Karin Falkenberg

Karin Falkenberg im Spielzeugmuseum Nürnberg

Karin Falkenberg Pellengahr Freifrau von Freusberg-Steinhorst (geb. 1969 in Nürnberg) ist eine deutsche Medien- und Wirtschaftshistorikerin. Sie leitet das Spielzeugmuseum Nürnberg.[1] Seit 2017 ist sie Honorarprofessorin an der Kadir Has-Universität in Istanbul, seit 2020 wissenschaftliche Direktorin des Instituts für Ludologie in Berlin.[2]

Leben und Wissenschaft

Falkenberg, Tochter des Autors und Unternehmers Hans Falkenberg, wuchs in Nürnberg, Fürth und in Österreich auf. Nach einem Gastschuljahr[3] mit Stipendium des Deutschen Bundestags und des US Congress in den USA und Abitur am Dürer-Gymnasium Nürnberg, einer kaufmännischen Ausbildung bei den Nürnberger Nachrichten arbeitete sie in Caen, Frankreich, in Nürnbergs Partnerstadt San Carlos, Nicaragua[4] und in New York, USA.[5] Ab 1994 studierte sie an der Philipps-Universität Marburg, der Universität Wien und der Ludwig-Maximilians-Universität München die Fächer Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Medienwissenschaften und Europäische Ethnologie.

Bereits während der Ausbildung arbeitete Karin Falkenberg im offenen Sender Radio Z in Nürnberg.[6] Nach Studienabschluss wurde sie Hospitantin und anschließend Freie Mitarbeiterin in den Hörfunkredaktionen Kultur und Bayern des Bayerischen Rundfunks in München, Lektorin im Sutton Verlag Erfurt und wissenschaftliche Mitarbeiterin am Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen sowie an der Technologietransferstelle der Julius-Maximilians-Universität Würzburg[7] und der Otto-Friedrich-Universität Bamberg. 2004 wurde sie parallel zu ihrer Berufstätigkeit über Rundfunkrezeption zwischen 1933 und 1950 an der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg (Saale) zur Dr. phil. promoviert. Von 2007 bis 2012 war sie nebenberuflich wissenschaftliche Mitarbeiterin und Lehrbeauftragte für Mediengeschichte an der Hacettepe-Universität Ankara/ Türkei; ab 2012 war sie Lehrbeauftragte für Museologie an der Kadir Has Universität Istanbul/ Türkei. 2013 wurde sie mit einer Forschungsschrift zum Thema "Museum und Emotion" habilitiert.[8] Seit 2017 ist sie Honorarprofessorin für Museumswissenschaften an der Kadir Has Universität Istanbul.

Museumswissenschaft und Museumspraxis

Ihre erste auf Quellenbasis recherchierte, öffentliche Ausstellung erarbeitete Karin Falkenberg im Alter von 14 Jahren[9] zum Thema "Matrosenanzüge als Kinderkleidung des 19. und 20. Jahrhunderts".[10] 1994 war sie im Schokoladenmuseum Köln tätig und wirkte an der Weiterentwicklung des Ausstellungskonzeptes mit, 1996/97 arbeitete sie am Projekt "Großstadtmenschen. Die Welt der Angestellten"[11] im Münchner Stadtmuseum mit. Ab 2006 bis 2014 war Karin Falkenberg stellvertretende Museumsleiterin im Rundfunkmuseum Fürth.[12]

2014 wechselte sie als Nachfolgerin von Lydia Bayer und Helmut Schwarz zum Spielzeugmuseum in Nürnberg als neue Leiterin des Hauses in der Karlstraße 13–19.[13][14] Sie positioniert das Haus neu durch partizipative Projekte,[15] diversitätssensibles und anti-rassistisches Kuratieren,[16] Inklusion und Demokratiestärkung. Falkenberg erarbeitete dafür die bundesweit erste schriftliche Nachhaltigkeitsstrategie[17] sowie die weltweit erste Gemeinwohlbilanzierung eines Museums.[18] Das Spielzeugmuseum wurde dafür mehrfach ausgezeichnet.[19][20]

