„Organhandel im Kosovo“ – Versionsunterschied

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'''Das gelbe Haus''' ({{SqS|''shtëpia e verdhë''}}, {{SrS|жута кућа/''žuta kuća''}}) ist ein Gebäude in ''Rribe'' ([[Albanische Sprache|Albanisch]] offiziell meist ''Rripa'' resp. ''Rripë'') rund zehn Kilometer südlich von [[Burrel]]<ref name="guardian">{{internetquelle |url=http://www.guardian.co.uk/world/2008/nov/25/kosovan-albanian-guerrillas-war-crime |titel=At family farm, grim claims of organ culling from captured Serb soldiers |werk=[[The Guardian]] |autor=Paul Lewis |datum=2008-11-25 |sprache=en |zugriff=2010-10-09}}</ref> in [[Albanien]] und steht als Symbol für mutmaßlichen illegalen [[Organhandel]] und [[Kriegsverbrechen]] der [[paramilitär]]ischen [[UÇK]] und [[Albaner|albanischen]] [[Organisierte Kriminalität|Verbrecherorganisationen]] an überwiegend [[Serben]] sowie [[Roma]] und jugoslawientreuen [[Kosovo-Albaner]]n (''Kollaborateure'' aus Sicht der UÇK) nach dem [[Kosovokrieg]] im Jahr 1999.
'''Das gelbe Haus''' ({{SqS|''shtëpia e verdhë''}}, {{SrS|жута кућа/''žuta kuća''}}) ist ein Gebäude in ''Rribe'' ([[Albanische Sprache|Albanisch]] offiziell meist ''Rripa'' resp. ''Rripë'') rund zehn Kilometer südlich von [[Burrel]]<ref name="guardian">{{internetquelle |url=http://www.guardian.co.uk/world/2008/nov/25/kosovan-albanian-guerrillas-war-crime |titel=At family farm, grim claims of organ culling from captured Serb soldiers |werk=[[The Guardian]] |autor=Paul Lewis |datum=2008-11-25 |sprache=en |zugriff=2010-10-09}}</ref> in [[Albanien]] und steht als Symbol für mutmaßlichen illegalen [[Organhandel]] und [[Kriegsverbrechen]] der [[paramilitär]]ischen [[UÇK]] und [[Albaner|albanischen]] [[Organisierte Kriminalität|Verbrecherorganisationen]] an überwiegend [[Serben]] sowie [[Roma]] und jugoslawientreuen [[Kosovo-Albaner]]n (''Kollaborateure'' aus Sicht der UÇK) nach dem [[Kosovokrieg]] im Jahr 1999.


== Hergang ==
== Vorgeschichte ==
{{Belege fehlen}}
Burrel galt schon zu kommunistischen Zeiten als ein gefürchteter Ort der in Albanien herrschenden Obrigkeit und stand für [[Folter]], [[Mord]] und das Verschwinden von Gefangenen. Nach dem Zerfall des kommunistischen Staates Albanien entstanden organisierte Verbrechenbanden, die sich am illegalen [[Organhandel]] beteiligten. Nach [[Human Rights Watch]] wurden auch [[Russen|russische]] und andere Frauen aus dem ehemaligen [[Ostblock]] in dem Haus Opfer des illegalen Organhandels, was auf eine länger laufende Einrichtung schließen lässt.
Burrel galt schon zu kommunistischen Zeiten als ein gefürchteter Ort der in Albanien herrschenden Obrigkeit und stand für [[Folter]], [[Mord]] und das Verschwinden von Gefangenen. Nach dem Zerfall des kommunistischen Staates Albanien entstanden organisierte Verbrechenbanden, die sich am illegalen [[Organhandel]] beteiligten. Nach [[Human Rights Watch]] wurden auch [[Russen|russische]] und andere Frauen aus dem ehemaligen [[Ostblock]] in dem Haus Opfer des illegalen Organhandels, was auf eine länger laufende Einrichtung schließen lässt.


Seit 1998 kam es zu Entführungen in der damals serbischen autonomen Region [[Kosovo]], die der UÇK zugeschrieben wurden. Zeugenaussagen zufolge wurden gesund aussehende Entführte, überwiegend serbische Zivilisten, besser verpflegt und körperlich nicht misshandelt und letztlich aus Serbien nach Albanien in eines der dort für Gefangene der UÇK errichteten Lager (wie zum Beispiel bei [[Kukës]]) überführt, anschließend von albanischen Ärzten untersucht und bei Entsprechung der Anforderungen in ''das gelbe Haus'' gebracht. Die dort durchgeführte Organentnahme muss an lebenden Gefangenen durchgeführt worden sein, um das Risiko des vorzeitigen Absterbens der Organe minimieren zu können. Die Organe sollen dann vom [[Flughafen Tirana]] ins westliche Ausland zu zahlungskräftigen Kunden, sehr wahrscheinlich in den [[Vereinigte Staaten|USA]], geflogen worden sein.
Seit 1998 kam es zu Entführungen in der damals serbischen autonomen Region [[Kosovo]] (damals zu Jugoslawien gehörend), die der UÇK zugeschrieben wurden. Zeugenaussagen zufolge wurden gesund aussehende Entführte, überwiegend serbische Zivilisten, besser verpflegt und körperlich nicht misshandelt und letztlich aus der teilweise von der UÇK kontrollierten serbischen Provinz nach Albanien in eines der dort für Gefangene der UÇK errichteten Lager (wie zum Beispiel bei [[Kukës]]) überführt. Anschließend sollen Gefangene von albanischen Ärzten untersucht und teilweise in ''das gelbe Haus'' im abgeschieden gelegenen Burrel gebracht worden sein.


Das Haus, eine ehemalige Hausklinik, wurde nach Human Rights Watch nachträglich weiß angestrichen, doch konnten Mitarbeiter des Human Rights Watch eindeutig gelbe Farbreste des früheren Anstrichs ausmachen. In verschiedenen Bereichen des Gebäudes registrierten die Mitarbeiter des Human Rights Watch Spritzen, Medikamente zur Muskelerschlaffung und weiteres medizinisches Gerät.
Das ehemals ''gelbe Haus'' ist ein typisches {{"|großes albanisches Bauernhaus|Quelle=Magazin}},<ref name="magazin">{{internetquelle |url=http://dasmagazin.ch/index.php/was-geschah-in-burrel/ |titel=Was geschah in Burrel? |autor=Thomas Zaugg |werk=Das Magazin |datum=2010-02-13 |zugriff=2010-10-09 |archiv-url=http://web.archive.org/web/20101123045546/http://dasmagazin.ch/index.php/was-geschah-in-burrel/ |archiv-datum=2010-11-23 }}</ref> das {{"|nur über Schotter und Geröll erreichbar|Quelle=Spiegel}} und {{"|durch enge Serpentinen und kratertiefe Schlaglöcher|Quelle=Spiegel}} zu erreichen ist und {{"|buchstäblich am Ende der Zivilisation|Quelle=Spiegel}} liege.<ref name="spiegel">{{Der Spiegel|ID=60403594|Autor=Renate Flottau|Titel=Das Haus am Ende der Wel|Jahr=2008|Nr=39}}</ref> Dass in dieser armen, schwer erreichbaren Region damals die {{"|Organisation, Technik, Technologie, ein perfektes Wissen und eine ebenso perfekte Logistik|Quelle=Ärztezeitung}} vorhanden waren, die für solche schwierige chirurgische Eingriffe notwendig sind, wird von vielen Beobachtern in Frage gestellt.<ref>{{internetquelle |url=http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitspolitik_international/article/518686/gab-organdiebstahl-albanien-zweifel-immer-lauter.html |titel=Gab es Organdiebstahl in Albanien? Zweifel werden immer lauter |werk=Ärztezeitung online |datum=2008-10-29 |autor=[[Deutsche Presse-Agentur]] |zugriff=2010-10-09}}</ref>

Nach dem peruanischen Forensiker Pablo Jose Barajbar ist die bisher zusammengetragene Beweislast nicht ausreichend für eine Verurteilung, jedoch die Indizienlast, wie auch Zeugenaussagen, ausreichend für eine Anklageerhebung.


