Kloster Æbelholt

Ruinen des Refektoriums des Klosters Æbelholt mit drei aus Backstein gemauerten Säulen, dahinter der Kapitelsaal mit steinernen Säulen

Kloster Æbelholt war das größte Augustiner-Chorherren-Stift in Skandinavien. Es lag im Nordosten der dänischen Insel Seeland. Das 1176 gegründete Kloster bestand bis zur Aufhebung in der Reformation 1561. Im selben Jahr wurden die Bauten abgetragen. Seine Überreste befinden sich in Tjæreby in der Hillerød Kommune.

Geschichte

Kloster Eskilsø

In der ersten Hälfte des 12. Jahrhunderts wurde auf der Insel Eskilsø im Roskilde-Fjord ein Chorherrenstift unter dem Patrozinium des Apostels Thomas gegründet, dessen Mitglieder vermutlich dem nur 9 km entfernten Dom zu Roskilde zugeordnet waren.[1] Als Gründer wird aufgrund des Namens des Insel Eskil angenommen, der 1134–1137 Bischof von Roskilde war. Spätestens 1139 muss es bestanden haben, denn in diesem Jahr wurde der dem Stift zugehörige Kanoniker Asker zum Bischof von Roskilde ernannt. Zum Klosterbesitz gehörte u. a. das nahegelegene Dorf Jyllinge, dessen Kirche dem Stift inkorporiert war.

Als Absalon aus dem einflussreichen Hvidegeschlecht 1157 Bischof von Roskilde wurde, fand er das Stift in einem unbefriedigenden Zustand vor. Um das sittliche Leben der Chorherren und ihre theologische Bildung zu heben, lud er seinen Pariser Studienfreund Wilhelm, einen Kanoniker der Pariser Abtei Sainte-Geneviève, ein, das Stift zu reformieren. Wilhelm reiste zusammen mit fünf weiteren Mönchen an und wurde am 18. August 1165 von Absalon und König Waldemar I. in Ringsted empfangen. Als Abt führte Wilhelm die strenge Augustinusregel ein und legte einen Klostergarten an.[2] Doch nur wenige Jahre nach Wilhelms Ankunft wurde das Stift nach Æbelholt verlegt. In Eskilsø betrieb das Stift bis 1560 eine Grangie und behielt die Klosterkirche als Kapelle.[1]

Ruine der Klosterkirche auf Eskilsø

Die Kirche von Eskilsø war aus Feldstein errichtet. Sie war 24 m lang und bestand aus einem Kirchenschiff und einem etwa gleich breiten, aber wohl niedrigeren Chor mit einem halbrunden Apsisabschluss und hatte vermutlich auch einen Turm. Auch nachdem die Mönche Eskilsø nicht mehr nutzten, blieb die Kirche zunächst erhalten und diente unterschiedlichen Zwecken. 1803 wurde sie weitgehend abgetragen. Mauerreste bis zu einer Höhe von 5 m sind erhalten.[3]

Neugründung in Æbelholt

Wilhelm verlegte das Stift 1176 in das Kirchspiel Tjæreby, wo Bischof Absalon ihm Land geschenkt hatte. Die dem Parakleten geweihte Pfarrkirche des Ortes wurde dem Kloster inkorporiert und diente anfangs als Klosterkirche. Dank der einflussreichen Gönner gelangte das Stift bald zu großem Wohlstand. Insbesondere bedachte Absalon das Kloster jedes Jahr und zudem nach seinem Tod in seinem Testament mit großen Schenkungen. Fast alle dänischen Könige bestätigten Besitz und Privilegien wie Steuerfreiheit. Diese Urkunden sind im Æbelholtbog erhalten.[4] Das Kloster florierte bereits kurz nach der Gründung. Das von dem in Paris ausgebildeten Abt gegründete Hospital zog bald viele Patienten an. Gleichzeitig diente der Abt als politischer Mittler zwischen Dänemark und Frankreich, so dass das Kloster auch als Treffpunkt für diplomatische Gespräche diente. Nur wenige Jahre nach der Gründung berichtete Wilhelm, dass er neben den 25 Kanonikern über hundert Gäste beherberge.[5]

