„Kroatische Republik Herceg-Bosna“ – Versionsunterschied

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|EINWOHNER = 1.009.499 <small>(''[[pro forma]]''; Stand 1991)</small><ref>{{Literatur |Autor=Saša Mrduljaš |Titel=Hrvatska politika unutar Bosne i Hercegovine u kontekstu deklarativnoga i realnoga prostornog opsega Hrvatske zajednice/republike Herceg-Bosne (1991.–1994.) |Sammelwerk=Društvena istraživanja : časopis za opća društvena pitanja |Band=18 |Nummer=4–5 (102–103) |Datum=2009 |Seiten=833 |Online=https://hrcak.srce.hr/file/66622}}</ref>
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|BILD2-BESCHREIBUNG = Für die Kroatische Republik Herceg-Bosna beanspruchtes Gebiet in Bosnien-Herzegowina (rot)
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Die '''Kroatische Republik Herceg-Bosna''' ({{hrS|Hrvatska Republika Herceg-Bosna}}, kurz '''HR&nbsp;HB''') war der politisch-geographische Zusammenschluss mehrheitlich von [[Kroaten in Bosnien-Herzegowina]] besiedelter Gebiete zu einem [[De-facto-Regime]] während des [[Bosnienkrieg]]es. Sie beanspruchte den Status eines [[Autonomie|autonomen]] [[Teilstaat]]es innerhalb der [[Republik Bosnien und Herzegowina]]<ref>{{Webarchiv|url=https://www.slobodanpraljak.com/MATERIJALI/RATNI%20DOKUMENTI/PLANOVI_SPORAZUMi_IZJAVE_O_USTAVNOM-USTROJSTVU_BiH_1991_1995/150.pdf |wayback=20180815212443 |text=Gründung der Kroatischen Republik Herceg-Bosna}}</ref> vermutlich mit Überlegungen einer späteren Angliederung an die [[Kroatien|Republik Kroatien]]. Die erklärte [[Hauptstadt]] der HR&nbsp;HB war [[Mostar]]<ref>[http://library.fes.de/fulltext/id/00101002.html ''Die Ethnisierung der politischen Institutionen im Bürgerkrieg (1992–1995)''], Digitale Bibliothek der [[Friedrich-Ebert-Stiftung]]</ref> und der [[Regierungssitz]] lag in [[Grude (Bosnien und Herzegowina)|Grude]].
Die '''Kroatische Republik Herceg-Bosna''' ({{hrS|Hrvatska Republika Herceg-Bosna}}, kurz '''HR&nbsp;HB''') war der politisch-geographische Zusammenschluss mehrheitlich von [[Kroaten in Bosnien-Herzegowina]] besiedelter Gebiete zu einem [[De-facto-Regime|De-facto-Staat]] während des [[Bosnienkrieg]]es. Die HR&nbsp;HB beanspruchte den Status eines [[Autonomie|autonomen]] [[Teilstaat]]es innerhalb der [[Republik Bosnien und Herzegowina]]<ref>{{Webarchiv |url=https://www.slobodanpraljak.com/MATERIJALI/RATNI%20DOKUMENTI/PLANOVI_SPORAZUMi_IZJAVE_O_USTAVNOM-USTROJSTVU_BiH_1991_1995/150.pdf |text=Gründung der Kroatischen Republik Herceg-Bosna |wayback=20180815212443}}</ref> vermutlich mit Überlegungen einer späteren Angliederung an die [[Kroatien|Republik Kroatien]]. Die erklärte [[Hauptstadt]] war [[Mostar]]<ref>[http://library.fes.de/fulltext/id/00101002.html ''Die Ethnisierung der politischen Institutionen im Bürgerkrieg (1992–1995)''], Digitale Bibliothek der [[Friedrich-Ebert-Stiftung]]</ref> und der [[Regierungssitz]] lag in [[Grude (Bosnien und Herzegowina)|Grude]].


Nach der Präsentation des – später abgelehnten – [[Owen-Stoltenberg-Plan]]es wurde die HR&nbsp;HB am 28.&nbsp;August 1993 von [[Mate Boban]] als Republik ausgerufen und sollte 30 Bezirke in der [[Herzegowina|Westherzegowina]] und [[Zentralbosnien]] umfassen.<ref name="worldstatesmen.org">http://www.worldstatesmen.org/Bosnia.html</ref> Vorausgegangen waren die Gründungen der „Kroatischen Gemeinschaft Bosnische Posavina“ (''Hrvatska zajednica Bosanska Posavina'') in [[Bosnien|Nordbosnien]] und der „Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna“ (''Hrvatska zajednica Herceg-Bosna'', kurz HZ&nbsp;HB) in der [[Herzegowina|West-Herzegowina]] am 12. bzw. 18.&nbsp;November 1991; letztere als „politische, kulturelle und wirtschaftliche Verwaltungseinheit der Kroaten in Bosnien und Herzegowina“.<ref>{{Webarchiv|url=https://www.slobodanpraljak.com/MATERIJALI/RATNI%20DOKUMENTI/DOKUMENTI%20O%20HB%201991.-1992/7.pdf |wayback=20180815212437 |text=Mate Bobans in einem Brief an an Franjo Tuđman über die Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna}}</ref>
Nach der Präsentation des – später abgelehnten – [[Owen-Stoltenberg-Plan]]es wurde die HR&nbsp;HB am 28.&nbsp;August 1993 von [[Mate Boban]] ausgerufen und beanspruchte Gebiete der westlichen [[Herzegowina]], Zentral[[bosnien]]s und der [[Posavina (Region)|nordbosnischen Posavina]].<ref name="worldstatesmen.org">http://www.worldstatesmen.org/Bosnia.html</ref> Vorausgegangen waren die Gründungen der Kroatischen Gemeinschaft Bosnische Posavina (''Hrvatska zajednica Bosanska Posavina'', kurz HZ&nbsp;BP) und der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna (''Hrvatska zajednica Herceg-Bosna'', kurz HZ&nbsp;HB) am 12. bzw. 18.&nbsp;November 1991 als „politische, kulturelle und wirtschaftliche Verwaltungseinheit der Kroaten in Bosnien und Herzegowina“.<ref>{{Webarchiv |url=https://www.slobodanpraljak.com/MATERIJALI/RATNI%20DOKUMENTI/DOKUMENTI%20O%20HB%201991.-1992/7.pdf |text=Mate Bobans in einem Brief an Franjo Tuđman über die Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna |wayback=20180815212437}}</ref>


Das Gebiet der HR&nbsp;HB war Schauplatz eines Krieges mit [[Massaker]]n an der Zivilbevölkerung, „[[Ethnische Säuberung|ethnischen Säuberungen]]“ und massiven [[Plünderung]]en. Vom [[Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien|Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien]] wurden Mitglieder des [[Militär]]s sowie der [[Politik]] wegen [[Kriegsverbrechen]] angeklagt und verurteilt.
Das Gebiet der HR&nbsp;HB war Schauplatz eines Krieges mit [[Massaker]]n an der Zivilbevölkerung, „[[Ethnische Säuberung|ethnischen Säuberungen]]“ und massiven [[Plünderung]]en. Vom [[Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien|Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien]] wurden Mitglieder des [[Militär]]s sowie der [[Politik]] wegen [[Kriegsverbrechen]] angeklagt und verurteilt.
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[[Datei:HERCEG-BOSNA-Ferdo-Šišić.jpg|mini|hochkant|links|Titel der Schrift von Ferdo Šišić (1908)]]
[[Datei:HERCEG-BOSNA-Ferdo-Šišić.jpg|mini|hochkant|links|Titel der Schrift von Ferdo Šišić (1908)]]


Populär wurde der Begriff ''Herceg-Bosna'' durch [[Ferdo Šišić]], den führenden kroatischen Historiker des 20. Jahrhunderts, und seine Schrift aus dem Jahr 1908: ''Herceg-Bosna prigodom aneksije: Geografsko-etnografsko-historička i državopravna razmatranja'' (Herceg-Bosna während der Annexion: Geografisch-ethnografisch-historische und staatsrechtliche Betrachtungen). Šišić trat darin, nach der [[Bosnische Annexionskrise|Annexion Bosnien-Herzegowinas]] durch [[Österreich-Ungarn]], für eine Vereinigung aller kroatischen Länder innerhalb Österreich-Ungarns ein, die kroatischen Gebiete Bosnien-Herzegowinas eingeschlossen ([[Trialismus]]). So zitierte er u.&nbsp;a. aus einer Broschüre des Autors Fabricius (Pseudonym) in deutscher Sprache:
Populär wurde der Begriff ''Herceg-Bosna'' durch [[Ferdo Šišić]], den führenden kroatischen Historiker des 20. Jahrhunderts, und seine Schrift aus dem Jahr 1908: ''Herceg-Bosna prigodom aneksije: Geografsko-etnografsko-historička i državopravna razmatranja'' (Herceg-Bosna während der Annexion: Geografisch-ethnografisch-historische und staatsrechtliche Betrachtungen). Šišić trat darin, nach der [[Bosnische Annexionskrise|Annexion Bosnien-Herzegowinas]] durch [[Österreich-Ungarn]], für eine Vereinigung aller kroatischen Länder innerhalb Österreich-Ungarns ein, eine Angliederung Bosnien und Herzegowinas an Kroatien eingeschlossen ([[Trialismus]]). So zitierte er u.&nbsp;a. aus einer Broschüre des Autors Fabricius (Pseudonym) in deutscher Sprache:
{{Zitat
{{Zitat|Die glücklichste Lösung wäre die Angliederung an Kroatien, sowohl vom dynastischen Standpunkte, wie auch vom Standpunkte der Stellung Österreich-Ungarns als Großmacht! Sollte Bosnien in Kroatien einverleibt werden, so müsste unbedingt eine Neugruppierung der Staatskörper durchgeführt werden.|ref= <ref>Ferdo Šišić: ''Herceg-Bosna prigodom aneksije: Geografsko-etnografsko-historička i državopravna razmatranja'', S. 41 f.</ref>}}
|Text=Die glücklichste Lösung wäre die Angliederung an Kroatien, sowohl vom dynastischen Standpunkte, wie auch vom Standpunkte der Stellung Österreich-Ungarns als Großmacht! Sollte Bosnien in Kroatien einverleibt werden, so müsste unbedingt eine Neugruppierung der Staatskörper durchgeführt werden.
|ref=<ref>Ferdo Šišić: ''Herceg-Bosna prigodom aneksije: Geografsko-etnografsko-historička i državopravna razmatranja'', S. 41 f.</ref>}}


Der Begriff wurde jedoch davor schon verwendet.<ref>Ivan Zovko: ''Hrvatstvo u narodnoj predaji i običajima po Herceg-Bosni'' (Das Kroatische in der völkischen Tradition und den Sitten von Herceg-Bosna). Hrvatske Dioničke Tiskare, Mostar 1899.</ref> In der Folgezeit wurde er sowohl von gemäßigten kroatischen Politikern als auch von radikalen wie [[Mladen Lorković]]<ref>Mladen Lorković: ''Narod i zemlja Hrvata'' (Volk und Land der Kroaten). Matica hrvatska, Zagreb 1939.</ref> (späterer Außenminister des [[Unabhängiger Staat Kroatien|„Unabhängigen Staates Kroatien“]]) verwendet.
Der Begriff wurde jedoch davor schon verwendet.<ref>Ivan Zovko: ''Hrvatstvo u narodnoj predaji i običajima po Herceg-Bosni'' (Das Kroatische in der völkischen Tradition und den Sitten von Herceg-Bosna). Hrvatske Dioničke Tiskare, Mostar 1899.</ref> In der Folgezeit wurde er sowohl von gemäßigten kroatischen Politikern als auch von radikalen wie [[Mladen Lorković]]<ref>Mladen Lorković: ''Narod i zemlja Hrvata'' (Volk und Land der Kroaten). Matica hrvatska, Zagreb 1939.</ref> (späterer Außenminister des [[Unabhängiger Staat Kroatien|„Unabhängigen Staates Kroatien“]]) verwendet.