== Nachforschungen ==
== Nachforschungen ==

=== Erste Vorwürfe ===
=== Erste Vorwürfe ===
Das Haus, eine ehemalige Hausklinik, wurde nach Human Rights Watch mittlerweile weiß angestrichen, wobei Mitarbeiter des Human Rights Watch eindeutig gelbe Farbreste des früheren Anstrichs ausmachen konnten. In verschiedenen Bereichen des Gebäudes registrierten die Mitarbeiter des Human Rights Watch Spritzen, Medikamente zur Muskelerschlaffung und weiteres medizinisches Gerät.


Im Jahr 2002 führten Zeugenaussagen von Menschenhandel in Verbindung mit Organraub den als seriös und unabhängig geltenden US-amerikanischen Kriegsjournalisten Michael Montgomery und Kollegen bei seinen Recherchen zu dem „gelben Haus“ in der Nähe der zentralalbanischen Stadt Burrel, wohin ein Zeuge Gefangene gebracht und an Ärzte übergeben haben wollte.<ref name="magazin" /> Bei Montgomerys Zeugen handelte es sich nach seinen Angaben um drei UÇK-Fahrer. Ein Zeuge gab an, dabei gewesen zu sein, als die Toten in einem nahen Friedhof vergraben worden seien. Das Journalistenteam sammelte bis bis ins Jahr 2003 Material zu dem angeblichen UÇK-Organhandel.<ref name="magazin" />
Die ehemalige Chefanklägerin am [[Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien|Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien]] (ICTY, auch „Haager Tribunal“) in [[Den Haag]], [[Carla Del Ponte]], warf im April 2008 der UÇK vor, nach der Militärintervention der [[NATO]] von 1999 mindestens 300 serbische Gefangene aus dem Kosovo nach Nordalbanien entführt und ihnen dort Organe entnommen zu haben, um diese über den Flughafen in [[Tirana]] außer Landes zu schaffen und zu verkaufen. Zeugen zufolge sollen Gefangenen Nieren entfernt worden sein, um sie erst später zu töten und ihnen schließlich weitere Organe zu entnehmen. Die Gefangenen sollen sich dabei ihres Schicksals bewusst gewesen sein. Einige Opfer sollen nahe des ''gelben Hauses'' und auf einem nahegelegenen Friedhof vergraben worden sein. Unter den Opfern sollen sich auch Albaner befunden haben sowie entführte Frauen aus Osteuropa, die gezwungen worden seien, als Prostituierte zu arbeiten.<ref name="TG_12-04-2008">''[http://www.webcitation.org/6GJruedW8 Former war crimes prosecutor alleges Kosovan army harvested organs from Serb prisoners]'' (englisch). The Guardian, 12. April 2008, von Ian Traynor, archiviert vom [http://www.guardian.co.uk/world/2008/apr/12/warcrimes.kosovo Original] am 2. Mai 2013.</ref> Del Ponte beschreibt in ihrem Buch ''Die Jagd – Ich und die Kriegsverbrecher'' (engl.: ''The Hunt'') ihre Untersuchungen der Vorfälle des Organschmuggels um das ''gelbe Haus'' und erhebt diesbezüglich schwere Vorwürfe gegen das Haager Tribunal und den politischen Unwillen von Behörden der [[Vereinte Nationen|UN]] und Albaniens, durch Kosovo-Albaner begangene Verbrechen aufzuarbeiten. Sie sei bei ihren Ermittlungen sowohl von kosovo-albanischer als auch von westlicher Seite auf eine „Mauer des Schweigens“ gestoßen, so dass sie ihre Ermittlungen nicht erfolgreich habe abschließen können.<ref name="po-ch_13-03-2011">''[http://www.webcitation.org/6DtVGEjhH Kosovo: Ein privilegierter Partner]'', 13. März 2011, archiviert von der [http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1696 Internetversion auf www.politonline.ch] am 23. Januar 2013, ursprüngliche Quelle: http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58025, vom 11. März 2011; mit Verweis auf: Carla del Ponte, ''La Caccia. Io e i Criminali di Guerra'', Meiland 2008.</ref> Den Regierungen Albaniens und des Kosovos warf sie vor, am lukrativen Geschäft des Organhandels beteiligt gewesen zu sein.


Dann wandte es sich mit Bitte um Unterstützung an den den damaligen Vorsteher des UN-Büros für Vermisste in Kosovo, [[José Pablo Baraybar]]. Baraybar gilt als „einer der wenigen Uno-Leute, die sich damals für die vermissten Serben einsetzten und den Mut zu Untersuchungen aufbrachten, auch gegen die UCK [UÇK]“.<ref name="magazin" /> Laut dem peruanischen Forensiker Baraybar war die zusammengetragene Beweislast nicht ausreichend für eine Verurteilung, jedoch die Indizienlast, wie auch Zeugenaussagen, ausreichend für eine Anklageerhebung.
Die Einreichung eines Antrags zur Anklageerhebung wurde vom ''Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien'' mit der Begründung der Auflösung des Tribunals im Jahr 2010 abgelehnt. Das albanische Gericht für Kriegsverbrechen lehnt eine Untersuchung aus Mangel an Beweisen ab.


Die ehemalige Chefanklägerin am [[Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien|Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien]] (ICTY, auch „Haager Tribunal“) in [[Den Haag]], [[Carla Del Ponte]], die spätestens seit ihrer Bearbeitung vom 29. Juni 2001 gegen im ICTY-Prozess gegen Slobodan Milošević und vier andere serbisch-jugoslawische Führungskräfte als Kriegsverbrecher-„Jägerin“ sowie „eiserner Engel der Gerechtigkeit und Jeanne d’Arc des internationalen Rechts“<ref name="WWL_28-12-2001">''[http://www.webcitation.org/6Dn9c4Eih Westfälischer Friedenspreis 2002 für Carla Del Ponte]''. Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe (WWL), 28. Dezember 2001, archiviert vom [http://www.wirtschaft-westfalen.de/pm_26.html Original] am 19. Januar 2013.</ref><ref name="FAZ_28-12-2001">''[http://www.webcitation.org/6Dn9kLSwx Chefanklägerin Del Ponte wird für ihren Mut ausgezeichnet]''. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Dezember 2001, von Jutta Steinhoff, dpa, archiviert vom [http://www.faz.net/aktuell/politik/westfaelischer-friedenspreis-2002-chefanklaegerin-del-ponte-wird-fuer-ihren-mut-ausgezeichnet-138180.html Original] am 19. Januar 2013.</ref> in den westlichen Medien tituliert und vielfach ausgezeichnet wurde, soll die Organhandel-Vorwürfe zunächst nicht geglaubt haben, liess aber „ihre Leute zumindest weiterermitteln“.<ref name="magazin" />
[[Bernard Kouchner]], der von Mitte 1999 bis Anfang 2001 als [[UN-Sonderbeauftragter]] (SRSG) und Chef der [[United Nations Interim Administration Mission in Kosovo|UN-Mission]] im Kosovo (UNMIK) über weitreichende Befugnisse im Kosovo verfügt hatte und im Jahr 2008 französischer Außenminister war, bezeichnete del Pontes Vorgehen als unseriös, da es nicht auf ernsthaften Untersuchungen beruhe.<ref>{{internetquelle |url=http://www.luzernerzeitung.ch/nachrichten/politik/schweiz/art331,87594 |werk=Neue Luzerner Zeitung Online |autor=[[Schweizerische Depeschenagentur|SDA]] |titel=Bernard Kouchner sieht keine Beweise für Organhandel |datum=2011-04-06 |zugriff=2011-04-06}}</ref>

