„Thomas Seitz (Politiker)“ – Versionsunterschied

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=== Klage auf Entzug des Beamtenstatus ===
=== Klage auf Entzug des Beamtenstatus ===
Das [[Justizministerium Baden-Württemberg|baden-württembergische Justizministerium]] betreibt eine Klage auf Entzug des [[Beamtenstatus]].<ref>{{Literatur |Titel=Thomas Seitz: AfD-Politiker könnte Beamtenstatus verlieren |Sammelwerk=ZEIT ONLINE |Online=https://www.zeit.de/politik/deutschland/2018-08/thomas-seitz-afd-bundestagsabgeordneter-staatsanwalt-statusverlust |Abruf=2018-08-13}}</ref>
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Einen vergleichbaren Fall gab es bislang nicht;<ref name="faz1" /> beide Seiten haben angekündigt, nach dem Urteil in die nächste Instanz zu gehen.<ref name="zeit" />


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 14. August 2018, 08:28 Uhr

Thomas Seitz (* 8. Oktober 1967 in Ettenheim) ist ein deutscher Jurist und Politiker des völkisch-nationalistischen Flügels der AfD. Seit Oktober 2017 ist er Mitglied des 19. Bundestages. Er ist Obmann der AfD-Fraktion im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung[1] und Stellvertreter von Beatrix von Storch im Untersuchungsausschuss des Bundestages zum Anschlag auf dem Berliner Breitscheidplatz.[2]

Leben

Seitz wuchs in Lahr/Schwarzwald auf. Nach seinem Abitur studierte er Jura in Freiburg und Lausanne. Sein Referendariat absolvierte er am Landgericht Offenburg. Von 2008 bis zu seiner Wahl in den Bundestag arbeitete Seitz in Freiburg im Breisgau als Staatsanwalt im Bereich Verkehrsdelikte.[3]

Im Jahr 2011 war er für zehn Monate Mitglied der rechten Kleinpartei Die Freiheit und trat im Frühjahr 2013 in die AfD ein.[3]

Für diese kandidierte Seitz zunächst erfolglos bei der Landtagswahl 2016 und wurde dann bei der Bundestagswahl 2017 über Platz 5 der Landesliste der AfD Baden-Württemberg im Bundestagswahlkreis Emmendingen – Lahr in den Bundestag gewählt (erzielter Erststimmenanteil: 10,8 Prozent).[4][5]

Seitz ist in zweiter Ehe verheiratet mit der Betriebswirtin Rosa-Maria Reiter, die seit Dezember 2016 auf Vorschlag der baden-württembergischen AfD-Fraktion Laienrichterin am Verfassungsgerichtshof für das Land Baden-Württemberg ist.[6] Er lebt in Lahr und ist Vater von zwei um die Jahrtausendwende geborenen Kindern aus erster Ehe.[3]

Politische Positionen und öffentliche Wahrnehmung

Seitz wird dem völkischen Flügel der AfD zugerechnet.[7][8][9][10] Er agitiert gegen den Islam und kritisiert die Kirche für "geistige Brandstiftung".[11] Bekannt wurde er durch Äußerungen auf seiner Facebook-Seite, in denen er von „erbärmlichen Systemlinge[n] in den Altparteien“ schrieb und die Politik von Bundeskanzlerin Angela Merkel als „Auftakt zur Vernichtung des Deutschen Volkes“ bezeichnete.[9][5][12] In weiteren Facebook-Posts nannte er Flüchtlinge „Migrassoren“ und den Propheten Mohammed einen „sadistischen Blutsäufer und Kinderschänder“. Zudem tritt Seitz dafür ein, rassistische Begriffe wie „Neger“ weiterhin zu verwenden.[13][14]

Laut Badischer Zeitung beschäftigten sich seine Vorgesetzten ab Ende 2014 mit dessen politischer Tätigkeit. Unter anderem habe sich der Petitionsausschuss des baden-württembergischen Landtages eingeschaltet, weil Zweifel an der Verfassungstreue des Staatsanwaltes Seitz aufgekommen waren. Dabei geriet auch seine Mitgliedschaft bei der Freiheit in den Blick. Da Seitz jedoch kein Amt in dieser Partei bekleidet hatte, wurde die Angelegenheit nicht weiter verfolgt.[15]

2016 leitete die Freiburger Staatsanwaltschaft wegen die demokratischen Verhältnisse herabwürdigenden Äußerungen ein Disziplinarverfahren gegen Seitz ein. Das Justizministerium Baden-Württemberg übernahm den Fall Ende 2016 und reichte eine Disziplinarklage gegen Seitz beim Landgericht Karlsruhe ein.[16] Zudem legte eine Gruppe von 23 Rechtsanwälten Beschwerde gegen den Staatsanwalt Seitz ein. Aufgrund der abfälligen Kommentare Seitz’ zum Islam müssten Mandanten mit Migrationshintergrund befürchten, dass Seitz ihnen „nicht unvoreingenommen entgegentritt“.[9]

