„Regensburger Domspatzen“ – Versionsunterschied

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975 wurde eine Domschule gegründet und nicht die "Domspatzen"
Wie aus dem Artikel ersichtlich, wurden die Schüler auch zum Chorgesang herangezogen. Somit wurde mit der Schule auch der Chor gegründet - auch wenn der damals noch nicht "Domspatzen" hieß.
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Version vom 19. November 2014, 13:10 Uhr

Regensburger Domspatzen
Datei:Regensburger Domspatzen Logo blau.svg
Sitz: Regensburg / Deutschland
Träger: Regensburger Dom
Gründung: 975
Gattung: Knabenchor mit Männerstimmen
Gründer: Wolfgang von Regensburg
Leitung: Domkapellmeister Roland Büchner
Stimmen: Konzertchor = 80 SATB Nachwuchschöre = 150 SATB
Website: www.domspatzen.de

Die Regensburger Domspatzen sind der aus Knaben und jungen Männern bestehende Domchor des Regensburger Domes, der auf eine über tausendjährige Geschichte zurückblicken kann. Die Regensburger Domspatzen sind einer der ältesten Knabenchöre der Welt und gehören zu den berühmtesten und renommiertesten Chören. 2002 wurde ihnen von der Europäischen Föderation der Chöre der Titel Kulturelle Botschafter von Europa verliehen. Außerdem sind die Domspatzen UNICEF-Botschafter.

Geschichte

Regensburger Domspatzen

Im Jahr 975 gründete Bischof Wolfgang von Regensburg eine Domschule zur Ausbildung von Kleriker-Nachwuchs. Die musikalisch geschulten Knaben wurden zur Gestaltung der Liturgie und zum Chorgebet herangezogen. Daraus leitet sich die Bezeichnung Chor ab. Eine Stiftung des Domkapitels aus dem 16. Jahrhundert, die Dompräbende, diente der Einrichtung und dem Unterhalt eines Internats für die Domschüler. Die finanziellen Mittel dafür stellten der Regensburger Bischof und das Domkapitel bereit. Die Bedeutung der Domschule war zu dieser Zeit stark gesunken, die Präbende „eine Verpfleg- und Bewahrungsanstalt für eine kleine Zahl von Knaben, die bei den gottesdienstlichen Verrichtungen singen mußten“.[1]
Zu Zeiten des Dreißigjährigen Krieges erfuhr die Präbende eine mehrjährige Unterbrechung, weil die Stiftung bankrottging. Die Domschule wurde aufgelöst. Da die Stadt Regensburg damals von schwedischen Truppen besetzt war, wurden im Dom keine katholische, sondern evangelische Gottesdienste gefeiert. Im Jahr 1653 kam es unter Bischof Franz Wilhelm von Wartenberg zu einer Neugründung und Umstrukturierung der Domschule.[2] Seit dieser Zeit wird einerseits die Ausbildung von Klerikern nicht mehr in der Domschule vorgenommen, sondern im neugegründeten Regensburger Priesterseminar. Die Ausbildung und Unterbringung der Sängerknaben andererseits wurde damals in der bis heute bestehenden Dompräbende der Domspatzen neu geregelt.[3]

Nachdem das Fürstentum Regensburg inklusive des Hochstifts Regensburg 1810 zum Königreich Bayern geschlagen worden war, teilten sich ab 1819 der Staat Bayern und die bis dahin Verantwortlichen aus Domkapitel und Bischof die Finanzierung der Domschule.

Im August 1910 unternahm der Regensburger Domchor unter Franz Xaver Engelhardt seine erste Auslandsreise; sie führte zu einem kirchenmusikalischen Kurs nach Prag. In Presseberichten über diese Reise wird zum ersten Mal der Name Domspatzen erwähnt.[4] Zuvor war nur von Domchor die Rede. Im Jahre 1934 konnte vom Domkapitel ein Anwesen in der Regensburger Orleanstraße erworben werden, das ein Jahr später von der Dompräbende bezogen wurde. Vor allem durch die Tätigkeit von Theobald Schrems, Domkapellmeister 1924–1963, wurde der Chor weltberühmt.

