Quasar

Eine künstlerisch dargestellte Nahaufnahme (hier von GB 1508+5714) …
… und eine weitere Zeichnung aus wesentlich größerer Entfernung (hier SDSS J1106+1939[1][2][3])
Fotografische Aufnahme des Quasars APM08279+5225 (Rotverschiebung z = 3,9)
Ein weiterer Quasar – in Falschfarben dargestellt

Ein Quasar (kurz auch QSO für Quasi-stellar object) ist der aktive Kern einer Galaxie, der im sichtbaren Bereich des Lichts nahezu punktförmig erscheint (wie ein Stern) und sehr große Energiemengen in anderen Wellenlängenbereichen ausstrahlt. Der Name Quasar wurde vom englischen quasi-stellar radio source abgeleitet, was als „stern(en)artige …“ oder auch „stern(en)ähnliche Radioquelle“ übersetzt werden kann.

Die Strahlungsemission eines Quasars stammt von einer rotierenden Scheibe leuchtender Materie, der Akkretionsscheibe, die ein supermassereiches Schwarzes Loch umgibt.

Entdeckung und Namensgebung

Historisch bezeichnete der Begriff kosmische Radioquellen, die in den 1950er Jahren nicht als Radiogalaxien identifiziert werden konnten, sondern in optischen Beobachtungen blau und „sternförmig“ (also nicht flächig) erschienen. 1963 stellte Maarten Schmidt durch Spektralanalyse fest, dass die Radioquelle 3C 273 kein naher Stern ist, sondern mit einer Rotverschiebung von 0,158 im Bereich ferner Galaxien liegt, also nur quasi sternartig ist. Spätere Beobachtungen zeigten, dass die hellen sternartigen Quasare doch in die Kerne von Galaxien eingebettet sind, die aber wegen der großen Entfernung schwach erscheinen. Durch die starke Rotverschiebung aufgrund der Expansion des Universums wurden Quasare als sehr weit entfernte Objekte erkannt. Diese Folgerung konnte seit der Entdeckung von Gravitationslinsen unabhängig bestätigt werden. Quasare wurden inzwischen bis zu einer Rotverschiebung von 7,1 entdeckt.

Mit der im Jahr 2010 gemachten Entdeckung, dass der 1,6 Mrd. Lichtjahre entfernte Quasar SDSS J0013+1523 als Gravitationslinse für eine 5,9 Mrd. Lichtjahre dahinterliegende Galaxie wirkt, ergibt sich eine direkte Möglichkeit zur Massenbestimmung eines Quasars.[4][5]

Die Bezeichnung QSO (quasi-stellar object) schließt nicht nur die klassischen radiolauten Quasare ein, sondern auch radioleise Objekte mit schwacher Radioemission, aber sonst ähnlichen Eigenschaften. Häufig wird aber der Begriff Quasar etwas ungenau für beide Klassen benutzt.

Physikalische Eigenschaften

Da Quasare trotz ihrer großen Entfernung relativ hell erscheinen, gehören sie zu den leuchtkräftigsten Objekten im Universum. Nur sehr kurzzeitig hell aufleuchtende Phänomene (Supernova, Gammastrahlenblitz) sind möglicherweise energiereicher. Quasare sind über weite Bereiche der elektromagnetischen Strahlung hell und haben charakteristische Spektren mit sehr breiten Emissionslinien, die in rascher Bewegung befindliches Gas anzeigen.

Quasare gehören wie die schwächeren Seyfertgalaxien zur Klasse der aktiven Galaxien. Die Trennung anhand der Leuchtkraft ist rein historisch bedingt. Nach heutiger Annahme befindet sich im Zentrum aller Galaxien mit einem Bulge ein sehr massereiches Schwarzes Loch, das mehrere Millionen bis Milliarden Sonnenmassen umfassen kann. Aktive Galaxien unterscheiden sich von anderen Galaxien dadurch, dass dieses Schwarze Loch mit der Zeit an Masse zunimmt, da Materie aus der umgebenden Galaxie (interstellares Gas oder zerrissene Sterne) durch die Gravitation des Schwarzen Loches angezogen wird. Dieser Vorgang des Ansammelns von Materie wird in der Astronomie Akkretion genannt. Aufgrund der Drehimpuls­erhaltung bei der einfallenden Materie kann diese nicht direkt in das Schwarze Loch fallen, sodass sich um dieses herum eine Akkretionsscheibe bildet. Durch Reibung heizt sich diese Scheibe auf, wobei gleichzeitig Teile der Materie Drehimpuls verlieren und so in das Schwarze Loch fallen können. Die Emission der aufgeheizten Akkretionsscheibe ist das, was man als typische Strahlung des Quasars beobachtet. Sie kann eine Leuchtkraft ähnlich der von vielen Milliarden Sternen erreichen und somit mehr Licht abstrahlen als die gesamte umgebende Wirtsgalaxie. Die leuchtkräftigsten Quasare erreichen bis über 1014-fache Sonnenleuchtkraft. Allerdings zeigte die Beobachtung des Quasars Q0957+561, dass dieser kein Schwarzes Loch im Zentrum enthält, sondern besser durch ein Objekt vom Typ MECO erklärt werden kann.[6]