Als Wilhelm 1203 starb, wurde er, da die Klosterkirche noch nicht fertiggestellt war, in der kleinen Laienkapelle am Südostrand des Klostergeländes beigesetzt. Schon bald nach seinem Tod wurde er als Heiliger verehrt, was die Attraktivität des Klosters für Pilger und Stifter förderte. Ein Kanoniker verfasste um 1220 eine Heiligenvita über Wilhelm, seine Zähne dienten als Heilmittel und schließlich wurde er 1224 heiliggesprochen. Das Kloster, das eigentlich nach den Patrozinien von Eskilsø und Tjæreby monasterium sancti Thomæ de paraclito, Kloster des heiligen Thomas vom Heiligen Geist, hieß, wurde im Volksmund St.-Wilhelms-Kloster genannt.[6] Es zog zahlreiche Pilger an, darunter auch viele Kranke, die angezogen vom Ruf des heiligen Wilhelm Gesundung suchten. Funde von medizinischem Gerät sprechen dafür, dass die Mönche auch Kenntnisse in der Heilkunde besaßen.[7]

Bauten

Zu dem Bau der großen Klosterkirche aus Feldbrandziegeln soll Bischof Absalon 1176 den Grundstein gelegt haben. Doch obwohl das Kloster wohlhabend war, dauerte es bis 1210, bis zumindest der Chor so weit fertiggestellt war, dass der Hochaltar geweiht werden konnte. Die Reliquien des heiligen Wilhelms wurden am 16. Juni 1238 feierlich zum Hochaltar der neuen Klosterkirche überführt.[8]

Seine letzte Form als kreuzförmige Kirche mit dreischiffigem Langhaus und Chor mit 5/8-Abschluss verdankt das Bauwerk einem Um- und Erweiterungsbau kurz vor 1324. Das genaues Aussehen ist nicht überliefert, da nur Fundamente erhalten sind. Neben dem St.-Thomas-Hochaltar sind aus dem späten Mittelalter mindestens vier Nebenaltäre bezeugt.[9]

Südlich schloss sich ein von den Wohn- und Versammlungsräumen umgebener Kreuzgang an. Im Südosten befand sich eine kleine Kapelle, die möglicherweise Pilgern oder Bewohnern der Nachbarschaft als Andachtsraum diente. Es gab auch ein Hospital, dessen Lage jedoch nicht bekannt ist. Über den nahe gelegenen Bach war ein Gebäude errichtet, das wohl als Toilette und Badhaus diente und somit die Hygiene förderte.

Laienkapelle; in der halbrunden Apsis befindet sich noch das Fundament des gemauerten Altartisches

Auflösung

Bereits zu Beginn des 16. Jahrhunderts verloren die dänischen Klöster einen Teil ihrer Privilegien und mussten Soldaten stellen und unter Friedrich I. auch Steuern zahlen. Dass Æbelholt beispielsweise 1523 vier Pferde stellen musste, während vom Kloster Sorø zwölf verlangt wurden, zeigt, dass es zu diesem Zeitpunkt deutlich an Wohlstand verloren hatte.[4]

Die Reformation führte König Christian III. 1536 ein. Unter dem letzten, in diesem Jahr gewählten Abt Anders Ibsen nahmen die Mönche 1538 das Luthertum an. Schon 1544 überließ der König die Klostergüter dem norwegischen Kaperkapitän Kristoffer Trondsson als Lehen, der dafür für den Unterhalt des Abts und der verbliebenen Mönche aufkommen musste.[6] Trondsson hatte zuvor im Dienst des letzten norwegischen Erzbischofs Olav Engelbrektsson gestanden und hatte sich erst 1542 dem dänischen König unterworfen, unter dem er bald zum Admiral aufstieg.[10]

