„Stabile Seitenlage“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Recovery position 02.svg|mini|Stabile Seitenlage]]
Die '''stabile Seitenlage''' ist eine [[Erste Hilfe]]-Maßnahme, die durchgeführt werden muss, wenn der Patient [[bewusstlos]] ist. Sie dient dazu, den Patienten vor dem [[Erstickungstod|Ersticken]] durch die Verlegung der Atemwege, beispielsweise durch die eigene Zunge oder Erbrochenes, zu bewahren.


Die '''stabile Seitenlage''' ist die Standardlagerung einer selbstständig atmenden, [[Bewusstseinsstörung|bewusstseinsgetrübten]] oder [[Bewusstseinsstörung|bewusstlosen]] Person im Rahmen der [[Lebensrettende Sofortmaßnahmen|lebensrettenden Sofortmaßnahmen]]. Während durch den [[Lebensrettender Handgriff|lebensrettenden Handgriff]] zunächst die [[Atemtrakt|Atemwege]] freigemacht werden, dient die stabile Seitenlage darüber hinaus dem Zweck, [[Aspiration (Medizin)|versehentliches Einatmen]] von Flüssigkeit und Feststoffen wie Speichel, Blut und [[Erbrechen|Erbrochenem]] zu verhindern. Dieser Aspekt ist wesentlich, da Bewusstseinsgestörte sich häufig unbemerkt erbrechen und infolgedessen oft an ihrem Erbrochenen [[Erstickung|ersticken]].
Um die Seitenlage herzustellen kniet der Helfer seitlich neben den Patienten. Zunächst wird die auf der Seite des Helfers liegende Hand unter das Gesäß des Patienten geschoben. Anschließend wird das dem Helfer nähere Bein des Patienten angewinkelt. Der Helfer packt dann den Patienten an Schulter und Hüfte und dreht ihn vorsichtig zu sich, bis der Patient auf der Seite liegt. Jetzt wird der unten liegend Arm in der Ellenbogenbeuge angefasst und unter dem Patienten nach hinten gezogen, damit der Patient nicht nach hinten umkippen kann. Als letzte Maßnahme wird der Kopf vorsichtig nach hinten gebeugt, damit die Atemwege frei werden. Wenn zusätzlich noch der Mund geöffnet wird, kann Erbrochenes aus dem Mund abfliessen, falls sich der Patient übergibt. Damit kein Knick in der Wirbelsäule entsteht, kann die Hand - mit der Handfläche nach unten - unter den Kopf des Betroffenen gelegt werden.


Wichtig für die erste Hilfe ist, dass die gefährdete Person selbstständig atmet. Bei nicht spontan atmenden Personen ist keine Seitenlage, sondern eine [[Herz-Lungen-Wiederbelebung|Reanimation]] vorzunehmen.
Bei Verdacht auf eine Verletzung der [[Wirbelsäule]] sollte die stabile Seitenlage durch zwei Helfer hergestellt werden. Der zweite Helfer kniet dabei hinter dem Kopf des Patienten, hält den Kopf fest und dreht diesen dann gleichmäßig mit, wenn der erste Helfer den Patienten in die Seitenlage dreht.


Die stabile Seitenlage soll nicht bei bewusstlosen Personen nach einem [[Trauma (Medizin)|physischen Trauma]] angewendet werden.<ref>{{Literatur |Autor= Deutscher Rat für Wiederbelebung – German Resuscitation Council (GRC) e.V.|Titel=Leitlinie 2021 |Online=https://www.grc-org.de/files/ShopProducts/download/Leitlinien%20kompakt_26.04.2022.pdf |Abruf=2023-11-28}}</ref>
Siehe auch:
* [[Erste Hilfe]]
* [[Sofortmaßnahmen]]


== Varianten ==
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Es existieren international verschiedene Versionen der stabilen Seitenlage, die spezifische Vor- und Nachteile aufweisen.<ref>A. J. Handley: ''Recovery position.'' In: ''Resuscitation.'' 26(1), Aug 1993, S. 93–95. PMID 8210737</ref> Übereinstimmende Merkmale sind eine stabile Lagerung auf der Seite, überstreckter Kopf und kein Druck auf den Brustkorb, der die Atmung beeinträchtigt.<ref name="Handley">A. J. Handley, R. Koster, K. Monsieurs u. a.: ''European Resuscitation Council guidelines for resuscitation 2005. Section 2. Adult basic life support and use of automated external defibrillators.'' In: ''Resuscitation.'' 67 Suppl 1, 2005, S. S7–S23. PMID 16321717</ref> Wichtigstes Ziel ist neben der Überstreckung des Kopfes, dass der Mund tiefster Punkt des Körpers ist und Erbrochenes dadurch nicht in die Atemwege laufen kann.<ref>{{Internetquelle |autor=[[Martin U. Müller]] |url=https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/die-mythen-der-ersten-hilfe-toter-als-tot-geht-nicht-a-546172.html |titel=Toter als tot geht nicht |werk=[[Spiegel online]] |datum=2008-04-09 |abruf=2017-08-13}}</ref>
''[[Hinweis Gesundheitsthemen]]''

