Deutschnonsberg

Die Lage der Deutschnonsberger Gemeinden in Südtirol

Als Deutschnonsberg (vereinzelt Deutschgegend[1][2] am Nonsberg, gelegentlich ins Italienische mit Alta Val di Non übersetzt[3]) werden drei zu Südtirol gehörende Gemeinden mit einer deutschsprachigen Bevölkerung am oberen Ende des Nonsbergs bzw. Nonstals bezeichnet. Die übrigen Gemeinden dieser Talschaft haben eine italienischsprachige Bevölkerung und gehören zum Trentino.

Die Deutschnonsberger Dörfer verteilen sich über zwei räumlich getrennte Gebiete und sind innerhalb Südtirols Teil der Bezirksgemeinschaft Burggrafenamt. Vom übrigen Südtirol aus kann man sie direkt über den Gampenpass oder das Hofmahdjoch erreichen sowie – eine kurze Wegstrecke des Trentiner Territoriums durchquerend – über den Mendelpass.

Als abgelegene Gemeinden Südtirols waren sie von jeher von Abwanderung und Armut betroffen. Seit Ende des 20. Jahrhunderts wird durch den Bau einer neuen Straße und die Programme Leader und Leader Plus versucht, die Orte aufzuwerten. Zu den Projekten des Leader-Programms zählen die Radicchiowochen[4] und die Löwenzahnwochen.[5]

Gemeinden

Der Deutschnonsberg, am Gampenpass beginnend

Geschichte

Der Deutschnonsberg tritt bereits in Urkunden des 14. Jahrhunderts als eine vom romanischen Nonsberg des Trentino gesonderte Enklave in Erscheinung. So ist in einer lateinischen Rechtsaufzeichnung von 1359 mit Bezug auf Höfe des Laureiner Bergs ausdrücklich von einem dort gebräuchlichen deutschen Leiherecht die Rede („secundum usum consuetudinem Teotanicorum de montagne Lauregni“).[6] In Matthias Burglechners Tirolkarte von 1609 wird das Gebiet als „Auf dem Nonß“ bezeichnet. Die Besiedlung der deutschsprachigen Gegend war offenbar vom nahegelegenen Ultental aus erfolgt, welches über das Hofmahdjoch gut erreichbar war, und ging ursprünglich wesentlich auf die Initiative der Grafen von Eppan zurück.

Der Deutschnonsberg gehörte bis zum Ende des Ersten Weltkriegs zur Grafschaft Tirol und damit zu Österreich-Ungarn. Mit dem Vertrag von Saint-Germain kam der Deutschnonsberg 1920 zusammen mit dem Großteil Tirols südlich des Alpenhauptkamms zu Italien. Als 1927 auf diesen ehemals österreichischen Gebieten die beiden Provinzen Bozen und Trient entstanden, wurde der Deutschnonsberg der mehrheitlich italienischsprachigen Provinz Trient zugeschlagen. Erst 1948 wurden die deutschsprachigen Gemeinden in die Provinz Bozen bzw. Südtirol eingegliedert.

In den 1960er Jahren wurde der Deutschnonsberg zum Gegenstand kulturanthropologischer Feldforschung der US-amerikanischen bzw. britischen Ethnologen und Geographen Eric Wolf und John W. Cole, die mit ihrer 1974 erstmals publizierten Studie The Hidden Frontier für die romanisch-germanische Kulturdifferenz den einprägsamen Begriff einer „unsichtbaren Grenze“ in Vorschlag gebracht haben. Die Unterschiede seien insbesondere im gegenüber dem italienischsprachigen Nonsberg unterschiedlichen Erbrecht, differentem Heiratsverhalten und beinahe ausschließlich nach Südtirol orientierter Migration abgebildet.

Während die SS 238 über den Gampenpass ins Etschtal bereits in den späten 1930er Jahren erbaut worden war und Unsere Liebe Frau im Walde und St. Felix seither über einen direkten Anschluss ans Südtiroler Verkehrsnetz verfügten, blieben Proveis und Laurein jahrzehntelang für den Kraftverkehr vom übrigen Südtirol aus nur über Umwege über Trentiner Territorium erreichbar. Dies änderte sich erst 1998, als eine neue Passstraße mitsamt einem Tunnel unter dem Hofmahdjoch eingeweiht und somit eine direkte Verbindung ins Ultental eröffnet wurde.

Literatur

  • Klaus Altenstetter: Die Siedlungs- und Agrarverhältnisse von Laurein, Proveis und Rumo am Nonsberg (Schlern-Schriften 252). Innsbruck: Universitätsverlag Wagner, 1974.
  • Eric Wolf, John W. Cole: The Hidden Frontier. Ecology and Ethnicity in an Alpine Valley. Academic Press, New York-London 1974; Neuauflage: Berkeley University of California Press, 1999, ISBN 0-520-21681-4; deutsch: Die unsichtbare Grenze. Ethnizität und Ökologie in einem Alpental. Folio, Wien-Bozen 1995, ISBN 978-3-85256-002-1.
  • Hannes Obermair: Nonsberger Regesten. Das Archiv Unterweg-Perger in Proveis (1274–1777). In: Der Schlern 66, Nr. 9, 1992, S. 587–600 (online)
Wikivoyage: Deutschnonsberg – Reiseführer

Einzelnachweise

  1. Otto Stolz: Die Ausbreitung des Deutschtums in Südtirol im Lichte der Urkunden. Band 2: Die Ausbreitung des Deutschtums im Bozner Unterland und Überetsch sowie in den deutschen Gemeinden im Nonsberg und Fleimstal. Oldenbourg, München-Berlin 1928, S. 282ff.
  2. Egon Kühebacher: Die Ortsnamen Südtirols und ihre Geschichte. Bd. 2: Die geschichtlich gewachsenen Namen der Täler, Flüsse, Bäche und Seen. Bozen: Verlagsanstalt Athesia, 1995, S. 48. ISBN 88-7014-827-0
  3. Alta Val di Non oder auch Alta Valle di Non wird in Südtirol als gelegentliche italienische Übersetzung des Begriffs Deutschnonsberg verwendet. Vgl. Tirolatlas
  4. Radicchiowochen
  5. Löwenzahnwochen
  6. Hannes Obermair: Nonsberger Regesten. Das Archiv Unterweg-Perger in Proveis (1274–1777). In: «Der Schlern», Bd. 66 (1992), S. 592–593, Nr. 7.