Beim Zerfall Jugoslawiens zu Beginn der 1990er-Jahre wurde der Begriff von der [[Hrvatska demokratska zajednica Bosne i Hercegovine|Kroatischen Demokratischen Union in Bosnien und Herzegowina]] (HDZ BiH) wieder aufgenommen, um ihr damaliges politisches Ziel, die Vereinigung der kroatischen Gebiete Bosnien-Herzegowinas mit Kroatien, auszudrücken. So wurde ''Herceg-Bosna'' zum Namensbestandteil der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna (''Hrvatska zajednica Herceg-Bosna''), die am 18.&nbsp;November 1991 gegründet wurde, und dann der Kroatischen Republik Herceg-Bosna (''Hrvatska Republika Herceg-Bosna''), die am 28.&nbsp;August 1993 proklamiert wurde.
Beim Zerfall Jugoslawiens zu Beginn der 1990er-Jahre wurde der Begriff von der [[Hrvatska demokratska zajednica Bosne i Hercegovine|Kroatischen Demokratischen Union in Bosnien und Herzegowina]] (HDZ BiH) in abgewandelter Bedeutung wieder aufgenommen, um ihr damaliges politisches Ziel, die Vereinigung der kroatischen Gebiete Bosnien-Herzegowinas mit Kroatien, auszudrücken.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
=== Entstehung ===
=== Entstehung kroatischer Verwaltungseinheiten ===
[[Datei:Bosnien-ethnisch-1991.png|alternativtext=|mini|Vereinfachte Darstellung der ethnischen Mehrheitsverhältnisse in Bosnien-Herzegowina, 1991]]
[[Datei:Bosnien-ethnisch-1991.png|alt=|mini|Vereinfachte Darstellung der ethnischen Mehrheitsverhältnisse in Bosnien-Herzegowina, 1991]]


Während des [[Jugoslawienkriege|Zerfalls Jugoslawiens]] und des [[Kroatienkrieg]]s erfolgten im September 1991 auch erste serbische Angriffe auf kroatische Dörfer in der [[Herzegowina]] und die Bezirke mit mehrheitlich kroatischer Bevölkerung organisieren sich selbst, da die bosnisch-herzegowinische Regierung keine Verteidigung sicherstellen kann.<ref>{{Literatur |Autor=Andrijana Preuss |Titel=Friedensaufbau durch internationale Polizeieinsätze in ethnonationalen Konflikten Bosnien-Herzegowinas am Beispiel der WEU-Polizei in Mostar |Verlag=Lit Verlag |Datum=2004 |ISBN=9783825880873 |Seiten=48 |Kommentar=unter Verweis auf Čuvalo (1997) und Petritsch (2001)}}</ref> So errichtete [[Mate Boban]] als Vertreter der [[Kroaten in Bosnien und Herzegowina]] am 12.&nbsp;November 1991 in der nordbosnischen [[Posavina (Region)|Region Posavina]] die ''Hrvatska zajednica Bosanska Posavina'' (Kroatische Gemeinschaft Bosnische Posavina). Dabei wird er von [[Franjo Tuđman]] unterstützt, dem ersten Präsidenten der im Juni 1991 gegründeten [[Kroatien|Republik Kroatien]]. Zu diesem Zeitpunkt ist Bosnien und Herzegowina als [[Sozialistische Republik Bosnien und Herzegowina]] noch eine Teilrepublik im Staatsverband [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|Jugoslawien]]. Wenige Tage später am 18.&nbsp;November 1991 wird unter der Führung von Boban und [[Dario Kordić]] die ''Hrvatska zajednica Herceg-Bosna'' (Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna), mit dem Hauptgebiet in der West-Herzegowina, zu einer eigenständigen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Einheit innerhalb von Bosnien und Herzegowina ausgerufen.<ref name="worldstatesmen.org" /> Kurze Zeit danach existierte die zuvor gegründete ''Hrvatska zajednica Bosanska Posavina'' in [[Bosnien|Nordbosnien]] nach serbischen Angriffen de facto nicht mehr.
Während des [[Jugoslawienkriege|Zerfalls Jugoslawiens]] und des [[Kroatienkrieg]]s erfolgten Ende September 1991 auch erste serbische Angriffe auf kroatische Dörfer in der [[Herzegowina]] und Bezirke mit mehrheitlich kroatischer Bevölkerung organisierten sich selbst, da die bosnisch-herzegowinische Regierung keine Verteidigung sicherstellen konnte.<ref>{{Literatur |Autor=Andrijana Preuss |Titel=Friedensaufbau durch internationale Polizeieinsätze in ethnonationalen Konflikten Bosnien-Herzegowinas am Beispiel der WEU-Polizei in Mostar |Verlag=Lit Verlag |Datum=2004 |ISBN=3-8258-8087-7 |Seiten=48 |Kommentar=unter Verweis auf Čuvalo (1997) und Petritsch (2001)}}</ref> Bereits seit dem Sommer 1991 war [[Bosnien]] die Basis für Angriffe auf das Territorium [[Kroatien]]s durch die [[Jugoslawische Volksarmee]] und serbisch-montenegrinische Freischärler, die Anfang Oktober 1991 auch das mehrheitlich von Kroaten bewohnte Dorf Ravno in der ostherzegowinischen Gemeinde [[Trebinje]] in Brand setzten.<ref>{{Literatur |Autor=Ante Nazor |Titel=Die großserbische Aggression auf Kroatien in den 1990ern |Ort=Zagreb |Datum=2011 |Seiten=129}}</ref> Wie zuvor in Kroatien riefen Serben auch in Bosnien und Herzegowina bis Ende 1991 einige „serbische autonome Gebiete“ (''Srpska autonomna oblast'', SAO) in Bosnien und Herzegowina aus; so die SAO Bosanska Krajina im April 1991 und die SAO Hercegovina, SAO Severoistočna Bosna und SAO Romanija im September 1991 sowie die SAO Romanija im November 1991.

Unter [[Mate Boban]] als Vertreter der [[Kroaten in Bosnien und Herzegowina]] wurde am 12.&nbsp;November 1991 in [[Bosanski Brod]] die Kroatische Gemeinschaft [[Posavina (Region)|Bosnische Posavina]] (''Hrvatska zajednica Bosanska Posavina'') ausgerufen. Dabei wurde er von [[Franjo Tuđman]] unterstützt, dem ersten Präsidenten der im Juni 1991 gegründeten [[Kroatien|Republik Kroatien]]. Zu diesem Zeitpunkt war Bosnien und Herzegowina als [[Sozialistische Republik Bosnien und Herzegowina]] noch eine Teilrepublik im Staatsverband [[Sozialistische Föderative Republik Jugoslawien|Jugoslawien]]. Die Kroatische Gemeinschaft Bosnische Posavina umfasste die Gemeinden Bosanski Brod, [[Bosanski Šamac]], [[Brčko]], [[Derventa]], [[Doboj]] (teilweise), [[Gradačac]], [[Modriča]], [[Odžak (Gemeinde)|Odžak]] und [[Orašje]].

Wenige Tage später am 18.&nbsp;November 1991 wurde in Grude unter der Führung von Boban und [[Dario Kordić]] die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna (''Hrvatska zajednica Herceg-Bosna'') zu einer eigenständigen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Einheit innerhalb von Bosnien und Herzegowina ausgerufen. Sie umfasste Gemeinden in der westlichen Herzegowina und in [[Zentralbosnien]], nämlich [[Bugojno]], [[Busovača]], [[Čapljina]], [[Čitluk]], [[Fojnica]], [[Gornji Vakuf]], [[Grude (Bosnien und Herzegowina)|Grude]], [[Jablanica (Bosnien und Herzegowina)|Jablanica]], [[Jajce]], [[Kakanj]], [[Kiseljak]], [[Konjic]], [[Kotor Varoš]], [[Kreševo]], [[Kupres]], [[Livno]], [[Ljubuški]], [[Mostar]], [[Neum]], [[Novi Travnik]], [[Posušje]], [[Prozor-Rama|Prozor]], [[Dobretići|Skender Vakuf]] (teilweise), [[Stolac]], [[Široki Brijeg]], [[Tomislavgrad]], [[Travnik]], [[Ravno|Trebinje-Ravno]] (teilweise), [[Vareš]] und [[Vitez]].


=== Überlegungen einer späteren Angliederung an Kroatien ===
=== Überlegungen einer späteren Angliederung an Kroatien ===
Am 27. Dezember 1991 fand in Zagreb eine Sitzung des kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman mit der Delegation der [[Hrvatska demokratska zajednica Bosne i Hercegovine|HDZ BiH]] statt, die gleichzeitig die zweite ordentliche Tagung des Präsidiums der HZ&nbsp;HB war. In dieser Sitzung sagte Tuđman: <br>„Mit der Perspektive der Souveränität von Bosnien und Herzegowina gibt es keinerlei Aussicht. Auch wenn sie erhalten werden könnte, meine Herren, Bosnien und Herzegowina im Speziellen, was würde das bedeuten? Die Errichtung von Grenzen … wollen wir Grenzen errichten zwischen Kroatien und der Herzegowina, damit der Kroate aus der Herzegowina nicht mehr in sein Kroatien gehen kann oder dieser Kroate dorthin gehen kann?“<ref>{{Literatur |Zitat=Sa perspektivom suverenosti Bosne i Hercegovine nema nekakvih izgleda. Čak kada bi se mogla održati, gospodo, Bosna i hercegovina kao posebna, što to znači? Uspostava granice… hoćemo li uspostaviti granice između Hrvatske i Hercegovine da Hrvat iz Hercegovine ne može ići u svoju Hrvatsku ili ovaj Hrvat tamo? |Hrsg=Predrag Lucić |Titel=Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens] |Verlag=Kultura & Rasvjeta/Civitas |Ort=Split/Sarajevo |Datum=2005 |Seiten=85}}</ref>
Am 27. Dezember 1991 fand in Zagreb eine Sitzung des kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman mit der Delegation der [[Hrvatska demokratska zajednica Bosne i Hercegovine|HDZ BiH]] statt, die gleichzeitig die zweite ordentliche Tagung des Präsidiums der HZ&nbsp;HB war. In dieser Sitzung sagte Tuđman:<br />„Mit der Perspektive der Souveränität von Bosnien und Herzegowina gibt es keinerlei Aussicht. Auch wenn sie erhalten werden könnte, meine Herren, Bosnien und Herzegowina im Speziellen, was würde das bedeuten? Die Errichtung von Grenzen … wollen wir Grenzen errichten zwischen Kroatien und der Herzegowina, damit der Kroate aus der Herzegowina nicht mehr in sein Kroatien gehen kann oder dieser Kroate dorthin gehen kann?“<ref>{{Literatur |Hrsg=Predrag Lucić |Titel=Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens] |Verlag=Kultura & Rasvjeta/Civitas |Ort=Split/Sarajevo |Datum=2005 |Seiten=85 |Zitat=Sa perspektivom suverenosti Bosne i Hercegovine nema nekakvih izgleda. Čak kada bi se mogla održati, gospodo, Bosna i hercegovina kao posebna, što to znači? Uspostava granice… hoćemo li uspostaviti granice između Hrvatske i Hercegovine da Hrvat iz Hercegovine ne može ići u svoju Hrvatsku ili ovaj Hrvat tamo?}}</ref>


Der Präsident der HZ&nbsp;HB Mate Boban äußerte: <br> „Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna und die Kroatische Gemeinschaft Posavina werden ein unabhängiges kroatisches Gebiet erklären und dem kroatischen Staat beitreten, aber zu der Zeit und in dem Moment, da die kroatische Führung entscheidet, dass dieser Moment und diese Zeit gekommen ist.“<ref>{{Literatur |Zitat=Hrvatska zajednica Herceg Bosna i Hrvatska zajednica Posavina bi se proglasile nezavisnim hrvatskim prostorom i priključile državi Hrvatskoj, ali u onom vremenu i u onom trenutku kada hrvatsko vrhovništvo odluči da je taj trenutak i to vrijeme nastupilo. |Hrsg=Predrag Lucić |Titel=Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens] |Verlag=Kultura & Rasvjeta/Civitas |Ort=Split/Sarajevo |Datum=2005 |Seiten=80}}</ref>
Der Präsident der HZ&nbsp;HB Mate Boban äußerte:<br /> „Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna und die Kroatische Gemeinschaft Posavina werden ein unabhängiges kroatisches Gebiet erklären und dem kroatischen Staat beitreten, aber zu der Zeit und in dem Moment, da die kroatische Führung entscheidet, dass dieser Moment und diese Zeit gekommen ist.“<ref>{{Literatur |Hrsg=Predrag Lucić |Titel=Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens] |Verlag=Kultura & Rasvjeta/Civitas |Ort=Split/Sarajevo |Datum=2005 |Seiten=80 |Zitat=Hrvatska zajednica Herceg Bosna i Hrvatska zajednica Posavina bi se proglasile nezavisnim hrvatskim prostorom i priključile državi Hrvatskoj, ali u onom vremenu i u onom trenutku kada hrvatsko vrhovništvo odluči da je taj trenutak i to vrijeme nastupilo.}}</ref>