== Anwendung ==
Eine reglose Person wird zunächst auf dem Rücken [[Flachlagerung|gelagert]], um Bewusstsein und Atmung zu überprüfen ([[diagnostischer Block]]), weswegen dies meist die Ausgangsposition für weitere Maßnahmen ist. Wenn der Betroffene trotz gestörten Bewusstseins selbständig atmet, wird er in die stabile Seitenlage verbracht. Zum Schutz gegen Witterungseinflüsse wird er danach vorzugsweise in eine [[Rettungsdecke]] eingewickelt, um [[Hypothermie|Auskühlung]] beziehungsweise [[Hitzeschaden|Überhitzung]] zu vermeiden. Bis zum Eintreffen des per [[Notruf]] alarmierten [[Rettungsdienst]]es wird der Betroffene ständig überwacht. So können bei einer Verschlechterung des Zustandes rechtzeitig weitere Maßnahmen eingeleitet und erwachende Betroffene beruhigt werden. Die stabile Seitenlage ist auch im Rettungsdienst essenziell, da sie die einfachste Methode der Atemwegssicherung darstellt.

Weist der Betroffene eine Verletzung im Bereich des [[Thorax|Brustkorbs]] oder der [[Lunge]] auf, wird er auf die verletzte Seite gedreht, damit die dann oben liegende, unbeeinträchtigte Lungenhälfte sich während der [[Atmung|Einatmung]] frei entfalten kann und eventuelle [[Blutung]]en abgedrückt werden.

[[Schwangerschaft|Schwangere]] Frauen werden tendenziell auf der linken Seite gelagert, da so der gemeinsame Kreislauf von Mutter und [[Fötus]] am besten entlastet werden kann (siehe [[Vena-cava-Kompressionssyndrom]]).

== Kritik ==
Es kritisieren gelegentlich einzelne Personen die stabile Seitenlage als überflüssig und zweifeln an ihrer „streng wissenschaftlich basierten Evidenz“.<ref>{{Literatur |Autor=Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt |Titel=Stabile Seitenlage: Nicht unbedingt lebensrettend |Online=https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=17&typ=16&aid=189105&s=seitenlage&s=stabile |Abruf=2017-08-13}}</ref><ref>{{Internetquelle |url=https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/die-mythen-der-ersten-hilfe-toter-als-tot-geht-nicht-a-546172.html |titel=Die Mythen der Ersten Hilfe: „Toter als tot geht nicht“ |werk=Spiegel online |abruf=2017-08-13}}</ref> Eine Studie zeigte, dass Probanden signifikant schlechter einen Atemstillstand bei Patienten erkannten, die in stabile Seitenlage gebracht waren, gegenüber Betroffenen, die auf dem Rücken lagen.<ref>{{Literatur |Autor=Miguel Freire-Tellado, Rubén Navarro-Patón, Maria del Pilar Pavón-Prieto, Marta Fernández-López, Javier Mateos-Lorenzo |Titel=Does lying in the recovery position increase the likelihood of not delivering cardiopulmonary resuscitation? |Sammelwerk=Resuscitation |Band=115 |Datum=2017-06-01 |ISSN=0300-9572 |Seiten=173–177 |DOI=10.1016/j.resuscitation.2017.03.008 |PMID=28404450 |Online=[https://www.resuscitationjournal.com/article/S0300-9572%2817%2930108-9/fulltext Online] |Abruf=2017-08-13}}</ref> Dadurch könnte eine notwendige Herz-Lungen-Wiederbelebung verzögert oder gar nicht eingeleitet werden.

== Weblinks ==
{{Wikibooks|Erste Hilfe/ stabile Seitenlage|Stabile Seitenlage}}
* [https://www.drk.de/hilfe-in-deutschland/erste-hilfe/stabile-seitenlage/ Bebilderte Anleitung des DRK zum Verbringen in die vereinfachte Form der stabilen Seitenlage]
* [https://cprguidelines.eu/assets/guidelines/European-Resuscitation-Council-Guidelines-2021-Ba.pdf Aktuelle Leitlinien des ERC zu Lebensrettenden Sofortmaßnahmen bei Erwachsenen (PDF; 3,4&nbsp;MB) (englisch)]

== Einzelnachweise ==
<references />

{{Gesundheitshinweis}}

[[Kategorie:Erste Hilfe]]
[[Kategorie:Therapeutisches Verfahren in der Notfallmedizin]]
[[Kategorie:Körperhaltung]]

Aktuelle Version vom 15. Dezember 2023, 11:01 Uhr

Stabile Seitenlage

Die stabile Seitenlage ist die Standardlagerung einer selbstständig atmenden, bewusstseinsgetrübten oder bewusstlosen Person im Rahmen der lebensrettenden Sofortmaßnahmen. Während durch den lebensrettenden Handgriff zunächst die Atemwege freigemacht werden, dient die stabile Seitenlage darüber hinaus dem Zweck, versehentliches Einatmen von Flüssigkeit und Feststoffen wie Speichel, Blut und Erbrochenem zu verhindern. Dieser Aspekt ist wesentlich, da Bewusstseinsgestörte sich häufig unbemerkt erbrechen und infolgedessen oft an ihrem Erbrochenen ersticken.

