Tell el-Maschuta

Tell el-Maschuta in Hieroglyphen
Zweite Zwischenzeit

Ortsname unbekannt

Necho II.
(ab 610 v. Chr.)
V13
V31
Z7T14N25

(Per Tem em) Tjeku / Tju
(Pr Tm m) Vorlage:Unicode / Vorlage:Unicode
(Haus des Atum in) Tjeku [1]
Griechisch Heronpolis / Eroopolis
Tem (Atum) als „Herr von Tju (Tjeku)“

Tell el-Maschuta (arabisch Tell el-Maschūţa, Hügel der Idole; altägyptisch Per Tem / Pi-Tem; römisch Ero) liegt als Ruinenhügel in der Region des Wadi Tumilat im östlichen Nildelta etwa 16 km westlich von Ismailia sowie etwa 18 km östlich von Tell er-Retaba entfernt. Seit 1977 wurde Tell el-Maschuta mehrmals durch neue Grabungskampagnen untersucht und archäologisch erschlossen. Inschriften bestätigen ergänzend, dass Tell el-Maschuta erst bei der Neugründung unter dem altägyptischen Pharao Necho II. den Namen „Per Tem (Atum) in Tjeku“ erhielt. Auf einer in Tell el-Maschuta gefundenen „Statue des Anch-renep-nefer“ wird ebenfalls „Per Tem“ erwähnt. Diese Angabe bezieht sich jedoch auf die 22. Dynastie (ab 926 v. Chr.) und den Kult der Gottheit Atum in Heliopolis, dem biblischen „On“.

Necho II. ließ die „Statue des Anch-renep-nefer“ sowie die älteren Denkmäler der Ramessiden- und dritten Zwischenzeit im Zuge der Neugründung nach Tell el-Maschuta verlegen. Der aus ptolemäischer Zeit stammenden Pithomstele ist zu entnehmen, dass im weiteren geschichtlichen Verlauf Tell el-Maschuta die alte Bezeichnung „Per Tem“ behielt. Herodot setzte „Per Tem“ mit der arabischen Stadt „Patumos“ gleich. Im Hellenismus trug „Per Tem“ außerdem den allgemeinen Namen „Heronpolis“, den die Römer auf „Ero“ verkürzten. Die Grabungsbefunde belegen, dass Tell el-Maschuta nicht das in der Bibel unter Ex 1,11 EU erwähnte „Pitom“ in der Ramessidenzeit gewesen sein kann.

Ausgrabungen und Forschungsgeschichte

Tell el-Maschuta (Ägypten)
Tell el-Maschuta (Ägypten)
Tell el-Maschuta
Ismailia
Tell el-Maschuta in Ägypten

Im Jahr 1883 entdeckte Henri Édouard Naville im Auftrag der Egypt Exploration Society die Ruinen von Tell el-Maschuta und führte anschließend erste Ausgrabungen durch. Naville untersuchte die dort vorhandenen Denkmäler, Statuen, Inschriften sowie Gebäudereste und erstellte einen Grundriss des antiken Tell el-Maschuta. Die sich in den Straten befindlichen zahlreichen Keramikscherben und andere Kleinstfunde begutachtete Naville jedoch nicht. In seinem Abschlussbericht kam er zu dem Ergebnis, dass es sich um das biblische Pithom handeln müsse, da sich unter Ausgrabungsgegenständen auch mehrere Denkmäler aus der Zeit von Ramses II. befanden.

Der französische Ägyptologe Jean Cledat führte zwischen 1900 und 1910 weitere Untersuchungen in der Region des Wadi Tumilat durch und konnte zusätzliche Funde bergen. John S. Holladay veranlasste mit seinem Team im Rahmen des von der kanadischen University of Toronto ins Leben gerufenen „Wadi-Tumilat-Projektes“ erneute umfangreiche Ausgrabungen. Das Jahr 1977 bildete den Auftakt, um vor Ort die Planungen für die im Zeitraum von 1978 bis 1985 durchgeführten fünf Kampagnen vorzunehmen.[2] Die von der ägyptischen Altertümerverwaltung beauftragten Forschungen brachten in jüngerer Zeit weitere Aufschlüsse über Tell el-Maschuta.