Ignac Koštroman fasste die Sitzung als Sekretär der HZ&nbsp;HB unter anderem wie folgt zusammen: <br>„Ergebnisse: […] 2. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna bestätigt einmal mehr den Willen des gesamten kroatischen Volkes Herceg-Bosnas erklärt am 18. November 1991 in Grunde, durch den historischen Beschluss über die Gründung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna, welche die Rechtsgrundlage für den Eintritt dieses Gebiets in die Republik Kroatien darstellt. 3. Die Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna erteilt Herrn Dr. Franjo Tuđman, als Präsident der Republik Kroatien und Präsident der Kroatischen Demokratischen Union, die volle Legitimität um die Interessen der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna gegenüber internationalen Akteuren zu vertreten, wie bei den zwischenparteilichen und -staatlichen Verhandlungen über die Festlegung der endgültigen Grenzen der Republik Kroatien. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna gibt der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft Bosnische Posavina die Empfehlung, diese Entscheidung für ihre Gemeinschaft zu übernehmen.“<ref>{{Literatur |Zitat=zaključci: […] 2. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna još jednom potvrđuje volju cjelokupnog hrvatskog naroda Herceg-Bosne izražene 18. studenog 1991. godine u Grudama, donoseći povijesnu odluku o uspostavi Hrvatske zajednice Herceg-Bosna, koja predstavlja pravnu podlogu za ulazak ovih teritorija u Republiku Hrvatsku. 3. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna daje puni legitimitet gospodinu dr. Franji Tuđmanu, kao predsjedniku Republike Hrvatske i predsjedniku Hrvatske demokratske zajednice da zastupa interese Hrvatske zajednice Herceg-Bosna kod međunarodnih čimbenika, kao i kod međustranačkih i međurepubličkih dogovaranja o utvrđivanju konačnih granica Republike Hrvatske. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna daje preporuku Hrvatskoj demokratskoj zajednici Bosanska Posavina da donese ovakvu istu odluku za svoju zajednicu. |Hrsg=Predrag Lucić |Titel=Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens] |Verlag=Kultura & Rasvjeta/Civitas |Ort=Split/Sarajevo |Datum=2005 |Seiten=81 f}}</ref>
Ignac Koštroman fasste die Sitzung als Sekretär der HZ&nbsp;HB unter anderem wie folgt zusammen:<br />„Ergebnisse: […] 2. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna bestätigt einmal mehr den Willen des gesamten kroatischen Volkes von Herceg-Bosna, der am 18. November 1991 in Grude zum Ausdruck gebracht wurde, durch den historischen Beschluss über die Gründung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna, welche die Rechtsgrundlage für den Eintritt dieses Gebiets in die Republik Kroatien darstellt. 3. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna erteilt Herrn Dr. Franjo Tuđman, als Präsident der Republik Kroatien und Präsident der Kroatischen Demokratischen Union, die volle Legitimität, um die Interessen der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna gegenüber internationalen Akteuren zu vertreten, wie bei den zwischenparteilichen und -staatlichen Verhandlungen über die Festlegung der endgültigen Grenzen der Republik Kroatien. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna gibt der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft Bosnische Posavina die Empfehlung, diese Entscheidung für ihre Gemeinschaft zu übernehmen.“<ref>{{Literatur |Hrsg=Predrag Lucić |Titel=Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens] |Verlag=Kultura & Rasvjeta/Civitas |Ort=Split/Sarajevo |Datum=2005 |Seiten=81 f |Zitat=zaključci: […] 2. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna još jednom potvrđuje volju cjelokupnog hrvatskog naroda Herceg-Bosne izražene 18. studenog 1991. godine u Grudama, donoseći povijesnu odluku o uspostavi Hrvatske zajednice Herceg-Bosna, koja predstavlja pravnu podlogu za ulazak ovih teritorija u Republiku Hrvatsku. 3. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna daje puni legitimitet gospodinu dr. Franji Tuđmanu, kao predsjedniku Republike Hrvatske i predsjedniku Hrvatske demokratske zajednice da zastupa interese Hrvatske zajednice Herceg-Bosna kod međunarodnih čimbenika, kao i kod međustranačkih i međurepubličkih dogovaranja o utvrđivanju konačnih granica Republike Hrvatske. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna daje preporuku Hrvatskoj demokratskoj zajednici Bosanska Posavina da donese ovakvu istu odluku za svoju zajednicu.}}</ref>


=== Erklärte Teilautonomie und Ausrufung der Republik ===
=== Weitere Entwicklung zur erklärten Teilautonomie ===
Am 2.&nbsp;März 1992 erklärte Bosnien und Herzegowina nach einem Referendum die Neugründung als unabhängige [[Republik Bosnien und Herzegowina]] unter dem Staatsoberhaupt ist [[Alija Izetbegović]]. Die internationale Anerkennung erfolgte am 17.&nbsp;April 1992.
Am 3.&nbsp;März 1992 erklärte Bosnien und Herzegowina nach einem Referendum die Neugründung als unabhängige [[Republik Bosnien und Herzegowina]] unter dem Staatsoberhaupt [[Alija Izetbegović]]. Die internationale Anerkennung erfolgte überwiegend im April 1992.


Am 8.&nbsp;April 1992 erfolgte die Gründung des Kroatischen Verteidigungsrates (''[[Hrvatsko vijeće obrane]]'', HVO). In gleichen Monat begann der [[Bosnienkrieg]]. Der HVO war bis 1995 die Armee der [[Kroaten in Bosnien-Herzegowina]].
Am 8.&nbsp;April 1992 erfolgte die Gründung des Kroatischen Verteidigungsrates (''[[Hrvatsko vijeće obrane]]'', HVO). Im gleichen Monat begann der [[Bosnienkrieg]]. Der HVO war bis 1995 die Armee der [[Kroaten in Bosnien-Herzegowina]].
Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna erklärte am 3.&nsp;Juli 1992 „ihr“ Gebiet zum autonomen Territorium. Allerdings beeilten sich ihr Präsident Mate Boban und der kroatische Präsident Franjo Tuđman festzustellen, dass an der Souveränität eines unabhängigen Bosnien-Herzegowinas festgehalten werde und der HVO der bosnischen Regierung in Sarajevo untergeordnet bleibe. Faktisch übte die HZ&nbsp;HB ab Kriegsausbruch im April 1992 die Exekutive in den von ihr beanspruchten Territorien aus, soweit sie unter Kontrolle des HVO standen.<ref>{{Literatur |Autor=Friedrich Jäger |Titel=Das Internationale Tribunal über Kriegsverbrechen im Ehemaligen Jugoslawien |Verlag=LIT Verlag |Ort=Münster |Datum=2005 |Seiten=84 f.}} {{Google Buch|BuchID=YQoXR0K8k1sC|Seite=84|Linktext=Online}})</ref>
Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna erklärte am 3.&nbsp;Juli 1992 „ihr“ Gebiet zum autonomen Territorium. Allerdings beeilten sich ihr Präsident Mate Boban und der kroatische Präsident Franjo Tuđman festzustellen, dass an der Souveränität eines unabhängigen Bosnien-Herzegowinas festgehalten werde und der HVO der bosnischen Regierung in Sarajevo untergeordnet bleibe. Faktisch übte die HZ&nbsp;HB ab Kriegsausbruch im April 1992 die Exekutive in den von ihr beanspruchten Territorien aus, soweit sie unter Kontrolle des HVO standen.<ref>{{Literatur |Autor=Friedrich Jäger |Titel=Das Internationale Tribunal über Kriegsverbrechen im Ehemaligen Jugoslawien |Verlag=LIT Verlag |Ort=Münster |Datum=2005 |Seiten=84 f.}} {{Google Buch |BuchID=YQoXR0K8k1sC |Seite=84 |Linktext=Online}}</ref>


Auf Drängen der [[Hrvatska demokratska zajednica|HDZ]] mit dem kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman an der Spitze erklärte [[Stjepan Kljuić]] am 2.&nbsp;Oktober 1992 seinen Rücktritt als Vorsitzender der [[Hrvatska demokratska zajednica Bosne i Hercegovine|HDZ BiH]], da er sich nach Ansicht der HDZ zu stark für den Erhalt Bosnien und Herzegowinas einsetzte.<ref>[http://www.gfbv.it/3dossier/flucht/4kap.html Gesellschaft für bedrohte Völker]</ref><ref>{{Webarchiv|url=http://www.ex-yupress.com/tjednik/tjednik2.html |wayback=20110605014339 |text=Tjednik vom 16. Mai 1997}}</ref>
Auf Drängen der [[Hrvatska demokratska zajednica|HDZ]] mit dem kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman an der Spitze erklärte [[Stjepan Kljuić]] am 2.&nbsp;Oktober 1992 seinen Rücktritt als Vorsitzender der [[Hrvatska demokratska zajednica Bosne i Hercegovine|HDZ BiH]], da er sich nach Ansicht der HDZ zu stark für den Erhalt Bosnien und Herzegowinas einsetzte.<ref>[http://www.gfbv.it/3dossier/flucht/4kap.html Gesellschaft für bedrohte Völker]</ref><ref>{{Webarchiv |url=http://www.ex-yupress.com/tjednik/tjednik2.html |text=Tjednik vom 16. Mai 1997 |wayback=20110605014339}}</ref>


Die Kroatische Gemeinschaft Bosnische Posavina (''Hrvatska zajednica Bosanska Posavina'') in [[Bosnien|Nordbosnien]] erklärte am 24.&nbsp;Oktober 1992 während einer Sitzung in [[Posušje]] formell die Vereinigung mit der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna (''Hrvatska zajednica Herceg-Bosna''). De facto war das Gebiet der Bosnischen Posavina bereits weitgehend von serbischen Truppen besetzt.
Am 28.&nbsp;August 1993 wird schließlich die Kroatische Republik Herceg-Bosna unter Mate Boban als Präsidenten proklamiert.<ref name="worldstatesmen.org" />

Am 28.&nbsp;August 1993 wurde schließlich die Kroatische Republik Herceg-Bosna unter Mate Boban als Präsidenten proklamiert.<ref name="worldstatesmen.org" />


=== Auflösung und Integration ===
=== Auflösung und Integration ===
[[Datei:Areas of control, 20 October 1995 - (Bosnia and Hercegovina with Croatia). LOC 2009584259.jpg|mini|Gebiete unter der Kontrolle des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO) und der kroatischen Armee (gelb) zum Ende des Bosnienkriegs am 20. Oktober 1995.]]
[[Datei:Areas of control, 20 October 1995 - (Bosnia and Hercegovina with Croatia). LOC 2009584259.jpg|mini|Gebiete unter der Kontrolle des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO) und der kroatischen Armee (gelb) zum Ende des Bosnienkriegs am 20. Oktober 1995.]]
Gemäß einer Vereinbarung zwischen [[Franjo Tuđman]] und [[Alija Izetbegović]] am 30. August 1996 unter Leitung des US-Sondergesandten [[John Kornblum]] sollten die HRHB und alle anderen Institutionen des bosnischen Staates, die nicht der neuen Verfassung entsprachen, am 31. August 1996 offiziell aufgelöst werden, aber auch nach Ende des Krieges und der Unterzeichnung des [[Abkommen von Dayton|Dayton-Abkommens 1995]] blieben die Strukturen der HRHB noch mehrere Jahre erhalten. So wurden z.&nbsp;B. noch 1997 von den Polizeibehörden Personalausweise mit 10-jähriger Gültigkeit ausgestellt, welche neben ''Bosna i Hercegovina'' auch die Bezeichnung ''Hrvatska Republika Herceg-Bosna'' und einen Stempel mit dem Wappen derselben trugen. Erst der politische Wechsel in [[Kroatien]] im Jahr 2000 hin zu einer pro-bosnischen [[Regierung]] schwächte jene Kräfte, die noch immer für einen eigenen kroatischen Staat in Bosnien und Herzegowina, die sogenannte „dritte Entität“, eingetreten waren.
Gemäß einer Vereinbarung zwischen [[Franjo Tuđman]] und [[Alija Izetbegović]] am 30.&nbsp;August 1996 unter Leitung des US-Sondergesandten [[John Kornblum]] sollten die HR&nbsp;HB und alle anderen Institutionen des bosnischen Staates, die nicht der neuen Verfassung entsprachen, am 31.&nbsp;August 1996 offiziell aufgelöst werden. Aber auch nach Ende des Krieges und der Unterzeichnung des [[Abkommen von Dayton|Dayton-Abkommens 1995]] blieben die Strukturen der HR&nbsp;HB noch mehrere Jahre erhalten. So wurden z.&nbsp;B. noch 1997 von den Polizeibehörden Personalausweise mit 10-jähriger Gültigkeit ausgestellt, welche neben ''Bosna i Hercegovina'' auch die Bezeichnung ''Hrvatska Republika Herceg-Bosna'' und einen Stempel mit dem Wappen derselben trugen.
Erst der politische Wechsel in [[Kroatien]] im Jahr 2000 hin zu einer pro-bosnischen [[Regierung]] schwächte jene Kräfte, die noch immer für einen eigenen kroatischen Staat in Bosnien und Herzegowina, die sogenannte „dritte Entität“, eingetreten waren.


