Jüdische Gemeinde Alsheim

Die jüdische Gemeinde Alsheim in Alsheim bestand vom 18. Jahrhundert bis in die 1930er Jahre. Zur Gemeinde gehörten bis 1875 bzw. 1900 auch die Einwohner jüdischen Glaubens der Nachbargemeinden Mettenheim und Gimbsheim. Die jüdische Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Worms.

Geschichte

Erstmals genannt werden auf dem Gebiet von Alsheim siedelnde Juden 1550. 1750 gründete sich die Kultusgemeinde Alsheim, zu der bis 1875 bzw. 1900 auch die Einwohner der Nachbargemeinden Mettenheim und Gimbsheim gehörten. Die jüdische Gemeinde gehörte zum Bezirksrabbinat Worms. Bis in die Mitte des 19. Jahrhunderts stieg die Zahl der Mitglieder der jüdischen Gemeinde stetig an und erreichte 1871 ihren höchsten Stand. Ab dann kam es zu Ab- und Auswanderungen. Ab 1933, nach der Machtergreifung Adolf Hitlers, wurden die jüdischen Einwohner immer mehr entrechtet. Zudem kam es immer wieder zu antijüdischen Aktionen, die in den Novemberpogromen 1938 ihren Höhepunkt fanden. Dies hatte zur Folge, dass viele jüdischen Familien die Gemeinde verließen. Wann genau die letzten jüdischen Einwohner Alsheim verließen oder deportiert wurden, ist nicht bekannt.[1][2]

Entwicklung der jüdischen Einwohnerzahl

JahrJudenJüdische FamilienBemerkung
15504
17436
17992
180814
182434
182838
186173mit Hangen-Wahlheim
187179
188050
189553
190043
190543
191036
192425
193315 oder 35unterschiedliche Angaben in den Quellen
19385

Quelle: alemannia-judaica.de[1]; jüdische-gemeinden.de[2]

Einrichtungen

Synagoge

Die Synagoge in Alsheim wurde 1842/43, etwas zurückgesetzt, auf dem Grundstück Mittelgasse 14/16 errichtet. Zu einem nicht bekannten Zeitpunkt wurde die Synagoge verkauft. 1970 erfolgte ein Komplettumbau zu einem noch heute genutzten Wohnhaus.

Mikwe

Die Gemeinde verfügte über eine eigene Mikwe. Diese war vermutlich in einem eigenen kleinen Badehaus untergebracht, das sich auf dem Gelände der Synagoge befand allerdings heute nicht mehr erhalten ist.

Friedhof

Bis zur Einrichtung des jüdischen Friedhofs in Alsheim 1896 wurden die Toten auf dem jüdischen Friedhof in Osthofen beigesetzt.

Schule

Die Gemeinde verfügte über eine eigene Religionsschule. Das noch heute erhaltene Gebäude befand sich direkt neben der Synagoge. 1873 wurde die Schule zu einer israelitischen Volksschule, die auch von nichtjüdischen Kindern besucht wurde. Es war ein eigener Religionslehrer angestellt, der auch die Aufgaben des Vorbeters und Schochet innehatte. Die Wohnung des Lehrers befand sich in der Mittelgasse 14.

Vereine

Neben dem, über Alsheim hinaus bekannten, Synagogenchor gab es am Ort einen Wohltätigkeitsverein sowie einen Frauenwohltätigkeitsverein.

Opfer des Holocaust

Im Gedenkbuch – Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933–1945 und in der Zentralen Datenbank der Namen der Holocaustopfer von Yad Vashem werden folgende Mitglieder der jüdischen Gemeinschaft Alsheim (die dort geboren wurden oder zeitweise lebten) aufgeführt, die während der Zeit des Nationalsozialismus ermordet wurden:[3][4]