Archäologische Studien

Erste Besiedlungsphase

Chinesisches Beispiel für geschwungene Stadtmauern

Die Ausgrabungen zeigen, dass Tell el-Maschuta im 16. Jahrhundert v. Chr. als etwa zwei bis drei Hektar große Siedlung am Ende der zweiten Zwischenzeit von den Hyksos gründetet wurde. Der damalige Ortsname konnte bislang nicht ermittelt werden. Die kleine Ortschaft hatte den Charakter eines Außenpostens, da keine speziellen Befestigungsanlagen vorhanden waren. Charakteristisch ist die in dieser Zeit verwendete Form von geschwungenen Stadtmauern. Während der Aufbauphase von Tell el-Maschuta ist eine kontinuierliche Zunahme von Bestattungen und die Errichtung von oberirdischen Rundsilos zu erkennen. Die Gräber zeigten markante Unterschiede hinsichtlich der beerdigten Person. „Kriegerbestattungen“ enthielten die für diese Zeit typischen Waffenbeigaben asiatischen Stils wie beispielsweise Dolche und meißelförmige Äxte. Die übrigen Lehmziegel-Gräber enthielten zahlreiche wertvolle Grabbeigaben wie Stirnbänder aus Gold oder Silber sowie silberverzierte Armbänder, Ohr- und Haarringe. Ergänzend fanden sich goldene sowie silberne Skarabäen, Werkzeuge und Halbedelsteine; dazu Amulette und Speisen. Kindergräber oder Bestattungen in den stillgelegten Rundsilos enthielten dagegen nur vereinzelt Grabbeigaben.

Im Profil einer archäologischen Ausgrabung erkennbare Straten

Die paläobotanische Fundauswertung zeigt, dass Tell el-Maschuta zwar alle Kriterien einer urbanen Siedlung erfüllte, jedoch nur saisonal aufgrund Aussaat und Sommerweizenernte vom Herbst bis zum Monat Chenti-chet bewohnt war. Tell el-Maschuta zeigt die typischen Merkmale einer Karawanenstation, die für den Fernhandel eingerichtet wurde. Während der heißen Sommermonate blieb Tell el-Maschuta unbewohnt. Die Einwohner siedelten in diesem Zeitraum vermutlich in der Nähe von Tell er-Retaba, wo entsprechende Wohnlager in der mittleren Bronzezeit existierten. Die Materialien sowie die Anlage von Tell el-Maschuta weist enge Parallelen gegenüber den Straten E1 bis D3 von Avaris auf. Wohnhäuser wurden im Verlauf in immer engeren Abständen zueinander gebaut. Ergänzend erfuhren die Bereiche Landwirtschaft und der damit verbundenen Versorgung von Arbeitskräften, die für anderweitige Projekte eingesetzt wurden, eine starke Zunahme. So wurde vornehmlich Weizen und Gerste angebaut, gekoppelt mit der Haltung von Rindern, Schafen, Ziegen und Schweinen. Die Nutzung und Zucht von Pferden war schon bekannt und in Gebrauch. Verschiedene Vögel, Kuhantilopen und Gazellen waren in Verbindung von Jagdspielen das Ziel weiterer Aktivitäten.

Im handwerklichen Bereich stand hauptsächlich die Töpferei im Mittelpunkt der Arbeiten, nachrangig das Schmelzverfahren für die Herstellung von Bronzewerkzeug und Waffen. Daneben fand die Nutzung des Webstuhls sowie die Produktion von Kleidung und Sicheln mit vorgefertigten Klingen Anwendung. Unklar bleibt bislang der Verwendungszweck von den benutzten Hochtemperaturöfen. In einem industrieähnlichen Verfahren wurden mehrere Pfähle mit rotem und gelbem Ocker in den Boden getrieben. Möglicherweise wurden die Hochtemperaturöfen für die Herstellung von Leder mit Metallbeschlägen sowie Ambossen oder Schleifgeräten benötigt. Die abschließende Untersuchung der gefundenen Keramik ergab, dass nach Vertreibung der Hyksos durch Kamose sowie Ahmose I. die Siedlung verfiel und mindestens für den Zeitraum vom Neuen Reich bis zum Ende der dritten Zwischenzeit (1550 bis 652 v. Chr.) unbewohnt blieb.