== Politik ==
== Politik ==
=== Territorium ===
=== Territorium ===
[[Datei:Hvo controlled.png|mini|Die im Verlauf des Bosnienkriegs vom HVO kontrollierten Gebiete (rot) unterlagen kriegsbedingt ständigen Veränderungen.]]
[[Datei:Hvo controlled.png|mini|Die im Verlauf des Bosnienkriegs vom HVO kontrollierten Gebiete (rot) unterlagen kriegsbedingt ständigen Veränderungen.]]
Die HR HB beanspruchte als [[Territorium]] im Wesentlichen die, gemäß der letzten Volkszählung im Jahr 1991, mehrheitlich von [[Kroaten]] bewohnten Gebiete der [[Herzegowina]], Zentral[[bosnien]]s und der [[Posavina (Region)|nordbosnischen Posavina]]. Danach sollte die HR HB die folgenden 30 Gemeindebezirke umfassen: [[Jajce]], [[Kreševo]], [[Busovača]], [[Vitez]], [[Novi Travnik]], [[Travnik]], [[Kiseljak]], [[Fojnica]], [[Dobretići|Skender Vakuf-Dobretići]], [[Kakanj]], [[Vareš]], [[Kotor Varoš]], [[Tomislavgrad]], [[Livno]], [[Kupres]], [[Bugojno]], [[Gornji Vakuf]], [[Prozor-Rama|Prozor]], [[Konjic]], [[Jablanica (Bosnien und Herzegowina)|Jablanica]], [[Posušje]], [[Mostar]], [[Široki Brijeg]], [[Grude (Bosnien und Herzegowina)|Grude]], [[Ljubuški]], [[Čitluk]], [[Čapljina]], [[Neum]], [[Stolac]] und [[Ravno|Trebinje-Ravno]].<ref>§&nbsp;2 des Beschlusses über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991</ref> Der Beschluss über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991 wurde von den Vertretern dieser Gemeindebezirke, mit Ausnahme von Skender Vakuf-Dobretići, Kakanj, Vareš, Kotor Varoš, Prozor und Trebinje-Ravno, unterschrieben.<ref>Anlage des Beschlusses über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991 mit den Unterschriften der jeweiligen Gemeindevertreter.</ref>
Die HR&nbsp;HB beanspruchte als [[Territorium]] im Wesentlichen die, gemäß der letzten Volkszählung im Jahr 1991, mehrheitlich von [[Kroaten]] bewohnten Gebiete der [[Herzegowina]], Zentral[[bosnien]]s und der [[Posavina (Region)|nordbosnischen Posavina]].
Bei Errichtung umfasste die HR&nbsp;HB die folgenden 30 Gemeindebezirke: [[Jajce]], [[Kreševo]], [[Busovača]], [[Vitez]], [[Novi Travnik]], [[Travnik]], [[Kiseljak]], [[Fojnica]], [[Dobretići|Skender Vakuf-Dobretići]], [[Kakanj]], [[Vareš]], [[Kotor Varoš]], [[Tomislavgrad]], [[Livno]], [[Kupres]], [[Bugojno]], [[Gornji Vakuf]], [[Prozor-Rama|Prozor]], [[Konjic]], [[Jablanica (Bosnien und Herzegowina)|Jablanica]], [[Posušje]], [[Mostar]], [[Široki Brijeg]], [[Grude (Bosnien und Herzegowina)|Grude]], [[Ljubuški]], [[Čitluk]], [[Čapljina]], [[Neum]], [[Stolac]] und [[Ravno|Trebinje-Ravno]].<ref>§&nbsp;2 des Beschlusses über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18.&nbsp;November 1991</ref> Der Beschluss über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18.&nbsp;November 1991 wurde von den Vertretern dieser Gemeindebezirke, mit Ausnahme von Skender Vakuf-Dobretići, Kakanj, Vareš, Kotor Varoš, Prozor und Trebinje-Ravno, unterschrieben.<ref>Anlage des Beschlusses über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991 mit den Unterschriften der jeweiligen Gemeindevertreter.</ref>

Das Territorium der HR&nbsp;HB sollte die Gebiete der Kroatischen Gemeinschaften Bosnische Posavina und Herceg-Bosna umfassen. Zusammen etwa 26 % des Staatsterritoriums von Bosnien und Herzegowina mit 1.009.499 Einwohnern, davon 514.228 bzw. 50,94 % Kroaten, 291.232 bzw. 28,85 % Bosniaken, 141.805 bzw. 14,05 % Serben, 44.043 bzw. 4,36 % Jugoslawen und 18.191 bzw. 1,80 % Andere (laut Volkszählung von 1991).<ref>{{Literatur |Autor=Saša Mrduljaš |Titel=Hrvatska politika unutar Bosne i Hercegovine u kontekstu deklarativnoga i realnoga prostornog opsega Hrvatske zajednice/republike Herceg-Bosne (1991.–1994.) |Sammelwerk=Društvena istraživanja : časopis za opća društvena pitanja |Band=18 |Nummer=4–5 (102–103) |Datum=2009 |Seiten=833 f |Online=https://hrcak.srce.hr/file/66622}}</ref>


Kriegsbedingt unterlag das Territorium der HR HB jedoch Veränderungen und umfasste tatsächlich immer nur die Gebiete Bosnien-Herzegowinas, die jeweils unter der militärischen Kontrolle des [[Hrvatsko vijeće obrane|Kroatischen Verteidigungsrates (HVO)]], der Armee der Kroaten in Bosnien-Herzegowina, standen.
Kriegsbedingt unterlag das Territorium der HR&nbsp;HB Veränderungen und umfasste tatsächlich immer nur die Gebiete Bosnien-Herzegowinas, die jeweils unter der militärischen Kontrolle des [[Hrvatsko vijeće obrane|Kroatischen Verteidigungsrates (HVO)]], der Armee der Kroaten in Bosnien-Herzegowina, standen.
[[Datei:License plate of Herzeg-Bosna, Mostar.jpg|mini|Kfz-Kennzeichen aus [[Mostar]] mit dem Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna]]
[[Datei:License plate of Herzeg-Bosna, Mostar.jpg|mini|Kfz-Kennzeichen aus [[Mostar]] mit dem Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna]]


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== Militär ==
== Militär ==
{{Hauptartikel|Hrvatsko vijeće obrane}}
{{Hauptartikel|Hrvatsko vijeće obrane}}
Am 8. April 1992 begann mit der Gründung des Kroatischen Verteidigungsrates (''Hrvatsko vijeće obrane'', HVO) der Aufbau einer eigenen Armee, die eine Gesamtstärke von bis zu 50.000 [[Soldat]]en erreichte. Der Aufbau dieser Armee wurde mit der „Passivität“ der [[Bosniaken]] begründet, welche den [[Serben]] zu wenig Widerstand entgegensetzen würden. Historiker gehen jedoch davon aus, dass der HVO ein Element der „großkroatischen“ Politik des damaligen kroatischen Staatspräsidenten [[Franjo Tuđman]] und ein Instrument für den Anschluss der mehrheitlich von Kroaten besiedelten Gebiete an Kroatien war.<ref name="naimark">{{Literatur |Autor=[[Norman M. Naimark]] |Titel=Flammender Hass: ethnische Säuberung im 20. Jahrhundert |Auflage= |Verlag=C.H.Beck |Ort=München |Datum=2004|Seiten=214 ff.}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=[[Peter Imbusch]] |Hrsg=Peter Imbusch,Ralf Zoll |Titel=Friedens- und Konfliktforschung: Eine Einführung |Auflage=5 |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=2010}}, S.&nbsp;237.</ref><ref>{{Literatur |Autor=[[Marie-Janine Calic]] |Titel=Krieg und Frieden in Bosnien-Hercegovina |Auflage= |Verlag=Suhrkamp |Ort= |Datum=1995 |ISBN= |Seiten=}} Seite 65</ref><ref>{{Literatur |Autor=Sabrina P. Ramet |Titel=Central and Southeast European Politics Since 1989 |Auflage= |Verlag=Cambridge University Press |Ort= |Datum=2010 |ISBN= |Seiten=}} Seite 263 f.</ref>
Am 8.&nbsp;April 1992 begann mit der Gründung des Kroatischen Verteidigungsrates (''Hrvatsko vijeće obrane'', HVO) der Aufbau einer eigenen Armee, die eine Gesamtstärke von bis zu 50.000 [[Soldat]]en erreichte. Der Aufbau dieser Armee wurde mit der „Passivität“ der [[Bosniaken]] begründet, welche den [[Serben]] zu wenig Widerstand entgegensetzen würden. Historiker gehen jedoch davon aus, dass der HVO ein Element der „großkroatischen“ Politik des damaligen kroatischen Staatspräsidenten [[Franjo Tuđman]] und ein Instrument für den Anschluss der mehrheitlich von Kroaten besiedelten Gebiete an Kroatien war.<ref name="naimark">{{Literatur |Autor=[[Norman M. Naimark]] |Titel=Flammender Hass: ethnische Säuberung im 20. Jahrhundert |Verlag=C.H.Beck |Ort=München |Datum=2004 |Seiten=214 ff.}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=[[Peter Imbusch]] |Hrsg=Peter Imbusch,Ralf Zoll |Titel=Friedens- und Konfliktforschung: Eine Einführung |Auflage=5. |Verlag=VS Verlag für Sozialwissenschaften |Ort=Wiesbaden |Datum=2010 |Seiten=237}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=[[Marie-Janine Calic]] |Titel=Krieg und Frieden in Bosnien-Hercegovina |Verlag=Suhrkamp |Datum=1995 |Seiten=65}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Sabrina P. Ramet |Titel=Central and Southeast European Politics Since 1989 |Verlag=Cambridge University Press |Datum=2010 |Seiten=263 f.}}</ref>


Der HVO verübte Kriegsverbrechen und ethnische Säuberungen an der bosniakischen und serbischen Zivilbevölkerung.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Mojzes |Titel=Balkan Genocides: Holocaust and Ethnic Cleansing in the Twentieth Century |Auflage= |Verlag=Rowman & Littlefield Publishers |Ort=Plymouth |Datum=2011}}, S. 168</ref>
Angehörige des HVO verübten Kriegsverbrechen und ethnische Säuberungen an der bosniakischen und serbischen Zivilbevölkerung.<ref>{{Literatur |Autor=Paul Mojzes |Titel=Balkan Genocides: Holocaust and Ethnic Cleansing in the Twentieth Century |Verlag=Rowman & Littlefield Publishers |Ort=Plymouth |Datum=2011 |Seiten=168}}</ref>
Die Armee betrieb ebenfalls mehrere Internierungslager für Bosniaken, deren Insassen gefoltert und geschlagen wurden. Dabei wurden auch bosniakische Frauen misshandelt und vergewaltigt.<ref name="naimark" />
Der HVO betrieb mehrere Internierungslager für Bosniaken, deren Insassen gefoltert und geschlagen wurden. Dabei wurden auch bosniakische Frauen misshandelt und vergewaltigt.<ref name="naimark" />


Gegen Ende des Krieges wurde die militärische Allianz zwischen dem HVO und der von Bosniaken dominierten Armee von Bosnien-Herzegowina (''[[Armija Republike Bosne i Hercegovine]]'', ARBiH) erneuert und führte gemeinsam mit der [[Kroatische Streitkräfte|Armee Kroatiens]] (''Hrvatska vojska'', HV) im Kampf gegen die Serben in der [[Republik Serbische Krajina]] während der [[Operation Oluja]] im Sommer 1995 zum militärischen Erfolg und zur Unterzeichnung des [[Abkommen von Dayton|Dayton-Abkommens]] am 21. November 1995.
Gegen Ende des Krieges wurde die militärische Allianz zwischen dem HVO und der von Bosniaken dominierten Armee von Bosnien-Herzegowina (''[[Armija Republike Bosne i Hercegovine]]'', ARBiH) erneuert und führte gemeinsam mit der [[Kroatische Streitkräfte|Armee Kroatiens]] im Kampf gegen die Serben in der [[Republik Serbische Krajina]] während der [[Operation Oluja]] im Sommer 1995 zum militärischen Erfolg und zur Unterzeichnung des [[Abkommen von Dayton|Dayton-Abkommens]] am 21.&nbsp;November 1995.


