European Space and Sounding Rocket Range

Koordinaten: 67° 53′ 38″ N, 21° 6′ 25″ O

Karte: Schweden
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Esrange

Die European Space and Sounding Rocket Range (kurz Esrange) ist ein Ballon- und Raketenstartplatz für den Start von Höhenforschungsraketen und orbitalen Trägerraketen in der Nähe von Kiruna in Schweden. Die Esrange ist eine rein zivile Einrichtung, gegründet 1964, die seit 1972 von der Swedish Space Corporation (SSC) betrieben wird. Raketen- und Ballonstarts werden vom Esrange Andøya Special Project (EASP) der ESA koordiniert. Mitgliedstaaten des ESA/EASP sind Frankreich, Deutschland, die Schweiz, Norwegen und Schweden.[1] Die Esrange ist neben dem Raketenversuchsgelände Vidsel Teil des Versuchsgeländes Vidsel.

Nutzung

Start der Forschungsrakete Texus 49

Zu den in der Esrange durchgeführten Experimenten gehören Versuche zur Untersuchung von Materialien und Pflanzenwachstum in der Schwerelosigkeit im Rahmen des TEXUS-Projektes. Es starten dort Stratosphärenballons. Die Esrange ist eine Erdfunkstelle (TT&C) für einige geostationäre Satelliten wie Tele-X und die Sirius-Gruppe und für einige Polarorbiter wie Odin.

Infrastruktur

Die ESTRACK Antennenstation Kiruna befindet sich 30 km östlich von Kiruna, aber nur wenige Kilometer vom Startplatz entfernt.

Geschichte

Das Submillimeter-Teleskop BLAST mit Forschungsballon kurz vor dem Start.
Start einer Skylark-Rakete am 2. Mai 2005

Gründung

Der Startplatz wurde von 1964 bis 1966 von der European Space Research Organisation (kurz ESRO), der Vorläuferorganisation der ESA, errichtet. Die ersten Raketenstarts fanden 1966 statt. Am 1. Juli 1972 übernahm die SSC von der ESRO die Verwaltung des Geländes. Seit 1977 werden dort Starts von suborbitalen Flügen im Rahmen des TEXUS-Programms durchgeführt.[2]

Kommerzielle Nutzung und Ballonstarts

Im Jahr 2007 erklärten das amerikanische Unternehmen Virgin Galactic und schwedische Regierung die Absicht, den Startplatz zukünftig für suborbitale Raumflüge zu nutzen.[3]

2009 und 2013 startete von der Esrange der Heliumballon, der das Sonnenteleskop Sunrise in die Stratosphäre trug, um von dort aus die Sonne zu beobachten.[4] Sunrise III als drittes Sonnenobservatorium sollte mit Start am 10. Juli 2022 während eines mehrtägigen Fluges Messdaten von der Sonne aufnehmen, um Prozesse in der Chromosphäre genauer als je zuvor sichtbar zu machen. Unregelmäßigkeiten während des Fluges machten nach wenigen Stunden ein vorzeitiges Beenden der Mission und eine Rückholung des Observatoriums notwendig.[5][6]

Startplatz für orbitale Flüge

Am 13. Januar 2023 wurde an der Esrange ein neuer Komplex eingeweiht, der orbitalen Flügen gewidmet ist. Drei Startrampen (LC-3A, LC-3B und LC-3C), ein Hangar zum Zusammenbau der Raketenteile sowie Versorgungsinfrastruktur erlauben Starts von kleinen Trägerraketen. Die Esrange wurde damit zum ersten betriebsbereiten Weltraumbahnhof auf dem europäischen Kontinent.[7]

Für Ende 2023 wurde ein erster Satellitenstart angekündigt. Es wurde allerdings bei der Einweihung nicht offenbar, welches Unternehmen diesen Start durchführen würde; entsprechende Ankündigungen gab es zuvor nicht. Isar Aerospace testet zwar den Raketenmotor der Spectrum vor Ort, auch die Rocket Factory Augsburg nutzt den Teststand in Esrange. Beide kündigten jedoch nur Starts von anderen Weltraumbahnhöfen wie dem Andøya Space Center und dem Saxavord Spaceport an.