Zweite Besiedlungsphase

Saiten-Dynastie ab Necho II. (610 - 525 v. Chr.)

Tell el-Maschuta wurde erst wieder im ausgehenden siebten Jahrhundert v. Chr. unweit von Tell er-Retaba neu gegründet. In dieser Zeit ließ Necho II. zwischen 610 und 605 v. Chr. den Bubastis-Kanal anlegen, um den pelusischen Nilarm mit dem Roten Meer zu verbinden. Die Route des neuen Kanals führte durch das Wadi Tumilat und versprach strategische sowie landwirtschaftliche Vorteile für Ägypten.

Darstellung eines Apis-Stieres

Der in diesem Verlauf neu angelegte Ort Tell el-Maschuta diente zunächst als reines Lager für die am Kanalausbau beschäftigten Arbeiter. Kurze Zeit später ist der Kult von Apis-Stieren als Opfergaben zu erkennen; begleitet vom entsprechenden Bau der zugehörigen Einrichtungen für den späteren Tempel „Haus des Atum“. Nördlich des Tempels wurden in diesem Zusammenhang Häuser, Scheunen und Backöfen errichtet. Inmitten dieser Aufbauphase sind plötzliche Veränderungen erkennbar, die wahrscheinlich in Nechos Karkemisch-Niederlage im Jahr 605 v. Chr. und dem nachfolgendem Verlust seiner Hoheitsgebiete in Retjenu begründet sein dürften. Um Tell el-Maschuta wurde kurz danach eine etwa neun Meter breite Befestigungsmauer errichtet, die eine Fläche von 200 m x 200 m umschloss. Die Besiedlung kam dennoch ins Stocken, da zu keinem Zeitpunkt während der saitischen Dynastie in Tell el-Maschuta die geschützte Fläche zum weiteren Ausbau von Häusern genutzt wurde.

Das gesamte Areal von vier Hektar erfuhr im weiteren Verlauf zwei Zerstörungen; 601 v. Chr. folgte erstere, 15 Jahre später die zweite Vernichtung. Zuvor war der Versuch des ägyptischen Pharaos Apries gescheitert, die Einnahme Jerusalems im Verbund mit Zedekia zu verhindern. Die Verwüstungen können somit dem babylonischen König Nebukadnezar II. zugeschrieben werden. In Zusammenhang mit Nebukadnezars Eroberungen wurden zwei jüdische Keramikstücke in Tell el-Maschuta gefunden, die aus dem Jahr 568 v. Chr. stammen und eine Anwesenheit von jüdischen Flüchtlingen um 582 v. Chr. in Tell el-Maschuta bezeugen. Größere Mengen ähnlicher Keramikware tauchten einerseits in Tahpanhes auf, das etwa 22 km entfernt von der Mündung des pelusischen Nilarms liegt und andererseits an einem Ort im westlichen Sinaigebiet, der vorläufig als Migdol identifiziert wurde.

Tell el-Maschuta (Ägypten)
Tell el-Maschuta (Ägypten)
Bubastis
Per Atum
Sues
Karte von Ägypten

Nach den Zerstörungen und dem Wiederaufbau entwickelte sich Tell el-Maschuta während der Saiten-Dynastie unter den Pharaonen Apries, Amasis sowie Psammetich III. zu einem stark frequentierten Handelsort. Der Grund für diese Rolle von Tell el-Maschuta dürfte die zentrale Lage zwischen dem Mittel- und dem Roten Meer sowie dessen Handelsverbindung zum Indischen Ozean gewesen sein, zumal Tell-el Maschuta auch auf etwa halber Wegstrecke zwischen Sues und Bubastis lag. Die archäologisch nachgewiesene große Menge von phönizischer Handelsware belegt die Aussage von Herodot, der diese Entwicklung durch Benennung eines „phönizischen Lagers bei Memphis“ unter dem Pharao Apries beschrieb:

