Religionen in der Slowakei

Kathedrale St. Emmeram in Nitra, älteste Kirche der Slowakei
Lutherische Holzkirche in Svätý Kríž
Kirche St. Margareta in Kopčany, 9. Jahrhundert
Holzkirche in Tvrdošín, 15./16. Jahrhundert, Weltkulturerbe

Die Religionen in der Slowakei sind vor allem die römisch-katholische Kirche und weitere christliche Kirchen und Gemeinschaften.

Gegenwart

Die größte Kirche ist die römisch-katholische Kirche, zu der sich 2011 65,8 % der Bevölkerung zählten, die Lateinische Kirche zählte 62 %, daneben gibt es die griechisch-katholische Kirche, besonders im Nordosten bei den Ruthenen, die 3,8 % zählte. Die Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses (lutherisch), die Reformierte Kirche[1], die Orthodoxe Kirche, sowie die Altkatholische Kirche, die Neuhussitische Kirche, Baptisten, Methodisten, Zeugen Jehovas und weitere Gemeinschaften. Zu Muslimen, Juden und Buddhisten zählen sich jeweils einige tausend Personen. Ohne Religion oder ohne Angaben sind insgesamt 24 % der Bevölkerung.

Statistik

Bevölkerung der Slowakei nach Religionsbekenntnis[2][3]
Volkszählung 2011 Volkszählung 2001 Volkszählung 1991
Religion Anzahl % Anzahl % Anzahl %
Römisch-katholische Kirche in der Slowakei
Lateinische Kirche
Griechisch-katholische Kirche in der Slowakei
3.554.148
3.347.277
206.871
65,8
62,0
3,8
3.927.951
3.708.120
219.831
73,0
68,9
4,1
3.365.853
3.187.120
178.733
63,8
60,4
3,4
Evangelische Kirche Augsburgischen Bekenntnisses in der Slowakei 316.250 5,9 372.858 6,9 326.397 6,2
Reformierte Kirche 98.797 1,8 109.735 2,0 82.545 1,6
Orthodoxe Kirche der Tschechischen Länder und der Slowakei 49.133 0,9 50.363 0,9 34.376 0,7
Zeugen Jehovas 17.222 0,3 20.630 0,4 10.501 0,2
Evangelisch-methodistische Kirche 10.328 0,2 7.347 0,1 4.359 0,1
Kresťanské zbory (Christl. Gemeinden in der Slowakei) 7.720 0,1 6.519 0,1 700 0,0
Apostolische Kirche 5.831 0,1 3.905 0,1 1.116 0,0
Baptisten 3.486 0,1 3.562 0,1 2.465 0,0
Brüderbewegung 3.396 0,1 3.217 0,1 1.867 0,0
Siebenten-Tags-Adventisten 2.915 0,1 3.429 0,1 1.721 0,0
Juden in der Slowakei 1.999 0,0 2.310 0,0 912 0,0
Tschechoslowakische Hussitische Kirche 1.782 0,0 1.696 0,0 625 0,0
Altkatholische Kirche der Slowakei 1.687 0,0 1.733 0,0 882 0,0
Bahai 1.065 0,0 n. a. n. a. n. a. n. a.
Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage 972 0,0 58 0,0 91 0,0
Neuapostolische Kirche 166 0,0 22 0,0 188 0,0
Weitere Religionsgemeinschaften 23.340 0,4 6.214 0,1 6.094 0,1
Ohne Religion 725.362 13,4 697.308 13,0 515.551 9,8
Keine Angabe 571.437 10,6
Gesamt 5.397.036 100 5.379.455 100 5.274.335 100

Geschichte

Frühgeschichte

Frühchristliches Steinkreuz von Rusovce
Ján Kollár, lutherischer Pfarrer und Lyriker
Krönung von Maria Theresia zur Königin von Ungarn im Martinsdom in Pressburg 1741

Die ältesten Religionen waren traditionelle Kulte der einheimischen Bevölkerung. Mit der römischen Besatzung kamen seit dem 2./3. Jahrhundert wahrscheinlich auch einige Christen als Soldaten und Kolonisten in Gebiete der heutigen Slowakei. Im 9. Jahrhundert gab es Missionsversuche vom bayerischen Bistum Passau. Um 828/832 soll die erste Kirche in der Burg des Fürsten Pribina in Nitra gegründet worden sein.[4] Die Tätigkeit der byzantinisch-orthodoxen Mönche Kyrill und Method im Mährerreich wurde im slowakischen Gebiet erschwert, der erste katholische Bischof Wiching für Nitra kam aus Bayern.