Es kam in der Folge zu Unstimmigkeiten zwischen den in die Untersuchungen involvierten drei Parteien, dem Forensiker Baraybar vom UN-Büro für Vermisste, dem Journalisten Montgomery und den Mitarbeitern Del Pontes vom Haager Tribunal. Montgomery schützte die Identität seiner Zeugen gegenüber dem Haager Tribunal, das volle Akteneinsicht forderte und die Identität der Zeugen nicht ermitteln konnte, die nach Einschätzung Montgemerys aus dem Jahr 2010 bereits nicht mehr leben.<ref name="magazin" />

Am 4. Februar 2004 schlossen sich die in die Untersuchungen involvierten Parteien zusammen und etwa zwei Dutzend Experten besuchten das einer albanischen Familie gehörende Bauernhaus. Über drei Tage hinweg hielten sich Mitarbeiter Baraybars, Carla del Pontes und der Journalist Montgomery mit einem Kollegen an dem mutmasslichen Tatort auf, wo es zu einem Expertenstreit kam, als sich die albanische Familie in Widersprüche verstrickte.<ref name="magazin" />

Doch erst im Jahr 2008 wurde der Fall des „gelben Hauses“ der Weltöffentlichkeit schlagartig bekannt,<ref name="magazin" /> als Del Ponte der UÇK im April 2008 vorwarf, nach der Militärintervention der [[NATO]] von 1999 mindestens 300 serbische Gefangene aus dem Kosovo nach Nordalbanien entführt und ihnen dort Organe entnommen zu haben, um diese über den Flughafen in [[Tirana]] außer Landes zu schaffen und zu verkaufen. Zeugen zufolge sollen Gefangenen Nieren entfernt worden sein, um sie erst später zu töten und ihnen schließlich weitere Organe zu entnehmen. Die Gefangenen sollen sich dabei ihres Schicksals bewusst gewesen sein. Einige Opfer sollen nahe des Hauses in Burrel und auf einem nahegelegenen Friedhof vergraben worden sein. Unter den Opfern sollen sich auch Albaner befunden haben sowie entführte Frauen aus Osteuropa, die gezwungen worden seien als Prostituierte zu arbeiten.<ref name="TG_12-04-2008">''[http://www.webcitation.org/6GJruedW8 Former war crimes prosecutor alleges Kosovan army harvested organs from Serb prisoners]'' (englisch). The Guardian, 12. April 2008, von Ian Traynor, archiviert vom [http://www.guardian.co.uk/world/2008/apr/12/warcrimes.kosovo Original] am 2. Mai 2013.</ref> Del Ponte beschreibt in ihrem Buch ''Die Jagd – Ich und die Kriegsverbrecher'' (engl.: ''The Hunt'') ihre Untersuchungen der Vorfälle des Organschmuggels um ''das gelbe Haus'' und erhebt diesbezüglich schwere Vorwürfe gegen das Haager Tribunal und den politischen Unwillen von Behörden der [[Vereinte Nationen|UN]] und Albaniens, durch Kosovo-Albaner begangene Verbrechen aufzuarbeiten. Sie sei bei ihren Ermittlungen sowohl von kosovo-albanischer als auch von westlicher Seite auf eine „Mauer des Schweigens“ gestoßen, so dass sie ihre Ermittlungen nicht erfolgreich habe abschließen können.<ref name="po-ch_13-03-2011">''[http://www.webcitation.org/6DtVGEjhH Kosovo: Ein privilegierter Partner]'', 13. März 2011, archiviert von der [http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1696 Internetversion auf www.politonline.ch] am 23. Januar 2013, ursprüngliche Quelle: http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58025, vom 11. März 2011; mit Verweis auf: Carla del Ponte, ''La Caccia. Io e i Criminali di Guerra'', Meiland 2008.</ref> Den Regierungen Albaniens und des Kosovos warf sie vor, am lukrativen Geschäft des Organhandels beteiligt gewesen zu sein.

Die Einreichung eines Antrags zur Anklageerhebung wurde vom ''Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien'' mit der Begründung der Auflösung des Tribunals im Jahr 2010 abgelehnt. Das albanische Gericht für Kriegsverbrechen lehnt eine Untersuchung aus Mangel an Beweisen ab.


=== Untersuchungsbericht von Dick Marty ===
=== Untersuchungsbericht von Dick Marty ===
Der Schweizer [[Europarat]]sabgeordnete [[Dick Marty]] bestätigte die Vorwürfe des Organhandels in seinem Untersuchungsbericht zu Händen des Europarats im Dezember 2010 (vorläufiger Bericht<ref name="Marty_2010-12-12">''[http://assembly.coe.int/CommitteeDocs/2010/20101218_ajdoc462010provamended.pdf Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo (provisional version)]'' in: [[Europarat]], Entschließungsentwurf und erläuterndes Memorandum von [[Dick Marty]], (englisch, PDF; 396&nbsp;kB) vom 12. Dezember 2010, abgerufen am 19. Dezember 2010</ref>) und Januar 2011.<ref name="Marty_2011-01-07">Council of Europe: Parliamentary Assembly, ''[http://www.webcitation.org/6GJvWAIb5 Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo]'', Committee on Legal Affairs and Human Rights, Doc. 12462, 7. Januar 2011, von Dick Marty, archiviert vom [http://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=country&category=&publisher=COEPACE&type=&coi=SRB&rid=&docid=4d874ec52&skip=0 Original] am 2. Mai 2013.</ref> Der UÇK werden im Bericht Verwicklungen in illegale Organhandelsgeschäfte vorgeworfen. In einem Krankenhaus seien Gefangenen Organe entnommen und anschließend auf dem internationalen Schwarzmarkt an ausländische Kliniken verkauft worden.<ref name="Spiegel_15-12-2010">''[http://www.webcitation.org/6DzXoxnE2 Vorwürfe im Europarat: Kosovo-Premier Thaçi soll an Organmafia beteiligt sein]''. Spiegel online, 15. Dezember 2010, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/vorwuerfe-im-europarat-kosovo-premier-tha-i-soll-an-organmafia-beteiligt-sein-a-734741.html Original] am 27. Januar 2013.</ref>


