Hitzewelle in Nordamerika 2021

Temperaturabweichung am 27. Juni 2021 verglichen mit dem Durchschnitt dieses Tages im Zeitraum 2014-2020 (in Grad Celsius)
Vorhergesagte Temperaturen (Grad Fahrenheit) in Washington am 28. Juni 2021

Die Hitzewelle 2021 in Nordamerika ist eine anhaltende extreme Hitzewelle, die einen Großteil des pazifischen Nordwestens und Westkanadas betrifft. Insbesondere traf sie das westliche Nevada, Nordkalifornien, Oregon, Washington und Idaho in den Vereinigten Staaten sowie British Columbia und in der späteren Phase Alberta, Saskatchewan, Yukon und die Nordwest-Territorien in Kanada. Die Hitzewelle gilt als Jahrtausendereignis[1] und wird von Wissenschaftlern, Wetterdiensten und Medien als beispiellos in der bekannten Geschichte der Region beschrieben.[2][3][4][5] Mit Ende Juni trat sie zudem ungewöhnlich früh im Sommer auf.[6] Als wichtiger begünstigender bzw. verstärkender Faktor gilt die globale Erwärmung[7][3][8][9], ohne deren Zutun eine Hitzewelle dieser Intensität kaum denkbar gewesen wäre.[10]

Temperaturrekorde

Die Hitzewelle führte zu einigen der höchsten jemals aufgezeichneten Temperaturen, einschließlich der höchsten jemals in Kanada gemessenen Temperatur. Sie betraf auch Gebiete im Landesinneren von Zentral- und Südkalifornien sowie den Nordwesten und Süden Nevadas, obwohl die Temperaturen im Vergleich zu den weiter nördlich gelegenen Regionen nicht so extrem waren. An mehreren Orten wurden Temperaturen erreicht, die die bisherigen Temperaturrekorde trotz z. T. über 100 Jahre zurückreichender Aufzeichnungen teils um mehrere Grad übertrafen, was aus meteorologischer Sicht außergewöhnlich ist.[3] So wurden gleich in einer ganzen Reihe von Städten die vorherigen Temperaturrekorde um 5 °C und mehr überboten, darunter Portland mit 46,6 °C.[11]

Unter anderem wurde im Ort Lytton in British Columbia an drei Tagen in Folge der kanadische Temperaturrekord gebrochen. Nachdem zunächst mit 46,6 °C der seit 1937 bestehende Rekord von 45 °C deutlich übertroffen wurde, stieg das Thermometer am Folgetag auf 47,9 °C und erreichte am 29. Juni schließlich 49,5 °C.[12] Damit lag die Temperatur höher als jemals in Europa, Südamerika, großen Teilen der USA mit Ausnahme der Wüstenregionen im Südwesten, oder Städten wie Sydney und Las Vegas gemessen wurde. Nur in 26 Staaten der Erde traten jemals höhere Temperaturen auf.[13] Im langjährigen Durchschnitt liegen die Tageshöchsttemperaturen in Lytton im Juli bei 24,3 °C. Ohne Einfluss des Menschen (Globale Erwärmung) würde eine solche Temperaturabweichung statistisch nur alle paar Tausend Jahre bzw. alle zehntausend Jahre auftreten.[14]

Zudem wurde am 30. Juni 2021 in Fort Smith, das nördlich des 60. Breitengrades liegt, 103 Grad Fahrenheit (ca. 39,5 °C) erreicht. Dies ist die höchste Temperatur, die jemals derart weit im Norden gemessen wurde.[15]

Auch in vielen andere Regionen der nordwestlichen Vereinigten Staaten kam es zu neuen Temperaturrekorden. Beispielsweise wurden im Bundesstaat Oregon ebenfalls Werte von deutlich jenseits der 40 °C gemessen.[12] Seattle, Portland und eine Vielzahl weiterer US-Stäfte erreichten nie zuvor dort gemessene Temperaturen; teils lagen die Werte über 46 °C.[16] In Salem wurde mit 47,2 °C die höchste Temperatur seit Beginn der Aufzeichnungen Ende des 19. Jahrhunderts erreicht.[17]

Todesfälle

Die Hitzewelle verursachte zahlreiche Todesfälle; u. a. starben in British Columbia zwischen dem 25. und dem 30. Juni mindestens 486 Menschen, ca. drei Mal so viele wie im Durchschnitt (Stand: 1. Juli 2021).[18] In Oregon wurden bis zum 1. Juli mehr als 60 Hitzetote gemeldet, im benachbarten Bundesstaat Washington 20 weitere.[16]

Stromausfälle und Infrastrukturschäden

In der von der Hitzewelle getroffenen Region wurden mehrere Stromausfälle wegen Überlastung des Stromnetzes durch die erhöhte Nutzung von Klimaanlagen und Ventilatoren gemeldet. In Portland wurde der Betrieb von Straßenbahnen eingestellt, da Stromkabel in der Hitze zu schmelzen begannen.[5] Um den Zusammenbruch der Stromversorgung zu vermeiden, wurde von Seiten der Stromversorger in manchen Regionen vorsorglich der Strom abgeschaltet.[19]