Datei:Regensburger Domspatzen 13 Aug 1938.jpg
Domspatzen in „Jungvolk“-Uniformen auf dem Obersalzberg nach einem Konzert für Reichskanzler Adolf Hitler 1938

Die Domspatzen im Nationalsozialismus

Bereits auf dem Regensburger NSDAP-Gautag im Juni 1933 traten die Domspatzen vor Parteiorganisationen auf. Dies geschah auf Wunsch des Gauleiters Hans Schemm unter anderem mit einem Stück von Richard Wagner. Als der Reichskanzler Adolf Hitler im Oktober 1933 Regensburg besuchte, sang der Domchor im Reichssaal der Stadt für Hitler. Dieser Auftritt ging auf die Initiative von Chorleiter Theobald Schrems zurück.[5] Der Reichskanzler hat die Domspatzen in der Folgezeit bis Kriegsende persönlich finanziell unterstützt. Der Chor trat insgesamt sechsmal in der Gegenwart des „Führers“ auf, so z. B. auf dem Reichsparteitag der NSDAP von 1938 in Nürnberg und zweimal auf dem Obersalzberg.[6]

Im Jahre 1937 unternahm der Domchor eine größtenteils von Hitler finanzierte Südamerika-Tournee mit Auftritten u. a. in São Paulo und Montevideo. In einer Nebenrolle des Propagandafilms Das unsterbliche Herz von Veit Harlan traten die Domspatzen als Kirchenchor ohne liturgische Funktion auf. Da dieser Film einen antikatholischen Einschlag hatte, rief der damalige Auftritt der Sängerknaben starke Kritik innerhalb des Regensburger Domkapitels hervor. Mit der Finanzierung des Propagandaministers Joseph Goebbels unternahmen die Domspatzen nach Beginn des Weltkriegs zur Repräsentation des NS-Regimes vielerlei Auslandsreisen, so z. B. nach Polen, Frankreich, Spanien und Portugal. Der Regensburger Bischof Michael Buchberger unterstützte diese Propagandarolle des Domchors weitgehend.[7]

Anders als ähnliche kirchliche Einrichtungen, wie zum Beispiel die bayrischen Philosophisch-theologischen Hochschulen, die ebenso auf staatliche Mittel und Zusammenarbeit mit dem NS-Regime angewiesen waren, wurden weder die Domschule noch der Domchor verboten oder aufgelöst. Versuche von NSDAP-Funktionären, den Domchor noch stärker für Repräsentationsaufgaben heranzuziehen und seine liturgischen Aufgaben allmählich ganz zurückzudrängen, wurden von Hitler im Jahre 1942 über das Reichsministerium für Volksaufklärung und Propaganda unterbunden. Eine endgültige Entscheidung über die Zukunft der Domspatzen sollte erst nach dem Kriegsende getroffen werden.[8]

Bewertung des Engagements der Domspatzen für das NS-Regime

Nach 1945 rechtfertigte Theobald Schrems die Auftritte der Domspatzen für das NS-Regime damit, dass eine Verweigerung den Domchor gefährdet hätte. Da er immer auch religiöse Stücke vorgetragen habe, wollte Schrems diese Aufführungen im Rückblick „geradezu als versteckte Widerstandshandlungen gedeutet wissen“.[9] Karl Birkenseer spricht davon, dass es nur „Versuche der NS-Machthaber, den Chor für ihre Zwecke zu vereinnahmen“, gegeben habe, jedoch keine aktive Zusammenarbeit.[10] Der Historiker Helmut Halter hingegen betont Opportunismus, Eitelkeit und Initiative von Schrems in der „Rolle der Domspatzen als Instrument der auswärtigen Kulturpolitik des NS-Propagandaministeriums“.[11]

Die Domspatzen nach 1945

Georg Ratzinger (* 1924), Domkapellmeister 1964–1994, führte die erfolgreiche musikalische Arbeit weiter, ohne den liturgischen Dienst im Dom zu vernachlässigen. Er unternahm jährlich eine Konzerttournee durch Deutschland, weitete aber auch die Tradition der Konzertreisen ins Ausland (USA, Ungarn, Japan, Taiwan, Hongkong, Korea, Ungarn, Tschechien und Polen) aus. Schallplatten- und CD-Einspielungen begleiteten seine Arbeit.