Falkenbergs Gesamtkonzept MENSCH, SPIEL![21] basiert auf anthropologischen Konstanten und strukturiert das Weltthema Spielzeug als Menschheitsthema. Das Museum zeigt mit historischem und aktuellem Spielzeug die globale Kraft des Spielens.[22]

Gemeinsam mit Tom Werneck und Jens Junge erarbeitete sie den Antrag auf Anerkennung der Deutschen Brettspielkultur als UNESCO-Weltkulturerbe. 2019/2021 wurden das Spielzeugmuseum, das Deutsche Spielearchiv Nürnberg und das Bayerische Spielearchiv München-Haar als Best Practise Orte ausgezeichnet,[23] 2024 kam die Deutsche Brettspielkultur auf die UNESCO-Landesliste in Thüringen.[24]

Seit 2020 ist Karin Falkenberg nebenberuflich wissenschaftliche Direktorin des Instituts für Ludologie in Berlin und forscht und veröffentlicht zu spielwissenschaftlichen Themen wie Spiel als Methodik der Menschwerdung, Spielen als Dialog mit der Welt und Spielzeug und Rassismus. Sie generiert und realisiert mit ihrem Team jährlich drei bis fünf Ausstellungen, entwickelt neue Ausstellungsformate wie -orte und hält als Expertin deutschlandweit Vorträge zu Spielforschung und Museologie.

Auszeichnungen

  • Wissenschaftliche Beirätin des Deutschen Verbands der Spielwarenindustrie Nürnberg (DVSI)
  • Ehrenamtliche Prüferin der Industrie- und Handelskammer Nürnberg (IHK)[25]
  • Patin für Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage am Maria-Ward-Gymnasium Nürnberg[26]
  • Vertrauensdozentin an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
  • Studienvollstipendium mit Promotionsstipendium
  • Stipendium des Deutschen Bundestages und des US Congress zum einjährigen Gastschulaufenthalt in USA

Veröffentlichungen (Auswahl)

