„Oxymoron“ – Versionsunterschied

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Ein '''Oxymoron''' ([[Plural]] ''Oxymora''; {{grcS|ὀξύμωρον}} [<nowiki />[[Neutrum|n.]]], aus {{lang|grc|ὀξύς|oxys}} „scharf[sinnig]“ und {{lang|grc|μωρός|mōros}} „stumpf[sinnig], dumm“) ist eine [[rhetorische Figur]], bei der eine Formulierung aus zwei gegensätzlichen, einander widersprechenden oder sich gegenseitig ausschließenden Begriffen gebildet wird, z.&nbsp;B. „[[alter Knabe]]“. Häufig werden Oxymora in Form von [[Zwillingsformel]]n geprägt. Einzelne Wörter, Begriffe und selbst ein oder mehrere ganze Sätze können ein Oxymoron bilden. Das Stilmittel wird verwendet, um beispielsweise dramatische Steigerungseffekte zu erreichen oder kaum Auszudrückendes oder gar Unsagbares in ein [[Gegensatzpaar]] zu zwingen und dadurch zum Ausdruck zu bringen.
{{Begriffsklärungshinweis|Zur deutschen Punkband siehe [[Oxymoron (Band)]].}}

Ein '''Oxymoron''' ([[Plural]] ''Oxymora''; {{grcS|τὸ ὀξύμωρον}}, aus ''oxys'' ‚scharf(sinnig)‘ und ''moros'' ‚dumm‘) ist eine [[rhetorische Figur]], bei der eine Formulierung aus zwei gegensätzlichen, einander widersprechenden oder sich gegenseitig ausschließenden Begriffen gebildet wird, z.&nbsp;B. „[[alter Knabe]]“. Häufig werden Oxymora in Form von [[Zwillingsformel]]n geprägt. Einzelne Wörter, Begriffe und selbst ein oder mehrere ganze Sätze können ein Oxymoron bilden. Das Stilmittel wird verwendet, um beispielsweise dramatische Steigerungseffekte zu erreichen oder kaum Auszudrückendes oder gar Unsagbares in ein [[Gegensatzpaar]] zu zwingen und dadurch zum Ausdruck zu bringen.


Das [[Antonym]] zu Oxymoron ist [[Pleonasmus]] („kohlpechrabenschwarz“).
Das [[Antonym]] zu Oxymoron ist [[Pleonasmus]] („kohlpechrabenschwarz“).


== Eigenschaften ==
== Eigenschaften ==
Der innere Widerspruch eines Oxymorons ist gewollt und dient der [[Pointe|pointierten]] Darstellung eines doppelbödigen, mehrdeutigen oder vielschichtigen Inhalts, indem das Sowohl-als-auch des Sachverhaltes begrifflich widergespiegelt wird.<ref>[[Gero von Wilpert]]: ''Sachwörterbuch der Literatur'' (= ''Kröners Taschenausgabe'', Band 231). 4., verbesserte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 1964, S. 483, {{DNB|455687854}}.</ref> Als Stilfigur ist das Oxymoron daher in der [[Lyrik]] und der dichterischen [[Prosa]] von Bedeutung, aber auch im politischen Diskurs und in der [[Werbung]] anzutreffen. Das Wort ''Oxymoron'' selbst ist bereits ein Oxymoron. Einen logischen Widerspruch, der ohne Absicht formuliert wird, nennt man ''{{laS|[[Contradictio in adiecto]]}}'' (dt. „Widerspruch in der Beifügung“).<ref>[[Jochen A. Bär]]: {{Webarchiv | url=http://www.baer-linguistik.de/beitraege/jdw/oxymoron.htm | wayback=20170819021852 | text=''Oxymoron''.}} baer-linguistik.de, Das Jahr der Wörter – Folge 81 (22. März); abgerufen am 2. November 2018</ref>
Der innere Widerspruch eines Oxymorons ist gewollt und dient der [[Pointe|pointierten]] Darstellung eines doppelbödigen, mehrdeutigen oder vielschichtigen Inhalts, indem das Sowohl-als-auch des Sachverhaltes begrifflich gespiegelt wird.<ref>[[Gero von Wilpert]]: ''Sachwörterbuch der Literatur'' (= ''Kröners Taschenausgabe'', Band 231). 4., verbesserte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 1964, S. 483, {{DNB|455687854}}.</ref> Als Stilfigur ist das Oxymoron daher in der [[Lyrik]] und der dichterischen [[Prosa]] von Bedeutung, aber auch im politischen Diskurs und in der [[Werbung]] anzutreffen. Das Wort ''Oxymoron'' selbst ist bereits ein Oxymoron. Einen logischen Widerspruch, der ohne Absicht formuliert wird, nennt man ''{{laS|[[Contradictio in adiecto]]}}'' („Widerspruch in der Beifügung“).<ref>[[Jochen A. Bär]]: {{Webarchiv | url=http://www.baer-linguistik.de/beitraege/jdw/oxymoron.htm | wayback=20170819021852 | text=''Oxymoron''.}} baer-linguistik.de, Das Jahr der Wörter – Folge 81 (22. März); abgerufen am 2. November 2018</ref>