Nach Kriegsende wurden der HVO und die ARBiH auf Druck der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] im Januar 1997 zu einer gemeinsamen [[Armee der Föderation Bosnien und Herzegowina]] (''Vojska Federacije Bosne i Hercegovine'', VFBiH) vereinigt, aber erst die neue [[Sozialdemokratie|sozialdemokratische]] Regierung [[Kroatien]]s unter Ministerpräsident [[Ivica Račan]] stellte die finanzielle Unterstützung für den HVO im September 2000 ein.
Nach Kriegsende wurden der HVO und die ARBiH auf Druck der [[Vereinigte Staaten|Vereinigten Staaten]] im Januar 1997 zu einer gemeinsamen [[Armee der Föderation Bosnien und Herzegowina]] (''Vojska Federacije Bosne i Hercegovine'', VFBiH) vereinigt, aber erst die neue [[Sozialdemokratie|sozialdemokratische]] Regierung [[Kroatien]]s unter Ministerpräsident [[Ivica Račan]] stellte die finanzielle Unterstützung für den HVO im September 2000 ein.


== Symbole ==
== Symbole ==
Die Flagge und das Wappen der HR&nbsp;HB werden noch heute von den [[Kroaten in Bosnien-Herzegowina]] sowie von offiziellen Stellen in den mehrheitlich von Kroaten bewohnten Kantonen [[Kanton West-Herzegowina|West-Herzegowina]] und [[Kanton 10|Herceg-Bosna (Kanton 10)]] verwendet.
=== Flagge ===
[[Datei:Flag of Croatian Republic of Herzeg-Bosnia.svg|mini|Flagge der HR&nbsp;HB; heute Flagge der [[Kroaten in Bosnien-Herzegowina]]]]
Die Flagge der HR&nbsp;HB war eine Abwandlung der [[Flagge Kroatiens]] und besteht aus drei gleich breiten waagerechten Streifen, in den kroatischen Farben rot-weiß-blau. Im Zentrum des mittleren weißen Streifens befand sich das Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna. Die Höhe der Flagge stand zur Breite im Verhältnis 1:2.


=== Wappen ===
=== Wappen ===
==== Beschreibung ====
[[Datei:Coat of arms of the Croatian Republic of Herzeg-Bosnia.svg|mini|hochkant|Wappen der HR&nbsp;HB; heute Wappen der Kroaten in Bosnien und Herzegowina]]
[[Datei:Coat of arms of the Croatian Republic of Herzeg-Bosnia.svg|mini|hochkant|Wappen der HR&nbsp;HB; heute Wappen der Kroaten in Bosnien und Herzegowina]]
Das Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna war eine Abwandlung des historischen [[Wappen Kroatiens|kroatischen Wappens]], der ''Šahovnica'' (wörtlich: Schachbrett), und bestand aus 25 rot-silbern geschachten Feldern, beginnend mit einem roten Feld. Das [[Wappenschild]] hat die Form eines deutschen [[Wappenschild#Form|Renaissance-Rundschilds]] und ist in Gold ausgeführt. Im oberen Feld des Wappenschilds ist das [[Kroatisches Flechtwerk|Kroatische Flechtwerk]] abgebildet. Das Wappen der HRHB findet sich erstmals bei den ersten Gendarmerieeinheiten der Republik Kroatien (''Prvi hrvatski redarstvenik''), die in Kroatien und den kroatischen Gebieten Bosnien-Herzegowinas gebildet wurden und dieses von Herbst 1990 bis Anfang 1991 als Mützenabzeichen (noch umgeben vom Strahlenkranz des Roten-Stern-Mützenabzeichen) trugen.<ref>Mario Jareb: ''Hrvatski simboli'' (Kroatische Symbole). ALFA d.d. Hrvatski institut za povijest, Zagreb 2010, ISBN 978-953-297-230-6, S. 371 (kroatisch).</ref>
Das Wappen der HR&nbsp;HB ist der historische [[Wappen Kroatiens#Habsburgerreich|kroatische Wappenschild]], in fünf Reihen von [[Rot]] und [[Silber (Farbe)#Heraldik|Silber]] je fünffach [[Geschacht (Heraldik)|geschacht]]. Der [[Wappenschild]] hat die Form eines sogenannten deutschen [[Wappenschild#Form|Renaissance-Rundschilds]] und ist in Gold gerahmt. In den oberen Teil des Rahmens ist [[Kroatisches Flechtwerk|Kroatische Flechtwerk]] eingelassen.


==== Geschichte ====
Die Flagge und das Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna werden noch heute von den [[Kroaten in Bosnien-Herzegowina]] sowie offiziell in den mehrheitlich von Kroaten bewohnten Kantonen [[Kanton West-Herzegowina|West-Herzegowina]] und [[Kanton 10|Herceg-Bosna (Kanton 10)]] verwendet.
[[Datei:Postav1.jpg|mini|Im Vordergrund eine Uniform der kroatischen Polizei um das Jahr 1990. Als Mützenabzeichen das Wappen im Strahlenkranz.]]
Das Wappen der HR&nbsp;HB ging aus dem Mützenabzeichen der [[Polizei (Kroatien)|kroatischen Polizei]] hervor. Unmittelbar vor dem [[Jugoslawienkriege|Zerfall Jugoslawiens]] im Juni 1990 legte die [[Sozialistische Republik Kroatien]] die Bezeichnung [[Sozialismus|Sozialistisch]] ab und verwendete dementsprechend auch den [[Roter Stern|Roten Stern]] als Staatssymbol nicht mehr. Die staatliche Polizei, die als [[Polizei (Jugoslawien)|jugoslawische Volksmiliz (''Narodna milicija'')]] bis dahin als Mützenabzeichen einen Roten Stern in einem Strahlenkranz getragen hatte, ersetzte den Roten Stern durch den beschriebenen kroatischen Wappenschild. Als Provisorium diente so dieses Mützenabzeichen, der Wappenschild umgeben vom Strahlenkranz, von Herbst 1990 bis Anfang 1991 als Mützenabzeichen der Polizei.<ref>Abbildung dieses Mützenabzeichens mit der Bezeichnung M90b in {{Literatur |Autor=Dr. Nigel Thomas, Krunoslav Mikulan |Titel=The Yugoslav Wars (1) : Slovenia & Croatia 1991–95 |Verlag=Osprey Publishing Ltd.|Ort=New York |Datum=2006 |ISBN=1-84176-963-0 |Kapitel=Croatian forces, 1991 |Seiten=22 |Sprache=en-US}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Mario Jareb |Titel=Hrvatski simboli |Verlag=ALFA d.d. |Hrsg=Hrvatski institut za povijest |Ort=Zagreb |Datum=2010 |ISBN=978-953-297-230-6 |Seiten=371 |Sprache=hr}}</ref> Auch Angehörige der [[Nationalgarde (Kroatien)|kroatischen Nationalgarde]] verwendeten dieses Mützenabzeichen. Ab 1991 verwendete sowohl die kroatische Polizei als auch die Nationalgarde ein geändertes Mützenabzeichen. Bei Beginn des Bosnienkrieges im Jahr 1992 verwendete der Kroatische Verteidigungsrat das Mützenabzeichen der kroatischen Polizei aus dem Jahr 1990, dabei jedoch nur den Wappenschild ohne den Strahlenkranz.

=== Flagge ===
[[Datei:Flag of Croatian Republic of Herzeg-Bosnia.svg|mini|Flagge der HR&nbsp;HB; heute Flagge der [[Kroaten in Bosnien-Herzegowina]]]]
Die Flagge der HR&nbsp;HB war eine Abwandlung der [[Flagge Kroatiens]] und besteht aus drei gleich breiten waagerechten Streifen, in den kroatischen Farben rot-weiß-blau. Im Zentrum des mittleren weißen Streifens befand sich das Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna. Die Höhe der Flagge stand zur Breite im Verhältnis 1:2.


== Kriegsverbrechen ==
== Kriegsverbrechen ==
Mehrere Verantwortliche der Republik Herceg-Bosna wurden vor dem [[Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien|Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien]] angeklagt.
Mehrere Verantwortliche der Republik Herceg-Bosna wurden vor dem [[Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien|Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien]] angeklagt.


[[Zlatko Aleksovski]], der ab 1993 die Position des Kommandanten des Gefängnisses bei Kaonik innehatte, wurde am 7. Mai 1999 wegen Kriegsverbrechen zu 2,5 Jahren Haft verurteilt. Die Berufungskammer erhöhte die Haftdauer am 22. September 2000 auf 7 Jahre.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.icty.org/x/cases/aleksovski/cis/en/cis_aleksovski_en.pdf |titel=Case information sheet: Zlatko Aleksovski |zugriff=2012-11-23 |format=PDF; 213&nbsp;kB}}</ref>
[[Zlatko Aleksovski]], der ab 1993 die Position des Kommandanten des Gefängnisses bei Kaonik innehatte, wurde am 7. Mai 1999 wegen Kriegsverbrechen zu 2,5 Jahren Haft verurteilt. Die Berufungskammer erhöhte die Haftdauer am 22. September 2000 auf 7 Jahre.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.icty.org/x/cases/aleksovski/cis/en/cis_aleksovski_en.pdf |titel=Case information sheet: Zlatko Aleksovski |format=PDF; 213&nbsp;kB |abruf=2012-11-23}}</ref>


[[Dario Kordić]], von 1991 bis 1995 Vorsitzender der [[Hrvatska demokratska zajednica Bosne i Hercegovine|HDZ BiH]] und späterer [[Vizepräsident]] der Kroatische Republik Herceg-Bosna, wurde am 26. Februar 2001 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 25 Jahren Haft verurteilt. Im gleichen Verfahren wurde der ehemalige HVO-Kommandant der Vitez Brigade [[Mario Čerkez]] wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 15 Jahren verurteilt. Am 17. Dezember 2004 setzte die Berufungskammer seine Haftstrafe auf 6 Jahre herunter.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.icty.org/x/cases/kordic_cerkez/cis/en/cis_kordic_cerkez_en.pdf |titel=Case information sheet: Kordić & Čerkez |zugriff=2012-11-23 |format=PDF; 249&nbsp;kB}}</ref>
[[Dario Kordić]], von 1991 bis 1995 Vorsitzender der [[Hrvatska demokratska zajednica Bosne i Hercegovine|HDZ BiH]] und späterer [[Vizepräsident]] der Kroatische Republik Herceg-Bosna, wurde am 26. Februar 2001 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 25 Jahren Haft verurteilt. Im gleichen Verfahren wurde der ehemalige HVO-Kommandant der Vitez Brigade [[Mario Čerkez]] wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 15 Jahren verurteilt. Am 17. Dezember 2004 setzte die Berufungskammer seine Haftstrafe auf 6 Jahre herunter.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.icty.org/x/cases/kordic_cerkez/cis/en/cis_kordic_cerkez_en.pdf |titel=Case information sheet: Kordić & Čerkez |format=PDF; 249&nbsp;kB |abruf=2012-11-23}}</ref>


[[Miroslav Bralo]] Mitglied der „[[PPN Jokery|Joker]]“, dem Anti-Terror-Zug des 4. Militärpolizei-Bataillon des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO), wurde am 7. Dezember 2005 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 20 Jahren Haft verurteilt. Am 2. April 2007 bestätigte die Berufungskammer das Urteil der ersten Instanz.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.icty.org/x/cases/bralo/cis/en/cis_bralo.pdf |titel=Case information sheet: Miroslav Bralo |zugriff=2012-11-23 |format=PDF; 239&nbsp;kB}}</ref>
[[Miroslav Bralo]] Mitglied der „[[PPN Jokery|Joker]]“, dem Anti-Terror-Zug des 4. Militärpolizei-Bataillon des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO), wurde am 7. Dezember 2005 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 20 Jahren Haft verurteilt. Am 2. April 2007 bestätigte die Berufungskammer das Urteil der ersten Instanz.<ref>{{Internetquelle |url=http://www.icty.org/x/cases/bralo/cis/en/cis_bralo.pdf |titel=Case information sheet: Miroslav Bralo |format=PDF; 239&nbsp;kB |abruf=2012-11-23}}</ref>