„Da kam das Königreich an einen Mann in Memphis, in der Sprache der Hellenen namens Proteus (Apries). Der hat jetzt zu Memphis ein Heiligtum, das ist sehr schön und wohl eingerichtet und liegt nach Mittag von dem Hephaistos-Tempel. Um dieses Heiligtum herum wohnen die Phönizier von Tyros und diese ganze Stätte heißt „Lager der Tyrer“.“

Herodot, Historien, 2. Buch, 112
Stele mit Tanit-Symbol (Tophet von Karthago)

Der phönizische Handel, der durch die Nutzung des Bubastis-Kanals immer größere Ausmaße annahm, ist durch zahlreiche Funde von phönizischen Amphoren in Tell el-Maschuta belegt. Die Amphoren dienten dabei als Vorratsbehältnisse für die Handelsware. Als weiterer Beleg für die massive Präsenz von phönizischen Händlern gilt eine in den Ruinen eines Kalkstein-Schreins geborgene Terrakotta-Statue, die als sitzende Göttin wahrscheinlich Tanit oder Aschera verkörpert. In geringerer Anzahl waren griechische Amphoren vertreten, zumeist aus Thasos und Chios. Daneben fanden sich ebenfalls importierte dickwandige Mörser sowie die dazugehörigen Stößel, die wahrscheinlich anatolischen Ursprungs sind.

Erste persische Dynastie ab Kambyses (525 - 404 v. Chr.)

Mit der im Jahr 525 v. Chr. von Kambyses erfolgten Eroberung von Ägypten ging in Verbindung mit der Schlacht bei Pelusion eine erneute Zerstörung von Tell el-Maschuta einher. In der Folgezeit sind die Aufbauarbeiten des Ortes gut bezeugt. Der schon während der Saiten-Dynastie erweiterte Siedlungsraum wurde während der persischen Zeit für Neubauten genutzt. Ergänzend kam eine Ausweitung im südwestlichen Bereich hinzu. Im nördlichen Teil von Tell el-Maschuta konnte ein Friedhofsbereich freigelegt werden, der am Bubastis-Kanal in der persischen Zeit vom Ende des sechsten Jahrhunderts v. Chr. bis etwa 404 v. Chr. als Nekropole südlich des Tempelbezirkes diente.

Darius I. erweiterte nach seinem Herrschaftsantritt den Bubastis-Kanal auf eine Gesamtlänge von 84 km. Auf vier großen Stelen ließ Darius I. danach in den vier Sprachen Ägyptisch, Altpersisch, Elamisch und Akkadisch seine Leistungen niederschreiben, wobei sich die erste Stele in Tell el-Maschuta befand. Im Zuge der im Jahr 487 v.Chr. begonnenen ägyptischen Rebellion gegen die Perser wurde außerhalb der Stadtmauer von Tell el-Maschuta ein weiterer Steinwall angelegt, der mit Schutt, Keramik und anderen Materialien gefüllt war. Der archäologische Befund belegt die mit der Rebellion verbunden Kämpfe um den Ort Tell el-Maschuta. In der Folgezeit zeigen erneute Bauarbeiten die Anlage von Lagerhäusern, die im gesamten Ortsbereich errichtet wurden. Nachdem im Jahr 404 v. Chr. die Perser aus Ägypten vertrieben wurden, zeigen die Straten im Anschluss einen bis etwa 380 v. Chr. kurzfristig unbewohnten Zeitraum.

Die letzte eigenständige altägyptische Dynastie (380 - 343 v. Chr.)