Der Schweizer [[Europarat]]sabgeordnete [[Dick Marty]] bestätigte die Vorwürfe des Organhandels in seinem Untersuchungsbericht zu Händen des Europarats im Dezember 2010 (vorläufiger Bericht<ref name="Marty_2010-12-12">''[http://assembly.coe.int/CommitteeDocs/2010/20101218_ajdoc462010provamended.pdf Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo (provisional version)]'' in: [[Europarat]], Entschließungsentwurf und erläuterndes Memorandum von [[Dick Marty]], (englisch, PDF; 396&nbsp;kB) vom 12. Dezember 2010, abgerufen am 19. Dezember 2010</ref>) und Januar 2011.<ref name="Marty_2011-01-07">Council of Europe: Parliamentary Assembly, ''[http://www.webcitation.org/6GJvWAIb5 Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo]'', Committee on Legal Affairs and Human Rights, Doc. 12462, 7. Januar 2011, von Dick Marty, archiviert vom [http://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=country&category=&publisher=COEPACE&type=&coi=SRB&rid=&docid=4d874ec52&skip=0 Original] am 2. Mai 2013.</ref> In seiner zweijährigen Untersuchung stützt sich Marty zum Teil auf die Ermittlungen des [[Federal Bureau of Investigation|FBI]] und auf Erkenntnisse von Geheimdiensten. Der UÇK werden im Bericht Verwicklungen in illegale Organhandelsgeschäfte vorgeworfen. In einem Krankenhaus seien Gefangenen Organe entnommen und anschließend auf dem internationalen Schwarzmarkt an ausländische Kliniken verkauft worden.<ref name="Spiegel_15-12-2010" /> Ausdrücklich verweist der Bericht auf [[Hashim Thaçi]] als Kopf der Drenica-Gruppe. Diese „kleine aber unvorstellbar mächtige Gruppe von UÇK-Persönlichkeiten“ habe seit 1998 die Kontrolle über die organisierte Kriminalität übernommen.<ref name="Marty_2011-01-07_p13f">Council of Europe: Parliamentary Assembly, ''[http://www.webcitation.org/6GJvWAIb5 Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo]'', Committee on Legal Affairs and Human Rights, Doc. 12462, 7. Januar 2011, von Dick Marty, S. 13f., archiviert vom [http://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=country&category=&publisher=COEPACE&type=&coi=SRB&rid=&docid=4d874ec52&skip=0 Original] am 2. Mai 2013.</ref><ref name="Spiegel_15-12-2010" /> Durch die diplomatische und politische Unterstützung der USA und anderer westlicher Länder habe sich Thaçi nach dem Kosovokrieg „unberührbar“ gewähnt. Weiter behauptet Marty, dass westliche Regierungen über die Verbrechen informiert gewesen seien, diese aber ignoriert und sich daher mitschuldig gemacht hätten.<ref name="Spiegel_15-12-2010">''[http://www.webcitation.org/6DzXoxnE2 Vorwürfe im Europarat: Kosovo-Premier Thaçi soll an Organmafia beteiligt sein]''. Spiegel online, 15. Dezember 2010, archiviert vom [http://www.spiegel.de/politik/ausland/vorwuerfe-im-europarat-kosovo-premier-tha-i-soll-an-organmafia-beteiligt-sein-a-734741.html Original] am 27. Januar 2013.</ref> Die internationalen Organisationen im Kosovo hätten aber für ihre pragmatische Politik der „befristeten Stabilität um jeden Preis eine bedeutende Prinzipien der Justiz geopfert“ und für einen langen Zeitraum die Beweisaufnahme in Zusammenhang mit Verbrechen der UÇK gegenüber der serbischen Bevölkerung und bestimmten Kosovo-Albanern vernachlässigt.<ref name="Marty_2011-01-07_p2">Council of Europe: Parliamentary Assembly, ''[http://www.webcitation.org/6GJvWAIb5 Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo]'', Committee on Legal Affairs and Human Rights, Doc. 12462, 7. Januar 2011, von Dick Marty, S. 2, archiviert vom [http://www.refworld.org/cgi-bin/texis/vtx/rwmain?page=country&category=&publisher=COEPACE&type=&coi=SRB&rid=&docid=4d874ec52&skip=0 Original] am 2. Mai 2013.</ref> Die Ergebnisse Martys sollen Geheimdiensten und Regierungen international bekannt gewesen sein, doch sei aus politischen Gründen der „Stabilität“ niemand zur Rechenschaft gezogen worden.<ref name="Blick-ch_14-12-2010" />
Als Tatort für die Organentnahme nannte er aber ein ''zweistöckiges Haus auf einem Bauernbetrieb in der Nähe der mittelalbanischen Stadt [[Fushë-Kruja]]'' und nicht das ''Gelbe Haus'' in Rribe. Marty geht aber gestützt auf Zeugenaussagen davon aus, dass das Haus von der UÇK besetzt und kontrolliert worden war. Es sollen Gefangene dorthin verbracht worden sein, darunter auch Frauen und Mädchen, die dort von UÇK-Soldaten und Dorfbewohnern sexuell missbraucht wurden. Eine kleine Zahl von Gefangenen sei in Rribe getötet worden. Primär sei das Haus aber eine Zwischenstation unter anderem vor dem Transport in die Organklinik gewesen, wobei hier auch medizinische Tests durchgeführt worden seien. {{"|Seine genaue Funktion und seine Bedeutung für die Gesamtoperation wurden früher vielleicht falsch verstanden}}, urteilt Marty schlussendlich in Bezug auf die Memoiren von Carla Del Ponte und ihre Quellen.<ref name="Marty" /><ref name="Habegger" />

Als einen der Tatorte für die Organentnahme einer „Handvoll“ Gefangener nannte Marty ein ''zweistöckiges Haus auf einem Bauernbetrieb in der Nähe der mittelalbanischen Stadt [[Fushë-Kruja]]'' als „improvisierte Klinik“ in Rribe. Im Unterschied zu anderen UÇK-Gefangenen seien diese Opfer gut genährt und verhältnismässig gut behandelt worden. Unter den von der UÇK verschleppten Gefangenen sollen sich nicht nur ethnische Serben, sondern auch als Kollaborateure der Serben eingestufte oder aus sonstigen Gründen missliebige Kosovo-Albaner befunden haben. Die Gefangenen seien erschossen, von Chirurgen zerlegt und ihre Organe zum Flughafen im nahegelegenen Tirana gebracht worden. Nach unbestätigten Berichten sollen sich die Organabnehmer in Israel oder der Türkei befunden haben. Der Organhandel sei nur eine von diversen Einnahmequellen der „Drenica-Gruppe“ gewesen, doch sollen sich sie UÇK-Spitzen bei den Organgeschäften auch persönlich bereichert haben.<ref name="Blick-ch_14-12-2010">''[http://www.webcitation.org/6GKuF5jwe Die furchtbaren Details aus dem Bericht zum Kosovo-Krieg - «Schweizer» Mafiaboss in Organhandel verwickelt!]'', [[Blick (Zeitung)]], 14. Dezember 2010, von Henry Habegger, archiviert vom [http://www.blick.ch/news/ausland/schweizer-mafiaboss-in-organhandel-verwickelt-id65317.html Original] am 3. Mai 2013.</ref>

Marty geht gestützt auf Zeugenaussagen davon aus, dass auch das ''Gelbe Haus'' von der UÇK besetzt und kontrolliert worden war. Es sollen Gefangene dorthin verbracht worden sein, darunter auch Frauen und Mädchen, die dort von UÇK-Soldaten und Dorfbewohnern sexuell missbraucht wurden. Eine kleine Zahl von Gefangenen sei in Rribe getötet worden. Primär sei das Haus aber eine Zwischenstation unter anderem vor dem Transport in die Organklinik gewesen, wobei hier auch medizinische Tests durchgeführt worden seien. {{"|Seine genaue Funktion und seine Bedeutung für die Gesamtoperation wurden früher vielleicht falsch verstanden}}, urteilt Marty schlussendlich in Bezug auf die Memoiren von Carla Del Ponte und ihre Quellen.<ref name="Marty" /><ref name="Habegger" />


Nach vorliegenden Zeugenaussagen werden die Premierminister des Kosovo, [[Hashim Thaçi]] und [[Agim Çeku]], sowie der albanische Ministerpräsident [[Sali Berisha]] beschuldigt, direkt von den Vorfällen gewusst zu haben beziehungsweise ''das gelbe Haus'' sogar persönlich aufgesucht zu haben.
Nach vorliegenden Zeugenaussagen werden die Premierminister des Kosovo, [[Hashim Thaçi]] und [[Agim Çeku]], sowie der albanische Ministerpräsident [[Sali Berisha]] beschuldigt, direkt von den Vorfällen gewusst zu haben beziehungsweise ''das gelbe Haus'' sogar persönlich aufgesucht zu haben.


