„Estibaliz Carranza“ – Versionsunterschied

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Die Person Estibaliz Carranza diente der österreichischen Schriftstellerin [[Bettina Balàka]] als direkte Vorlage für ihr Werk ''[[Die Prinzessin von Arborio]]'', welches im Jahr 2016 veröffentlicht wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Werner Schandor |url=https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/literatur/815835-Faszinierende-Moerderin.html |titel=Faszinierende Mörderin |werk=[[Wiener Zeitung]] |datum=2016-05-04 |sprache=de |abruf=2019-07-24}}</ref>
Die Person Estibaliz Carranza diente der österreichischen Schriftstellerin [[Bettina Balàka]] als direkte Vorlage für ihr Werk ''[[Die Prinzessin von Arborio]]'', welches im Jahr 2016 veröffentlicht wurde.<ref>{{Internetquelle |autor=Werner Schandor |url=https://www.wienerzeitung.at/nachrichten/kultur/literatur/815835-Faszinierende-Moerderin.html |titel=Faszinierende Mörderin |werk=[[Wiener Zeitung]] |datum=2016-05-04 |sprache=de |abruf=2019-07-24}}</ref>


Die Taten Carranzas werden in der [[Vereinigte Staaten|US-amerikanischen]] [[Kriminalfilm|Krimi]]-[[Dokumentation]] ''[[Deadly Women]]'' in Episode sechs der 12. Staffel mit dem Titel ''The Blame Game'' behandelt.<ref>{{IMDb|tt9163826|The Blame Game}}</ref>
Die Taten Carranzas werden in der [[Vereinigte Staaten|US-amerikanischen]] [[Kriminalfilm|Krimi]]-[[Dokumentation]] ''[[Deadly Women]]'' in Episode sechs der 12. Staffel mit dem Titel ''The Blame Game'' behandelt<ref>{{IMDb|tt9163826|The Blame Game}}</ref> und in der vierten Folge der dritten Staffel von [[Im Kopf des Verbrechers]].


== Literatur ==
== Literatur ==

Version vom 13. Oktober 2021, 00:10 Uhr

Goidsargi Estibaliz „Esti“ Carranza Zabala[1], von 2002 bis 2008 Goidsargi Estibaliz Holz, (* 6. September 1978 in Mexiko-Stadt) ist eine spanisch-mexikanische Geschäftsfrau und Doppelmörderin. Sie ermordete 2008 ihren Ehemann und 2010 ihren Lebensgefährten aus Habgier und deponierte deren zerstückelte Leichen in einer zugemauerten Tiefkühltruhe unterhalb ihres Eissalons in Meidling, Wien. Nachdem die Leichen im Juni 2011 bei Reparaturarbeiten entdeckt wurden, floh Carranza aus der Hauptstadt und ging der Polizei kurz darauf in Italien ins Netz. In den österreichischen Medien wurde sie als Eislady bezeichnet und zu einer der bekanntesten Persönlichkeiten der jüngeren österreichischen Kriminalgeschichte. Seit ihrer Verurteilung verbüßt sie eine lebenslange Freiheitsstrafe in der Justizanstalt Asten in der gleichnamigen oberösterreichischen Marktgemeinde. Über ihr Leben wurden bereits zwei Bücher verfasst, wobei sie bei einem selbst als Autorin mitwirkte.

Leben

Kindheit und frühes Leben in Spanien

Goidsargi Estibaliz Carranza Zabala wurde in Mexiko-Stadt geboren, kam aber bereits im Alter von fünf Jahren mit ihrer Familie nach Spanien und wuchs in der katalanischen Stadt Barcelona auf.[2] Seither hält sie sowohl die spanische, als auch die mexikanische Staatsbürgerschaft inne. Ihr Vater Armando Carranza Mendoza Lopez ist ein lokal bekannter Autor und verfasste Bücher über die Themen Esoterik, Schamanismus und das Leben der Inkas, Mayas und Azteken.[3] Er war zuvor in Mexiko als Journalist tätig.[4] Ihre Mutter Angela Zabala stammt aus dem Baskenland. Carranza hat außerdem einen jüngeren Bruder.[3] Bereits gegen ihren eigenen tyrannischen Vater baute sie in Kindheitstagen Mordfantasien auf.[1] Sie studierte an der Universität Barcelona auf Wunsch ihres Vaters Wirtschaftswissenschaften.[3] Zu ihrer schwierigen Beziehung mit ihrem Vater sagte sie später vor Gericht:

„Wir durften nicht auffallen, nicht existieren.“

Estibaliz Carranza: zitiert nach[3]

Mit ihrem ersten Verlobten war sie fünf Jahre lang liiert. Zu dieser Beziehung ist aus ihren späteren Aussagen bekannt, dass dieser sie als sein Eigentum betrachtete und auch dementsprechend behandelte. Nachdem sie ihr Studium abgeschlossen hatte, trennte sich der Freund von ihr, da er, im Gegensatz zu ihr, nicht an einer ernsten Beziehung interessiert war. Die Mordfantasien richteten sich nun gegen ihren Ex-Freund und sie überlegte, bei dessen Wagen die Bremsschläuche zu manipulieren.[1]

Umzug nach Deutschland und Ehe mit Holger Holz

Kurz darauf verließ Carranza abrupt ihre spanische Heimat und ließ sich in Deutschland nieder. Sie lebte für kurze Zeit in München, wo sie als Au-Pair bei einer befreundeten Familie arbeitete. In der neuen Umgebung hatte Carranza keine Anlaufschwierigkeiten, da sie die deutsche Sprache bereits in ihrer Kindheit erlernt hatte. Sie verblieb auch nach Ende ihrer Tätigkeit als Au-Pair in Bayern und nahm in einem Dorf in der Nähe von Nürnberg einen Job in einem Eisladen an. Bei dieser Arbeit lernte sie auch ihren ersten Mann Holger Holz kennen. Holz war zu dieser Zeit ein Verkäufer von Kühlgeräten, Mitglied der Religionsgemeinschaft Hare Krishna und vierzehn Jahre älter als sie. Bereits Wochen nach dem ersten Treffen machte er ihr einen Heiratsantrag.[5]

2002 heirateten die beiden schließlich und zogen in seine Heimatstadt Berlin, wo sie verschiedene Jobs ausübte. Kurze Zeit nach der Hochzeit zeigte Holz sein anderes Gesicht, nahm ihr sämtliches Geld ab, das sie als Kellnerin verdiente, später auch die Papiere, als sie nach Spanien zurückgehen wollte. Auch verbal und physisch soll er sie verletzt haben.[6] Sie nahm später wieder eine Arbeit in einem Eisladen an. Auch dort wurde sie von ihrem Vorgesetzten gedemütigt. So wurden ihr unter anderem Toilettenbesuche verweigert. Die Fantasien richteten sich nun gegen diesen und sie recherchierte im Netz, wie man das Geschäft am besten niederbrennen könnte.[1]

Eröffnung eines eigenen Eissalons in Wien und Mord an Holz

2005 gingen Carranza und Holz nach Wien, wo sie in der Oswaldgasse im Bezirk Meidling gemeinsam den Eissalon Schleckeria eröffneten.[7] Holz beteiligte sich an diesem mit einem höheren Geldbetrag.[8] Er war zuvor in Mexiko als Journalist tätig.[9] Dies war bereits seit langem ihr größter Wunsch. Holz entwickelte in dieser Zeit eine Liebe zur Waffentechnik und Ego-Shootern. Außerdem zwang er sie ebenfalls der Hare Krishna beizutreten. Bereits kurz nach der Ankunft in der Donaustadt lernte sie den Eismaschinenverkäufer Manfred Hinterberger kennen. Zwei Jahre später begann sie eine Liaison mit ihm und ließ sich letztendlich von Holger Holz scheiden, der jedoch weiter in der kleinen, gemeinsamen Wohnung verblieb.[10]

Am 27. April 2008 beendete Carranza ihre Arbeit im Eisladen und kehrte zu ihrer Wohnung zurück, wo sie auf Holz traf. Ihr nunmehriger Ex-Mann beleidigte und denunzierte sie laut ihrer eigenen Aussage im Verlauf des Abends stundenlang, bis sie diesem endgültig ein Ende bereiten wollte. Sie ergriff eine Beretta-Pistole und feuerte insgesamt dreimal von hinten auf Holz ein, während dieser am Computer spielte. Die Patronen der Kaliber 22-Waffe drangen zweimal in den Hinterkopf, sowie einmal in die Schläfe ein und töteten ihn dadurch.[11]