Als Ziele seiner politischen Arbeit nannte Seitz vor seiner erfolglosen Landtagskandidatur 2016 die Abschaffung des Rundfunkbeitrages,[17] einen „Ausstieg aus der Haftungs-, Schulden- und Transfergemeinschaft der EU“, „Erhalt und Stärkung“ der Gymnasien sowie eine „Verstärkung der Polizei“ und eine „Ausschöpfung des Strafrahmens“.[17]

In einem Vortrag vor 60 Zuhörern in Offenburg bezeichnete Seitz im April 2018 das Netzwerkdurchsetzungsgesetz als "Einführung einer Zensur durch die Hintertür" und kündigte an, die AfD werde, sobald sie in einem Bundesland an die Regierung käme, den Rundfunkstaatsvertrag kündigen. Für die Motive der nach Deutschland kommenden Flüchtlinge äußerte er zwar Verständnis, bezeichnete die Zuwanderung aber auch als gezielte politische Aktion der "Altparteien", "um sich ein neues Volk zu schaffen".[18]

Kurz nach dem Einzug der AfD in den Bundestag löste Seitz im Dezember 2017 die sogenannte "Schnittchen-Affäre" aus, als er dem Fraktionsgeschäftsführer Hans-Joachim Berg Geldverschwendung und Unfähigkeit vorwarf.[19]

Im Juni 2018 nutzte Seitz seine Redezeit in einer Geschäftsordnungsdebatte im Bundestag zu einer nicht abgesprochenen Schweigeminute für die mutmaßlich durch einen irakischen Asylbewerber vergewaltigte und ermordete Mainzer Schülerin Susanna. Dies trug ihm aus den anderen Bundestagsfraktionen den Vorwurf der politischen Instrumentalisierung des Verbrechens ein.[20]

Laut Lahrer Zeitung nennen sich die Mitarbeiter von Thomas Seitz Brigade Seitz und haben hierzu eine entsprechende Facebook-Seite eingerichtet. Die Mitarbeiter geben dort an, Gewalt abzulehnen, "soweit es sich nicht um Notwehr, Nothilfe, legale Vollzugsmaßnahmen, den Kampf zwischen Kombattanten im Einklang mit dem Humanitären Völkerrecht oder Widerstand im Sinne des Artikel 20 Absatz 4 Grundgesetz handelt". Seitz wird von ihnen als ihr "Kommandeur" bezeichnet.[21]

Äußerungen zum „Mahnmal der Schande“

Am 23. Februar 2018 kritisierte der Abgeordnete Konstantin von Notz während einer Bundestagsdebatte, dass AfD-Abgeordnete vom Schuldkult, von einer Erinnerungsdiktatur, von einem Mahnmal der Schande sprächen. Seitz quittierte dies mit dem Zwischenruf Richtig! Bundestagsvizepräsident Wolfgang Kubicki, der den Zwischenruf auf das Denkmal für die ermordeten Juden Europas und eine umstrittene Rede Björn Höckes bezog, erteilte Seitz für die Äußerung umgehend einen Ordnungsruf.[22]

Hiergegen legte Seitz mit einem dreiseitigen Schreiben an Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble Einspruch ein. Sein Zwischenruf sei nicht eindeutig gewesen und müsse nicht zwangsläufig eine Bezeichnung des Denkmals der ermordeten Juden Europas als Mahnmal der Schande bedeuten. Zum einen könne sein Ausruf auch als Zustimmung zur Rede von Notz´ oder dazu zu deuten sein, dass von Notz Höcke korrekt zitiert habe. Zum anderen habe von Notz nicht explizit vom Denkmal für die ermordeten Juden Europas gesprochen. Seitz führte aus: „Es ist für jeden Demokraten hierbei so fernliegend, das Gedenken an die jüdischen Opfer als schandhaft anzusehen, dass jede derartige Unterstellung als infam, bösartig und undemokratisch bezeichnet werden muss“. Weil sich somit der Gehalt von Seitz’ Äußerung nicht erweisen ließ, musste Kubicki den Ordnungsruf zurücknehmen. Kubicki wies allerdings darauf hin, dass Seitz in seinem Einspruch die Rede Höckes „in zutreffender Weise charakterisiert“ habe.[23]

Klage auf Entzug des Beamtenstatus

Das baden-württembergische Justizministerium betreibt vor dem Richterdienstgericht des Landgerichts Karlsruhe[24] eine Klage auf Entzug des Beamtenstatus.[25] Einen vergleichbaren Fall gab es bislang nicht;[24] beide Seiten haben angekündigt, nach dem Urteil in die nächste Instanz zu gehen.[25]

