Ernst Mach

Ernst Mach

]

Ernst Mach (* 18. Februar 1838 in Chrlice (Chirlitz) bei Brünn, damals Österreich-Ungarn, heute Tschechien; † 19. Februar 1916 in Haar bei München) war ein Physiker, Philosoph und Wissenschaftstheoretiker.

Er ist heute vor allem durch die nach ihm benannte Mach-Zahl, die das Vielfache der Geschwindigkeit relativ zur Schallgeschwindigkeit beschreibt, bekannt. Neben der Physik hat er sich stark mit der Philosophie beschäftigt. So gilt er als einer der einflussreichsten Vertreter oder sogar als Mitbegründer des Empiriokritizismus. Im Bereich der Psychologie hat er sich als Wegbereiter der Gestaltpsychologie bzw. Gestalttheorie einen Namen gemacht.

Leben und Werk

Herkunft und Bildung

Machs Familie gehörte der deutschsprachigen Minderheit in Böhmen und Mähren an. Sein Vater Johann Mach war erst Hauslehrer und nach dem Erwerb eines Guts in Untersiebenbrunn Bauer. Weitere Vorfahren der väterlichen Linie waren Kleinbauern und Weber. Die mütterliche Linie bestand aus Ärzten, Anwälten und Offizieren.

Ernst Mach wurde am 18. Februar 1838 in Chrlice geboren und im Nachbarort Tuřany (Turas) getauft. Seine Schulbildung bestand bis zum 15. Lebensjahr im Wesentlichen aus dem Unterricht durch seine Eltern. Auch in der Landarbeit wurde er von diesen unterwiesen. Außerdem absolvierte er eine Tischlerlehre. Nachdem er früher schon einmal kurz das Seitenstetter Benedektiner-Gymnasium besucht hatte, ging er ab 1853 auf das Kremsier (Komeritz) Piaristen-Gymnasium und erlangte nach zwei Jahren die Matura.

Mach studierte ab dem Herbst 1855 Mathematik und Naturwissenschaften an der Universität Wien und schloss 1860 mit einer Dissertation bei Andreas von Ettingshausen ab. Der Titel der Arbeit war: „Über elektrische Ladungen und Induktion“ .

Akademische Karriere

Im folgenden Jahr habilitierte Mach und wirkte dann als Privatdozent, wofür er allerdings nicht entlohnt wurde. Er bewarb sich um die Professur seines erkrankten Doktorvaters, die ihm jedoch nicht zugesprochen wurde. Daraufhin nahm Mach eine Stelle als Mathematikprofessor an der Universität Graz an. Er blieb dort bis Sommer 1867 wobei er ab 1866 als Ordinarius für Physik tätig war. Zum Wintersemester 1867/68 erreichte ihn der Ruf der Universität Prag wo er zugleich auch Direktor des physikalischen Institus werden sollte. Er blieb hier bis zum Jahre 1895. 1872/73 wurde er Dekan der Philosophischen Fakultät und in den Jahren 1879/80 sowie 1883/84 sogar Rektor der Universität. In diese Zeit fiel auch die Teilung der Universität (1882), in deren Umfeld Mach eine liberale Haltung einnahm, obwohl er zur Einheitsfront der deutschen Minderheit in Böhmen und Mähren gehörte. Auch pflegte er gerade zu dieser Zeit demonstrativ einen freundschaftlichen Briefwechsel mit dem tschechischen Physiker August Seydler. Seine politische Einstellung und Geisteshaltung verzögerten seinen Ruf nach Wien um einige Jahre. Er wurde auch nicht als Physiker berufen, sondern auf die neugeschaffene Professur für „Philosophie, insbesondere Geschichte der induktiven Wissenschaften“. Hier hatte Mach eine sehr produktive Phase, in der er Vorlesungen und frühere Bücher überarbeitete und viele neue Texte verfasste.