„Ich war absolut hilflos, ich dachte, ich krieg mein Leben nie mehr zurück.“

Estibaliz Carranza: zitiert nach[1]

Das tatsächliche Motiv war wohl einerseits, dass Holz nicht aus der gemeinsamen Wohnung ausziehen wollte und andererseits, dass sie bei Holz hohe Schulden hatte und die Tilgung sie den Eissalon gekostet hätte.[8] Den toten Körper ließ sie in den nächsten Tagen auf dem Sessel sitzen. Erste Versuche den Leichnam mittels Feuer in der gemeinsamen Wohnung zu vernichten, scheiterten aufgrund der starken Rauchentwicklung.[12] Einige Tage später schaffte sie sich in einem Baumarkt eine Kettensäge an und ließ sich dort auch erklären, wie diese zu handhaben sei.[2] Zuhause zerteilte sie die Leiche damit, steckte sie in Plastiksäcke und fror sie zunächst ein. Als ihr die Wohnung später im Herbst 2008 gekündigt wurde, betonierte sie die Plastikpakete in Wannen ein. Der Kopf war allerdings am Boden der Tiefkühltruhe angefroren, so dass sie auch diese mit Beton füllte.[13] Die Wannen lagerte sie dann in einem Kellerabteil unter ihrem Eissalon „Schleckeria“. Sie selbst schaffte die Tiefkühltruhe mithilfe von zwei ahnungslosen Bekannten an den Lagerort. Menschen, die sich um Holz erkundigten, teilte sie mit, er habe sich einer Sekte in Indien angeschlossen, weshalb er auch nie als vermisst gemeldet wurde.[14][15]

Beziehung und Mord an Manfred Hinterberger

Nach dem Tod von Holger Holz ging Carranza eine ernsthafte Beziehung mit dem Oberösterreicher Manfred Hinterberger ein und zog mit ihm zusammen.[1] Auch Hinterberger investierte in die „Schleckeria“ einen höheren Geldbetrag, welchen sie nicht ohne den Verkauf des Eissalons zurückzahlen hätte können.[8] Die Zweisamkeit hielt jedoch nur kurz inne, war Hinterberger ihr doch häufig untreu.[1] Von einem Ex-Lebensgefährten wurde sie später als unterwürfig beschrieben, die für ihre Liebhaber alles tat. Für Hinterberger ließ sie sich laut eigenen Aussagen zu zahlreichen kosmetischen Operationen hinleiten, beispielsweise eine Nasenverkleinerung, ein Facelifting und das Aufspritzen ihrer für Hinterbergers Ansichten zu dünnen Lippen.[16] Außerdem wollte er ihr auch ihren Wunsch nach Kindern nicht erfüllen, da dieser bereits erwachsene Kinder hatte.[13] Letztendlich beschloss sie, auch ihn zu töten.

„Das ist so, als ob Sie ein Plastiksackerl über dem Kopf haben. Da müssen Sie einfach raus, in dem Moment müssen Sie einfach raus.“

Estibaliz Carranza: zitiert nach[1]

Der zweite Mord geschah bereits mit einer gewissen Vorbereitung, denn Carranza lernte aus ihren Fehlern beim ersten Mord. Zur Verbesserung der Treffsicherheit nahm sie speziell dafür Übungsstunden am Schießstand, während sie außerdem kurz vor der geplanten Tat den Boden und die Wände des jeweiligen Zimmers, in welchem der Mord geschehen sollte, mit Plastikfolien auskleidete, um Spuren später einfacher beseitigen zu können.[1]

Der minutiös vorbereitete Mord wurde dann letztendlich in der Nacht vom 21. auf den 22. November 2010 durchgeführt. Nach einem gemeinsamen Ausflug zu zweit kehrte das Paar spätabends in die gemeinsame Wohnung zurück. Carranza wartete bis Hinterberger eingeschlafen war und tötete ihn mit vier Schüssen in den Hinterkopf aus nächster Nähe.[12] Carranza kehrt nach dem Mord in den üblichen Modus Operandi zurück. Zuerst ließ sie den toten Körper einige Zeit unberührt, um ihn anschließend mithilfe einer Kettensäge in seine Einzelteile zu zerlegen. Die Leichenteile wurden anschließend wie jene von Ex-Mann Holz in einer Tiefkühltruhe im Keller des Eissalons einbetoniert.[12]