Einzelnachweise

  1. Deutscher Bundestag - Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung. In: Deutscher Bundestag. (bundestag.de [abgerufen am 10. April 2018]).
  2. Deutscher Bundestag - 1. Untersuchungsausschuss. In: Deutscher Bundestag. (bundestag.de [abgerufen am 10. April 2018]).
  3. a b c Klaus Fischer: Kandidatencheck: Thomas Seitz (AfD). In: badische-zeitung.de. 25. Februar 2016, abgerufen am 31. Oktober 2017.
  4. Ergebnisse Emmendingen. Der Bundeswahlleiter, abgerufen am 24. Oktober 2017.
  5. a b Thomas Seitz (AfD) im Wahlkreis 283 Emmendingen-Lahr. In: Badische Zeitung. Abgerufen am 29. September 2017.
  6. dpa,ch: Lahrer AfD-Kandidatin wird erst im zweiten Anlauf gewählt. In: badische-zeitung.de. 14. Dezember 2016, abgerufen am 31. Oktober 2017.
  7. Abgeordnete aus dem Südwesten: Diese AfD-Politiker ziehen nach Berlin. In: stuttgarter-nachrichten.de. Abgerufen am 26. September 2017.
  8. AfD: Spaltung nach der Bundestagswahl? In: CORRECTIV. 20. April 2017, abgerufen am 26. September 2017.
  9. a b c Kai Biermann, Astrid Geisler, Christina Holzinger, Paul Middelhoff, Karsten Polke-Majewski: AfD-Fraktion: Rechts bis extrem im Bundestag. In: Die Zeit. 26. September 2017, ISSN 0044-2070 (zeit.de [abgerufen am 26. September 2017]).
  10. Duisburger Institut für Sprach- und Sozialforschung – Wer zieht für die AfD in den Bundestag? Abgerufen am 26. September 2017.
  11. AfD-Wahlkampfauftakt: Redner äußern massiv Islamkritik. In: Nachrichten der Ortenau. Abgerufen am 26. September 2017.
  12. Severin Weiland: AfD-Kandidaten: Alles, was rechts ist. In: Spiegel Online. 20. September 2017, abgerufen am 25. September 2017.
  13. Christian Stöcker: AfD-Wahl im Selbsttest: Wollen Sie das wirklich? In: Spiegel Online. 24. September 2017, abgerufen am 26. September 2017.
  14. Sebastian Leber: Diese Rechten will die AfD in den Bundestag schicken. In: Der Tagesspiegel Online. 19. September 2017, ISSN 1865-2263 (tagesspiegel.de [abgerufen am 25. September 2017]).
  15. Extremismus im Netz: Staatsanwalt und AfD-Kandidat droht Verfahren. In: Badische Zeitung. Abgerufen am 25. September 2017.
  16. Disziplinarverfahren wegen AfD-Mitgliedschaft: Klage gegen Freiburger Staatsanwalt. In: stuttgarter-nachrichten.de. Abgerufen am 25. September 2017.
  17. a b Lahr: Trete für meine Überzeugungen ein. In: lahrer-zeitung.de. Abgerufen am 26. September 2017.
  18. Badische Zeitung: Der "Bericht aus Berlin" mit längst bekannten AfD-Parolen - Offenburg - Badische Zeitung. (badische-zeitung.de [abgerufen am 10. April 2018]).
  19. BILD enthüllt AfD-Schnittchen-Skandal: Kosten für Catering explodieren. In: bild.de. (bild.de [abgerufen am 10. April 2018]).
  20. Badische Zeitung: AfD-Abgeordneter Seitz provoziert mit "Schweigeminute" - Deutschland - Badische Zeitung. (badische-zeitung.de [abgerufen am 11. Juni 2018]).
  21. Lahrer Zeitung, Germany: Lahr: Brigade Seitz für AfD-Politiker in Berlin aktiv - Lahrer Zeitung. (lahrer-zeitung.de [abgerufen am 14. April 2018]).
  22. Kubicki ruft AfD-Mann wegen „Mahnmal der Schande“ zur Ordnung. In: RP Online vom 23. Februar 2018 (abgerufen am 4. März 2018).
  23. Eckart Lohse, Markus Wehner: Mit Verlaub, Herr Präsident … In: Frankfurter Allgemeine Zeitung, 3. März 2018, S. 4.
  24. a b FAZ.net / Rüdiger Soldt: Ein Beamter mit geringer Neigung zur Mäßigung
  25. a b Thomas Seitz: AfD-Politiker könnte Beamtenstatus verlieren. In: ZEIT ONLINE. (zeit.de [abgerufen am 13. August 2018]).