Der Regierungschef der ehemaligen Republik Herceg-Bosna, [[Jadranko Prlić]], dessen Verteidigungsminister [[Bruno Stojić]], die beiden Ex-Generäle [[Slobodan Praljak]] und [[Milivoj Petković]] sowie der frühere Kommandeur der bosnisch-kroatischen Militärpolizei, [[Valentin Ćorić]] und Ex-Offizier [[Berislav Pušić]] mussten sich vor dem Kriegsverbrechertribunal wegen [[Kriegsverbrechen]] und [[Verbrechen gegen die Menschlichkeit]] während des bosnisch-kroatischen Konflikts 1993/94 verantworten. Die Anklageschrift warf ihnen insbesondere „gemeinsames kriminelles Vorgehen“ zur Vertreibung von Bosniaken vor. Im Mai 2013 verurteilte das Tribunal in erster Instanz Prlić zu 25, Stojić, Praljak und Petković zu je 20, Ćorić zu 16 und Pušić zu 10 Jahren Haft.<ref>[http://www.srf.ch/news/international/25-jahre-haft-fuer-prlic-wegen-kriegsverbrechen ''25 Jahre Haft für Prlic wegen Kriegsverbrechen''], [[Schweizer Radio und Fernsehen]], 29.&nbsp;Mai 2013</ref> Im November 2017 wurden alle Urteile bestätigt, Praljak beging noch im Gerichtssaal [[Suizid]].<ref>[https://www.welt.de/politik/ausland/article171075166/Gift-Tod-in-Den-Haag-Verurteilter-Slobodan-Praljak-gestorben.html ''Gift-Tod in Den Haag – Verurteilter Slobodan Praljak gestorben.''] [[Die Welt]] vom 29.&nbsp;November 2017</ref>
Der Regierungschef der ehemaligen Republik Herceg-Bosna, [[Jadranko Prlić]], dessen Verteidigungsminister [[Bruno Stojić]], die beiden Ex-Generäle [[Slobodan Praljak]] und [[Milivoj Petković]] sowie der frühere Kommandeur der bosnisch-kroatischen Militärpolizei, [[Valentin Ćorić]] und Ex-Offizier [[Berislav Pušić]] mussten sich vor dem Kriegsverbrechertribunal wegen [[Kriegsverbrechen]] und [[Verbrechen gegen die Menschlichkeit]] während des bosnisch-kroatischen Konflikts 1993/94 verantworten. Die Anklageschrift warf ihnen insbesondere „gemeinsames kriminelles Vorgehen“ zur Vertreibung von Bosniaken vor. Im Mai 2013 verurteilte das Tribunal in erster Instanz Prlić zu 25, Stojić, Praljak und Petković zu je 20, Ćorić zu 16 und Pušić zu 10 Jahren Haft.<ref>[http://www.srf.ch/news/international/25-jahre-haft-fuer-prlic-wegen-kriegsverbrechen ''25 Jahre Haft für Prlic wegen Kriegsverbrechen''], [[Schweizer Radio und Fernsehen]], 29.&nbsp;Mai 2013</ref> Im November 2017 wurden alle Urteile bestätigt, Praljak beging noch im Gerichtssaal [[Suizid]].<ref>[https://www.welt.de/politik/ausland/article171075166/Gift-Tod-in-Den-Haag-Verurteilter-Slobodan-Praljak-gestorben.html ''Gift-Tod in Den Haag – Verurteilter Slobodan Praljak gestorben.''] [[Die Welt]] vom 29.&nbsp;November 2017</ref>
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== Literatur ==
== Literatur ==
* {{Internetquelle |url=https://enciklopedija.hr/natuknica.aspx?ID=25102 |titel=Herceg Bosna |hrsg=Leksikografski zavod Miroslav Krleža |werk=Hrvatska enciklopedija |datum=2020 |sprache=hr |zugriff=2020-07-22}}
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* {{Literatur |Autor=Mate Arlović |Datum=2017 |Titel=Hrvatska zajednica Herceg-Bosna i (pre)ustroj Bosne i Hercegovine |Verlag=Novi informator |Ort=Zagreb}}
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* {{Literatur |Autor=Saša Mrduljaš |Titel=Hrvatska politika unutar Bosne i Hercegovine u kontekstu deklarativnoga i realnoga prostornog opsega Hrvatske zajednice/republike Herceg-Bosne (1991.–1994.) |Sammelwerk=Društvena istraživanja : časopis za opća društvena pitanja |Band=18 |Nummer=4–5 (102–103) |Datum=2009 |Online=https://hrcak.srce.hr/file/66622}}
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* {{Literatur |Autor=Ciril Ribičiča |Datum=2000 |Titel=Geneza jedne zablude : Ustavnopravna analiza nastanka i djelovanja Hrvatske zajednice Herceg-Bosne |Ort=Zagreb/Sarajevo/Idrija |Verlag=Jesenski i Turk-Sejtarija-Založba Bogataj}}
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* {{Literatur | Autor=Karlo Rotim | Titel=Obrana Herceg-Bosne | Band=3 Bde| Ort=Široki Brijeg | Jahr=1998}}
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|Autor=Karlo Rotim
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== Weblinks ==
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* [https://www.hercegbosna.org/ Homepage der Kroaten in Bosnien und Herzegowina]
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* {{YouTube|id=JLRC8VSRuOs|title=Proklamation der Kroatischen Republik Herceg-Bosna am 23.&nbsp;August 1993}}
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== Einzelnachweise ==
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Aktuelle Version vom 14. Februar 2024, 17:02 Uhr

Die Kroatische Republik Herceg-Bosna (kroatisch Hrvatska Republika Herceg-Bosna, kurz HR HB) war der politisch-geographische Zusammenschluss mehrheitlich von Kroaten in Bosnien-Herzegowina besiedelter Gebiete zu einem De-facto-Staat während des Bosnienkrieges. Die HR HB beanspruchte den Status eines autonomen Teilstaates innerhalb der Republik Bosnien und Herzegowina[2] vermutlich mit Überlegungen einer späteren Angliederung an die Republik Kroatien. Die erklärte Hauptstadt war Mostar[3] und der Regierungssitz lag in Grude.

Nach der Präsentation des – später abgelehnten – Owen-Stoltenberg-Planes wurde die HR HB am 28. August 1993 von Mate Boban ausgerufen und beanspruchte Gebiete der westlichen Herzegowina, Zentralbosniens und der nordbosnischen Posavina.[4] Vorausgegangen waren die Gründungen der Kroatischen Gemeinschaft Bosnische Posavina (Hrvatska zajednica Bosanska Posavina, kurz HZ BP) und der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna (Hrvatska zajednica Herceg-Bosna, kurz HZ HB) am 12. bzw. 18. November 1991 als „politische, kulturelle und wirtschaftliche Verwaltungseinheit der Kroaten in Bosnien und Herzegowina“.[5]

Das Gebiet der HR HB war Schauplatz eines Krieges mit Massakern an der Zivilbevölkerung, „ethnischen Säuberungen“ und massiven Plünderungen. Vom Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien wurden Mitglieder des Militärs sowie der Politik wegen Kriegsverbrechen angeklagt und verurteilt.

Heute gehört der Großteil des ehemaligen Territoriums der HR HB zur Föderation Bosnien und Herzegowina (Federacija Bosna i Hercegovina), die neben der Republika Srpska eine der beiden Entitäten des Staates Bosnien und Herzegowina bildet.

Namensgebung

Der Begriff Herceg-Bosna hebt, im Gegensatz zu dem Begriff Bosna i Hercegovina, die Herzegowina, in der die Kroaten stärker vertreten sind, gegenüber Bosnien hervor. So steht der Begriff Herceg-Bosna vor allem für die kroatischen Gebiete Bosnien und Herzegowinas und lässt allein durch die Namensstellung die Herzegowina nicht mehr als untrennbares Anhängsel Bosniens erscheinen.

Titel der Schrift von Ferdo Šišić (1908)

Populär wurde der Begriff Herceg-Bosna durch Ferdo Šišić, den führenden kroatischen Historiker des 20. Jahrhunderts, und seine Schrift aus dem Jahr 1908: Herceg-Bosna prigodom aneksije: Geografsko-etnografsko-historička i državopravna razmatranja (Herceg-Bosna während der Annexion: Geografisch-ethnografisch-historische und staatsrechtliche Betrachtungen). Šišić trat darin, nach der Annexion Bosnien-Herzegowinas durch Österreich-Ungarn, für eine Vereinigung aller kroatischen Länder innerhalb Österreich-Ungarns ein, eine Angliederung Bosnien und Herzegowinas an Kroatien eingeschlossen (Trialismus). So zitierte er u. a. aus einer Broschüre des Autors Fabricius (Pseudonym) in deutscher Sprache:

„Die glücklichste Lösung wäre die Angliederung an Kroatien, sowohl vom dynastischen Standpunkte, wie auch vom Standpunkte der Stellung Österreich-Ungarns als Großmacht! Sollte Bosnien in Kroatien einverleibt werden, so müsste unbedingt eine Neugruppierung der Staatskörper durchgeführt werden.“[6]

Der Begriff wurde jedoch davor schon verwendet.[7] In der Folgezeit wurde er sowohl von gemäßigten kroatischen Politikern als auch von radikalen wie Mladen Lorković[8] (späterer Außenminister des „Unabhängigen Staates Kroatien“) verwendet.

Beim Zerfall Jugoslawiens zu Beginn der 1990er-Jahre wurde der Begriff von der Kroatischen Demokratischen Union in Bosnien und Herzegowina (HDZ BiH) in abgewandelter Bedeutung wieder aufgenommen, um ihr damaliges politisches Ziel, die Vereinigung der kroatischen Gebiete Bosnien-Herzegowinas mit Kroatien, auszudrücken.

Geschichte

Entstehung kroatischer Verwaltungseinheiten

Vereinfachte Darstellung der ethnischen Mehrheitsverhältnisse in Bosnien-Herzegowina, 1991

Während des Zerfalls Jugoslawiens und des Kroatienkriegs erfolgten Ende September 1991 auch erste serbische Angriffe auf kroatische Dörfer in der Herzegowina und Bezirke mit mehrheitlich kroatischer Bevölkerung organisierten sich selbst, da die bosnisch-herzegowinische Regierung keine Verteidigung sicherstellen konnte.[9] Bereits seit dem Sommer 1991 war Bosnien die Basis für Angriffe auf das Territorium Kroatiens durch die Jugoslawische Volksarmee und serbisch-montenegrinische Freischärler, die Anfang Oktober 1991 auch das mehrheitlich von Kroaten bewohnte Dorf Ravno in der ostherzegowinischen Gemeinde Trebinje in Brand setzten.[10] Wie zuvor in Kroatien riefen Serben auch in Bosnien und Herzegowina bis Ende 1991 einige „serbische autonome Gebiete“ (Srpska autonomna oblast, SAO) in Bosnien und Herzegowina aus; so die SAO Bosanska Krajina im April 1991 und die SAO Hercegovina, SAO Severoistočna Bosna und SAO Romanija im September 1991 sowie die SAO Romanija im November 1991.

Unter Mate Boban als Vertreter der Kroaten in Bosnien und Herzegowina wurde am 12. November 1991 in Bosanski Brod die Kroatische Gemeinschaft Bosnische Posavina (Hrvatska zajednica Bosanska Posavina) ausgerufen. Dabei wurde er von Franjo Tuđman unterstützt, dem ersten Präsidenten der im Juni 1991 gegründeten Republik Kroatien. Zu diesem Zeitpunkt war Bosnien und Herzegowina als Sozialistische Republik Bosnien und Herzegowina noch eine Teilrepublik im Staatsverband Jugoslawien. Die Kroatische Gemeinschaft Bosnische Posavina umfasste die Gemeinden Bosanski Brod, Bosanski Šamac, Brčko, Derventa, Doboj (teilweise), Gradačac, Modriča, Odžak und Orašje.