Das Verschwinden Manfred Hinterbergers blieb jedoch nicht unbemerkt, und aufgrund wiederholten Nachfragens meldete Carranza ihn vier Tage nach dem Mord als vermisst. Im Dezember 2010 ging sie eine Beziehung mit Roland R. ein, von welchem sie kurz vor ihrer Enttarnung schwanger wurde.[17]

Entdeckung der Mordopfer und Flucht Carranzas

Der Eissalon Carranzas befand sich im selben Haus mit weiteren Geschäftslokalen und einer der Mieter musste im Rahmen eines Wasserrohrbruchs auch Reparaturarbeiten im Keller durchführen. Dabei wurde am 6. Juni 2011 das Kellerabteil mit der Nummer 6, welches mit einem Vorhängeschloss versperrt war und zuvor niemandem der Hausbewohner zugeordnet werden konnte, vom Mieter (in anderen Quellen von Handwerkern[2][18]) aufgebrochen. Beim Betreten wurden eine Faustfeuerwaffe, insgesamt drei mit Beton gefüllte Tiefkühltruhen und außerdem zubetonierte Maurertröge und Blumentöpfe gefunden.[12] Aus einem ragte laut Berichten ein Unterschenkel heraus.[19] Die herbeigerufene Polizei brachte kurz darauf diverse Leichenteile der getöteten Männer ans Tageslicht.[12] Dabei wurden mehrere Leichenteile Hinterbergers geborgen, jedoch konnte von Holz nur der Schädel gefunden werden.[19]

Am nächsten Tag, dem 7. Juni 2011, wurde Carranza in ihrem Eissalon von einem Nachbar auf die Entdeckung angesprochen, welcher auch die Vermutung aussprach, dass es sich bei der Leiche um Manfred Hinterberger handeln könnte. Sie leerte ihr Konto und ihr Bankschließfach, ließ sich von ihrer vertrauten Putzkraft ihren Reisepass und ihr Sparbuch holen und fuhr mit einem Taxi zum Flughafen.[20] Sie buchte ein Ticket nach Paris, floh aber aus Angst, von der Polizei vor dem Flugantritt festgenommen zu werden, wieder aus dem Flughafen. Zu dieser Zeit wurde bereits nach ihr gefahndet und Ermittler befanden sich tatsächlich bereits am Gate um sie festzunehmen. Am Busbahnhof bestieg sie erneut ein Taxi, welches sie nach Italien brachte. Sie checkte unter falschem Namen in einer Pension in Tolmezzo ein, welche sie bereits am nächsten Tag wieder verließ, und so der italienischen Polizei entkam.[12] Carranza fuhr nach Udine und wurde dort von einem Straßenkünstler aufgenommen, welcher sie bei ihr nächtigen ließ. Dieser wurde aber letztendlich bei ihrem ausgedehnten Interesse zu den gefundenen Leichenteilen und ihren Selbstmordfantasien skeptisch und verständigte letztendlich die Polizei.[12]

Festnahme und erste Vernehmungen

Am 10. Juni 2011 gegen 7:30 Uhr klickten in der norditalienischen Stadt für Carranza die Handschellen. Die österreichischen Behörden leisteten sofort ein Auslieferungsgesuch für die Tatverdächtige. Inzwischen war auch eine Leiche bereits als Manfred Hinterberger identifiziert worden.[21] Carranza, zu diesem Zeitpunkt bereits in zweitem Monat schwanger, räumte in der Vernehmung sofort ein, dass sie die beiden Männer ermordet und beseitigt habe.[19] Bereits kurze Zeit nach der Entdeckung ging der Fall in Österreich und in Spanien durch die Presse.[15] Es wurde ebenfalls spekuliert, wie eine als klein und zierlich beschriebene Spanierin, die kraftraubende Arbeit des Zerstückelns der Körper, das Einbetonieren einiger Körperteile und das Beseitigen der restlichen durchführen konnte.[19] Ein möglicher Komplize, der bei diesen Prozessen unterstützend mitgewirkt hatte, konnte jedoch bis zum heutigen Tage nicht ermittelt werden.