Im April 2011 berichtete NDR Info über ein geheimes Dokument der UNO, in dem die Vorwürfe gegen die UÇK bekräftigt werden.<ref>{{internetquelle |url=http://www.dickmarty.ch/Docs/201148_kosovo_organi_ndr_110407.pdf |titel=Deportationen unter den Augen der Bundeswehr? |werk=NDR Info |datum=2011-04-11 |zugriff=2012-10-11 |format=PDF; 278&nbsp;kB}}</ref> Unterlagen der UNMIK von 2003 nennen als Ausgangspunkte der illegalen Gefangenentransporte von 1999 und 2000 unter anderem die Orte [[Prizren]], [[Suhareka]] und [[Rahovec]] . Für die Kontrolle dieser Orte und des Grenzübergangs von ihnen nach Albanien war damals das deutsche [[Bundeswehr]]-Kontingent der NATO-Truppe [[KFOR]] verantwortlich.<ref name="NDR_07-04-2011">''[http://www.webcitation.org/6GJwK7rzb http://www.ndr.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/pressemeldungndr8011.html Illegaler Organhandel: Wurden Kosovo-Serben unter den Augen von Bundeswehrsoldaten nach Albanien entführt?]'', NDR, Pressemeldung, 7. April 2011, archiviert vom [Original] am 2. Mai 2013.</ref>
Im April 2011 berichtete NDR Info über ein geheimes Dokument der UNO, in dem die Vorwürfe gegen die UÇK bekräftigt werden.<ref>{{internetquelle |url=http://www.dickmarty.ch/Docs/201148_kosovo_organi_ndr_110407.pdf |titel=Deportationen unter den Augen der Bundeswehr? |werk=NDR Info |datum=2011-04-11 |zugriff=2012-10-11 |format=PDF; 278&nbsp;kB}}</ref> Unterlagen der UNMIK von 2003 nennen als Ausgangspunkte der illegalen Gefangenentransporte von 1999 und 2000 unter anderem die Orte [[Prizren]], [[Suhareka]] (serb.: Suva Reka) und [[Rahovec]] (serb.: Orahovac). Für die Kontrolle dieser Orte und des Grenzübergangs von ihnen nach Albanien war damals das deutsche [[Bundeswehr]]-Kontingent der NATO-Truppe [[KFOR]] verantwortlich.<ref name="NDR_07-04-2011">''[http://www.webcitation.org/6GJwK7rzb http://www.ndr.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/pressemeldungndr8011.html Illegaler Organhandel: Wurden Kosovo-Serben unter den Augen von Bundeswehrsoldaten nach Albanien entführt?]'', NDR, Pressemeldung, 7. April 2011, archiviert vom [Original] am 2. Mai 2013.</ref>


Die Besitzerfamilie des ''Gelben Hauses'' verklagte im März 2011 Dick Marty vor einem Gericht in Tirana wegen Verleumdung.<ref>{{internetquelle |url=http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/organhandel_dick_marty_klage_1.10096208.html |titel=Klage gegen Dick Marty |werk=NZZ Online |datum=2011-03-31 |zugriff=2011-03-31}}</ref> Die Klage wurde abgewiesen.<ref>{{internetquelle |url=http://www.suedostschweiz.ch/politik/albanisches-gericht-lehnt-verleumdungsklage-gegen-dick-marty-ab |titel=Albanisches Gericht lehnt Verleumdungsklage gegen Dick Marty ab |werk=[[Die Südostschweiz]] |datum=2011-06-08 |zugriff=2011-06-08}}</ref>
Die Besitzerfamilie des ''Gelben Hauses'' verklagte im März 2011 Dick Marty vor einem Gericht in Tirana wegen Verleumdung.<ref>{{internetquelle |url=http://www.nzz.ch/nachrichten/politik/international/organhandel_dick_marty_klage_1.10096208.html |titel=Klage gegen Dick Marty |werk=NZZ Online |datum=2011-03-31 |zugriff=2011-03-31}}</ref> Die Klage wurde abgewiesen.<ref>{{internetquelle |url=http://www.suedostschweiz.ch/politik/albanisches-gericht-lehnt-verleumdungsklage-gegen-dick-marty-ab |titel=Albanisches Gericht lehnt Verleumdungsklage gegen Dick Marty ab |werk=[[Die Südostschweiz]] |datum=2011-06-08 |zugriff=2011-06-08}}</ref>


=== Untersuchungen der EULEX ===
=== Untersuchungen der EULEX ===
[[Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo|EULEX Kosovo]] kündigte im Juni 2011 an, die im Bericht von Marty erhobenen Vorwürfe untersuchen zu wollen.<ref>{{internetquelle |url=http://www.eubusiness.com/news-eu/kosovo-organ-probe.akr/ |titel=EU steps up probe into Kosovo organ-trafficking claims |datum=2011-06-10 |sprache=en |werk=EUbusiness |zugriff=2012-05-11}}</ref> Seit Herbst 2011 läuft die Untersuchung unter Leitung des Amerikaners John Clint Williamson.<ref name="NZZ_30-04-2013">{{Literatur |Titel=Illegale Organverpflanzungen in Kosovo |Sammelwerk=[[Neue Zürcher Zeitung]] |Autor=Thomas Fuster |Jahr=2013 |Monat=05 |Tag=02 |Seiten=7 |Nummer=100 |Online=[http://www.nzz.ch/aktuell/international/geschaefte-mit-menschlichen-ersatzteilen-1.18073925 Artikel auf NZZOnline vom 30. April 2013] |Zugriff=2013-05-02 }}</ref> Im Mai 2012 stimmte das [[Kuvendi i Shqipërisë|albanische Parlament]] einem Gesetz zu, das Untersuchungshandlungen der EULEX in Albanien erlaubt.<ref>{{internetquelle |url=http://de.ria.ru/politics/20120510/263561872.html |erk=RIA Novosti |titel=Albanien gibt internationalen Ermittlungen zu Organhandel grünes Licht |datum=2012-05-10 |zugriff=2012-05-11}},<br />{{internetquelle |url=http://www.top-channel.tv/english/artikull.php?id=5753 |titel=EULEX, arrests in Albania?! |werk=[[Top Channel]] |sprache=en |datum=2012-05-10 |zugriff=2012-05-11}}</ref>
[[Rechtsstaatlichkeitsmission der Europäischen Union im Kosovo|EULEX Kosovo]] kündigte im Juni 2011 an, die im Bericht von Marty erhobenen Vorwürfe untersuchen zu wollen.<ref>{{internetquelle |url=http://www.eubusiness.com/news-eu/kosovo-organ-probe.akr/ |titel=EU steps up probe into Kosovo organ-trafficking claims |datum=2011-06-10 |sprache=en |werk=EUbusiness |zugriff=2012-05-11}}</ref> Seit Herbst 2011 läuft die Untersuchung unter Leitung des Amerikaners John Clint Williamson.<ref name="NZZ_30-04-2013">{{Literatur |Titel=Illegale Organverpflanzungen in Kosovo |Sammelwerk=[[Neue Zürcher Zeitung]] |Autor=Thomas Fuster |Jahr=2013 |Monat=05 |Tag=02 |Seiten=7 |Nummer=100 |Online=[http://www.nzz.ch/aktuell/international/geschaefte-mit-menschlichen-ersatzteilen-1.18073925 Artikel auf NZZOnline vom 30. April 2013] |Zugriff=2013-05-02 }}</ref> Im Mai 2012 stimmte das [[[Kuvendi i Shqipërisë|albanische Parlament]] einem Gesetz zu, das Untersuchungshandlungen der EULEX in Albanien erlaubt.<ref>{{internetquelle |url=http://de.ria.ru/politics/20120510/263561872.html |erk=RIA Novosti |titel=Albanien gibt internationalen Ermittlungen zu Organhandel grünes Licht |datum=2012-05-10 |zugriff=2012-05-11}},<br />{{internetquelle |url=http://www.top-channel.tv/english/artikull.php?id=5753 |titel=EULEX, arrests in Albania?! |werk=[[Top Channel]] |sprache=en |datum=2012-05-10 |zugriff=2012-05-11}}</ref>