  • Bienenschwarm und Honigglück. Insektenleidenschaft im Spielzeugformat. In: Mein Spielzeugmuseum 11 (2024)
  • "Der Kalte Gekochte". Geschichte eines Teddybären mit einem absonderlichen Namen. In Kooperation mit Maren Hoffmann, DER SPIEGEL, In: Mein Spielzeugmuseum 11 (2024)
  • Ein Rotes Band durchschneiden. Eröffnung des Katzenmuseums Istanbul. In: Mein Spielzeugmuseum 11 (2024)
  • "It's amazing what a little colour can do!" Eröffnung der neuen Museumspassage, gestaltet von Claas Möller. In: Mein Spielzeugmuseum 11 (2024)
  • Holz, Farbe und Gefühl. Spielzeug des 20. Jahrhunderts aus den italienischen Dolomiten. In: Mein Spielzeugmuseum 11 (2024)
  • MENSCH, SPIEL! Nachhaltigkeit für alle. Mit Spielzeug die Herausforderungen unseres Lebens begreifen und gestalten. Pitch Deck zum attraktiv-fröhlichen Nachhaltigkeitsprojekt in der Spielzeugstadt Nürnberg. Dollerup 2022. ISBN 978-3-940989-51-2
  • ALTE LIEBE. Kaugummiautomaten und ihre Spielzeugschätze (= Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg, Bd. 25), Petersberg 2022. ISBN 978-3-7319-1276-7
  • Das Spielzeugmuseum auf dem Weg zu Nürnbergs Emotionalem Weltmuseum. Nachhaltigkeitsstrategie - Leitbild - Konzept. Mit einem Vorwort von Marcus König. Nürnberg 2021.
  • Die amerikanische Art, ein Museum zu leiten. In: Rundfunk & Museum. Heft 99 (2020), S. 38–39.
  • Nürnberg hat das Zeug zum Spielen! Zur DNA der fränkischen Spielzeugstadt. In: Kulturstadt Nürnberg. Herkunft und Zukunft in Europa. Nürnberg 2019, ISBN 978-3-924270-76-6, S. 127–146.
  • Spielen ist eine anthropologische Konstante. In: Morisse, Jörn / Felix Gebhard: Brettspiele. Mainz 2019, ISBN 978-3-95575-119-7, S. 87–99.
  • Kauf mir einen bunten Luftballon! Zur Geschichte eines kurzlebigen Kinderglücks. In: Mein Spielzeugmuseum 6/2019, S. 22–31.
  • Im Spiel feiert das Leben sich selbst. In: Kobbert, Max: Kulturgut Spiel (= Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg, Bd. 17), Petersberg 2018, S. 4-7.
  • Hermann Glaser, das Spielzeugmuseum und die 1968er Revue. In: Thorsten Brehm/Michael Ziegler (Hrsg.): … die Verhältnisse zum Tanzen bringen. Hermann Glaser. Nürnberg / Fürth 2018, S. 33–35.
  • Rot und Weiß – voller Charme, Witz und Gefühl. Zur Musikbiografie von Conny Wagner. In: Franken – Sternen-Herzschlag, Booklet zur CD "Das 'Who is Who' der fränkischen Musikszene", 3. Teil, Fürth 2017, S. 3.
  • Klimpern, quietschen, tröten mit Spielzeuginstrumenten. Karin Falkenberg, Urs Latus, Christiane Reuter. In: Mein Spielzeugmuseum 1 (2016), S. 12–13.
  • Notspielzeug. Die Phantasie der Nachkriegszeit (= Schriftenreihe der Museen der Stadt Nürnberg, Bd. 10), Petersberg 2015, ISBN 978-3-7319-0267-6.
  • Grundig AG. In: Historisches Lexikon Bayerns. München 2012.
  • Gemeinsam mit Maxie Pellengahr: Kinderkunst. Fürth 2009, ISBN 3-927332-30-5.
  • Gemeinsam mit Andreas Christ und Gerd Walther: Der Rundfunkverbrecher Willi Mühlhofer. Fürth 2006, ISBN 3-927332-40-2.
  • Radiohören. Zu einer Bewusstseinsgeschichte 1933 bis 1950. Mit einem Vorwort von Reinhold Viehoff. Nürnberg 2005, ISBN 3-927332-07-0.
  • Gemeinsam mit Karin Gleixner und Rainer Huhle: Compañero Eppelein und die Revolution am Río Pegnitz. Nürnberg 2004, ISBN 3-927332-25-9.
  • Vom Hörsaal in die eigene Firma. Die Universität Würzburg hat ein Gründerbüro eingerichtet. In: UNI 6 (2001), S. 63.
  • Gemeinsam mit Hans Falkenberg: Der Waffenschmied in Suhl. Das einzige Japan-Restaurant der DDR. Würzburg 2000, ISBN 3-927332-18-6.
  • Rituale des Radiohörens. In: Margot Hamm/Bettina Hasselbring/Michael Henker (Hrsg.): Der Ton. Das Bild. Die Bayern und ihr Rundfunk. Begleitbuch zur Ausstellung des Hauses der Bayerischen Geschichte und des Bayerischen Rundfunks. Augsburg 1999, ISBN 3-927233-66-8, S. 275–279.
  • Das Restaurant der Obdachlosen. Studenten bedienen Obdachlose in einer Suppenküche der anderen Art am Institut für Philosophie der New York University. In: Oberhessische Presse, 9. April 1994, S. 16
  • Rock'n'Roll im Reifrock. Erlebnisse einer Austauschschülerin. 1. Auflage Nürnberg 1987, 2. Auflage München 1997, ISBN 3-927332-11-9.