Kopf einer Statue Nektanebos' I.; Louvre, Paris

Bruchstücke von Denkmälern der 30. Dynastie bezeugen das gewaltige Bauprogramm der Pharaonen Nektanebos I. und Nektanebos II., die ergänzend durch Föderung der altägyptischen Religion eine kurzfristige Renaissance auch für Tell el-Maschuta bewirkten. Mit der wiedereinsetzenden Besiedlung stieg der Handel und die Einfuhr von Waren während der 30. Dynastie sprunghaft an, obwohl der Bubastis-Kanal langsam versandete.

Der durch die Phönizier wiederbelebte Handel konzentrierte sich hauptsächlich auf Wein, Olivenöl, Fischsoßen und andere Konservenwaren. Auch die weiter entfernten Regionen, wie Thasos sowie Chios und Anatolien, beteiligten sich am Güteraustausch ebenso wie insbesondere Arabien und Athen. Der Tempelkult des ägyptischen Gottes Atum erlebte eine erneute Blütezeit, wie die angefertigten quaderförmigen Altäre mit südarabischen Einfluss beweisen. Die vorhandenen Tinteninschriften auf Glasbruchstücken waren zumeist in demotischer Schrift verfasst. Im Rahmen der Opferhandlungen für den Atum-Tempel ist die Verwendung von Weihrauch belegt, der ebenfalls aus dem südlichen Arabien importiert wurde.

Besonderes Aufsehen verursachte die zufällige Entdeckung eines Lagers, in welchem sich Tausende von Athener Tetradrachmen befanden. Die außergewöhnlich hohe Summe verweist auf Zuwendungen als Geschenkgaben an den Atum-Tempel. Ergänzend wurden vier Schalen entdeckt, deren Stil und Ausführung einen persischen Ursprung nahelegen und wohl über das südliche Arabien nach Tell el-Maschuta gelangten. Alle vier Schalen trugen ähnliche Inschriften, wobei auf einer der Schalen der aramäische Eintrag „Das, was Qaynu, Sohn des Gaschmu, König von Qedar, für Han-'Ilat darbrachte[3] zu lesen ist. Möglicherweise ist dieser Gaschmu identisch mit der gleichnamigen Figur im Buch Nehemia.[4] Die Inschriften auf den Schalen und zusätzlich gefundene Silbermünzen, die auf ihrer Rückseite die Eule der Athene zeigen, werden auf den Übergang vom fünften zum vierten Jahrhundert v. Chr. datiert.[5] Das Ende der 30. Dynastie, die durch Alexanders Ägypteneroberung abgelöst wurde, bewirkte eine Abwanderung der Einwohner von Tell el-Maschuta, der ein Zeitraum ohne Besiedlung bis etwa 285 v. Chr. folgte.

Neuaufbau des Atum-Tempels und Bau von Handelshäusern (285 v. Chr. - erstes Jahrhundert v. Chr.)

Oktadrachmon: Bildnis von Ptolemaios II. und Arsinoe II.
(Pergamonmuseum, Berlin)

Pharao Ptolemaios II. (285 bis 246 v. Chr.) begann nach Antritt seiner Herrschaft mit der Entsandung und Erneuerung des Bubastis-Kanals. Das Restaurierungsprogramm erstreckte sich ebenso auf Tell el-Maschuta, das größer und umfangreicher neu aufgebaut werden sollte und im Verlauf die Rolle einer wichtigen Handelsstation einnahm. Auf einer Stele, die Ptolemaios II. in Tell el-Maschuta errichtete, ließ der Pharao sein Projekt einschreiben und feiern.

Für den Neuaufbau des Atum-Tempels wurden zahlreiche größere Kalksteinblöcke aus anderen Orten Ägyptens nach Tell el-Maschuta transportiert. Ein bereits zerfallenes Lagerhaus aus der persischen Periode diente nach seiner Modernisierung als Töpferei. Hinzu kamen gegen Ende der Regentschaft von Ptolemaios II. „Sechs-Zimmer-Lager- und Handelshäuser“ an den Ufern des Bubastis-Kanals, an die mehrere Schmelzöfen zur Herstellung von Bronzewaren für den Atum-Tempel und den Export angeschlossen waren.