Wenige Tage später am 18. November 1991 wurde in Grude unter der Führung von Boban und Dario Kordić die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna (Hrvatska zajednica Herceg-Bosna) zu einer eigenständigen politischen, kulturellen und wirtschaftlichen Einheit innerhalb von Bosnien und Herzegowina ausgerufen. Sie umfasste Gemeinden in der westlichen Herzegowina und in Zentralbosnien, nämlich Bugojno, Busovača, Čapljina, Čitluk, Fojnica, Gornji Vakuf, Grude, Jablanica, Jajce, Kakanj, Kiseljak, Konjic, Kotor Varoš, Kreševo, Kupres, Livno, Ljubuški, Mostar, Neum, Novi Travnik, Posušje, Prozor, Skender Vakuf (teilweise), Stolac, Široki Brijeg, Tomislavgrad, Travnik, Trebinje-Ravno (teilweise), Vareš und Vitez.

Überlegungen einer späteren Angliederung an Kroatien

Am 27. Dezember 1991 fand in Zagreb eine Sitzung des kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman mit der Delegation der HDZ BiH statt, die gleichzeitig die zweite ordentliche Tagung des Präsidiums der HZ HB war. In dieser Sitzung sagte Tuđman:
„Mit der Perspektive der Souveränität von Bosnien und Herzegowina gibt es keinerlei Aussicht. Auch wenn sie erhalten werden könnte, meine Herren, Bosnien und Herzegowina im Speziellen, was würde das bedeuten? Die Errichtung von Grenzen … wollen wir Grenzen errichten zwischen Kroatien und der Herzegowina, damit der Kroate aus der Herzegowina nicht mehr in sein Kroatien gehen kann oder dieser Kroate dorthin gehen kann?“[11]

Der Präsident der HZ HB Mate Boban äußerte:
„Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna und die Kroatische Gemeinschaft Posavina werden ein unabhängiges kroatisches Gebiet erklären und dem kroatischen Staat beitreten, aber zu der Zeit und in dem Moment, da die kroatische Führung entscheidet, dass dieser Moment und diese Zeit gekommen ist.“[12]

Ignac Koštroman fasste die Sitzung als Sekretär der HZ HB unter anderem wie folgt zusammen:
„Ergebnisse: […] 2. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna bestätigt einmal mehr den Willen des gesamten kroatischen Volkes von Herceg-Bosna, der am 18. November 1991 in Grude zum Ausdruck gebracht wurde, durch den historischen Beschluss über die Gründung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna, welche die Rechtsgrundlage für den Eintritt dieses Gebiets in die Republik Kroatien darstellt. 3. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna erteilt Herrn Dr. Franjo Tuđman, als Präsident der Republik Kroatien und Präsident der Kroatischen Demokratischen Union, die volle Legitimität, um die Interessen der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna gegenüber internationalen Akteuren zu vertreten, wie bei den zwischenparteilichen und -staatlichen Verhandlungen über die Festlegung der endgültigen Grenzen der Republik Kroatien. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna gibt der Kroatischen Demokratischen Gemeinschaft Bosnische Posavina die Empfehlung, diese Entscheidung für ihre Gemeinschaft zu übernehmen.“[13]

Erklärte Teilautonomie und Ausrufung der Republik

Am 3. März 1992 erklärte Bosnien und Herzegowina nach einem Referendum die Neugründung als unabhängige Republik Bosnien und Herzegowina unter dem Staatsoberhaupt Alija Izetbegović. Die internationale Anerkennung erfolgte überwiegend im April 1992.

Am 8. April 1992 erfolgte die Gründung des Kroatischen Verteidigungsrates (Hrvatsko vijeće obrane, HVO). Im gleichen Monat begann der Bosnienkrieg. Der HVO war bis 1995 die Armee der Kroaten in Bosnien-Herzegowina. Die Kroatische Gemeinschaft Herceg-Bosna erklärte am 3. Juli 1992 „ihr“ Gebiet zum autonomen Territorium. Allerdings beeilten sich ihr Präsident Mate Boban und der kroatische Präsident Franjo Tuđman festzustellen, dass an der Souveränität eines unabhängigen Bosnien-Herzegowinas festgehalten werde und der HVO der bosnischen Regierung in Sarajevo untergeordnet bleibe. Faktisch übte die HZ HB ab Kriegsausbruch im April 1992 die Exekutive in den von ihr beanspruchten Territorien aus, soweit sie unter Kontrolle des HVO standen.[14]

Auf Drängen der HDZ mit dem kroatischen Präsidenten Franjo Tuđman an der Spitze erklärte Stjepan Kljuić am 2. Oktober 1992 seinen Rücktritt als Vorsitzender der HDZ BiH, da er sich nach Ansicht der HDZ zu stark für den Erhalt Bosnien und Herzegowinas einsetzte.[15][16]

Die Kroatische Gemeinschaft Bosnische Posavina (Hrvatska zajednica Bosanska Posavina) in Nordbosnien erklärte am 24. Oktober 1992 während einer Sitzung in Posušje formell die Vereinigung mit der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna (Hrvatska zajednica Herceg-Bosna). De facto war das Gebiet der Bosnischen Posavina bereits weitgehend von serbischen Truppen besetzt.

Am 28. August 1993 wurde schließlich die Kroatische Republik Herceg-Bosna unter Mate Boban als Präsidenten proklamiert.[4]

Auflösung und Integration

Gebiete unter der Kontrolle des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO) und der kroatischen Armee (gelb) zum Ende des Bosnienkriegs am 20. Oktober 1995.

Gemäß einer Vereinbarung zwischen Franjo Tuđman und Alija Izetbegović am 30. August 1996 unter Leitung des US-Sondergesandten John Kornblum sollten die HR HB und alle anderen Institutionen des bosnischen Staates, die nicht der neuen Verfassung entsprachen, am 31. August 1996 offiziell aufgelöst werden. Aber auch nach Ende des Krieges und der Unterzeichnung des Dayton-Abkommens 1995 blieben die Strukturen der HR HB noch mehrere Jahre erhalten. So wurden z. B. noch 1997 von den Polizeibehörden Personalausweise mit 10-jähriger Gültigkeit ausgestellt, welche neben Bosna i Hercegovina auch die Bezeichnung Hrvatska Republika Herceg-Bosna und einen Stempel mit dem Wappen derselben trugen.

Erst der politische Wechsel in Kroatien im Jahr 2000 hin zu einer pro-bosnischen Regierung schwächte jene Kräfte, die noch immer für einen eigenen kroatischen Staat in Bosnien und Herzegowina, die sogenannte „dritte Entität“, eingetreten waren.

Politik

Territorium

Die im Verlauf des Bosnienkriegs vom HVO kontrollierten Gebiete (rot) unterlagen kriegsbedingt ständigen Veränderungen.

Die HR HB beanspruchte als Territorium im Wesentlichen die, gemäß der letzten Volkszählung im Jahr 1991, mehrheitlich von Kroaten bewohnten Gebiete der Herzegowina, Zentralbosniens und der nordbosnischen Posavina.

Bei Errichtung umfasste die HR HB die folgenden 30 Gemeindebezirke: Jajce, Kreševo, Busovača, Vitez, Novi Travnik, Travnik, Kiseljak, Fojnica, Skender Vakuf-Dobretići, Kakanj, Vareš, Kotor Varoš, Tomislavgrad, Livno, Kupres, Bugojno, Gornji Vakuf, Prozor, Konjic, Jablanica, Posušje, Mostar, Široki Brijeg, Grude, Ljubuški, Čitluk, Čapljina, Neum, Stolac und Trebinje-Ravno.[17] Der Beschluss über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991 wurde von den Vertretern dieser Gemeindebezirke, mit Ausnahme von Skender Vakuf-Dobretići, Kakanj, Vareš, Kotor Varoš, Prozor und Trebinje-Ravno, unterschrieben.[18]

Das Territorium der HR HB sollte die Gebiete der Kroatischen Gemeinschaften Bosnische Posavina und Herceg-Bosna umfassen. Zusammen etwa 26 % des Staatsterritoriums von Bosnien und Herzegowina mit 1.009.499 Einwohnern, davon 514.228 bzw. 50,94 % Kroaten, 291.232 bzw. 28,85 % Bosniaken, 141.805 bzw. 14,05 % Serben, 44.043 bzw. 4,36 % Jugoslawen und 18.191 bzw. 1,80 % Andere (laut Volkszählung von 1991).[19]

Kriegsbedingt unterlag das Territorium der HR HB Veränderungen und umfasste tatsächlich immer nur die Gebiete Bosnien-Herzegowinas, die jeweils unter der militärischen Kontrolle des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO), der Armee der Kroaten in Bosnien-Herzegowina, standen.

Kfz-Kennzeichen aus Mostar mit dem Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna

Führung

Die politische Führung der Republik Herceg-Bosna begründete die Proklamation der Republik Herceg-Bosna als eine durch den Krieg notwendig gewordene Selbstorganisation der kroatischen Bevölkerung in Bosnien und Herzegowina.

Die Entscheidungsträger der Republik Herceg-Bosna akzeptierten als einzige übergeordnete politische Instanz die kroatische Regierung in Zagreb unter dem damaligen kroatischen Staatspräsidenten Franjo Tuđman, während sie die bosnische Regierung als eine von Bosniaken dominierte Institution ablehnten.

Militär

Am 8. April 1992 begann mit der Gründung des Kroatischen Verteidigungsrates (Hrvatsko vijeće obrane, HVO) der Aufbau einer eigenen Armee, die eine Gesamtstärke von bis zu 50.000 Soldaten erreichte. Der Aufbau dieser Armee wurde mit der „Passivität“ der Bosniaken begründet, welche den Serben zu wenig Widerstand entgegensetzen würden. Historiker gehen jedoch davon aus, dass der HVO ein Element der „großkroatischen“ Politik des damaligen kroatischen Staatspräsidenten Franjo Tuđman und ein Instrument für den Anschluss der mehrheitlich von Kroaten besiedelten Gebiete an Kroatien war.[20][21][22][23]

Angehörige des HVO verübten Kriegsverbrechen und ethnische Säuberungen an der bosniakischen und serbischen Zivilbevölkerung.[24] Der HVO betrieb mehrere Internierungslager für Bosniaken, deren Insassen gefoltert und geschlagen wurden. Dabei wurden auch bosniakische Frauen misshandelt und vergewaltigt.[20]

Gegen Ende des Krieges wurde die militärische Allianz zwischen dem HVO und der von Bosniaken dominierten Armee von Bosnien-Herzegowina (Armija Republike Bosne i Hercegovine, ARBiH) erneuert und führte gemeinsam mit der Armee Kroatiens im Kampf gegen die Serben in der Republik Serbische Krajina während der Operation Oluja im Sommer 1995 zum militärischen Erfolg und zur Unterzeichnung des Dayton-Abkommens am 21. November 1995.

Nach Kriegsende wurden der HVO und die ARBiH auf Druck der Vereinigten Staaten im Januar 1997 zu einer gemeinsamen Armee der Föderation Bosnien und Herzegowina (Vojska Federacije Bosne i Hercegovine, VFBiH) vereinigt, aber erst die neue sozialdemokratische Regierung Kroatiens unter Ministerpräsident Ivica Račan stellte die finanzielle Unterstützung für den HVO im September 2000 ein.

Symbole

Die Flagge und das Wappen der HR HB werden noch heute von den Kroaten in Bosnien-Herzegowina sowie von offiziellen Stellen in den mehrheitlich von Kroaten bewohnten Kantonen West-Herzegowina und Herceg-Bosna (Kanton 10) verwendet.

Wappen

Beschreibung

Wappen der HR HB; heute Wappen der Kroaten in Bosnien und Herzegowina

Das Wappen der HR HB ist der historische kroatische Wappenschild, in fünf Reihen von Rot und Silber je fünffach geschacht. Der Wappenschild hat die Form eines sogenannten deutschen Renaissance-Rundschilds und ist in Gold gerahmt. In den oberen Teil des Rahmens ist Kroatische Flechtwerk eingelassen.

Geschichte

Im Vordergrund eine Uniform der kroatischen Polizei um das Jahr 1990. Als Mützenabzeichen das Wappen im Strahlenkranz.