Am 24. Juni wurde Carranza letztendlich an die österreichische Justiz ausgeliefert und kam in Untersuchungshaft aufgrund des Mordverdachts in zwei Fällen.[22] Am 11. Januar 2012 gebar Estibaliz Carranza im Kaiser-Franz-Josef-Spital in Favoriten einen Sohn, welcher kurz nach der Geburt dem Vater übergeben wurde.[12][23] Bereits im März heirateten die beiden in der Vernehmungszone der Justizanstalt Wien Josefstadt.[12]

Psychiatrisches Gutachten

In einem psychiatrischen Gutachten wurde Anfang Juli 2012 bei der Angeklagten festgestellt, dass diese „besonders gefährlich“ sei und während ihrer Taten „grundsätzlich zurechnungsfähig“ war. Die Gerichtspsychiaterin diagnostizierte bei Carranza eine schwere Persönlichkeitsstörung und äußerte auch die Befürchtung, dass diese in Freiheit erneut schwere Straftaten begehen würde.[24] Sie habe sich in Beziehungen stets dem Partner komplett unterworfen, sei aber in dieser Position nie glücklich geworden, und da sie nicht in der Lage war, diese dann zu beenden, „blieben im Wesentlichen nur mehr deviante Auswege“.[12] Deshalb müsste sie, bevor sie eine neue Beziehung eingehen kann, immer zuerst die Gescheiterte auf „ihre Weise“ beenden. Trotz der ermittelten Zurechnungsfähigkeit bei den beiden Morden, wurde eine Einweisung in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher empfohlen.[24]

Gerichtsprozess und Verurteilung

Am 5. September 2012 erhob die Wiener Staatsanwaltschaft Anklage gegen Estibaliz Carranza wegen Doppelmordes zum Nachteil von Holger Holz und Manfred Hinterberger und beantragte eine Einweisung dieser in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.[12] In der Anklageschrift wurde sie als Frau mit „geradezu einzigartiger Kaltblütigkeit und Skrupellosigkeit“ beschrieben. Nach den beiden Morden soll sie keine Reue gezeigt haben und es sich äußerlich nicht von neuen Lebensgefährten anmerken lassen. Der Prozessauftakt wurde für den 19. November terminiert und sollte ursprünglich drei Tage dauern.[13] Später wurde die Verhandlung auf vier Prozesstage ausgedehnt.[25] Estibaliz Carranza wurde beim Prozess von den sehr erfahrenen Anwälten Werner Tomanek und Rudolf Mayer verteidigt. Letzterer vertrat bereits die „Schwarze Witwe“, die Serienmörderin Elfriede Blauensteiner und den Entführer und Vergewaltiger Josef Fritzl.[26]

Bereits am ersten Prozesstag legte Carranza ein komplettes Geständnis zu allen Vorwürfen ab und bezeichnete ihre Taten selbst als „widerlich“. Sie hatte sich nach den Morden „miserabel“ gefühlt, konnte sich allerdings nicht selbst das Leben nehmen.[27] Ihre fehlende Reue und Empathielosigkeit, rechtfertigte sie mit der Einnahme beruhigender Medikamente, welche sie gefühlskalt machten. Außerdem wollte sie kein Mitleid mit ihrer Person erregen.

„Wenn ich in Tränen ausbreche, würde man sagen, was ist das für ein Theater. Es ist widerlich, was ich getan habe. Ich versuche, mich zusammenzureißen und die Schuld auf mich zu nehmen.“

Estibaliz Carranza: zitiert nach[28]

Am 22. November 2012 endete der Prozess für Carranza mit einem Schuldspruch und einer Verurteilung zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Doppelmordes in einer Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher.[29] Sie und ihre Anwälte legten Berufung ein, jedoch wurde das Urteil am 20. März 2013 vom Oberlandesgericht Wien bestätigt und wurde somit rechtskräftig.[30]