Wichtig für die erste Hilfe ist, dass die gefährdete Person selbstständig atmet. Bei nicht spontan atmenden Personen ist keine Seitenlage, sondern eine Reanimation vorzunehmen.

Die stabile Seitenlage soll nicht bei bewusstlosen Personen nach einem physischen Trauma angewendet werden.[1]

Varianten

Es existieren international verschiedene Versionen der stabilen Seitenlage, die spezifische Vor- und Nachteile aufweisen.[2] Übereinstimmende Merkmale sind eine stabile Lagerung auf der Seite, überstreckter Kopf und kein Druck auf den Brustkorb, der die Atmung beeinträchtigt.[3] Wichtigstes Ziel ist neben der Überstreckung des Kopfes, dass der Mund tiefster Punkt des Körpers ist und Erbrochenes dadurch nicht in die Atemwege laufen kann.[4]

Anwendung

Eine reglose Person wird zunächst auf dem Rücken gelagert, um Bewusstsein und Atmung zu überprüfen (diagnostischer Block), weswegen dies meist die Ausgangsposition für weitere Maßnahmen ist. Wenn der Betroffene trotz gestörten Bewusstseins selbständig atmet, wird er in die stabile Seitenlage verbracht. Zum Schutz gegen Witterungseinflüsse wird er danach vorzugsweise in eine Rettungsdecke eingewickelt, um Auskühlung beziehungsweise Überhitzung zu vermeiden. Bis zum Eintreffen des per Notruf alarmierten Rettungsdienstes wird der Betroffene ständig überwacht. So können bei einer Verschlechterung des Zustandes rechtzeitig weitere Maßnahmen eingeleitet und erwachende Betroffene beruhigt werden. Die stabile Seitenlage ist auch im Rettungsdienst essenziell, da sie die einfachste Methode der Atemwegssicherung darstellt.

Weist der Betroffene eine Verletzung im Bereich des Brustkorbs oder der Lunge auf, wird er auf die verletzte Seite gedreht, damit die dann oben liegende, unbeeinträchtigte Lungenhälfte sich während der Einatmung frei entfalten kann und eventuelle Blutungen abgedrückt werden.

Schwangere Frauen werden tendenziell auf der linken Seite gelagert, da so der gemeinsame Kreislauf von Mutter und Fötus am besten entlastet werden kann (siehe Vena-cava-Kompressionssyndrom).

Kritik

Es kritisieren gelegentlich einzelne Personen die stabile Seitenlage als überflüssig und zweifeln an ihrer „streng wissenschaftlich basierten Evidenz“.[5][6] Eine Studie zeigte, dass Probanden signifikant schlechter einen Atemstillstand bei Patienten erkannten, die in stabile Seitenlage gebracht waren, gegenüber Betroffenen, die auf dem Rücken lagen.[7] Dadurch könnte eine notwendige Herz-Lungen-Wiederbelebung verzögert oder gar nicht eingeleitet werden.

Wikibooks: Stabile Seitenlage – Lern- und Lehrmaterialien

Einzelnachweise

  1. Deutscher Rat für Wiederbelebung – German Resuscitation Council (GRC) e.V.: Leitlinie 2021. (grc-org.de [PDF; abgerufen am 28. November 2023]).
  2. A. J. Handley: Recovery position. In: Resuscitation. 26(1), Aug 1993, S. 93–95. PMID 8210737
  3. A. J. Handley, R. Koster, K. Monsieurs u. a.: European Resuscitation Council guidelines for resuscitation 2005. Section 2. Adult basic life support and use of automated external defibrillators. In: Resuscitation. 67 Suppl 1, 2005, S. S7–S23. PMID 16321717
  4. Martin U. Müller: Toter als tot geht nicht. In: Spiegel online. 9. April 2008, abgerufen am 13. August 2017.
  5. Deutscher Ärzteverlag GmbH, Redaktion Deutsches Ärzteblatt: Stabile Seitenlage: Nicht unbedingt lebensrettend. (aerzteblatt.de [abgerufen am 13. August 2017]).
  6. Die Mythen der Ersten Hilfe: „Toter als tot geht nicht“. In: Spiegel online. Abgerufen am 13. August 2017.
  7. Miguel Freire-Tellado, Rubén Navarro-Patón, Maria del Pilar Pavón-Prieto, Marta Fernández-López, Javier Mateos-Lorenzo: Does lying in the recovery position increase the likelihood of not delivering cardiopulmonary resuscitation? In: Resuscitation. Band 115, 1. Juni 2017, ISSN 0300-9572, S. 173–177, doi:10.1016/j.resuscitation.2017.03.008, PMID 28404450 (Online [abgerufen am 13. August 2017]).