Im unabhängigen Königreich Ungarn

Im frühen 11. Jahrhundert sollen die Heiligen Svorad und Benedikt am Berg Zobor im dortigen Kloster gelebt haben. In dieser Zeit wurde das Gebiet in die Bistumsorganisation des ungarischen Staates eingegliedert. Im 12. Jahrhundert wurde wieder ein Bistum in Nitra für das Gebiet der heutigen Slowakei errichtet. In den folgenden Jahrhunderten entstanden zahlreiche Klöster und Kirchen. Es gab auch jüdische Gemeinden in einigen Städten. Der theologische Einfluss der Hussiten aus dem benachbarten Böhmen blieb im 15. Jahrhundert wahrscheinlich gering, da diese vor allem mit Überfällen und Zerstörungen in das Land kamen.

Unter den Habsburgern

Nach dem Einfall der Türken nach Ungarn verlagerte sich der Sitz des Erzbistum Esztergom seit 1543 nach Trnava in der unbesetzten Slowakei (Oberungarn). Seit 1563 wurden die ungarischen Könige im Martinsdom in Preßburg gekrönt.[5] Vor allem in den von Deutschen besiedelten Gebieten der Zips entstanden in dieser Zeit in vielen Städten und Dörfern viele reformatorische lutherische Gemeinden.[6] 1610 einigten diese sich auf der Synode von Žilina. Durch eine teilweise recht brutale Gegenreformation (Blutgericht von Eperjes) setzte sich in den folgenden Jahrzehnten jedoch wieder der Katholizismus als vorherrschende Konfession durch.

1756 wurde die erste Bibel in slowakischer Sprache durch Kamaldulensermönche geschaffen. In der nationalen Bewegung der Slowaken seit etwa 1780 spielten katholische und evangelische Geistliche eine führende Rolle.[7] So schuf der katholische Priester Anton Bernolák 1787 eine erste Orthographie und Grammatik für die slowakische Sprache. Die lutherischen Pfarrer und Schriftsteller Ján Kollár, Ján Chalupka, Michal Miloslav Hodža und Jozef Miloslav Hurban waren führende Persönlichkeiten, auch beim slowakischen Aufstand von 1848/49.

Staatspräsident Jozef Tiso in Berlin, 1941

In der Tschechoslowakei und der Slowakei

In den slowakischen nationalen Parteien seit 1913 waren Geistliche meist deren Vorsitzende, so Andrej Hlinka in der von ihm gegründeten Volkspartei und Martin Rázus in der protestantischen Nationalpartei. Der Priester Josef Tiso wurde 1939 auch erster Staatspräsident der unabhängigen Slowakei, ein Vasallenstaat des NS-Staates. Die meisten im Land lebenden Juden wurden bis 1945 ermordet.

Seit 1945 wurden alle Religionen in der Tschechoslowakei eingeschränkt, viele Bischöfe, Priestern, Ordensmitglieder aber auch Laien waren verhaftet, manche auch ermordet. Seit 1989 gibt es wieder Religionsfreiheit. 2016 wurde ein Gesetz verabschiedet, das die Anforderungen an neue Religionsgemeinschaften für eine gleichberechtigte offizielle Anerkennung von vorher 20.000 Mitgliedern mit einem ständigen Aufenthaltsrecht im Land auf 50.000 Personen angehoben. Kritiker sehen darin die Absicht, dem Islam eine solche Anerkennung unmöglich zu machen.[8]

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zum Protestantismus in der Slowakei zuletzt Karl W. Schwarz: Der Protestantismus in der Slowakei. Eine Brücke zwischen Sprachen, Völkern und Kulturen. In: Ulrich A. Wien, Mihai D. Grigori (Hrsg.): Exportgut Reformation. Vandenhoeck & Ruprecht, Göttingen 2017. S. 425-442
  2. Statistisches Amt der Slowakei (PDF)
  3. Tabelle 14 (Memento vom 14. November 2012 im Internet Archive) Statistisches Amt der Slowakischen Republik (PDF). Abgerufen am 31. März 2024.
  4. Archäologische Denkmäler in Nitra (PDF)
  5. 11 Könige und acht Königinnen von 1563 bis 1830 Uhorskí králi a královné korunované v Bratislave
  6. Zur Reformation in der Slowakei zuletzt Karl W. Schwarz: Die Reformation auf dem Gebiet der heutigen Slowakei. In: Martin Zückler, Michal Schwarc, Jörg Meier (Hrsg.): Migration – Zentrum und Peripherie – Kulturelle Vielfalt. Neue Zugänge zur Geschichte der Deutschen in der Slowakei. Leipzig 2016. S. 242–261.
  7. Sabine Witt: Nationalistische Intellektuelle in der Slowakei 1918-1945. Walter de Gruyter, Berlin/München/Boston 2015. S. 55-67
  8. Slowakei verschärft Religionsgesetz HDP, 6. Februar 2017

Siehe auch