Der erste Kunde für einen orbitalen Start wurde das südkoreanische Startup Perigee. Das Unternehmen möchte seine Trägerrakete Blue Whale 1 ab 2025 von der Esrange starten, allerdings erst nach einem Jungfernflug von einem koreanischen Startplatz.[8]

Das amerikanische Unternehmen Firefly gab im Juni 2024 bekannt, seine Trägerrakete Alpha von der Startrampe LC-3C starten zu wollen. Als erster Starttermin wurde das Jahr 2026 genannt. Zum Zeitpunkt der Bekanntgabe hatten die Arbeiten an der Startrampe bereits begonnen.[9]

Startplatz suborbitaler Flüge

Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt startet mit TEXUS seit 1977 suborbitale Flüge von der Esrange, dabei ist die ESA ein Partner, technische Unterstützung kommt dabei von Airbus. Für die Testflüge wurden zunächst britische Skylark-Raketen benutzt. Nachdem diese nicht mehr hergestellt werden, verwendet man brasilianische VSB-30. Federführend ist dabei die Abteilung MORABA.[2] Des Weiteren werden seit 1995 suborbitale Flüge im Rahmen des REXUS-Programms durchgeführt, zunächst als Programm der Schwedischen Weltraumbehörde und ab 2007 in Kooperation mit MORABA. REXUS-Flüge sollen Studierende mit dem Ablauf einer Raketenstartkampagne vertraut machen und die Möglichkeit eigener Experimente bieten. REXUS verwendet eine eigene Rakete mit ca. 6 Metern Länge und erreicht Höhen von bis zu 93 Kilometern.[10][11]

Das niederländische Unternehmen T-Minus startete im Februar 2024 eine suborbitale DART-Rakete von der Startrampe LC-3C. Der Start endete mit einem Fehlschlag: Nach der Trennung der ersten Stufe sorgte eine Anomalie für eine verfrühten Auswurf der Nutzlast. Das Unternehmen brachte den Fehlschlag mit den niedrigen Temperaturen von −35 °C in Verbindung. Ein weiterer Start wurde daraufhin abgesagt.[12]

Das Konsortium ArianeGroup gab an, zusammen mit der ESA auf der Esrange Testflüge und -landungen („Hop Tests“) der wiederverwendbaren experimentellen Raketenstufe Themis durchführen zu wollen.[13][7]

Commons: Esrange – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Esrange Space Center. SSC, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 19. April 2013; abgerufen am 7. September 2011 (englisch).
  2. a b Andrew Parsonson: TEXUS-59 Science Mission Successfully Launched from Esrange. In: European Spaceflight. 21. Februar 2024, abgerufen am 27. Juni 2024 (englisch).
  3. Peter B. de Selding: Virgin Galactic Strikes Deal with Swedish Government. Space.com, 28. Januar 2007, abgerufen am 7. September 2011 (englisch).
  4. Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung: SUNRISE: ein ballongetragenes Sonnenobservatorium. Website des Max-Planck-Instituts für Sonnenforschung vom 28. September 2022, Artikel ohne Datum, abgerufen am 13. Januar 2023.
  5. Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung: Am Polarkreis: Erste Sonnenstrahlen für Sunrise III. Website des Max-Planck-Instituts für Sonnenforschung vom 6. Mai 2022, Artikel vom 5. Mai 2022, abgerufen am 13. Januar 2023.
  6. Max-Planck-Institut für Sonnensystemforschung: Sunrise III: Flug sicher beendet. Website des Max-Planck-Instituts für Sonnenforschung, Artikel vom 10. Juli 2022, abgerufen am 13. Januar 2023.
  7. a b Jeff Foust: Sweden opens orbital launch site looking for users. In: Spacenews. 17. Januar 2023, abgerufen am 17. Januar 2023 (amerikanisches Englisch).
  8. Andrew Parsonson: Sweden's Esrange Gets its First Orbital Launch Customer. In: European Spaceflight. 7. Mai 2024, abgerufen am 27. Juni 2024 (englisch).
  9. Andrew Jones: Firefly to launch Alpha rockets from Esrange in Sweden. In: SpaceNews. 27. Juni 2024, abgerufen am 27. Juni 2024 (amerikanisches Englisch).
  10. Rocket EXperiments for University Students. In: www.rexusbexus.net. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt und Swedish National Space Agency, abgerufen am 27. Juni 2024 (englisch).
  11. Das deutsch-schwedische Studierendenprogramm. In: www.dlr.de. Deutsches Zentrum für Luft- und Raumfahrt, abgerufen am 7. Juni 2024.
  12. Andrew Parsonson: Cold Weather Proves Challenging for T-Minus Launch Campaign. In: European Spaceflight. 12. Februar 2024, abgerufen am 27. Juni 2024 (englisch).
  13. Andreas Rogal: EU-Satellitenstartplatz in Schweden feierlich eingeweiht. In: Euronews. 13. Januar 2023, abgerufen am 17. Januar 2023.