Waldbrände

Aufgrund der enormen Hitze ist die Waldbrandgefahr sehr hoch.[12] In Lytton brachen nach den Hitzerekorden am 30. Juni schwere Brände aus, woraufhin die Ortschaft evakuiert werden musste. Der Bürgermeister erklärte, die gesamte Stadt stehe in Flammen. Auch in etwa einem Dutzend US-Bundesstaaten kam es zu Bränden; in Kalifornien brach u.a. das „Lava-Feuer“ aus, das bis 1. Juli bereits 7.000 Hektar Wald vernichtet hatte. US-Präsident Joe Biden erklärte, die Waldbrandgefahr 2021 sei "so ernst wie nie zuvor" und warnte davor, dass die Saison noch schlimmer werden könne als die Waldbrandsaison 2020, als Kalifornien die größten Brände seit Beginn der Aufzeichnungen erlebt hatte.[18] Auch in British Columbia kam es zu teilweise auch großflächigen Waldbränden, deren Bekämpfung durch überhitzende Triebwerke der Löschhubschrauber zusätzlich erschwert wurde.[20] Das "Sparks-Feuer" wurde mit Stand 30. Juni auf rund 200 km² geschätzt, das "Mckay Creek" Feuer auf 60 km². Ein weiteres Feuer bei Pink Mountain hatte zu diesem Zeitpunkt eine Größe von 48 km².[21]

Infolge der ausgedehnten Waldbrände bildeten sich Pyrocumulonimbus-Wolken (Feuerwolken) aus, die bis in eine Höhe von 55.000 Fuß (ca. 16,5 km) reichten. Damit gelangten sie bis in die Stratosphäre, was sehr unüblich ist und nur bei den schwersten Bränden beobachtet wurde (beispielsweise bei den Buschbränden in Australien 2019/2020). Diese Wolken führten zu schweren, nahezu niederschlagslosen Gewittern, die große Zahl Blitze produzierten und ihrerseits wieder sehr wahrscheinlich die Ursache für weitere Waldbrände darstellten.[15] In West-Kanada kam es am 30. Juni und ersten Juli binnen 15 Stunden zu mehr als 700.000 Blitzen, von denen mehr als 100.000 den Boden erreichten. Die meisten dieser Blitze wurden von Pyrocumulonimbus-Wolken ausgelöst, die infolge der Waldbrände entstanden. Diese Wolken können so stark sein, dass sie ihre eigenes Wetter produzieren. Neal Lareau, ein Professor für Atmosphärenwissenschaften, der an von Waldbränden verursachten Wetterphänomenen forscht, erklärte, dies könne das größte Auftreten dieser Wolken sein, das er je gesehen habe.[22]

Siehe auch

Commons: Hitzewelle in Nordamerika 2021 – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Pacific Northwest bakes under once-in-a-millennium heat dome. In: CBS News, 29. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  2. The Northwest heat wave is 'unprecedented.' Here's what's pushing it into uncharted territory.. In: CNN, 29. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  3. a b c Unprecedented Heat Wave in Pacific Northwest Driven by Climate Change. In: Scientific American, 28. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  4. All-Time Records Fall As A Heat Wave Roasts The Northwest U.S.. In: NPR, 28. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  5. a b Historic heatwave, extreme drought and wildfires plague North American west. In: The Guardian, 30. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  6. How Weird Is the Heat in Portland, Seattle and Vancouver? Off the Charts.. In: The New York Times, 29. Juni 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  7. Matthew Cappucci, Jason Samenow: Here’s what’s causing record temperatures in the Pacific Northwest. In: The Washington Post, 30. Juni 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  8. In Nordamerika werden gerade alle Hitzerekorde gebrochen – und es ist noch nicht mal Juli. In: Tagblatt, 28. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  9. Beispiellose Hitze in Kanada: Warum extremes Wetter nicht zur "neuen Normalität" werden kann. In: Stern, 29. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  10. Michael E. Mann, Susan Joy Hassol: That Heat Dome? Yeah, It’s Climate Change.. In: The New York Times, 30. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  11. The danger posed by heatwaves deserves to be taken more seriously. In: The Economist, 1. Juli 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  12. a b c 49,5 Grad – Rekordhitze in Kanada fordert Menschenleben. In: Spiegel Online, 30. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  13. Jason Samenow: ‘Hard to comprehend’: Experts react to record 121 degrees in Canada. In: The Washington Post, 30. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  14. Jan Dönges: Kanada erlebt gerade eine Jahrtausendhitze. In: Spektrum.de, 30. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  15. a b Wildfire engulfs village that set Canada’s all-time heat record. In: The Washington Post, 1. Juli 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  16. a b https://www.bbc.com/news/world-us-canada-57678054. In: BBC, 1. Juli 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  17. Tödliche Hitze in Kanada und den USA. In: Süddeutsche Zeitung, 30. Juni 2021. Abgerufen am 30. Juni 2021.
  18. a b Brände nach Hitzerekord in Kanada. In: ORF, 1. Juli 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  19. Rolling Blackouts Triggered as Historic Heatwave Grips Pacific Northwest. In: Powermag, 30. Juni 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  20. Deaths Spike as Heat Wave Broils Canada and the Pacific Northwest. In: The New York Times, 30. Juni 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  21. Village of Lytton, B.C., evacuated as mayor says 'the whole town is on fire'. In: CBC, 30. Juni 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.
  22. Fire clouds spark 710,117 lightning strikes in western Canada in 15 hours. In: San Francisco Chronicle, 1. Juli 2021. Abgerufen am 1. Juli 2021.