Abzweigstelle

Beispiel einer Abzweigstelle an einer zweigleisigen Strecke mit zwei Weichen, einer Kreuzung und drei Hauptsignalen (Blocksignale)

Eine Abzweigstelle, auch Abzweigung oder Abzweig genannt und Abzw abgekürzt, ist eine Betriebsstelle der Eisenbahn der freien Strecke, wo Züge auf eine andere Eisenbahnstrecke übergehen können. Sie begrenzt mehrere Blockstrecken und ist damit auch eine Blockstelle. Ist eine Abzweigstelle örtlich mit einem Haltepunkt verbunden, wird sie auch Haltestelle genannt; Bahnhöfe, die an oder in der Nähe einer Abzweigstelle liegen, als Trennungsbahnhof bezeichnet.

Die durchgehende Strecke, von der die abzweigende Strecke abzweigt, wird Stammstrecke genannt. Je nachdem, ob die Stammstrecke und/oder die abzweigende Strecke ein- oder zweigleisig sind, benötigt man an einer Abzweigstelle unterschiedlich viele Weichen und/oder Kreuzungen. Wenn es auf dieser Betriebsstelle lediglich Weichenverbindungen zwischen den Streckengleisen gibt und keine weitere Strecke abzweigt, so handelt es sich um eine Überleitstelle.

An einer Abzweigstelle kann sich ein Stellwerk befinden, das von einem Fahrdienstleiter bedient wird. Im Stellbereich moderner Stellwerke sind Abzweigstellen in der Regel von einem benachbarten Zentralstellwerk aus ferngestellt oder ferngesteuert. Eine Abzweigstelle wird durch ihre Blocksignale begrenzt.

Übersicht

In dem einfachsten Fall, in dem zwei Strecken an einer Kreuzung zusammentreffen, reicht eine relativ schlichte Anordnung der Gleise aus, um Züge von einer Strecke auf die andere umsteigen zu lassen. Kompliziertere Kreuzungen sind erforderlich, damit die Züge nach der Einfahrt in die neue Strecke in beide Richtungen fahren können, z. B. durch eine dreieckige Gleisanordnung. Im letzteren Fall können die drei Punkte des Dreiecks unterschiedliche Namen erhalten, z. B. nach Himmelsrichtungen oder dem Namen des Zielortes.

Die Kapazität der Abzweigstellen begrenzt die Kapazität eines Eisenbahnnetzes stärker als die Kapazität einzelner Eisenbahnstrecken. Dies gilt umso mehr, je größer die Netzdichte ist. Maßnahmen zur Verbesserung von Abzweigstellen sind oft sinnvoller als der Bau neuer Strecken. Die Kapazität eines Abzweigstelle kann durch verbesserte Signalisierungsmaßnahmen[1], durch den Bau von Weichen, die für höhere Geschwindigkeiten geeignet sind, oder durch die Umwandlung von niveaugleichen in fliegende Abzweigstellen erhöht werden, bei denen die Gleise niveaugleich getrennt sind, so dass ein Gleis über oder unter einem anderen hindurchführt.[2] Bei komplizierteren Abzweigstellen können solche Baumaßnahmen schnell sehr teuer werden, insbesondere wenn der Platz durch Tunnel, Brücken oder innerstädtische Gleise begrenzt ist.

Länder

Vereinigtes Königreich

Im Vereinigten Königreich ist es üblich, dass der Knotenpunkt nach dem nächsten Bahnhof auf der Strecke benannt wird, so liegt z. B. die Yeovil Junction an der Fernbahnstrecke südlich von Yeovil. Häufig werden an solchen Orten Züge zusammengestellt und getrennt, für Güterzüge dienen sogenannte Marshaling Yards (In den USA: Classification Yards) einem ähnlichen Zweck.

Liste von Abzweigstellen

Deutschland

Im Folgenden eine Liste von Abzweigstellen auf deutschen Schnellfahrstrecken mit der Angabe der maximalen Geschwindigkeit. Die Daten sind aus dem Projekt OpenRailwayMap entnommen.