Sofern die Akkretionsscheibe über ein starkes Magnetfeld verfügt, wird ein kleiner Anteil des Materiestromes in zwei Teile gerissen und in Bahnen entlang der Feldlinien des Magnetfeldes gezwungen. Anschließend werden beide Ströme senkrecht zur Ebene der Akkretionsscheibe (einer auf jeder Seite) mit relativistischer Geschwindigkeit in die umgebende Galaxie und den weiteren Weltraum abgestoßen. Diese Jets können im Radiowellen­längenbereich beobachtet werden.

Quasare sind sehr hell, sodass sie auf große Entfernungen sichtbar sind und zugleich sind sie sehr weit entfernt, sodass ihre Bewegung am Himmel vernachlässigbar klein, faktisch nicht mehr messbar ist. Diese Eigenschaft wird genutzt, um aus den Quasaren ein Referenzsystem aufzubauen. Der International Celestial Reference Frame (ICRF) ist ein Katalog von Quasaren und anderen Objekten, deren Positionen mit Radioteleskopen mittels VLBI auf ca. 50 µas (Mikrobogensekunden) genau vermessen wurde. Dieser Katalog lässt sich als Bezugssystem für astronomische Kataloge und für die Geodäsie einsetzen. Im Rahmen der Veröffentlichung von Gaia DR2 wurde der Gaia Celestial Reference Frame 2 mit 556.869 Quasaren veröffentlicht.

Vereinheitlichtes Modell zur Klassifikation

Yue Shen und Luis C. Ho fanden ein Modell zur vereinheitlichten Beschreibung vielfältiger Quasar-Erscheinungsformen. Quasare strahlen unterschiedlich viel Strahlung ab, die in völlig verschiedenen Spektrallinien auftritt. Auch bei nahezu gleich massereichen Quasaren findet man im Spektrum völlig verschiedene Emissionslinien. Als vereinheitlichende Parameter schlugen Shen und Ho vor, zu untersuchen, wie viel und wie schnell Materie in das Schwarze Loch fällt – sowie von welcher Blickrichtung man den Quasar beobachtet – und seine Emissionslinien erhält. Bedeutsam ist dabei die Orientierung der Rotationsachse des Schwarzen Lochs, die Lage der Akkretionsscheibe relativ zur Blickrichtung von der Erde. Dank der 1926 von Arthur Stanley Eddington beschriebenen Eddington-Grenze, und der Eddington-Akkretionsrate, dem Verhältnis der Menge einfallender Materie zur abgestrahlten Energie des Quasars, lässt sich, bei bekannter Entfernung, die Masse des Materie verschlingenden Objekts abschätzen und die Masse des Quasars ermitteln.[7][8]

Blazar

Den Typus des optically violent variable quasar / OVV quasar, der Quasare mit besonders raschen und starken Helligkeitsvariationen, rechnet man zusammen mit den BL-Lac-Objekten, sehr hell, sternähnlich erscheinende Objekte, die aus einem sehr massiven Schwarzen Loch bestehen, das durch die zum Absturz gebrachte Materie polarisierte Strahlung mit starker Helligkeitsvariation emittiert, zur Gruppe der sogenannten Blazare. Bei ihnen geht man von einem Winkel zwischen Beobachtungsrichtung und Jetachse von höchstens wenigen Grad aus. Durch relativistische Effekte können bei diesen Objekten die fast mit Lichtgeschwindigkeit auf uns zulaufenden Jets auch in den höchstenergetischen Bereichen des Spektrums „gesehen“ werden. Durch das extrem schnelle Abströmen der Materiejets kommt es im Kernbereich mancher Quasare zu einem Unterdruck, relativistische Inversion genannt. Das unregelmäßige Akkretieren neuer Materie verstärkt die Variabilität. Mit den Experimenten EGRET (GeV-Bereich) und COMPTEL (MeV-Bereich) auf dem Compton Gamma Ray Observatory wurden zehn Objekte gefunden, die in beiden Bereichen des Spektrums leuchten. Eine ähnliche Verknüpfung wie zwischen Quasaren und Blazaren wird zwischen Quasaren und Radiogalaxien vermutet, bei denen die Jetachse fast senkrecht zur Beobachtungsachse liegt. Diese Beziehungen sind Beispiele „vereinheitlichter“ Modelle, in denen verschiedene Arten aktiver Galaxienkerne durch unterschiedliche Beobachtungsrichtungen auf gleichartige Objekte erklärt werden.