== Beispiele ==
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* „[[Schweigen (Recht)#Beredtes Schweigen|Beredtes Schweigen]]“
* „[[Schweigen (Recht)#Vereinbarter Erklärungswert bei Schweigen|Beredtes Schweigen]]“
* „ehemalige Zukunft“ (aus [[Ödön von Horváth]]s Roman ''[[Jugend ohne Gott]]'')
* „ehemalige Zukunft“ (aus [[Ödön von Horváth]]s Roman ''[[Jugend ohne Gott]]'')
* „Eile mit Weile“
* „Eile mit Weile“
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* „stummer Schrei“
* „stummer Schrei“
* „traurigfroh“ (aus [[Friedrich Hölderlin]]s [[Ode]] ''[[Heidelberg (Hölderlin)|Heidelberg]]'')
* „traurigfroh“ (aus [[Friedrich Hölderlin]]s [[Ode]] ''[[Heidelberg (Hölderlin)|Heidelberg]]'')
* „unsichtbar sichtbar“ (aus [[Goethe]]s ''[[Faust. Eine Tragödie.|Faust&nbsp;I]]'', V.&nbsp;3450)
* „unsichtbar sichtbar“ (aus [[Goethe]]s ''[[Faust. Eine Tragödie|Faust&nbsp;I]]'', V.&nbsp;3450)
* Das aus einer Aneinanderreihung von Oxymora bestehende [[Unsinnspoesie|Scherzgedicht]] ''[[Dunkel war’s, der Mond schien helle]]''
* Das aus einer Aneinanderreihung von Oxymora bestehende [[Unsinnspoesie|Scherzgedicht]] ''[[Dunkel war’s, der Mond schien helle]]''
* „schwarze Milch der Frühe, wir trinken dich abends“ (aus [[Paul Celan]]s Gedicht ''[[Todesfuge]]'')
* „schwarze Milch der Frühe, wir trinken dich abends“ (aus [[Paul Celan]]s Gedicht ''[[Todesfuge]]'')
* „Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke“ (aus [[George Orwell]]s Roman [[1984 (Roman)|''1984'']])
* „Krieg ist Frieden, Freiheit ist Sklaverei, Unwissenheit ist Stärke“ (aus [[George Orwell]]s Roman [[1984 (Roman)|''1984'']])
* „Diese Fülle hat mich arm gemacht“ (Übersetzung von ''inopem me copia fecit'' aus [[Ovid]]s [[Metamorphosen (Ovid)|''Metamorphosen'']] 3,466)
* „Diese Fülle hat mich arm gemacht“ (Übersetzung von {{lang|la|''inopem me copia fecit''}} aus [[Ovid]]s [[Metamorphosen (Ovid)|''Metamorphosen'']]&nbsp;3,466)
* „¡Viva la muerte!“ („Es lebe der Tod!“, [[Wahlspruch]] der [[Falange|Falangisten]] im [[Spanischer Bürgerkrieg|Spanischen Bürgerkrieg]])
* „{{lang|es|¡Viva la muerte!}}“ („Es lebe der Tod!“, [[Wahlspruch]] der [[Falange|Falangisten]] im [[Spanischer Bürgerkrieg|Spanischen Bürgerkrieg]])
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== Abgrenzung des Oxymorons zum Paradoxon ==
== Abgrenzung des Oxymorons zum Paradoxon ==
Obgleich beide zunächst Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten aufweisen, sind die rhetorischen Stilmittel dennoch grundlegend verschieden. Gemeinsam ist beiden Stilmitteln bei oberflächlicher Betrachtung, dass sie [[Kontradiktion|Widersprüche]] kennzeichnen und darstellen. Im Falle des Paradoxons aber lösen diese sich wieder auf, es sind lediglich Scheinwidersprüche.
Obgleich beide zunächst Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten aufweisen, sind die rhetorischen Stilmittel dennoch grundlegend verschieden. Gemeinsam ist beiden Stilmitteln bei oberflächlicher Betrachtung, dass sie [[Kontradiktion|Widersprüche]] kennzeichnen und darstellen. Im Falle des [[Paradoxon]]s aber lösen diese sich wieder auf, es sind lediglich Scheinwidersprüche.
Etwa in der Aussage „Weniger ist mehr“ scheinen sich die Wörter „weniger“ und „mehr“ zunächst grundsätzlich zu widersprechen. Bei näherer Reflexion offenbart sich ein hintergründiger Sinn in dem paradoxen Satz. Er findet [[Sprachgebrauch|Anwendung]], wenn jemand im übertragenen Sinne „zu dick aufträgt“ oder „mit seiner Art beziehungsweise seinem Auftreten übertreibt“. In diesen Fällen kann es durchaus wertvoll sein, sich ein wenig zurückzunehmen. Dann beschriebe das „Weniger“ tatsächlich ein „Mehr“.
Etwa in der Aussage „Weniger ist mehr“ scheinen sich die Wörter „weniger“ und „mehr“ zunächst grundsätzlich zu widersprechen. Bei näherer Reflexion offenbart sich ein hintergründiger Sinn in dem paradoxen Satz. Er findet [[Sprachgebrauch|Anwendung]], wenn jemand im übertragenen Sinne „zu dick aufträgt“ oder „mit seiner Art beziehungsweise seinem Auftreten übertreibt“. In diesen Fällen kann es durchaus wertvoll sein, sich ein wenig zurückzunehmen. Dann beschriebe das „Weniger“ tatsächlich ein „Mehr“.