Die von Henri Édouard Naville entdeckten und den „Kindern von Israel“ zugeordneten Handels- und Lagerhäuser stammen wahrscheinlich aus der Anfangszeit des Aufbauprogramms unter Ptolemaios II., da sich nur diese in direkter Nähe zu den Schmelzöfen am Ufer des Bubastis-Kanals befanden. Ptolemaios III. (246 bis 222 v. Chr.) und die Nachfolger müssen weitere umfangreiche Baumaßnahmen von Handelshäusern und Werkstätten veranlasst haben, da das Wadi-Tumilat-Projekt in seinen Kampagnen nur eine kleine Anzahl der riesigen Handelshäuser ausgraben konnte, die teilweise eine Länge bis zu 75 m aufweisen. Die bislang erforschten Handelshäuser konnten auf den Zeitraum zwischen der zweiten Hälfte des dritten Jahrhunderts v. Chr. bis etwa 125 v. Chr. datiert werden. Nach dem Ende der Ptolemäer-Herrschaft erfuhr Tell el-Maschuta einen Niedergang, so dass der Ort Anfang des ersten Jahrhunderts v. Chr. seine tragende Funktion als Handelsstation verlor und daher erneut von den Bewohnern verlassen wurde.

Tell el-Maschuta als römische Nekropole

Dromos-Beispiel aus Dendra
Chi-Rho-Symbole als Christusmonogramm

Nachdem die Bewohner Tell el-Maschuta Anfang der ersten Jahrhunderts v. Chr. verlassen hatten, verfielen die Anlagen. Der Ort blieb bis zum Anfang des zweiten Jahrhunderts n. Chr. ungenutzt. Als Trajan nach seinem Regierungsantritt den Bubastis-Kanal erneut ausbaute, fungierte die Region von Tell el-Maschuta als römische Nekropole und erfuhr flächenmäßig die größte Ausdehnung seit der Gründung unter den Hyksos. Eine Neubesiedlung fand dagegen nicht statt, da auf den Ruinen des früheren Handelsortes zahlreiche Grabanlagen errichtet wurden. Frühere kleinere Ausgrabungskampagnen hatten bereits den römischen Friedhof teilweise freigelegt, weshalb das Archäologen-Team aus Toronto keine weiteren intensiven Untersuchungen durchführte, jedoch die großen Mengen von Keramikfunden in der obersten Strate bestätigen konnte.

Der Befund ergab, dass die Nekropole mehrheitlich zumeist für „privilegierte römische Bürger“ aus quadratischen unterirdischen Gräbern angelegt wurde und mit gewölbten Überbauungen versehen war. Diese aus Lehmziegeln errichteten Grabanlagen besaßen ergänzend jeweils einen Zugangsweg oder ummauerten Dromos, der auf östlicher Seite der Gräber das Betreten der Grabräume ermöglichte. Die gewölbten Grabeingänge, die nur einen einfachen Zugangsweg besaßen, wurden nach jeder erfolgten Bestattung zugemauert. Dagegen füllten die Angehörigen des Grabinhabers den mit einem Dromos versehenen Grabgang mit Sand auf. Als Grabbeigaben dienten goldbeschichtete Götterfiguren, Ohrringe, Glasgefäße und aus Knochen gefertigte Haarnadeln. Bereits während der aktiven Nutzung als Nekropole wurden die mit wertvollen Grabbeigaben beinhalteten Gräber teilweise geplündert.

Daneben gab es auch einfache Begräbnisse, die ohne besondere Beigaben von Götterstatuetten in den freien Raum zwischen den Lehmziegel-Gräbern eingebettet waren. Die Mehrzahl der Bestattungen wies die charakteristischen Formen römischen Stils auf, der auch an der symbolischen Ausrichtung der Gräber sichtbar ist. Die Nekropole verfügte zudem über einen Bestattungsbereich für Kinder. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang ein christliches Kinderbegräbnis. Im oberen Bereich einer aus Gaza stammenden Amphore befand sich eine koptische Inschrift, die mit zwei „Chi-Rho-Symbolen“ als Christusmongramm versehen war, das seit dem zweiten Jahrhundert n. Chr. die Christen verwendeten, um ihren Glauben darzustellen und um sich untereinander zu erkennen. Diese Bestattungsform war jedoch nur bei sehr wenigen Grabbeigaben festzustellen.