Seit 1994 leitet Domkapellmeister Roland Büchner (* 1954) den Chor. Büchner baute die Aufführungen großer Chorwerke weiter aus; dazu gehörten Händels Messias, Haydns Schöpfung, oder Bachs Matthäus- und Johannespassion. Die Domspatzen führten unter seiner Leitung zahlreiche Auslandstourneen u. a. nach Japan, China, Kuwait, Südafrika, auf die Philippinen, nach Frankreich, Portugal, Schottland, Italien, Ungarn, in den Vatikan, nach Österreich, in die Schweiz, nach Belgien und in die Slowakei durch.

Organisation

Die Regensburger Domspatzen sind ein Zusammenschluss des Regensburger Domchors und der Regensburger Sängerschule. Diese Organisationsstruktur wurde von Theobald Schrems nach dem Zweiten Weltkrieg geschaffen. Heutiger Träger ist die "Stiftung Regensburger Domspatzen", eine Stiftung des öffentlichen Rechts mit Unterstützung des Regensburger Domkapitels.

Am 15. Juli 1925 wurde darüber hinaus der Verein Freunde des Regensburger Domchors gegründet. Dieser Verein unterstützt die Domspatzen. Das gleiche Ziel hat auch der Kulturförderverein Regensburger Domspatzen e.V., der Nachfolgeverein des Kulturstiftung der Regensburger Domspatzen e.V.[12].

Die Regensburger Domspatzen werden an einer eigenen sprachlichen und humanistischen Schule, dem Musikgymnasium der Regensburger Domspatzen, unterrichtet. Wegen der Einführung des achtjährigen Gymnasiums (G8) wurde es ab 2004 in ein reines Musisches Gymnasium umgewandelt. Insgesamt besuchen etwa 420 „Spatzen“ Chor, Schule und Internat.

Im Kloster Pielenhofen wurde bis Herbst 2013 die Tages- und Internatsgrundschule der Regensburger Domspatzen (1.–4. Klasse) betrieben. Seit dem Schuljahr 2013/14 ist die Grundschule in einem eigenen Bau auf dem Gelände des Gymnasiums in der Regensburger Reichsstraße untergebracht. Ziel der Schule ist es, die Jungen mit intensiver Betreuung und reformpädagogischen Elementen auf den Übertritt in das Gymnasium der Domspatzen vorzubereiten.

Sexueller Missbrauch

Im März 2010 wurde bekannt, dass die geistlichen Internatsleiter Friedrich Zeitler und Georg Friedrich Zimmermann im Zusammenhang mit Missbrauchsfällen in der katholischen Kirche für Taten zwischen 1958 und 1973 suspendiert und daraufhin von weltlicher Rechtsprechung verurteilt worden waren.[13] Franz Wittenbrink berichtete am Samstag, den 13. März 2010, in der Sendung Menschen bei Maischberger und einen Tag später in ML Mona Lisa von Missbrauchsfällen während seiner Zeit bei den Regensburger Domspatzen (1958 bis 1967).

Sonstiges

Datei:Stamp Germany 2003 MiNr2318 Regensburger Domspatzen.jpg
Deutsche Briefmarke von 2003 zu Ehren der Domspatzen
Die Regensburger Domspatzen stehen am 4. März 2008 auf dem Tafelberg in Kapstadt, Südafrika

Unter Domkapellmeister Roland Büchner veröffentlichten die Domspatzen im Herbst 2005 ein Album, auf dem das Konzert für Papst Benedikt XVI. zu hören ist. Es stieg auf Platz 86 der deutschen Album-Charts und auf Platz 5 der Klassik Charts ein, die bis dahin höchste Chartplatzierung einer A-cappella-Einspielung überhaupt. Das Konzert wurde in der Sixtinischen Kapelle im Beisein des Papstes und unter der Leitung von Domkapellmeister Roland Büchner aufgeführt. Das Vatikan-Konzert zusammen mit den Münchner Philharmonikern unter Christian Thielemann und Domkapellmeister Roland Büchner konnte sich ebenfalls in den Klassik-Charts (Platz 12, Dezember 2005) platzieren.

Seit einigen Jahren zeichnet die von Frau Dr. Monika von Hassel ins Leben gerufene Kai-Uwe von Hassel-Stiftung alljährlich Abiturienten des Musikgymnasiums der Regensburger Domspatzen aus, die sich durch überdurchschnittliche und besondere Leistungen während ihrer Domspatzenzeit ausgezeichnet haben.