Politische Einstellung

Wie sich schon in den Auseinandersetzungen um die Teilung der Universität zeigte, hatte Mach von seinem Elternhaus einen tief liberalen und humanistischen Einschlag mitbekommen. Später kehrte er sich, gänzlich unüblich für seinen Stand und die Zeit, der Sozialdemokratie zu und war ein guter Freund des Vorsitzenden der österriechischen Sozialdemokraten, Viktor Adler. Berühmt wurde auch sein Kommentar „Die Wiener haben wie die Trottel gewählt. Überall haben die Pfaffen gegen die Sozialdemokraten gewonnen.“ welchen er anlässlich der österreichischen Parlamentswahlen im Jahr 1897 von sich gab. Außerdem hatte er eine als atheistisch zu bezeichnende Geisteshaltung.

Lebensabend

Ende des 19. Jahrhunderts begann die „Arbeitswut“ Ernst Machs nach einem Schlaganfall im Sommer 1898 nachzulassen. Er wurde zwar nie ein Anhänger der Relativitätstheorie, die ihm zu exotisch (auch weil sinnlich nicht direkt erfahrbar) schien, doch seinem heute fast unbekannten, sehr großen Einfluss in Wissenschaft und Öffentlichkeit ist es mit zu verdanken, dass gerade in Wien und Österreich viele und wichtige Forschungsprojekte durchgeführt wurden. Das Elektron und das Quant waren für Mach ideale, da messbare und dimensionierte Objekte der physikalischen Forschung, die so den beschreibenden und reduktionistischen Anspruch Machs an die Physik voll erfüllten. 1913 zog er zu seinem ältesten Sohn nach Vatterstetten bei München. Dort starb er am 19. Februar 1916. In einem Nachruf fasste Einstein 1916 in der Physikalischen Zeitschrift Machs Geisteshaltung jener Zeit zusammen:

Mach war seiner geistigen Entwicklung nach nicht ein Philosoph, der sich die Naturwissenschaften als Objekt seiner Spekulationen wählte, sondern ein vielseitig interessierter, emsiger Naturforscher, dem die Erforschung auch abseits vom Brennpunkt des allgemeinen Interesses gelegener Detailfragen sichtlich Vergnügen machte (zit. nach Karl von Meÿenn: Die Großen Physiker Von Maxwell bis Gell-Mann. C.H.Beck., 1997, ISBN 3406411495)

Wissenschaftliche Leistungen

Neben der Physik forschte Mach auch in der Psychologie (genauer Sinnespsychologie), der Philosophie, Methodologie und der Geschichte. Die meisten seiner Werke entstanden in seiner Prager Zeit, darunter seine bedeutensten Werke zur Physik und zur Sinnespsychologie. Außerdem begann er hier sich mit Fragen der Erkenntnistheorie und der Geschichte der Physik zu beschäftigen. Einige der bedeutensten Forschungen Machs waren:

Dopplereffekt

Bereits direkt nach seinem Studium bestätigte Mach den Dopplereffekt experimentell und brachte so die Debatte um die Richtigkeit der Theorie zum schweigen. Im Zuge dessen schlug er Kirchhoff vor, auch die Relativbewegung von Fixsternen spektroskopisch zu bestimmen. Allerdings versickerten diese Bemühungen und wurden erst Jahrzehnte später von Pickering und Vogel umgesetzt.

„Arbeiten über Erscheinungen an fliegenden Projektilen“

Schlierenfoto eines Flugzeugmodells bei Mach 1,2 im Windkanal

Im Sommer 1886 gelang es Mach erstmals mittels der von Toepler entwickelten Schlierenfotografie und Momentografie Verdichtungskegel aus Luft vor Projektilen sichtbar zu machen. Damit bestätigte Mach experimentell Theorien des Ballistikers Louis Melsen. Er experimentierte im Anschluss auch mit größeren Kalibern, dies allerdings nicht mehr in seinem Institut sondern auf dem Schießplatz der Firma Krupp und in der kaiserlichen und königlichen Marineakademie von Fiume. Zur Vebesserung der Messung entwickelte er zusammen mit seinem Sohn Ludwig Mach, der ihm als Assistent diente, das Mach-Zehnder-Interferometer. Aus den damit gewonnenen Daten konnte Mach zeigen, dass die Stoßwelle um das bis zu 50-fache verdichtet wird. Auch belegte er die Existenz einer Schwanzwelle hinter dem Projektil neben der Kopfwelle vor dem Projektil. Spätestens mit der „Umkehrung“ des Versuchs, d.h. Luft auf ein stillstehendes Projektil zu blasen, im Jahre 1889/90, schuf Mach so die Grundlagen der Gasdynamik welche dann von Ludwig Prandtl weiterentwickelt wurde]]. Die Bedeutung dieser Forschungsergebnisse zeigt sich nicht zuletzt in den noch heute gebräuchlichen Worten Machscher Kegel, Mach-Zahl und Machwelle. Die militärischen Aspekte dieser Forschung beunruhigten Mach, worauf er in vielen Vorträgen hinwies.