Ein solch tieferliegender, hintergründiger Sinn wird im Oxymoron hingegen vermisst. Hier geht es einzig um den vordergründigen Widerspruch und die sich daraus ergebene Mehrdeutigkeit. Zudem finden sich Paradoxa stets in einem vollständigen Satz, während ein Oxymoron nur aus einem Substantiv beziehungsweise einem Substantiv mit vorangestelltem Adjektiv, etwa „stummer Schrei“ besteht. Der Oxymoron ist eine [[Wortfigur]] im Gegensatz zum Paradoxon, bei dem es sich um eine [[Satzfigur]] handelt.<ref>Jonas Geldschläger: ''Paradoxon.'' Auf Wortwuchs [https://wortwuchs.net/stilmittel/paradoxon/]</ref>
Ein solch tieferliegender, hintergründiger Sinn wird im Oxymoron hingegen vermisst. Hier geht es einzig um den vordergründigen Widerspruch und die sich daraus ergebene Mehrdeutigkeit. Zudem finden sich Paradoxa stets in einem vollständigen Satz, während ein Oxymoron nur aus einem Substantiv beziehungsweise einem Substantiv mit vorangestelltem Adjektiv, etwa „stummer Schrei“ besteht. Das Oxymoron ist eine [[Wortfigur]] im Gegensatz zum Paradoxon, bei dem es sich um eine [[Satzfigur]] handelt.<ref>Jonas Geldschläger: [https://wortwuchs.net/stilmittel/paradoxon/ ''Paradoxon''.] Auf ''wortwuchs.net'', abgerufen am 5. Mai 2022</ref>


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==
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[[Kategorie:Rhetorischer Begriff]]
[[Kategorie:Rhetorischer Begriff]]
[[Kategorie:Wort]]
[[Kategorie:Wort]]
[[Kategorie:Oxymoron|!]]
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Aktuelle Version vom 27. Mai 2024, 07:05 Uhr