== Medicus-Fall ==
== Medicus-Fall ==

In der in der kosovarischen Hauptstadt [[Priština]] gelegenen ''Medicus-Klinik'' war es im Jahr 2008 zu illegalen Transplantationen von mindestens 23 Nieren und zu damit verbundenem Menschenhandel gekommen. Die Organspender stammten unter anderem aus der [[Türkei]], aus [[Russland]], [[Moldawien]] und [[Kasachstan]] und waren wirtschaftlich besonders schwachgestellt. Sie waren unter der Zusicherung nach Priština gelockt worden, Geldbeträge von rund 10.000 bis 12.000 Euro für eine Niere zu erhalten. Die Organempfänger waren mehrheitlich aus [[Israel]] stammende, wohlhabende Patienten. Ein aus zwei EULEX-Richtern und einem lokalen Richter bestehendes Richtergremium verurteilte im April 2013 nach der Anhörung von rund 80 Zeugenaussagen in erster Instanz fünf Angeklagte zu Haftstrafen in der Höhe von bis zu acht Jahren. Darunter befindet sich auch der Direktor der Klinik sowie sein Sohn, ebenfalls ein Arzt. Wichtige Verdächtige blieben jedoch noch immer flüchtig.<ref name="NZZ_30-04-2013" />
In der in der kosovarischen Hauptstadt [[Priština]] gelegenen ''Medicus-Klinik'' war es im Jahr 2008 zu illegalen Transplantationen von mindestens 23 Nieren und zu damit verbundenem Menschenhandel gekommen. Die Organspender stammten unter anderem aus der [[Türkei]], aus [[Russland]], [[Moldawien]] und [[Kasachstan]] und waren wirtschaftlich besonders schwachgestellt. Sie waren unter der Zusicherung nach Priština gelockt worden, Geldbeträge von rund 10.000 bis 12.000 Euro für eine Niere zu erhalten. Die Organempfänger waren mehrheitlich aus [[Israel]] stammende, wohlhabende Patienten. Ein aus zwei EULEX-Richtern und einem lokalen Richter bestehendes Richtergremium verurteilte im April 2013 nach der Anhörung von rund 80 Zeugenaussagen in erster Instanz fünf Angeklagte zu Haftstrafen in der Höhe von bis zu acht Jahren. Darunter befindet sich auch der Direktor der Klinik sowie sein Sohn, ebenfalls ein Arzt. Wichtige Verdächtige blieben jedoch noch immer flüchtig.<ref name="NZZ_30-04-2013" />


Zwischen dem Medicus-Fall und dem mutmaßlichen Organhandel unmittelbar nach Kriegsende besteht nach Überzeugung von Dick Marty ein Zusammenhang.<ref name="NZZ_30-04-2013" />
Zwischen dem Medicus-Fall und dem mutmaßlichen Organhandel unmittelbar nach Kriegsende besteht nach Überzeugung von Dick Marty ein Zusammenhang.<ref name="NZZ_30-04-2013" />

==Kontroversen um die Vorwürfe==

[[Bernard Kouchner]], der von Mitte 1999 bis Anfang 2001 als [[UN-Sonderbeauftragter]] (SRSG) und Chef der [[United Nations Interim Administration Mission in Kosovo|UN-Mission]] im Kosovo (UNMIK) über weitreichende Befugnisse im Kosovo verfügt hatte und im Jahr 2008 französischer Außenminister war, bezeichnete del Pontes Vorgehen als unseriös, da es nicht auf ernsthaften Untersuchungen beruhe. Er stritt ab, je über Vorwürfe des Organhandel informiert gewesen zu sein: „''Wir waren informiert über Übergriffe. Wir kannten das organisierte Verbrechen, den Menschenhandel und die Prostitution in den Balkanstaaten.'' (...) ''Aber wir haben nie etwas von Organhandel gehört.''“ Kouchner - selbst Arzt - argumentierte, der kosovarischen UÇK hätten nicht die notwendigen Mittel für den Handel mit Organen zur Verfügung gestanden. „Im Spital von Pristina habe es ja nicht einmal eine Heizung gegeben“ (NZZ online).<ref name="NNZ-OL_05-04-2011">''[http://www.webcitation.org/6GKoRD1ta Bernard Kouchner sieht keine Beweise für Organhandel - Ehemaliger Uno-Verwalter für Kosovo kritisiert Del Ponte und Marty]'', Neue Zürcher Zeitung Online, 5. April 2011, archiviert vom [http://www.nzz.ch/aktuell/international/bernard-kouchner-sieht-keine-beweise-fuer-organhandel-1.10146742 Original] am 3. Mai 2013.</ref>

Entsprechend wurde 2008 in der Presse der serbische Neurochirurgieprofessor Momcilo Djordjevic mit einer Aussage, die er gegenüber der Belgrader Zeitung [[NIN (Zeitschrift)|NIN]] gemacht hatte, zitiert: „Für so etwas sind eine ausgefeilte Organisation, Technik, Technologie, ein perfektes Wissen und eine ebenso perfekte Logistik notwendig. [...] Das alles konnte Albanien in der damaligen Zeit nicht besitzen und hat es selbst heute nicht“.<ref name="AZ-OL_29-10-2008" />

Bevor das „gelbe Haus“ spätestens seit den Untersuchungen Martys als Nebenschauplatz und nicht als hauptsächlicher Ort der Organentnahme angesehen wurde, erschienen in der Presse Argumentationen, die die Glaubwürdigkeit des Organhandelvorwurfs aufgrund der schlechten Infrastruktur in der Region von Burrel in Frage stellten. Es wurde hervorgehoben, dass es sich bei dem in weiß angestrichenen Haus in Burrel um ein typisches {{"|großes albanisches Bauernhaus|Quelle=Magazin}},<ref name="magazin">{{internetquelle |url=http://dasmagazin.ch/index.php/was-geschah-in-burrel/ |titel=Was geschah in Burrel? |autor=Thomas Zaugg |werk=Das Magazin |datum=2010-02-13 |zugriff=2010-10-09 |archiv-url=http://web.archive.org/web/20101123045546/http://dasmagazin.ch/index.php/was-geschah-in-burrel/ |archiv-datum=2010-11-23 }}</ref> das {{"|nur über Schotter und Geröll erreichbar|Quelle=Spiegel}} und {{"|durch enge Serpentinen und kratertiefe Schlaglöcher|Quelle=Spiegel}} zu erreichen ist und {{"|buchstäblich am Ende der Zivilisation|Quelle=Spiegel}} liege.<ref name="spiegel">{{Der Spiegel|ID=60403594|Autor=Renate Flottau|Titel=Das Haus am Ende der Wel|Jahr=2008|Nr=39}}</ref> Es wurde in Frage gestellt, dass in dieser armen, schwer erreichbaren Region damals die {{"|Organisation, Technik, Technologie, ein perfektes Wissen und eine ebenso perfekte Logistik|Quelle=Ärztezeitung}} vorhanden waren, die für solche schwierige chirurgische Eingriffe notwendig sind.<ref name="AZ-OL_29-10-2008">{{internetquelle |url=http://www.aerztezeitung.de/politik_gesellschaft/gesundheitspolitik_international/article/518686/gab-organdiebstahl-albanien-zweifel-immer-lauter.html |titel=Gab es Organdiebstahl in Albanien? Zweifel werden immer lauter |werk=Ärztezeitung online |datum=2008-10-29 |autor=[[Deutsche Presse-Agentur]] |zugriff=2010-10-09}}</ref> Auch dass das Haus „im allgegenwärtigen Grau und Braun der Landschaft und der schäbigen Häuser eigens so knallig [gelb] gestrichen worden sein soll“ (Ärztezeitung), wurde als fragwürdig dargestellt.<ref name="AZ-OL_29-10-2008" />


