vgl. Horst Bredekamp) und der Kunstgeschichte.

Siehe auch

Literatur

  • C. Julien Chen: Introduction to Scanning Tunneling Mircoscopy. Oxford University Press, Oxford 1993, ISBN 0-19-507150-6 (Englisch)
  • Roland Wiesendanger: Scanning Probe Microscopy and Spectroscopy - Methods and Applications. Cambridge University Press, Cambridge 1994, ISBN 0-521-42847-5 (Englisch)
  • Russell Young, John Ward, Fredric Scire: The Topografiner. An Instrument for Measuring Surface Microtopography. in: Review of scientific instruments, with physics news and views. American Institute of Physics, Lancaster PA 43.1972, 999. ISSN 0034-6748