Überfangglas

Überfangglas aus der Glashütte Lamberts
Gallé-Vase, um 1900

Überfangglas, auch Kameoglas genannt, ist ein Flach- oder Hohlglas, das aus zwei oder mehreren Schichten unterschiedlicher Färbung besteht.

Beim Flachglas ist das Milchüberfangglas am bekanntesten, das beispielsweise für blendfreie Raumausleuchtung oder durchscheinende Fenster in Sanitärräumen verwendet wird.

Besonders im Hellenismus, in der frührömischen Zeit, im Biedermeier, im Jugendstil und in der ostasiatischen Glaskunst fand Überfangglas bei Hohlgläsern Verwendung. Ende des 19. Jahrhunderts entwickelte Emile Gallé die Glaskunst weiter, erschuf Jugendstil-Entwürfe und beschäftigte eine große Manufaktur in Nancy.

Geschichte

Schon in der Antike wurden Gefäße aus Kameoglas hergestellt. Die Herstellung erfolgte dabei möglicherweise ähnlich wie bei Terra-sigillata-Gefäßen mit Negativformen der Reliefs. Dahinein wurde das weiße angedickte Glaspulver gestrichen, dann blies der Glasbläser die farbige Glasmasse in die Formschale. Diese wurde nach dem Erkalten entfernt. Das Glaspulver war durch die Hitze auf das Farbglas aufgeschmolzen und bildete die Formen der Reliefs ab. Eine körnige Struktur der weißen Glasmasse lässt sich auf diese Herstellungsmethode zurückführen.[1]

Zu den bekanntesten römischen Kameogläsern gehören die Portlandvase und die Blaue Vase aus Pompeji.

Herstellung

Für Überfangglas existieren heute verschiedene Herstellungstechniken:

  • Flachglas wird durch Verschmelzen von Glasbändern aus farblosem Klarglas und Trübglas hergestellt, die gleichzeitig aus benachbarten Schmelzwannen gezogen werden
  • Hohlglas wird durch einfaches Eintauchen der vorne an der Glasmacherpfeife hängenden, nur wenig aufgeblasenen Glasmenge aus farblosem Glas in Farbglas und anschließendes Aufblasen hergestellt. Oder umgekehrt wird eine kleine Menge gefärbten Glases in farbloses Glas eingetaucht, hierbei hat man die Menge des anzuwendenden Farbglases besser unter Kontrolle. So entstehen die oft als Römer bezeichneten Weingläser aus Bleikristall. Durch späteres Herausschleifen oder -ätzen von Mustern werden durch den farbigen Kontrast interessante Wirkungen erzielt.
  • Man kann auch das farbige Glas in Form von Stangen an das farblose Glas anschmelzen und mittels eines Eisens gleichmäßig über dieses ausbreiten.

Ein Verfahren zur Herstellung von Überfangglas geht auf Ernst Jähde, Gründer der Glasfabrik „Johannahütte“ in Schönborn (Niederlausitz) im Jahre 1899, zurück. Die Erfindung wurde am 19. Februar 1912 unter der Bezeichnung „Verfahren zur Herstellung von Glasgegenständen mit Überfängen oder sonstigen Glasauflagen“ unter der Nr. 60369 in Österreich zum Patent angemeldet. Nach dieser Erfindung wurde jahrzehntelang im Glaswerk Schönborn Überfangglas hergestellt.


Commons: Cameo glass – Sammlung von Bildern

Literatur

  • Cameo glass. Masterpieces from 2000 years of glassmaking. Corning Museum of Glass, Corning 1982.
Antike
  • Erika Simon: Die Portlandvase. Zabern, Mainz 1957.
  • David B. Whitehouse: Cameo glass. In: Roman glass. Two centuries of art and invention. London 1991, S. 19–32.
  • Rosemarie Lierke (Hrsg.): Antike Glastöpferei. Ein vergessenes Kapitel der Glasgeschichte . Philipp von Zabern, Mainz 1999, ISBN 3-8053-2442-1.
  • Paul Roberts u. a.: Roman cameo glass in the British Museum. British Museum Press, London 2010.

Einzelnachweise

  1. Sarah Scheffler: Von erotischen Szenen und heißen Diskussionen. In: Archäologischer Kalender 2015, Zabern Verlag