== Siehe auch ==
== Siehe auch ==

Version vom 3. Mai 2013, 12:13 Uhr

Das gelbe Haus (albanisch shtëpia e verdhë, serbisch-kyrillisch жута кућа/žuta kuća) ist ein Gebäude in Rribe (Albanisch offiziell meist Rripa resp. Rripë) rund zehn Kilometer südlich von Burrel[1] in Albanien und steht als Symbol für mutmaßlichen illegalen Organhandel und Kriegsverbrechen der paramilitärischen UÇK und albanischen Verbrecherorganisationen an überwiegend Serben sowie Roma und jugoslawientreuen Kosovo-Albanern (Kollaborateure aus Sicht der UÇK) nach dem Kosovokrieg im Jahr 1999.

Vorgeschichte

Burrel galt schon zu kommunistischen Zeiten als ein gefürchteter Ort der in Albanien herrschenden Obrigkeit und stand für Folter, Mord und das Verschwinden von Gefangenen. Nach dem Zerfall des kommunistischen Staates Albanien entstanden organisierte Verbrechenbanden, die sich am illegalen Organhandel beteiligten. Nach Human Rights Watch wurden auch russische und andere Frauen aus dem ehemaligen Ostblock in dem Haus Opfer des illegalen Organhandels, was auf eine länger laufende Einrichtung schließen lässt.

Seit 1998 kam es zu Entführungen in der damals serbischen autonomen Region Kosovo (damals zu Jugoslawien gehörend), die der UÇK zugeschrieben wurden. Zeugenaussagen zufolge wurden gesund aussehende Entführte, überwiegend serbische Zivilisten, besser verpflegt und körperlich nicht misshandelt und letztlich aus der teilweise von der UÇK kontrollierten serbischen Provinz nach Albanien in eines der dort für Gefangene der UÇK errichteten Lager (wie zum Beispiel bei Kukës) überführt. Anschließend sollen Gefangene von albanischen Ärzten untersucht und teilweise in das gelbe Haus im abgeschieden gelegenen Burrel gebracht worden sein.

Das Haus, eine ehemalige Hausklinik, wurde nach Human Rights Watch nachträglich weiß angestrichen, doch konnten Mitarbeiter des Human Rights Watch eindeutig gelbe Farbreste des früheren Anstrichs ausmachen. In verschiedenen Bereichen des Gebäudes registrierten die Mitarbeiter des Human Rights Watch Spritzen, Medikamente zur Muskelerschlaffung und weiteres medizinisches Gerät.

Nachforschungen

Erste Vorwürfe

Im Jahr 2002 führten Zeugenaussagen von Menschenhandel in Verbindung mit Organraub den als seriös und unabhängig geltenden US-amerikanischen Kriegsjournalisten Michael Montgomery und Kollegen bei seinen Recherchen zu dem „gelben Haus“ in der Nähe der zentralalbanischen Stadt Burrel, wohin ein Zeuge Gefangene gebracht und an Ärzte übergeben haben wollte.[2] Bei Montgomerys Zeugen handelte es sich nach seinen Angaben um drei UÇK-Fahrer. Ein Zeuge gab an, dabei gewesen zu sein, als die Toten in einem nahen Friedhof vergraben worden seien. Das Journalistenteam sammelte bis bis ins Jahr 2003 Material zu dem angeblichen UÇK-Organhandel.[2]

Dann wandte es sich mit Bitte um Unterstützung an den den damaligen Vorsteher des UN-Büros für Vermisste in Kosovo, José Pablo Baraybar. Baraybar gilt als „einer der wenigen Uno-Leute, die sich damals für die vermissten Serben einsetzten und den Mut zu Untersuchungen aufbrachten, auch gegen die UCK [UÇK]“.[2] Laut dem peruanischen Forensiker Baraybar war die zusammengetragene Beweislast nicht ausreichend für eine Verurteilung, jedoch die Indizienlast, wie auch Zeugenaussagen, ausreichend für eine Anklageerhebung.

Die ehemalige Chefanklägerin am Internationalen Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien (ICTY, auch „Haager Tribunal“) in Den Haag, Carla Del Ponte, die spätestens seit ihrer Bearbeitung vom 29. Juni 2001 gegen im ICTY-Prozess gegen Slobodan Milošević und vier andere serbisch-jugoslawische Führungskräfte als Kriegsverbrecher-„Jägerin“ sowie „eiserner Engel der Gerechtigkeit und Jeanne d’Arc des internationalen Rechts“[3][4] in den westlichen Medien tituliert und vielfach ausgezeichnet wurde, soll die Organhandel-Vorwürfe zunächst nicht geglaubt haben, liess aber „ihre Leute zumindest weiterermitteln“.[2]

Es kam in der Folge zu Unstimmigkeiten zwischen den in die Untersuchungen involvierten drei Parteien, dem Forensiker Baraybar vom UN-Büro für Vermisste, dem Journalisten Montgomery und den Mitarbeitern Del Pontes vom Haager Tribunal. Montgomery schützte die Identität seiner Zeugen gegenüber dem Haager Tribunal, das volle Akteneinsicht forderte und die Identität der Zeugen nicht ermitteln konnte, die nach Einschätzung Montgemerys aus dem Jahr 2010 bereits nicht mehr leben.[2]

Am 4. Februar 2004 schlossen sich die in die Untersuchungen involvierten Parteien zusammen und etwa zwei Dutzend Experten besuchten das einer albanischen Familie gehörende Bauernhaus. Über drei Tage hinweg hielten sich Mitarbeiter Baraybars, Carla del Pontes und der Journalist Montgomery mit einem Kollegen an dem mutmasslichen Tatort auf, wo es zu einem Expertenstreit kam, als sich die albanische Familie in Widersprüche verstrickte.[2]

Doch erst im Jahr 2008 wurde der Fall des „gelben Hauses“ der Weltöffentlichkeit schlagartig bekannt,[2] als Del Ponte der UÇK im April 2008 vorwarf, nach der Militärintervention der NATO von 1999 mindestens 300 serbische Gefangene aus dem Kosovo nach Nordalbanien entführt und ihnen dort Organe entnommen zu haben, um diese über den Flughafen in Tirana außer Landes zu schaffen und zu verkaufen. Zeugen zufolge sollen Gefangenen Nieren entfernt worden sein, um sie erst später zu töten und ihnen schließlich weitere Organe zu entnehmen. Die Gefangenen sollen sich dabei ihres Schicksals bewusst gewesen sein. Einige Opfer sollen nahe des Hauses in Burrel und auf einem nahegelegenen Friedhof vergraben worden sein. Unter den Opfern sollen sich auch Albaner befunden haben sowie entführte Frauen aus Osteuropa, die gezwungen worden seien als Prostituierte zu arbeiten.[5] Del Ponte beschreibt in ihrem Buch Die Jagd – Ich und die Kriegsverbrecher (engl.: The Hunt) ihre Untersuchungen der Vorfälle des Organschmuggels um das gelbe Haus und erhebt diesbezüglich schwere Vorwürfe gegen das Haager Tribunal und den politischen Unwillen von Behörden der UN und Albaniens, durch Kosovo-Albaner begangene Verbrechen aufzuarbeiten. Sie sei bei ihren Ermittlungen sowohl von kosovo-albanischer als auch von westlicher Seite auf eine „Mauer des Schweigens“ gestoßen, so dass sie ihre Ermittlungen nicht erfolgreich habe abschließen können.[6] Den Regierungen Albaniens und des Kosovos warf sie vor, am lukrativen Geschäft des Organhandels beteiligt gewesen zu sein.