Abzweigstellen auf deutschen Schnellfahrstrecken
StammstreckeAbzweigende StreckeName der AbzweigstelleGeschwindigkeit StammstreckeGeschwindigkeit abzweigende StreckeBemerkung
Schnellfahrstrecke Hannover–Würzburg (1733)Hildesheimer Schleife (1774)Abzweig Sorsum280 km/h130 km/hÜberleitweiche ebenfalls mit 130 km/h
Nördliche (1816) und Südliche (1817) Verbindungskurve zur Hannöversche Südbahn (1732)Abzweig Edesheim280 km/h100 km/hÜberleitweiche ebenfalls mit 100 km/h
Main-Weser-Bahn (3900)Abzweig Kassel-Oberzwehren180 km/h100 km/hÜberleitweiche ebenfalls mit 100 km/h
Bahnstrecke Frankfurt–Göttingen (3600)Abzweig Fulda SFS Nord200 km/h100 km/h
Bahnstrecke Frankfurt–Göttingen (3600)Abzweig Fulda Bronnzell200 km/h130 km/hWeichenverbindung zum Regelgleis nach Fulda nur mit 100 km/h
Bahnstrecke Flieden–Gemünden (3825)Abzweig Rieneck Sinnberg280 km/h100 km/hÜberleitweiche ebenfalls mit 100 km/h
Schnellfahrstrecke Köln–Rhein/Main (2690)Flughafenschleife Köln (2691)Abzweig Porz-Wahn Süd200 km/h130 km/hÜberleitweiche ebenfalls mit 130 km/h
Bahnstrecke Breckenheim–Wiesbaden (3509)Abzweig Breckenheim300 km/h160 km/hDie Weichen auf der Schnellfahrstrecke sind für 160 km/h ausgelegt, die Verbindungskurve zum Regelgleis nach Bahnhof Limburg Süd ist jedoch nur mit 150 km/h trassiert.
Bahnstrecke Raunheim Caltex–Raunheim Brunnenschneise (3627)Abzweig Raunheim Caltex300 km/h100 km/hÜberleitweiche ebenfalls mit 100 km/h
Bahnstrecke Raunheim Mönchwald–Raunheim Mönchhof (3539)Abzweig Mönchshof220 km/h130 km/hÜberleitweiche ebenfalls mit 130 km/h
Schnellfahrstrecke Mannheim–Stuttgart (4080)Bahnstrecke Waghäusel Saalbach–Graben-Neudorf (4082)Abzweigstelle Saalbach280 km/h200 km/hschnellste Abzweigstelle in Deutschland.
Bahnstrecke Bruchsal Rollenberg–Ubstadt-Weiher (4083)Abzweigstelle Bruchsal Rollenberg280 km/h160 km/hDie Weichen auf der Schnellfahrstrecke sind für 160 km/h ausgelegt, die Verbindungskurve zum Regelgleis nach Stuttgart ist jedoch nur mit 150 km/h trassiert.
Bahnstrecke Bruchsal Rollenberg–Bruchsal Nord (4085)Abzweigstelle Bruchsal Rollenberg280 km/h100 km/hÜberleitweiche mit 100 km/h
Schnellfahrstrecke Stuttgart–Ulm (4813)Güterzuganbindung (4615)Abzweig Wendlingen Rübholz250 km/h100 km/heingleisige Anbindung innerhalb des Albvorlandtunnels ohne Überleitverbindung zum Regelgleis Richtung Wendlingen
Schnellfahrstrecke Leipzig/Halle–Erfurt–Nürnberg (5919)Bahnstrecke Planena–Halle-Ammendorf (6394)Abzweig Halle-Planena300 km/h160 km/hAbzweig befindet sich auf der Saale-Elster-Talbrücke
Verbindungskurve Dörfles-Esbach (5126)Abzweig Esbacher See300 km/h100 km/hÜberleitweiche mit 130 km/h
Verbindungskurve Niederfüllbach (5125)Abzweig Weißenbrunn am Forst250 km/h100 km/hÜberleitweiche mit 130 km/h
Schnellfahrstrecke Nürnberg–Ingolstadt (5934)Bahnstrecke Regensburg–Nürnberg (5850)Abzweig Nürnberg-Reichswald200 km/h130 km/hÜberleitweiche mit 100 km/h
Schnellfahrstrecke Hannover–Berlin (6185)Bahnstrecke Berlin–Lehrte (6107)Abzweig Nahrstedt250 km/h160 km/hBeginn der Südumfahrung von Stendal, Überleitweiche mit 160 km/h
Bahnstrecke Berlin–Lehrte (6107)Abzweig Staffelde250 km/h130 km/hEnde der Südumfahrung von Stendal, Überleitweiche mit 130 km/h
Bahnstrecke Berlin–Lehrte (6107)Abzweig Bamme200 km/h120 km/hBeginn Ausbaustrecke im Trappenschutzgebiet, Überleitweiche mit 120 km/h
Bahnstrecke Berlin–Lehrte (6107)Abzweig Ribbeck200 km/h120 km/hEnde Ausbaustrecke im Trappenschutzgebiet, Überleitweiche mit 120 km/h

Einzelnachweise

  1. John Airey: Railway Junction Diagrams. reprint Auflage. BiblioBazaar, 2010, ISBN 978-1-145-12956-6.
  2. Ian Woodcock: Of Skyrails and Skytrains – Elevated rail in the Australasian urban transport environment. (PDF) In: Australian Transport Research Forum. Archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 16. September 2018; abgerufen am 16. September 2018.  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/atrf.info