Einzelnachweise

  1. Spielzeugmuseum Nürnberg Kontaktseite, Abruf am 29. November 2020.
  2. Institut für Ludologie, Köpfe. Abgerufen am 11. Juli 2024.
  3. Karin Falkenberg: Rock'n'Roll im Reifrock. Erlebnisse einer Austauschschülerin in den USA. 2. Auflage. Institut für Alltagskultur, Schwabach 1997, ISBN 3-927332-11-9, S. 124.
  4. Popp, Jürgen: Nürnberger Wasserleitungsprojekt als Schutz vor der Cholera. In: Nürnberger Anzeiger, 7. November 1991, S. 3
  5. Falkenberg, Karin: Das Restaurant der Obdachlosen. Studenten bedienen Obdachlose in einer Suppenküche der anderen Art am Institut für Philosophie der New York University. In: Oberhessische Presse, 9. April 1994, S. 16
  6. Krauß, Ina: Es funkt, wenn der "Kesse Fratz" den Äther entert. Junge Radiomacher machen bei Radio Z ihr eigenes Jugendmagazin. In: Nürnberger Anzeiger, 7. März 1991, S. 3
  7. Falkenberg, Karin: Vom Hörsaal in die eigene Firma. Die Universität Würzburg hat ein Gründerbüro eingerichtet. In: UNI 6 (2001), S. 62
  8. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Habilitationsurkunde_Karin_Falkenberg,_Kadir_Has_Universit%C3%A4t.jpg - abgerufen 2024-07-11
  9. Dudzinski, Peter: Nelsons Seesiege auf Matrosenkragen. Ein Bericht über die Herausforderungen, als 14-Jährige eine Ausstellung vorzubereiten. In: Gruß aus 4 (1984), S. 5-7.
  10. Wolf, Herbert: Ansichtskarten zeigen die Mode "Anno dazumal". Matrosenanzüge als Kinderkleidung. In: Bayerwald Echo, 17. März 1984, S. 21
  11. Lauterbach, Burkhart (Hrsg.): Großstadtmenschen. Die Welt der Angestellten. München 1995
  12. Spielerisch auf Augenhöhe. dasspielzeug.de, 1. August 2014, abgerufen am 6. März 2024.
  13. BAYERN 2 Podcast Bayerischer Rundfunk, „Geschichte des Spielzeugs“ vom 12. März 2020, Abruf am 29. November 2020.
  14. Matthias Boll: Das Spielzeugmuseum ruft. In: Fürther Nachrichten vom 19. Dezember 2013. (Digitalisat auf nordbayern.de)
  15. Gabriele Koenig: Dürfen da eigentlich alle mitmachen? Partizipation ist im Spielzeugmuseum ausdrücklich erwünscht. Interview mit Karin Falkenberg. In: Mein Spielzeugmuseum 5 (2018), S. 32–33. (Digitalisat auf museenblog-nuernberg.de)
  16. Spielzeug und Rassismus. | Karin Falkenberg | TEDxStuttgart (youtube.com) - abgerufen 2024-07-11
  17. Nachhaltigkeitsstrategie des Spielzeugmuseums. In: Museen.Nuernberg.de. Stadt Nürnberg, abgerufen am 29. Juni 2022.
  18. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Urkunde_der_Gemeinwohlbilanz,_Spielzeugmuseum_N%C3%BCrnberg.jpg - abgerufen am 11.7.2024
  19. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Auszeichnung_f%C3%BCr_das_Spielzeugmuseum,_ZukunftsGut-Preis_der_Commerzbank-Stiftung,_2022.jpg - abgerufen am 11.7.2024
  20. Bayern barrierefrei: Startseite - abgerufen 11.7.2024
  21. Falkenberg, Karin: MENSCH, SPIEL! Nachhaltigkeit für alle. Mit Spielzeug die Herausforderungen unseres Lebens begreifen und gestalten. Dollerup 2022. ISBN 978-3-940989-51-2
  22. Karin Falkenberg: Das Spielzeugmuseum auf dem Weg zu Nürnbergs Emotionalem Weltmuseum. Nachhaltigkeitsstrategie - Leitbild - Konzept. Mit einem Vorwort von Marcus König. Hrsg.: Karin Gleixner. Nürnberg 2021, S. 28.
  23. https://www.sueddeutsche.de/muenchen/landkreismuenchen/auszeichnung-ein-guter-zug-1.4732665 sz.de] Zeitungsartikel in der Süddeutschen Zeitung „Ein guter Zug“ vom 20. Dezember 2019
  24. Immaterielles Kulturerbe | thueringen.de - abgerufen 11.7.2024
  25. https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Berufungsurkunde_f%C3%BCr_Karin_Falkenberg_zur_IHK-Pr%C3%BCferin,_2019.jpg - abgerufen 11.7.2024
  26. Aktion Courage e.V.: Pat:innen. In: www.schule-ohne-rassismus.org. 11. Januar 2019, abgerufen am 18. September 2021.