Die Regensburger Domkapellmeister seit dem 17. Jahrhundert

Bedeutende ehemalige Regensburger Domspatzen

Aus ehemaligen Domspatzen hervorgegangene Ensembles

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. zitiert nach Karl Ernst Maier: Die Schulverhältnisse der Reichsstadt Regensburg. In: Max Liedtke: Handbuch der Geschichte des Bayerischen Bildungswesens. Erster Band, Bad Heilbrunn 1991, S. 453.
  2. Christoph Meixner: Musik und Musikerleben in Regensburg in der Neuzeit. In: Peter Schmid: Geschichte der Stadt Regensburg. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 2000, S. 984.
  3. August Scharnagl: Zur Geschichte des Regensburger Domchors. In: Georg Paul Köllner (Hg.): Musicus – Magister. Festgabe für Theobald Schrems zur Vollendung des 70. Lebensjahres. Verlag Friedrich Pustet, Regensburg 1963, S. 137.
  4. Fritz Wagner: Wie alt sind die „Regensburger Domspatzen?“ In: Karl Hausberger: Kulturarbeit und Kirche. Verlag des Vereins für Regensburger Bistumsgeschichte, 2005, S. 677.
  5. Helmut Halter: Die „Regensburger Domspatzen“ 1924–1945. In: Werner Chrobak (Hg.): Staat, Kultur, Politik. 1992, S. 375.
  6. Karl Frank: Apostolat und Propaganda. In: Christel Erkes (Hg.): Die Regensburger Domspatzen. Begegnung mit Theobald Schrems. 1993, S. 61.
  7. Robert Werner: Die Regensburger Domspatzen Hitlers liebster Knabenchor. 2012, S. 9 (Bericht auf regensburg-digital vom 22.Oktober 2012)
  8. Robert Werner: Die Regensburger Domspatzen – Hitlers liebster Knabenchor. 2012, S. 10 (Bericht auf Regensburg-Digital vom 22. Oktober 2012)
  9. Helmut Halter: Die „Regensburger Domspatzen“ 1924–1945. S. 381.
  10. Karl Birkenseer (Hg.): Die Regensburger Domspatzen. MZ-Buchverlag, Regensburg 2009, S. 57.
  11. Helmut Halter: Die „Regensburger Domspatzen 1924–1945. S. 386.
  12. http://www.mittelbayerische.de/region/regensburg/artikel/stipendium-fuer-tollen-domspatzen/891726/stipendium-fuer-tollen-domspatzen.html
  13. Missbrauchsvorwurf bei Domspatzen. Zwei Geistliche in Skandal verwickelt. RP-online vom 5. März 2010

Literatur

  • Karl Birkenseer (Hrsg.): Die Regensburger Domspatzen: Zur Ehre Gottes und zur Freude für die Menschen. Der weltberühmte Chor in Geschichte und Gegenwart. MZ-Buchverlag, Regensburg 2009, ISBN 978-3-934863-70-5.
  • Paul Winterer: Die Regensburger Domspatzen. Mittelbayerische Druck- und Verlagsgesellschaft, Regensburg 1989, ISBN 3-921114-72-1.
  • Paul Winterer: Der Domkapellmeister. Buchverlag der Mittelbayerischen Zeitung, Regensburg 1994, ISBN 3-927529-34-6.
  • Anton Zuber: Der Bruder des Papstes. Georg Ratzinger und die Regensburger Domspatzen. Herder, Freiburg im Breisgau; Basel; Wien 2007, ISBN 978-3-451-29604-8.
  • Christel Erkes (Hg.): Die Regensburger Domspatzen. Begegnung mit Theobald Schrems, Verlag Moritz Schauenburg Lahr 1993
  • Werner Chrobak (Hg.): Staat, Kultur, Politik. Beiträge zur Geschichte Bayerns und des Katholizismus. Festschrift zum 65. Geburtstag von Dieter Albrecht. Lassleben, Kallmünz 1992, ISBN 3-7847-3109-0
  • Georg Paul Köllner (Hg.): Musicus - Magister. Festgabe für Theobald Schrems zur Vollendung des 70. Lebensjahres, Verlag Friedrich Pustet Regensburg 1963.