Kritik an der Newtonschen Mechanik

Mach hinterfragte intesiv vom positivistischen und empiristischen Standpunkt aus die Grundlagen der Newtonschen Mechanik und stieß dabei auf Fragen, die er mittels des Machschen Prinzips zu lösen versuchte. Dies führt dazu, dass einige Mach als Wegbereiter der Allgemeinen Relativitätstheorie sehen. Und auch Einstein selbst bezeichnete sich anfangs als „Schüler“ Machs, distanzierte sich allerdings später von dessen philosophischen Ansichten. Im Zuge dessen entstanden viele bekannte Bücher u.a. das wohl bekannteste Buch „Mechanik“. Dieses Buch und damit Machs Ansichten zeichnete sich besonders dadurch aus, dass er, entgegen dem Zeitgeist, der Mechanik ihre universelle Gültigkeit absprach. Auch probierte er in diesem Buch die Mechanik konsequent auf Beobachtungen zurückzuführen. So formulierte er das Trägheitsgesetz in seinem Machschen Prinzip um:

Statt nun einen bewegten Körper auf den Raum (auf ein Koordinatensystem) zu beziehen, wollen wir direkt sein Verhalten zu den Körpern des Weltraumes betrachten, durch welches jenes Koordinatensystem allein bestimmt werden kann. Voneinander sehr entfernte Körper, welche in bezug auf andere ferne festliegende Körper sich mit konstanter Richtung und Geschwindigkeit bewegen, ändern ihre gegenseitige Entfernung der Zeit proportional [...] Die eben angestellten Betrachtungen zeigen, dass wir nicht nötig haben, das Trägheitsgesetz auf einen besonderen absoluten Raum zu beziehen. Vielmehr erkennen wir, dass sowohl jene Massen, welche nach der gewöhnlichen Ausdrucksweise Kräfte aufeinander ausüben, als auch jene, welche keine ausüben, zueinander in gleichartigen Beschleunigungsbeziehungen stehen, und zwar kann man alle Massen als untereinander in Beziehung bestehend betrachten [...] auch ich erwarte, dass astronomische Beobachtungen zunächst nur sehr unscheinbare Korrektionen notwendig machen werden, so halte ich es doch für möglich, dass der Trägheitssatz in seiner einfachen Newtonschen Form für uns Menschen nur örtliche und zeitliche Bedeutung hat.

Sinnespsychologie und Philosophie

Als glühender Anhänger der Aufklärung und entschiedener Gegner jeder Form der Metaphysik kam er zu seiner eigenen Denkökonomie. Deren Grundaxiom war es, dass nur Erfahrbar ist, was durch die Sinneseindrücke vermittelt wird bzw. messbar ist, und ist daher als Empirist anzusehen. Des Weiteren wird Mach als Vertreter des Positivismus gesehen. Für Mach bedeutete der Positivismus im wesentlichen folgendes[1]:

  1. Die Quelle aller menschlichen Erkenntnis ist das „Gegebene“.
  2. Gegeben ist nur eine Mannigfaltigkeit von Sinneseindrücken (Empfindungen).
  3. Nicht gegeben ist alles, was zusätzlich zu den Inhalten der sinnlichen Wahrnehmung die „Welt“ konstituiert.
  4. Die Unterscheidung zwischen Ich und Welt ist haltlos.
  5. Es gibt keine metaphysische Erkenntnis über außersinnliche Realität.

In der Psychologie profilierte sich Mach durch die These, dass der Mensch immer den ökonomischsten Wahrnehmungsprozess auswähle.