NameVornameTodeszeitpunktAlterOrt des TodesBemerkungQuellen
DavidJakob OttounbekanntunbekanntGhetto PiaskiDeportation am 25. März 1942 ab Mainz nach Ghetto Piaski.Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 11487933) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
DavidJohanna15. Mai 194471 JahreKonzentrationslager AuschwitzDeportation am 1. September 1942 ab Frankfurt am Main nach Ghetto Theresienstadt (Transport XII/2, Zug Da 509 / Deportationsnummer im Transport 634). Deportation am 15. Mai 1944 von Ghetto Theresienstadt nach Konzentrationslager Auschwitz (Transport Dz / Deportationsnummer im Transport 2243).Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 4887320 und 11487939) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
LöbKaroline6. November 194078 JahreInternierungslager GursDeportation am 22. Oktober 1940 ab Odenbach nach Internierungslager Gurs .Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 11581945) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
MayerAlbertunbekanntunbekanntVernichtungslager TreblinkaDeportation am 19. Juli 1942 ab Hamburg nach Ghetto Theresienstadt (Transport VI/2 / Deportationsnummer im Transport 454). Deportation am 26. September 1942 von Ghetto Theresienstadt nach Vernichtungslager Treblinka (Transport Br / Deportationsnummer im Transport 481).Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 4813473 und 11590621) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
MayerMoses Moritz30. Juni 194258 JahreVernichtungslager BelzecDeportation von Worms nach Ghetto Piaski. Deportation am 25. März 1942 ab Mainz von Ghetto Piaski nach Vernichtungslager Belzec.Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 11591356) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
MüllerFranziska28. April 194275 JahreInternierungslager RivesaltesDeportation am 22. Oktober 1940 von Mannheim nach Internierungslager Gurs. Deportation am 14. März 1941 von Internierungslager Gurs nach Internierungslager Rivesaltes.Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 7090327 und 11597818) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
ReissAlbert8. Mai 194167 JahreInternierungslager RecebedouDeportation am 22. Oktober 1940 von Mannheim nach Internierungslager Gurs. Deportation am 17. März 1941 von Internierungslager Gurs nach Internierungslager Recebedou.Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 11612405) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
SchwabIda5. Mai 194258 JahreVernichtungslager KulmhofDeportation am 22. Oktober 1941 von Köln nach Ghetto Litzmannstadt. Deportation am 22. Oktober 1941 ab Ghetto Litzmannstadt nach Vernichtungslager Kulmhof.Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 3944678 und 11630026) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
VogelJosef JuliusunbekanntunbekanntVernichtungslager TreblinkaDeportation am 27. Juli 1942 von Köln-Trier nach Ghetto Theresienstadt. Deportation am 19. September 1942 ab Ghetto Theresienstadt nach Vernichtungslager Treblinka.Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 11648714) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
VogelRegina Regine RechaunbekanntunbekanntVernichtungslager TreblinkaDeportation am 27. Juli 1942 von Köln-Trier nach Ghetto Theresienstadt. Deportation am 19. September 1942 ab Ghetto Theresienstadt nach Vernichtungslager Treblinka.Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 111648742) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
WolffAmalie15. Februar 194368 JahreGhetto TheresienstadtDeportation am 1. September 1942 von Berlin nach Ghetto Theresienstadt (Transport I/56 / Deportationsnummer im Transport 5751).Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 4762791, 4140215 und 11657213) / Gedenkbuch für die Opfer der NS-Judenverfolgung in Deutschland
WolffBernhard31. Januar 194373 JahreGhetto TheresienstadtDeportation am 1. September 1942 von Berlin nach Ghetto Theresienstadt (Transport I/56).Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 11657263 und 4140223)
ZeilbergerBlanka Blanca28. März 194253 JahreGhetto LitzmannstadtDeportation am 20. Oktober 1941 von Frankfurt am Main nach Ghetto Litzmannstadt.Yad Vashem (Datenbank, Datensatz Nr. 11659914)

Literatur

  • Gunter Mahlerwein: Alsheim-Halasemia. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Von den Anfängen bis zum Ende des 18. Jahrhunderts. (= Alsheim-Halasemia. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Band 1). Gemeinde Alsheim, Alsheim 1996.
  • Gunter Mahlerwein: Alsheim-Halasemia. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Von der französischen Revolution bis heute. (= Alsheim-Halasemia. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Band 2). Gemeinde Alsheim, Alsheim 2004.
  • Gunter Mahlerwein, Christian Stoess: Alsheim-Halasemia. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Vom frühen Mittelalter ins 21. Jahrhundert: Festschrift zu 1400 Jahre Alsheim. (= Alsheim-Halasemia. Geschichte eines rheinhessischen Dorfes. Band 3). Gemeinde Alsheim, Alsheim 2018.

Einzelnachweise

  1. a b Alsheim. alemannia-judaica.de, abgerufen am 16. Juni 2020.
  2. a b Alsheim (Rheinland-Pfalz). jüdische-gemeinden.de, abgerufen am 16. Juni 2020.
  3. Gedenkbuch Opfer der Verfolgung der Juden unter der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft in Deutschland 1933–1945. Bundesarchiv, abgerufen am 16. Juni 2020.
  4. Zentrale Datenbank der Namen der Holocaustopfer. Yad Vashem – Internationale Holocaust Gedenkstätte, abgerufen am 16. Juni 2020.