Im frühen vierten Jahrhundert n. Chr. wurde Tell el-Maschuta als römische Nekropole aufgegeben, was durch das Fehlen der Grabbeleuchtungen belegt ist. Christliche Pilger erwähnten um 381 n. Chr. die Existenz einer in der Region von Tell el-Maschuta stationierten römischen „Garnison der Helden“, die sich jedoch zu diesem Zeitpunkt aufgrund einer Verlegung schon im nur etwa 2 km entfernten Abu Suweir befand. Der arabische Name „Tell el-Maschuta“ leitet sich daher von der benachbarten Nekropole als „Hügel der Idole/Helden“ ab. Die Stadt Abu Suweir bewahrte die militärische Funktion und beherbergt heute einen Militärflugplatz.

Identifikationen mit dem biblischen Pitom oder Sukkot

Bereits in der Vergangenheit wurden kontroverse Diskussionen über die Frage geführt, ob Tell el-Maschuta mit dem alttestamentlichen Pitom oder Sukkot zu identifizieren sei. Henri Édouard Naville sah durch seine Ausgrabungsbefunde seine Vermutung bestätigt, dass es die „Kinder Israels“ waren, die in Tell el-Maschuta die „Handelshäuser“ errichteten. Kenneth Anderson Kitchen hält dagegen Tell el-Maschuta für das biblische Sukkot, an welchem die Israeliten bei ihrem Auszug aus Ägypten lagerten. Kitchen steht nach wie vor zu seiner Hypothese, dass sowohl Tell er-Retaba als auch Tell el-Maschuta im Neuen Reich zeitgleich als Siedlungen nebeneinander existierten,[6] ohne jedoch die Keramikbefunde des Achäologenteams von John S. Holladay zu berücksichtigen. Donald B. Redford schloss sich dagegen Holladays Ergebnissen an und sieht Tell el-Maschuta als das biblische Pitom, dass jedoch erst 600 Jahre nach dem Auszug aus Ägypten aufgebaut wurde.

Die Hinweise auf Sukkot im Pentateuch (Ex 12,37 EU, Num 33,5-6 EU) bleiben unklar und lassen offen, ob es sich dabei um eine Stadt, ein Dorf, ein Fort oder eine Region handelt. Auch der in Ex 1,11 EU erwähnte „Bau der Stadt Pitom“ lässt sich nur schwerlich mit der Vergangenheit von Tell el-Maschuta vereinbaren. Vor dem Hintergrund der Ausgrabungen sahen sich deshalb jene Historiker bestärkt, die die Geschichte des Auszugs aus Ägypten als Fiktion bewerteten oder als anachronistischen Zusatzbericht sahen, der erst um das sechste Jahrhundert v. Chr. in die Schriften aufgenommen wurde.