Datei:Mach, Innenperspektive.jpg
Illustration aus: Ernst Mach, „Antimetaphysische Vorbemerkungen“, erschienen in „Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen“

Alles menschliche Handeln und Trachten ist vom Verlangen nach Selbsterhaltung bestimmt. Durch die Ausbildung der höheren intellektuellen Funktionen werden gerade jene angeborenen Eigenschaften und Reflexe ersetzt, die den niederen Organismen ihr Dasein ermöglichen.

In der Wissenschaftstheorie verstand er die Wissenschaften als Mittel, die Welt und die Empfindungen der Menschen möglichst einfach und neutral zu beschreiben. Außerdem verlangte er als Leitbild der Wissenschaft einen Reduktionismus ohne Kompromisse. Aus diesem Grunde sah er als eigentliche Grundlage eines aufgeklärten Weltverständnisses die Physik und die Psychologie an.

Als überflüssig erachtete Mach jegliche Diskussionen über den Wahrheitsgehalt von Theorien, denn allein der Nutzen sei relevant. Denn statt Wahrheit, als etwas für sich Existierendes, gab es für Mach nur eine temporäre Diskussions-Wahrheit, die sich aus einem evolutionären Prinzip ergebe. Bei diesem setzten sich nur die stärksten, also die ökonomischsten und empirisch klarsten Ideen durch. Offensichtlich ging er hier, wie auch bei der Wahrnehmung, von einer zugrundeliegenden Ökonomie aus. Physikalische Theorien verstand Mach stets nur als mathematisch organisierte Naturbeschreibungen und nicht mehr. Ähnliches dachte er auch über die Psychologie.

Wirkung und Nachwirkung

Datei:Ernst Mach.jpeg
Portrait Ernst Machs auf einer österreichischen Briefmarke, 1966

Rezeption

Die Auseinandersetzung mit diesen Ideen, die zu Anfang des 20. Jahrhunderts populär waren und oft diskutiert wurden, erfolgte in unterschiedlichen Kreisen. Planck beispielsweise kritisierte seine evolutionsbiologische Ideenlehre als metaphysische Spekulation. Mach wurde von Marxisten wie Lenin studiert, der in seinem Werk „Materialismus und Empiriokritizismus“ die philosophischen Ideen Machs einer fundamentalen Kritik unterzog, indem er u.a. solipsistische Implikationen von Machs Theorie behauptete. Der Wiener Kreis (vormals Ernst-Mach-Gesellschaft) mit u.a. Rudolf Carnap, Kurt Gödel stützte sich neben Wittgenstein auch auf Mach. Aber auch Literaten wie Hugo von Hofmannsthal und Robert Musil – der sogar über Mach promovierte – und auch Albert Einstein erkannten seine Bedeutung.

Namensgeber

Im Jahre 1970 wurde ein Mondkrater nach Mach benannt (Krater Mach) Das 1972 eröffnete Ernst-Mach-Gymnasium in Haar trägt seinen Namen, sowie seit 2004 das 1961 gegründete Ernst-Mach-Gymnasium in Hürth.

Ehrenmitgliedschaften

Ernst Mach ist Ehrenmitglied der Prager Universitäts-Sängerschaft „Barden“ (heute zu München).

Wichtigste Werke

  • Einleitung in die Helmholtz′sche Musiktheorie, 1866
  • Optisch-akustische Versuche, 1872
  • Die Analyse der Empfindungen und das Verhältnis des Physischen zum Psychischen, 1886
  • Die Principien der Wärmelehre, 1896
  • Erkenntnis und Irrtum, 1905
  • Die Prinzipien der physikalischen Optik, 1921
  • Die Mechanik in ihrer Entwicklung, 1933
  • Über Erscheinungen an fliegenden Projektilen, 1966
  • Die Mechanik, 1982
  • Populär-wissenschaftliche Vorlesungen, 1987

Siehe auch

Literatur

  • Robert Musil: Beitrag zur Beurteilung der Lehren Machs und Studien zur Technik und Psychotechnik,Rowohlt, 1980, ISBN 3498042718
  • Karl von Meÿenn: Die Großen Physiker Von Maxwell bis Gell-Mann. C.H.Beck., 1997, ISBN 3406411495
  • Robert .S. Cohen, Hrsg, Ernst Mach. Physicist and Philosopher, Kluwer Academic Publishers, 1975, ISBN 9027700168

Referenzen