1555 wurde angeordnet, dass die inkorporierten Kirchen von Tjæreby und Alsønderup geschlossen werden sollten und stattdessen die große Klosterkirche als Pfarrkirche beider Kirchspiele dienen sollte. Als jedoch nach Abt Anders Ibsens Tod 1561 das Kloster aufgelöst wurde, entschied man sich aufgrund von Protesten der Einwohner der Dörfer, die beiden kleinen, im Unterhalt deutlich billigeren Dorfkirchen beizubehalten.[9] Die Klostergebäude wurden noch im selben Jahr teilweise abgerissen, da König Friedrich II. das Baumaterial nutzen wollte, um sein 1560 erworbenes Herrenhaus Hillerødsholm zu Schloss Frederiksborg auszubauen.[6] Die Reste der Gebäude dienten über die folgenden Jahrhunderte als Steinbruch, bis um 1800 keine oberirdischen Reste mehr zu sehen waren.[11]

Ausgrabungen und Museum

Bei archäologischen Ausgrabungen in den 1930er bis 1960er Jahren legten Forscher die Fundamente des Klosters und rund achthundert Gräber frei. Damit gehört das Kloster zu den größten nordischen mittelalterlichen Grabstätten. Die Funde werden im Klostermuseum ausgestellt, das auch einen Klostergarten angelegt hat.[12]

Die von dem Medizinhistoriker Vilhelm Møller-Christensen zwischen 1935 und 1948 freigelegten Skelette dienen zur Erforschung der Lebensbedingungen im Mittelalter. Viele der Verstorbenen gehörten zu den Pilgern, die Patienten in dem dem Kloster angeschlossenen Hospital waren. Etliche, besonders männliche Skelette zeigen Spuren verheilter Kampfverletzungen.[13] Einige Skelette sind in dem Museum an der Ausgrabungsstätte ausgestellt.[7]

Literatur

  • Æbelholt † klosterkirke. In: Nationalmuseet (Hrsg.): Danmarks Kirker II. Band 3, 1970, S. 1415–1436 (dänisch, natmus.dk [PDF; abgerufen am 12. Juni 2024]).
  • Det Danske Sprog- og Litteraturselskab (Hrsg.): Æbelholt Klosters Brevbog. Med dansk oversættelse, indledninger og noter. 2013 (dänisch).
Commons: Æbelholt Klosterruin – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Johnny Grandjean Gøgsig Jakobsen /Morten Søvsø: Eskilsø Kloster. In: Trap Danmark. 1. Mai 2018, abgerufen am 11. Juni 2024 (dänisch).
  2. Klostret på Eskilsø. Abgerufen am 11. Juni 2024 (dänisch).
  3. Eskilsø. In: roskildehistorie.dk. Abgerufen am 11. Juni 2024 (dänisch).
  4. a b Ebelholtgods. In: roskildehistorie.dk. Abgerufen am 11. Juni 2024 (dänisch).
  5. Æbelholt † klosterkirke. In: Nationalmuseet (Hrsg.): Danmarks Kirker II. Band 3, 1970, S. 1415–1436; hier S. 1415 (dänisch).
  6. a b c Æbelholt kloster. In: roskildehistorie.dk. Abgerufen am 11. Juni 2024 (dänisch).
  7. a b Martin Glauert: Klosterruine Æbelholt: Wo Knochen erzählen. In: aerzteblatt.de. Abgerufen am 12. Juni 2024.
  8. Æbelholt kloster. Abbed Vilhelm. In: roskildehistorie.dk. Abgerufen am 11. Juni 2024 (dänisch).
  9. a b Æbelholt kloster. Byggninger. In: roskildehistorie.dk. Abgerufen am 11. Juni 2024 (dänisch).
  10. Audun Dybdahl: Kristoffer Trondsson Rustung. In: Store norske leksikon. Abgerufen am 11. Juni 2024 (norwegisch).
  11. Æbelholt Kloster. In: natmus.dk. Abgerufen am 12. Juni 2024.
  12. Æbelholt Klostermuseum – Museum Nordsjælland. In: visitnordseeland.de. Abgerufen am 11. Juni 2024.
  13. Vilhelm Møller-Christensen: Æbelholt-Studier. En kulturhistorisk og arkæologisk redegørelse for udgravningen og restaureringen af Æbelholt Kloster. Nordlundes Bogtrykkeri, 1949 (dänisch).

Koordinaten: 55° 56′ 44,3″ N, 12° 12′ 45,7″ O