Leben in Haft und Etablierung als Medienfigur

Bereits kurz nach dem Haftantritt berichteten Medien über ihren Haftalltag und das Leben Carranzas in der Justizanstalt Schwarzau. Besondere Faszination für die Boulevardpresse erregte sie mit Aussagen ihrerseits und mit ihren „Eskapaden“ in Haft. Somit grub die österreichische Presse beinahe wöchentlich neue Skandalgeschichten der Spanierin aus und somit wurde sie wohl zur bekanntesten Mörderin im deutschen Sprachraum.[31] Carranza machte sich selbst zur Marke, inszenierte sich selbst und nutzte ihren Bekanntheitsgrad in Österreich, um an ihrer Geschichte zu verdienen.[32] Im November 2014 veröffentlichte sie ihre Memoiren, die sie zusammen mit der Journalistin Martina Prewein verfasste. In diesem Buch, welches unter dem Namen Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady von edition a publiziert wurde, schildert sie explizit ihr Leben, von ihrer Kindheit in Mexiko bis zum Leben in Haft.[12] Innerhalb eines Jahres verkaufte das Buch sich über zehntausend Mal, stieß aber auch auf Kritik. Carranzas Ehemann kritisierte beispielsweise Ende des Jahres 2015, dass mit Toten keine Geschäfte gemacht werden sollten.[32]

Im August 2016 wurde bekannt, dass Carranza vom niederösterreichischen Frauengefängnis Schwarzau in die Justizanstalt Asten in der gleichnamigen oberösterreichischen Marktgemeinde verlegt werde.[33] Durchgeführt wurde die Verlegung jedoch erst Anfang November 2017.[34] Bereits im Februar 2017 wurden zwei Mitinsassinnen in Schwarzau aufgrund von gefährlicher Bedrohung gegen Estibaliz Carranza zu sechs bzw. acht Monaten verurteilt.[35]

Im September 2018 wurde ein neues Buch zum Leben Carranzas veröffentlicht. Der Autor Bernhard Salomon führte hierzu mehr als hundert Gespräche mit ihr, und verpackte dies in dem Werk Zelle 14 Die wahre Geschichte der Liebe zwischen der Mörderin Estibaliz Carranza, bekannt als Eislady, und einem Mithäftling. Es wurde auch erstmals ihre Beziehung mit dem Mithäftling Martin L. bekannt, nachdem sie sich zuvor von ihrem Ehemann und Kindsvater getrennt hatte.[36] Als die Beziehung bekannt wurde, wurde Carranzas neuer Freund in eine andere Haftanstalt verlegt. Jedoch verlobten sie sich zuvor.[37] Im August 2018 ließen sich Carranza und ihr Ehemann Roland R. nach sechseinhalbjähriger Ehe scheiden.[38] Im Juli 2019 wurde bekannt, dass sich Carranza und L. getrennt hatten.[39]

Rezeption

Die Person Estibaliz Carranza diente der österreichischen Schriftstellerin Bettina Balàka als direkte Vorlage für ihr Werk Die Prinzessin von Arborio, welches im Jahr 2016 veröffentlicht wurde.[40]

Die Taten Carranzas werden in der US-amerikanischen Krimi-Dokumentation Deadly Women in Episode sechs der 12. Staffel mit dem Titel The Blame Game behandelt[41] und in der vierten Folge der dritten Staffel von Im Kopf des Verbrechers.

Literatur

  • Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, Wien 2014, ISBN 978-3-99001-114-0.
  • Bernhard Solomon: Zelle 14 Die wahre Geschichte der Liebe zwischen der Mörderin Estibaliz Carranza, bekannt als Eislady, und einem Mithäftling. edition a, 2017, ISBN 978-3-99001-293-2
  • Rod Kackley: True Love, Too Late: A Shocking True Crime Story. CreateSpace Independent Publishing Platform, ISBN 978-1-976291-60-9