Atum-Kult: Ramses erschlägt einen Asiaten vor „Tem (Atum), dem Herrn von Tju“[7]
Genaue Untersuchungen der altägyptischen Papyri zeigen, dass sich der Name „Tjeku/Tscheku“, vom welchem sich die hebräische Entsprechung „Sukkot“ ableitet, in der 19. und 20. Dynastie fast immer nur auf ein größeres Gebiet bezog und nur einmal mit dem Stadtdeterminativ
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geschrieben wurde. „Per Tem“ oder „Pi-Tem“ als altägyptische Bezeichnung für „Haus des Tem“ bezog sich auf einen Gottestempel, der „in Tjeku/Tscheku lag“. Damit entfällt die Grundlage für eine feste Ortsbezeichnung für „Pitom“ als „Haus des Tem“. Bereits vor längerer Zeit sprach sich aus diesen Gründen Alan Gardiner entschieden gegen eine Gleichsetzung von Tell el-Maschuta mit Pitom oder Sukkot aus. Da die Grabungsbefunde zweifelsfrei belegen, dass Tell el-Maschuta während der Ramessidenzeit nicht mehr existierte, können sich die altägyptischen Papyriberichte nicht auf Tell el-Maschuta bezogen haben und müssen somit einen anderen Ort meinen. Die in Tell el-Maschuta gefundenen Denkmäler und Statuen datieren teilweise entweder in das neunte Jahrhundert v. Chr. oder in die Ramessidenzeit. Auch dieser Befund zeigt, dass Tell el-Maschuta als „Ort des Auszugs aus Ägypten“ beziehungsweise als „Pitom in der Nähe von Pi-Ramesse“ ausscheidet.

Literatur

  • William J. Dumbrell: The Tell-el-Maskhuta Bowls and the „Kingdom“ of Qedar in the Persian Period. In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research (BASOR) 203. American Schools of Oriental Research, Baltimore 1971, S. 33–44.
  • John S. Holladay: Pithom In: Donald B. Redford: The Oxford encyclopedia of ancient Egypt; Vol. 3: P-Z. Oxford University Press, Oxford 2001, ISBN 0-19-513823-6, S. 50–53.
  • John S. Holladay: Tell el-Maskhuta In: Kathryn A. Bard, Steven Blake Shubert: Encyclopedia of the archaeology of ancient Egypt. Routledge, London 1999, ISBN 0-415-18589-0, S. 786−789.
  • John S. Holladay: Tell el-Maskhuta: Preliminary report on the Wadi Tumilat Project 1978-1979. Undena Publications, Malibu 1982, ISBN 0-89003-084-7
  • Henri Édouard Naville: The store-city of Pithom and The route of the Exodus, Trübner, London 1903
  • Eliezer Oren: Migdol: A new fortress on the edge of Eastern Nile Delta In: Bulletin of the American Schools of Oriental Research (BASOR) 256. American Schools of Oriental Research, Baltimore 1984, S. 7–44.
  • Patricia Paice: A preliminary Analysis of some Elements of the Saite and Persian period pottery at Tell el-Maskhuta. In: Bulletin of the Egyptological Seminar (BES) 8. Seminar, New York 1987, S. 95–107.

Einzelnachweise

  1. Rainer Hannig: Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch : (2800 - 950 v. Chr.). von Zabern, Mainz 2006, ISBN 3-8053-1771-9, S. 1207.
  2. Ausgrabungen des Wadi Tumilat Projektes.
  3. Isaac Rabinowitz: Aramaic Inscription of the Fifth Century B.C.E. from A North-Arab Shrine in Egypt. In: JNES 15 (1956), 1-9.
  4. Nehemia 2,19 und 6,1-6.
  5. Walter C. Kaiser: A history of Israel: From the bronze age through the Jewish Wars - The Returns under Ezra and Nehemia (Kap. 28). Broadman & Holman Publications, Nashville 1998, ISBN 0-8054-6284-8, S. 19; David Janzen: Witch-hunts, purity and social Boundaries: The Expulsion of the foreign women in Ezra 9-10. Sheffield Press, London 2002, ISBN 1-8412-7292-2, S. 139.
  6. Kenneth Anderson Kitchen: Ramesside Inscriptions, Translations: Merenptah and the Late Nineteenth Century, Blackwell Publications, 2003, ISBN 0-631-18429-5, S. 256-259 und 555.
  7. Barry J. Kemp: Ancient Egypt: Anatomy of a civilization - Who were the ancient Egyptians? - The intellectual foundations of the early state - The dynamics of culture - The bureaucratic mind - Model communities - New Kingdom Egypt: The mature state - The birth of economic man - Moving on -. Routledge, London 2006, ISBN 0-415-23549-9, S. 290–291.

Koordinaten: 31° N, 32° O

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