Das Wappen der HR HB ging aus dem Mützenabzeichen der kroatischen Polizei hervor. Unmittelbar vor dem Zerfall Jugoslawiens im Juni 1990 legte die Sozialistische Republik Kroatien die Bezeichnung Sozialistisch ab und verwendete dementsprechend auch den Roten Stern als Staatssymbol nicht mehr. Die staatliche Polizei, die als jugoslawische Volksmiliz (Narodna milicija) bis dahin als Mützenabzeichen einen Roten Stern in einem Strahlenkranz getragen hatte, ersetzte den Roten Stern durch den beschriebenen kroatischen Wappenschild. Als Provisorium diente so dieses Mützenabzeichen, der Wappenschild umgeben vom Strahlenkranz, von Herbst 1990 bis Anfang 1991 als Mützenabzeichen der Polizei.[25][26] Auch Angehörige der kroatischen Nationalgarde verwendeten dieses Mützenabzeichen. Ab 1991 verwendete sowohl die kroatische Polizei als auch die Nationalgarde ein geändertes Mützenabzeichen. Bei Beginn des Bosnienkrieges im Jahr 1992 verwendete der Kroatische Verteidigungsrat das Mützenabzeichen der kroatischen Polizei aus dem Jahr 1990, dabei jedoch nur den Wappenschild ohne den Strahlenkranz.

Flagge

Flagge der HR HB; heute Flagge der Kroaten in Bosnien-Herzegowina

Die Flagge der HR HB war eine Abwandlung der Flagge Kroatiens und besteht aus drei gleich breiten waagerechten Streifen, in den kroatischen Farben rot-weiß-blau. Im Zentrum des mittleren weißen Streifens befand sich das Wappen der Kroatischen Republik Herceg-Bosna. Die Höhe der Flagge stand zur Breite im Verhältnis 1:2.

Kriegsverbrechen

Mehrere Verantwortliche der Republik Herceg-Bosna wurden vor dem Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien angeklagt.

Zlatko Aleksovski, der ab 1993 die Position des Kommandanten des Gefängnisses bei Kaonik innehatte, wurde am 7. Mai 1999 wegen Kriegsverbrechen zu 2,5 Jahren Haft verurteilt. Die Berufungskammer erhöhte die Haftdauer am 22. September 2000 auf 7 Jahre.[27]

Dario Kordić, von 1991 bis 1995 Vorsitzender der HDZ BiH und späterer Vizepräsident der Kroatische Republik Herceg-Bosna, wurde am 26. Februar 2001 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 25 Jahren Haft verurteilt. Im gleichen Verfahren wurde der ehemalige HVO-Kommandant der Vitez Brigade Mario Čerkez wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 15 Jahren verurteilt. Am 17. Dezember 2004 setzte die Berufungskammer seine Haftstrafe auf 6 Jahre herunter.[28]

Miroslav Bralo Mitglied der „Joker“, dem Anti-Terror-Zug des 4. Militärpolizei-Bataillon des Kroatischen Verteidigungsrates (HVO), wurde am 7. Dezember 2005 wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu 20 Jahren Haft verurteilt. Am 2. April 2007 bestätigte die Berufungskammer das Urteil der ersten Instanz.[29]

Der Regierungschef der ehemaligen Republik Herceg-Bosna, Jadranko Prlić, dessen Verteidigungsminister Bruno Stojić, die beiden Ex-Generäle Slobodan Praljak und Milivoj Petković sowie der frühere Kommandeur der bosnisch-kroatischen Militärpolizei, Valentin Ćorić und Ex-Offizier Berislav Pušić mussten sich vor dem Kriegsverbrechertribunal wegen Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit während des bosnisch-kroatischen Konflikts 1993/94 verantworten. Die Anklageschrift warf ihnen insbesondere „gemeinsames kriminelles Vorgehen“ zur Vertreibung von Bosniaken vor. Im Mai 2013 verurteilte das Tribunal in erster Instanz Prlić zu 25, Stojić, Praljak und Petković zu je 20, Ćorić zu 16 und Pušić zu 10 Jahren Haft.[30] Im November 2017 wurden alle Urteile bestätigt, Praljak beging noch im Gerichtssaal Suizid.[31]

Siehe auch

Literatur

  • Herceg Bosna. In: Hrvatska enciklopedija. Leksikografski zavod Miroslav Krleža, 2020, abgerufen am 22. Juli 2020 (kroatisch).
  • Mate Arlović: Hrvatska zajednica Herceg-Bosna i (pre)ustroj Bosne i Hercegovine. Novi informator, Zagreb 2017.
  • Saša Mrduljaš: Hrvatska politika unutar Bosne i Hercegovine u kontekstu deklarativnoga i realnoga prostornog opsega Hrvatske zajednice/republike Herceg-Bosne (1991.–1994.). In: Društvena istraživanja : časopis za opća društvena pitanja. Band 18, Nr. 4–5 (102–103), 2009 (srce.hr).
  • Kristóf Gosztonyi: Non-existent states with strange institutions. In: Jan Koehler, Christoph Zürcher (Hrsg.): Potentials of Disorder : Explaining Conflict and Stability in the Caucasus and in the Former Yugoslavia (= New approaches to conflict analysis). Manchester University Press, Manchester 2003, ISBN 0-7190-6241-1, S. 46 ff.
  • Ciril Ribičiča: Geneza jedne zablude : Ustavnopravna analiza nastanka i djelovanja Hrvatske zajednice Herceg-Bosne. Jesenski i Turk-Sejtarija-Založba Bogataj, Zagreb/Sarajevo/Idrija 2000.
  • Karlo Rotim: Obrana Herceg-Bosne. 3 Bde. Široki Brijeg 1998.
Commons: Republik Herceg-Bosna – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Saša Mrduljaš: Hrvatska politika unutar Bosne i Hercegovine u kontekstu deklarativnoga i realnoga prostornog opsega Hrvatske zajednice/republike Herceg-Bosne (1991.–1994.). In: Društvena istraživanja : časopis za opća društvena pitanja. Band 18, Nr. 4–5 (102–103), 2009, S. 833 (srce.hr).
  2. Gründung der Kroatischen Republik Herceg-Bosna (Memento vom 15. August 2018 im Internet Archive)
  3. Die Ethnisierung der politischen Institutionen im Bürgerkrieg (1992–1995), Digitale Bibliothek der Friedrich-Ebert-Stiftung
  4. a b http://www.worldstatesmen.org/Bosnia.html
  5. Mate Bobans in einem Brief an Franjo Tuđman über die Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna (Memento vom 15. August 2018 im Internet Archive)
  6. Ferdo Šišić: Herceg-Bosna prigodom aneksije: Geografsko-etnografsko-historička i državopravna razmatranja, S. 41 f.
  7. Ivan Zovko: Hrvatstvo u narodnoj predaji i običajima po Herceg-Bosni (Das Kroatische in der völkischen Tradition und den Sitten von Herceg-Bosna). Hrvatske Dioničke Tiskare, Mostar 1899.
  8. Mladen Lorković: Narod i zemlja Hrvata (Volk und Land der Kroaten). Matica hrvatska, Zagreb 1939.
  9. Andrijana Preuss: Friedensaufbau durch internationale Polizeieinsätze in ethnonationalen Konflikten Bosnien-Herzegowinas am Beispiel der WEU-Polizei in Mostar. Lit Verlag, 2004, ISBN 3-8258-8087-7, S. 48 (unter Verweis auf Čuvalo (1997) und Petritsch (2001)).
  10. Ante Nazor: Die großserbische Aggression auf Kroatien in den 1990ern. Zagreb 2011, S. 129.
  11. Predrag Lucić (Hrsg.): Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens]. Kultura & Rasvjeta/Civitas, Split/Sarajevo 2005, S. 85: „Sa perspektivom suverenosti Bosne i Hercegovine nema nekakvih izgleda. Čak kada bi se mogla održati, gospodo, Bosna i hercegovina kao posebna, što to znači? Uspostava granice… hoćemo li uspostaviti granice između Hrvatske i Hercegovine da Hrvat iz Hercegovine ne može ići u svoju Hrvatsku ili ovaj Hrvat tamo?“
  12. Predrag Lucić (Hrsg.): Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens]. Kultura & Rasvjeta/Civitas, Split/Sarajevo 2005, S. 80: „Hrvatska zajednica Herceg Bosna i Hrvatska zajednica Posavina bi se proglasile nezavisnim hrvatskim prostorom i priključile državi Hrvatskoj, ali u onom vremenu i u onom trenutku kada hrvatsko vrhovništvo odluči da je taj trenutak i to vrijeme nastupilo.“
  13. Predrag Lucić (Hrsg.): Stenogrami o podjeli Bosne [Stenogramme über die Teilung Bosniens]. Kultura & Rasvjeta/Civitas, Split/Sarajevo 2005, S. 81 f. „zaključci: […] 2. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna još jednom potvrđuje volju cjelokupnog hrvatskog naroda Herceg-Bosne izražene 18. studenog 1991. godine u Grudama, donoseći povijesnu odluku o uspostavi Hrvatske zajednice Herceg-Bosna, koja predstavlja pravnu podlogu za ulazak ovih teritorija u Republiku Hrvatsku. 3. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna daje puni legitimitet gospodinu dr. Franji Tuđmanu, kao predsjedniku Republike Hrvatske i predsjedniku Hrvatske demokratske zajednice da zastupa interese Hrvatske zajednice Herceg-Bosna kod međunarodnih čimbenika, kao i kod međustranačkih i međurepubličkih dogovaranja o utvrđivanju konačnih granica Republike Hrvatske. Hrvatska zajednica Herceg-Bosna daje preporuku Hrvatskoj demokratskoj zajednici Bosanska Posavina da donese ovakvu istu odluku za svoju zajednicu.“
  14. Friedrich Jäger: Das Internationale Tribunal über Kriegsverbrechen im Ehemaligen Jugoslawien. LIT Verlag, Münster 2005, S. 84 f. Online in der Google-Buchsuche
  15. Gesellschaft für bedrohte Völker
  16. Tjednik vom 16. Mai 1997 (Memento vom 5. Juni 2011 im Internet Archive)
  17. § 2 des Beschlusses über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991
  18. Anlage des Beschlusses über die Errichtung der Kroatischen Gemeinschaft Herceg-Bosna vom 18. November 1991 mit den Unterschriften der jeweiligen Gemeindevertreter.
  19. Saša Mrduljaš: Hrvatska politika unutar Bosne i Hercegovine u kontekstu deklarativnoga i realnoga prostornog opsega Hrvatske zajednice/republike Herceg-Bosne (1991.–1994.). In: Društvena istraživanja : časopis za opća društvena pitanja. Band 18, Nr. 4–5 (102–103), 2009, S. 833 f. (srce.hr).
  20. a b Norman M. Naimark: Flammender Hass: ethnische Säuberung im 20. Jahrhundert. C.H.Beck, München 2004, S. 214 ff.
  21. Peter Imbusch: Friedens- und Konfliktforschung: Eine Einführung. Hrsg.: Peter Imbusch,Ralf Zoll. 5. Auflage. VS Verlag für Sozialwissenschaften, Wiesbaden 2010, S. 237.
  22. Marie-Janine Calic: Krieg und Frieden in Bosnien-Hercegovina. Suhrkamp, 1995, S. 65.
  23. Sabrina P. Ramet: Central and Southeast European Politics Since 1989. Cambridge University Press, 2010, S. 263 f.
  24. Paul Mojzes: Balkan Genocides: Holocaust and Ethnic Cleansing in the Twentieth Century. Rowman & Littlefield Publishers, Plymouth 2011, S. 168.
  25. Abbildung dieses Mützenabzeichens mit der Bezeichnung M90b in Dr. Nigel Thomas, Krunoslav Mikulan: The Yugoslav Wars (1) : Slovenia & Croatia 1991–95. Osprey Publishing Ltd., New York 2006, ISBN 1-84176-963-0, Croatian forces, 1991, S. 22 (amerikanisches Englisch).
  26. Mario Jareb: Hrvatski simboli. Hrsg.: Hrvatski institut za povijest. ALFA d.d., Zagreb 2010, ISBN 978-953-297-230-6, S. 371 (kroatisch).
  27. Case information sheet: Zlatko Aleksovski. (PDF; 213 kB) Abgerufen am 23. November 2012.
  28. Case information sheet: Kordić & Čerkez. (PDF; 249 kB) Abgerufen am 23. November 2012.
  29. Case information sheet: Miroslav Bralo. (PDF; 239 kB) Abgerufen am 23. November 2012.
  30. 25 Jahre Haft für Prlic wegen Kriegsverbrechen, Schweizer Radio und Fernsehen, 29. Mai 2013
  31. Gift-Tod in Den Haag – Verurteilter Slobodan Praljak gestorben. Die Welt vom 29. November 2017