Einzelnachweise

  1. a b c d e f g h i Monika Payreder, Ricardo Peyerl: Das Geständnis der Estibaliz Carranza. In: Kurier. 17. November 2012, abgerufen am 1. April 2019.
  2. a b c Kazim Hasnain: “Bin ich noch schön?” In: Spiegel Online. 8. September 2018, abgerufen am 8. September 2018.
  3. a b c d Biografie über das Leben von Estibaliz Carranza. In: astrolicht.at. 2012, abgerufen am 1. April 2019.
  4. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 14.
  5. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 33–35.
  6. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 36.
  7. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 37–40.
  8. a b c Winkt nun Strafmilderung nach Estis Buch-Beichte? In: Kronen Zeitung. 2018, abgerufen am 24. Juli 2019.
  9. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 14.
  10. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 37–40.
  11. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 40.
  12. a b c d e f g h i j k l Die Memoiren der Eislady. In: Kurier. 14. November 2014, abgerufen am 23. Juli 2019.
  13. a b c Kellerleichen: Anklage fertig. In: ORF. 5. September 2012, abgerufen am 24. Juli 2019.
  14. “Eis–Baronin” verrät grausige Details zu den Morden. In: Kronen Zeitung. 11. Juni 2011, abgerufen am 23. Juli 2019.
  15. a b La descuartizadora mataba por ira y dinero. In: La Nueva España. 13. Juni 2011, abgerufen am 24. Juli 2019 (spanisch).
  16. Ricardo Peyerl: “Die Esti tat alles, um zu gefallen”. In: Kurier. 20. November 2012, abgerufen am 23. Juli 2019.
  17. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 13–17.
  18. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 22.
  19. a b c d Eingemauerte Leichen: Spanierin gesteht zwei Morde. In: Die Presse. 11. Juni 2011, abgerufen am 24. Juli 2019.
  20. Estibaliz Carranza, Martina Prewein: Meine zwei Leben: Die wahre Geschichte der Eislady. edition a, 2014, ISBN 978-3-99001-114-0, S. 22.
  21. Keller-Mord in Meidling: Eissalonbesitzerin wurde verhaftet. In: Vienna. 10. Juni 2011, abgerufen am 23. Juli 2019.
  22. Leichen im Keller: Verdächtige ist wieder in Wien. In: Die Presse. 25. Juni 2011, abgerufen am 24. Juli 2019.
  23. Estibaliz C.: Kind aus medizinischen Gründen verlegt. In: Die Presse. 13. Januar 2012, abgerufen am 24. Juli 2019.
  24. a b Gutachterin bescheinigt Estibaliz C. “besondere Gefährlichkeit”. In: Die Presse. 25. Juni 2011, abgerufen am 4. Juli 2012.
  25. Leichen im Keller - eine Chronologie. In: ORF. 16. November 2012, abgerufen am 24. Juli 2019.
  26. „Josef Fritzl ein penibler Herr mit Handschlagqualität“. In: Kurier. 22. April 2018, abgerufen am 24. Juli 2019.
  27. Estibaliz C.: „Taten waren widerlich“. In: ORF. 19. November 2012, abgerufen am 24. Juli 2019.
  28. Kellerleichen: Gatte sagt nicht aus. In: ORF. 19. November 2012, abgerufen am 24. Juli 2019.
  29. Lebenslange Haft für Estibaliz C. In: ORF. 22. November 2012, abgerufen am 24. Juli 2019.
  30. Urteil bestätigt: Lebenslang für „Eislady“ Estibaliz C. In: ORF. 20. März 2012, abgerufen am 24. Juli 2019.
  31. Thomas Glavinic: Estibaliz Carranza: Wir kennen uns nur flüchtig. In: Der Standard. 22. November 2014, abgerufen am 24. Juli 2019.
  32. a b Enttäuschte Liebe. In: News. 29. November 2015, abgerufen am 24. Juli 2019.
  33. Estibaliz C. soll in Sonderanstalt nach Asten verlegt werden. In: Kurier. 29. August 2016, abgerufen am 24. Juli 2019.
  34. Doppelmörderin Estibaliz C. offenbar nach Asten verlegt. In: Der Standard. 2. November 2017, abgerufen am 24. Juli 2019.
  35. Estibaliz C. in Justizanstalt bedroht: Prozess in Wiener Neustadt. In: Die Presse. 17. Februar 2017, abgerufen am 24. Juli 2019.
  36. Martina Prewein: Die letzten Geheimnisse der Doppelmörderin Esti C. In: Kronen Zeitung. 8. September 2018, abgerufen am 24. Juli 2019.
  37. Eislady über ihre neue Liebe in Haft: „Er ist ein Psychopath“. In: Kurier. 8. September 2018, abgerufen am 24. Juli 2019.
  38. Wiener Doppelmörderin Estibaliz C. lässt sich scheiden. In: Vienna. 26. August 2019, abgerufen am 24. Juli 2018.
  39. Keine Hochzeit: Doppelmörderin Esti wieder Single. In: Kronen Zeitung. 18. Juli 2019, abgerufen am 24. Juli 2019.
  40. Werner Schandor: Faszinierende Mörderin. In: Wiener Zeitung. 4. Mai 2016, abgerufen am 24. Juli 2019.
  41. The Blame Game bei IMDb