Besondere Entdeckungen

  • 1998 wurde der besonders lichtstarke Quasar APM 08279+5255 entdeckt. Er erzeugt atypische Dreifachbilder, enthält eines der größten Schwarzen Löcher und wird von einer sehr großen Menge Wasser umkreist.
  • 2013 entdeckten Astronomen den Quasar SDSS J010013.02+280225.8 (verkürzt SDSS J0100+2802) aus dem Katalog des Sloan Digital Sky Survey (SDSS). Er ist etwa 12 Milliarden Lichtjahre von der Erde entfernt und enthält ein extrem massereiches Schwarzes Loch von 12,9 Milliarden Sonnenmassen aus einer Zeit, als das Universum weniger als 900 Millionen Jahre alt war. Diese Entdeckungen ermöglichen Einblicke in das Wachstum von Schwarzen Löchern und Galaxien im jungen Universum.[9][10][11]

Philatelistisches

Mit dem Erstausgabetag 1. Juli 2019 gab die Deutsche Post AG in der Serie Astrophysik ein Postwertzeichen im Nennwert von 110 Eurocent mit der Bezeichnung Schwarzes Loch / Quasar heraus. Der Entwurf stammt von der Grafikerin Andrea Voß-Acker aus Wuppertal.[12]

Siehe auch

Literatur

Commons: Quasare – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Quasar – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Stärkste Materieflüsse eines Schwarzen Lochs entdeckt. In: ESO.org. Vorlage:Datum – die Form mit drei unbenannten Parametern oder anderen einzelnen Zeiteinheiten ist veraltet und wird nicht mehr unterstützt. Bitte gib das Datum einfach im Klartext an., abgerufen am 3. März 2020.
  2. Künstlerische Darstellung der gigantischen Materieflüsse des Quasars SDSS J1106+1939. In: ESO.org. Vorlage:Datum – die Form mit drei unbenannten Parametern oder anderen einzelnen Zeiteinheiten ist veraltet und wird nicht mehr unterstützt. Bitte gib das Datum einfach im Klartext an., abgerufen am 3. März 2020.
  3. en:SDSS J1106+1939 – Eintrag in der englischsprachigen Wikipedia.
  4. Schwerkraft. Ein Quasar als GravitationslinseTilmann Althaus auf Spektrum der Wissenschaft, am Vorlage:Datum – die Form mit drei unbenannten Parametern oder anderen einzelnen Zeiteinheiten ist veraltet und wird nicht mehr unterstützt. Bitte gib das Datum einfach im Klartext an.
  5. F. Courbin, S. G. Djorgovski, G. Meylan u. a.: Discovery of an Unusual Gravitational Lens. In: astro.caltech.edu. Abgerufen am Vorlage:Datum – die Form mit drei unbenannten Parametern oder anderen einzelnen Zeiteinheiten ist veraltet und wird nicht mehr unterstützt. Bitte gib das Datum einfach im Klartext an..
  6. Mysterious quasar casts doubt on black holes. Alternatives Quasarmodell. In: NewScientist.com. 27. Juli 2006, abgerufen am 26. November 2017.
  7. Yue Shen, Luis C. Ho: The diversity of quasars unified by accretion and orientation. In: Nature. Band 513, 11 September 2014, S. 210–213, doi:10.1038/nature13712.
  8. Harald Zaun: Geheimnisvolle gigantische Leuchtfeuer aus kosmischer Urzeit. In: heise.de. 13. September 2014, abgerufen am 2. März 2015.
  9. Xue-Bing Wu, F. Wang, X. Fan, W. Yi, W. Zuo, Fuyan Bian u. a.: An ultraluminous quasar with a twelve-billion-solar-mass black hole at redshift 6.30. In: Nature. Band 518, Nr. 7540, 26. Februar 2015, S. 512–5, doi:10.1038/nature14241, PMID 25719667.
  10. Bram Venemans: Schwarze Löcher. Ein Riese im jungen Universum. In: spektrum.de. 25. Februar 2015, abgerufen am 3. März 2020.
  11. Davide Castelvecchi: Young black hole had monstrous growth spurt. Super-massive object found in early Universe tests theories of cosmic evolution. In: nature.com. 25. Februar 2015, abgerufen am 3. März 2020.
  12. Andrea Voß-Acker: Drei galaktische Briefmarken aus Wuppertal. In: wuppertaler-rundschau.de. 2. Juli 2019, abgerufen am 3. März 2020.