„Silvestro Ganassi“ – Versionsunterschied

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Version vom 8. Juni 2008, 01:39 Uhr

Titelbild der Fontegara

Silvestro Ganassi (* 1. Januar 1492 in Fontego bei Venedig; † 1550) war italienischer Gamben- und Blockflötenspieler und Komponist.

Silvestro Ganassi war der Verfasser von zwei bedeutenden und wegweisenden Lehrbüchern. Zum einen schrieb er die "La Fontegara la quale insegno di suonare il flauto" (1535), eine Anweisung für das Spiel der Schnabelflöte mit sieben Tonlöchern. Zum anderen veröffentlichte er in den Jahren 1542/43 ein Lehrwerk für das Spiel der Viola und der Laute: Regola Rubertina. Beide Werke wurden von Ganassi auch selbst gedruckt.

Ganassi baut den Vorläufer des Kontrabasses

Als - wohl guter - Gambenspieler baute Ganassi 1542 in Venedig eine Bass-Viola da Gamba. Diese Instrument wird häufig als das "Urinstrument des Kontrabasses gesehen. Die besonderen Kennzeichen waren die abfallenden Schultern, Bünde und sechs Saiten in Quarten (D, g, c, e, a, d1). Das Instrument war jedoch noch nicht in der Kontra-Lage (16" - Lage) gestimmt. Ein derartiges Instrument baute erst im Jahre 1585 Ventura Linarol, dessen tiefsten Saiten bereits der heutigen Stimmung entsprachen: E1, A1, D, G, c, f. Doch das wr nur eine Ausnahme: es gab damals noch lange keine einheitliche Stimmung. Trotzdem weisen die Merkmale der Viola da Gamba von Ganassi darauf hin, dass die Entwicklung der tiefen Streichinstrumente ihren Ausgang in der Familie der Gambeninstrumente hatte.

Die neue Ganassi-Blockflöte

Silvestro Ganassi war kein Flötenbauer. Trotzdem entwickelte er die neue Ganassi-Blockflöte mit einem neuen Griffsystem. Diese Ganassi-Blockflöte wird seit längerem von namhaften Blockflötenherstellern nachgebaut. Ganassi hat bei dieser Blockflöte lediglich interessiert, auf den ihm zur Verfügung stehenden Instrumenten die musikalischen Prinzipien seiner Zeit radikal umzusetzen. In seinem Lehrwerk Fontegara versucht er, die Grenzen der Blockflöte hinsichtlich ihrer technischen Möglichkeiten zu verschieben. Das Instrument war für ihn nicht Selbstzweck, sondern diente ihm lediglich als Ausdrucksmedium.

Für Ganassis Blockflöte mussten neue, ungewohnte Griffe verwendet werden: Er arbeitet teilweise mit halbgedeckten Grifflöchern und rät dem Spieler: "Für die halb offenen und geschlossenen Grifflöcher kann ich dir keine besonderen Vorschriften geben. Je nachdem es dein Ohr verlangt und du es für richt hältst, musst du die Grifflöcher mehr oder weniger als zur Hälfte decken". Und: "Denke daran, dass du jeden Ton sanft hervorbringen kannst, wenn du das Griffloch ein wenig aufdeckst und weniger Atem gibst".

Die in seiner Fontegara vorgestellten Diminutionsbeispiele (Diminution = Zerkleinerung) wirken zunächst "wie sperrige Monstren" (Michael Form), die sich "der Anwendung auf einen musikalischen Kontext zu widersetzen scheinen". Doch sie haben sich durchgesetzt. Das immer häufiger werdende Auftreten reiner Instrumentalformen förderte die Entstehung einer eigentlichen, abgestuften Instrumentalartikulation. Hier reagiert die Blockflöte auf die durch Zungenbewegungen hervorgerufenen Unterbrechungen des Atemstromes schnell und empfindlich. Ganassis Vorstellung von Staccato, Nonlegato und Portato entspricht dabei weitgehend unserer heutigen Praxis. Er lehrt aber auch, Musik mit Improvisation wiederzugeben, die vom ursprünglichen Notentext abweicht, aber wiederum an ihn gebunden ist. Es geht um die Verzierungskunst, deren Grenzen dennoch fließend sind, es geht um trillerartige Umspielungen eines Tones, um Vor- und Doppelschläge, weitgesponnene Melismen über der Schlusskadenz.Mehr darüber in Stilfragen des 14., 15. und 16. Jahrhunderts.

Diese Diminutionsformen wurden auch in anderen Lehrbückern veröffentlicht mit dem Versuch, die bisher frei geübte Improvisationspraxis in Regeln zu fassen. Sie behandeln mseistens vokale und instrumentale Verzierung gleichzeitig. Deshalb sagt Ganassi, seine Flötenschule sei "auch für alle Blas- und Streichinstrumente sowie für den Sänger von Nutzen".

Literatur

  • Keller, Hermann: Phrasierung und Artikulation, Bärenreiter, Kassel 1955
  • Schmitz, Hans-Peter: Prinzipien der Aufführungspraxis Alter Musik, Berlin 1950
  • Frotscher, Gotthold: Aufführungspraxis alter Musik, Heinrichshofen, Wilhelmshaven 1963
  • Hausswald, Günter: Musikalische Stilkunde, Heinrichshofen, Wilhelmshaven 1973
  • Michael Form (Blockflötist): Interview in Windkanal 2/2002, Fulda


Siehe auch: Liste historisch-musiktheoretischer Literatur