Rezeptive Musiktherapie

Die Rezeptive Musiktherapie (zukünftig kurz Musiktherapie) ist eine künstlerische Therapieform. Sie steht in enger Verbindung mit den Fächern Medizin, Psychotherapie und Psychologie. Musiktherapie wird als nonverbales therapeutisches Verfahren unter Zuhilfenahme des Mediums Musik verstanden. Dem Patienten wird vom Therapeuten ausgesuchte und auf den Patienten abgestimmte Musik vorgespielt. Musiktherapie wird mit dem Ziel angewandt, seelische, körperliche und geistige Gesundheit wiederherzustellen, zu erhalten und zu fördern. Als praxisorientierte Wissenschaftsdisziplin steht die Musiktherapie in enger Verbindung zur Psychotherapieforschung. Musiktherapie basierte früher meist auf übernommenen Ansätzen aus Tiefenpsychologie, Verhaltenstherapie, systemischer Therapie, Gestalttherapie und anderen. Gegenwärtig entstehen aber stärker musiktherapiespezifische und evidenzbasierte Interventionsmethoden, die entsprechend emprisch-wissenschaftlich fundiert sind. Es können (Stand 2005) international etwa 3000 wissenschaftliche Studien gezählt werden, die einigermaßen den aktuellen Kriterien der Therapieforschung genügen und die Wirksamkeit der Musiktherapie belegen. Diese wurden von unterschiedlichen Autoren in verschiedenen Reviews und Metaanalysen zusammengefasst. Unterschieden werden bezogen auf den Oberbegriff Musiktherapie: Musikpsychotherapie und Musikmedizin (nach Anwendungsfeld) sowie aktive und rezeptive Musiktherapie (nach Anwendungsart).

Studium der Musiktherapie

Musiktherapie ist seit 1979 (Fachhochschule Heidelberg) auch in Deutschland eine Hochschuldisziplin. Seit dieser Zeit entwickelten sich neben Diplomstudiengängen auch, besonders forciert durch den sog. Bologna-Prozess, konsekutive und nicht-konsekutive Masterprogramme sowie ein BA-Studiengang. Das Studium der Musiktherapie umfasst die Bereiche Musik, Psychologie, Medizin sowie musiktherapeutische Anwendung, Technik und Theorie.

Geschichte der Musiktherapie

Durch ihre magische und mystische Wirkung war Musik schon früh mit Heilung verbunden. Bis in die Frühantike hinein wurden durch das gezielte Versetzen in Trance die Götter beschworen und Dämonen vertrieben. In der klassischen Antike ging man davon aus, dass sich kranke Menschen in Unordnung befinden und durch die Hilfe von Musik die geistige und seelische innere Harmonie wiederhergestellt werden kann. In der Renaissance gewann der Zusammenhang von Affekten, vor allem der Melancholie, und Musik an Interesse. In Renaissance und Barock stand die Regulation des Blutes durch Schwingungen im Blickpunkt. In der Romantik wandelte sich das klassische medizinische Bezugssystem der Musik hin zum psychologisch ausgerichteten Schwerpunkt. Nach dem Zweiten Weltkrieg entstanden die heutigen Bereiche der Musiktherapie.

Übernahme durch Kostenträger

Die Musiktherapie ist als psychotherapeutisches Verfahren noch nicht allgemein kassenfähig. Mittlerweile gibt es für Musiktherapeuten mit Hochschulabschluss die Möglichkeit der Approbation zum Kinder- und Jugendpsychotherapeuten. Im Einzelfalle kann also eine Musiktherapie für Kinder oder Jugendliche durch die jeweilige Kasse übernommen werden, wenn der behandelnde Musiktherapeut eine entsprechende Approbation vorweisen kann. Ansonsten muss der Patient im Rahmen der Behandlung durch niedergelassene Musiktherapeuten selber zahlen.

Siehe auch

Literatur

Musiktherapie Allgemein

  • Bolay, H. V., Hillecke T. K., Nickel A. K. & Wormit A. F. (2005). Musiktherapie. In Resch, F. & Schulte-Markwort, M. (Hrsg.). Kursbuch für integrative Kinder- und Jugendpsychotherapie. Beltz/PVU.
  • Bolay, H. V., Hillecke, T. K., Berbescu, G. & Wormit, A. F. (1998/99). Musiktherapie – eine moderne künstlerische und wissenschaftliche Therapiemethode. In F.-E. Brock (Hrsg.), Handbuch der naturheilkundlichen Medizin - Ausbildung, Klinik, Praxis. Landberg: Ecomed Verlagsgesellschaft.
  • Bolay, H. V. (1983). Musiktherapie. In R. Corsini (Hrsg.), Handbuch der Psychotherapie (S. 729-754). München: Psychologische Verlags Union.
  • Decker-Voigt, Hans-Helmut. Schulen der Musiktherapie. Reinhard-Verlag, ISBN 3-497-01574-1
  • Decker-Voigt, Hans-Helmut / Weymann, Eckhard. Aus der Seele gespielt. Eine Einführung in die Musiktherapie. Goldmann Verlag, 1996. ISBN 3-442-13561-3
  • Hillecke, Thomas K. Heidelberger Musiktherapiemanual. Chronischer, nicht maligner Schmerz. In der Reihe Evidenzbasierte Musiktherapie. Bolay, H. Volker; Dulger Andreas; Bardenheuer Hubert J. (Hrsg.). uni-edition. ISBN 3-937-15142-7.
  • Hillecke, T. K., Nickel A. K., Bolay, H. V. (2005): Scientific Perspectives of Music Therapy. Annals of the New York Academy of Sciences, 1060, 271-282.
  • Hillecke, T. K., Selle, E.-W., Wormit, A. F., Bolay, H. V. (2004): Plädoyer für eine kreative Forschungsmethodenvielfalt der wissenschaftlichen Musiktherapie. Musiktherapeutische Umschau, 25 (3), 241-256.
  • Metzner, Susanne Tabu und Turbulenz. Musiktherapie mit psychiatrischen Patienten. Vandenhoeck & Ruprecht, 1999. ISBN 3-525-45854-1
  • Muthesius, D. (1999): Musik und Biographie. Lieder und Singen im Lebenslauf alter Menschen. Reihe: Beiträge zur Musiktherapie, Nr. 451, Hg: Deutsche Gesellschaft für Musiktherapie, 1999.
  • Wormit, A. F. (2002). Zur Situation ambulanter Musiktherapie. Eine Ergebnisdarstellung der internen Datenerhebung des Netzwerks ambulant und freiberuflich tätiger Musiktherapeuten. Musiktherapeutische Umschau, 23 (4), 409-411.

Filme

"Wie im Himmel", Kay Pollak, 2004

"Die Kinder des Monsieur Mathieu", Christophe Barratier, 2004

"Die Geschichte vom weinenden Kamel", Deutschland 2003 - Regie: Byambasuren Davaa, Luigi Falorni - Darsteller: Janchiv Ayurzana, Chimed Ohin, Amgaabazar Gonson, Zeveljamz Nyam, Odgerel Ayusch - Prädikat: besonders wertvoll - FSK: ohne Altersbeschränkung - Länge: 91 min.

Musiktherapie mit Schwerkranken und Sterbenden

  • Monika Renz. Zeugnisse Sterbender: Todesnähe als Wandlung und letzte Reifung. 3.Aufl. Junfermann, Paderborn, 2005. ISBN 3-87387-622-1
  • Monika Renz. Grenzerfahrung Gott: Spirituelle Erfahrungen in Leid und Krankheit. 3.Aufl. Herder, Freiburg i.Br. 2006. ISBN 3-451-05341-1