Ein Oxymoron (Plural Oxymora; altgriechisch ὀξύμωρον [n.], aus ὀξύς oxys „scharf[sinnig]“ und μωρόςmōros „stumpf[sinnig], dumm“) ist eine rhetorische Figur, bei der eine Formulierung aus zwei gegensätzlichen, einander widersprechenden oder sich gegenseitig ausschließenden Begriffen gebildet wird, z. B. „alter Knabe“. Häufig werden Oxymora in Form von Zwillingsformeln geprägt. Einzelne Wörter, Begriffe und selbst ein oder mehrere ganze Sätze können ein Oxymoron bilden. Das Stilmittel wird verwendet, um beispielsweise dramatische Steigerungseffekte zu erreichen oder kaum Auszudrückendes oder gar Unsagbares in ein Gegensatzpaar zu zwingen und dadurch zum Ausdruck zu bringen.

Das Antonym zu Oxymoron ist Pleonasmus („kohlpechrabenschwarz“).

Eigenschaften

Der innere Widerspruch eines Oxymorons ist gewollt und dient der pointierten Darstellung eines doppelbödigen, mehrdeutigen oder vielschichtigen Inhalts, indem das Sowohl-als-auch des Sachverhaltes begrifflich gespiegelt wird.[1] Als Stilfigur ist das Oxymoron daher in der Lyrik und der dichterischen Prosa von Bedeutung, aber auch im politischen Diskurs und in der Werbung anzutreffen. Das Wort Oxymoron selbst ist bereits ein Oxymoron. Einen logischen Widerspruch, der ohne Absicht formuliert wird, nennt man lateinisch Contradictio in adiecto („Widerspruch in der Beifügung“).[2]

Beispiele

Abgrenzung des Oxymorons zum Paradoxon

Obgleich beide zunächst Ähnlichkeiten und Gemeinsamkeiten aufweisen, sind die rhetorischen Stilmittel dennoch grundlegend verschieden. Gemeinsam ist beiden Stilmitteln bei oberflächlicher Betrachtung, dass sie Widersprüche kennzeichnen und darstellen. Im Falle des Paradoxons aber lösen diese sich wieder auf, es sind lediglich Scheinwidersprüche. Etwa in der Aussage „Weniger ist mehr“ scheinen sich die Wörter „weniger“ und „mehr“ zunächst grundsätzlich zu widersprechen. Bei näherer Reflexion offenbart sich ein hintergründiger Sinn in dem paradoxen Satz. Er findet Anwendung, wenn jemand im übertragenen Sinne „zu dick aufträgt“ oder „mit seiner Art beziehungsweise seinem Auftreten übertreibt“. In diesen Fällen kann es durchaus wertvoll sein, sich ein wenig zurückzunehmen. Dann beschriebe das „Weniger“ tatsächlich ein „Mehr“.

Ein solch tieferliegender, hintergründiger Sinn wird im Oxymoron hingegen vermisst. Hier geht es einzig um den vordergründigen Widerspruch und die sich daraus ergebene Mehrdeutigkeit. Zudem finden sich Paradoxa stets in einem vollständigen Satz, während ein Oxymoron nur aus einem Substantiv beziehungsweise einem Substantiv mit vorangestelltem Adjektiv, etwa „stummer Schrei“ besteht. Das Oxymoron ist eine Wortfigur im Gegensatz zum Paradoxon, bei dem es sich um eine Satzfigur handelt.[3]

Siehe auch

Commons: Oxymoron – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien
Wiktionary: Oxymoron – Bedeutungserklärungen, Wortherkunft, Synonyme, Übersetzungen

Einzelnachweise

  1. Gero von Wilpert: Sachwörterbuch der Literatur (= Kröners Taschenausgabe, Band 231). 4., verbesserte und erweiterte Auflage. Kröner, Stuttgart 1964, S. 483, DNB 455687854.
  2. Jochen A. Bär: Oxymoron. (Memento vom 19. August 2017 im Internet Archive) baer-linguistik.de, Das Jahr der Wörter – Folge 81 (22. März); abgerufen am 2. November 2018
  3. Jonas Geldschläger: Paradoxon. Auf wortwuchs.net, abgerufen am 5. Mai 2022