Die Einreichung eines Antrags zur Anklageerhebung wurde vom Internationaler Strafgerichtshof für das ehemalige Jugoslawien mit der Begründung der Auflösung des Tribunals im Jahr 2010 abgelehnt. Das albanische Gericht für Kriegsverbrechen lehnt eine Untersuchung aus Mangel an Beweisen ab.

Untersuchungsbericht von Dick Marty

Der Schweizer Europaratsabgeordnete Dick Marty bestätigte die Vorwürfe des Organhandels in seinem Untersuchungsbericht zu Händen des Europarats im Dezember 2010 (vorläufiger Bericht[7]) und Januar 2011.[8] In seiner zweijährigen Untersuchung stützt sich Marty zum Teil auf die Ermittlungen des FBI und auf Erkenntnisse von Geheimdiensten. Der UÇK werden im Bericht Verwicklungen in illegale Organhandelsgeschäfte vorgeworfen. In einem Krankenhaus seien Gefangenen Organe entnommen und anschließend auf dem internationalen Schwarzmarkt an ausländische Kliniken verkauft worden.[9] Ausdrücklich verweist der Bericht auf Hashim Thaçi als Kopf der Drenica-Gruppe. Diese „kleine aber unvorstellbar mächtige Gruppe von UÇK-Persönlichkeiten“ habe seit 1998 die Kontrolle über die organisierte Kriminalität übernommen.[10][9] Durch die diplomatische und politische Unterstützung der USA und anderer westlicher Länder habe sich Thaçi nach dem Kosovokrieg „unberührbar“ gewähnt. Weiter behauptet Marty, dass westliche Regierungen über die Verbrechen informiert gewesen seien, diese aber ignoriert und sich daher mitschuldig gemacht hätten.[9] Die internationalen Organisationen im Kosovo hätten aber für ihre pragmatische Politik der „befristeten Stabilität um jeden Preis eine bedeutende Prinzipien der Justiz geopfert“ und für einen langen Zeitraum die Beweisaufnahme in Zusammenhang mit Verbrechen der UÇK gegenüber der serbischen Bevölkerung und bestimmten Kosovo-Albanern vernachlässigt.[11] Die Ergebnisse Martys sollen Geheimdiensten und Regierungen international bekannt gewesen sein, doch sei aus politischen Gründen der „Stabilität“ niemand zur Rechenschaft gezogen worden.[12]

Als einen der Tatorte für die Organentnahme einer „Handvoll“ Gefangener nannte Marty ein zweistöckiges Haus auf einem Bauernbetrieb in der Nähe der mittelalbanischen Stadt Fushë-Kruja als „improvisierte Klinik“ in Rribe. Im Unterschied zu anderen UÇK-Gefangenen seien diese Opfer gut genährt und verhältnismässig gut behandelt worden. Unter den von der UÇK verschleppten Gefangenen sollen sich nicht nur ethnische Serben, sondern auch als Kollaborateure der Serben eingestufte oder aus sonstigen Gründen missliebige Kosovo-Albaner befunden haben. Die Gefangenen seien erschossen, von Chirurgen zerlegt und ihre Organe zum Flughafen im nahegelegenen Tirana gebracht worden. Nach unbestätigten Berichten sollen sich die Organabnehmer in Israel oder der Türkei befunden haben. Der Organhandel sei nur eine von diversen Einnahmequellen der „Drenica-Gruppe“ gewesen, doch sollen sich sie UÇK-Spitzen bei den Organgeschäften auch persönlich bereichert haben.[12]

Marty geht gestützt auf Zeugenaussagen davon aus, dass auch das Gelbe Haus von der UÇK besetzt und kontrolliert worden war. Es sollen Gefangene dorthin verbracht worden sein, darunter auch Frauen und Mädchen, die dort von UÇK-Soldaten und Dorfbewohnern sexuell missbraucht wurden. Eine kleine Zahl von Gefangenen sei in Rribe getötet worden. Primär sei das Haus aber eine Zwischenstation unter anderem vor dem Transport in die Organklinik gewesen, wobei hier auch medizinische Tests durchgeführt worden seien. „Seine genaue Funktion und seine Bedeutung für die Gesamtoperation wurden früher vielleicht falsch verstanden“, urteilt Marty schlussendlich in Bezug auf die Memoiren von Carla Del Ponte und ihre Quellen.[13][14]

Nach vorliegenden Zeugenaussagen werden die Premierminister des Kosovo, Hashim Thaçi und Agim Çeku, sowie der albanische Ministerpräsident Sali Berisha beschuldigt, direkt von den Vorfällen gewusst zu haben beziehungsweise das gelbe Haus sogar persönlich aufgesucht zu haben.

Im April 2011 berichtete NDR Info über ein geheimes Dokument der UNO, in dem die Vorwürfe gegen die UÇK bekräftigt werden.[15] Unterlagen der UNMIK von 2003 nennen als Ausgangspunkte der illegalen Gefangenentransporte von 1999 und 2000 unter anderem die Orte Prizren, Suhareka (serb.: Suva Reka) und Rahovec (serb.: Orahovac). Für die Kontrolle dieser Orte und des Grenzübergangs von ihnen nach Albanien war damals das deutsche Bundeswehr-Kontingent der NATO-Truppe KFOR verantwortlich.[16]

Die Besitzerfamilie des Gelben Hauses verklagte im März 2011 Dick Marty vor einem Gericht in Tirana wegen Verleumdung.[17] Die Klage wurde abgewiesen.[18]

Untersuchungen der EULEX

EULEX Kosovo kündigte im Juni 2011 an, die im Bericht von Marty erhobenen Vorwürfe untersuchen zu wollen.[19] Seit Herbst 2011 läuft die Untersuchung unter Leitung des Amerikaners John Clint Williamson.[20] Im Mai 2012 stimmte das [[[Kuvendi i Shqipërisë|albanische Parlament]] einem Gesetz zu, das Untersuchungshandlungen der EULEX in Albanien erlaubt.[21]

Medicus-Fall

In der in der kosovarischen Hauptstadt Priština gelegenen Medicus-Klinik war es im Jahr 2008 zu illegalen Transplantationen von mindestens 23 Nieren und zu damit verbundenem Menschenhandel gekommen. Die Organspender stammten unter anderem aus der Türkei, aus Russland, Moldawien und Kasachstan und waren wirtschaftlich besonders schwachgestellt. Sie waren unter der Zusicherung nach Priština gelockt worden, Geldbeträge von rund 10.000 bis 12.000 Euro für eine Niere zu erhalten. Die Organempfänger waren mehrheitlich aus Israel stammende, wohlhabende Patienten. Ein aus zwei EULEX-Richtern und einem lokalen Richter bestehendes Richtergremium verurteilte im April 2013 nach der Anhörung von rund 80 Zeugenaussagen in erster Instanz fünf Angeklagte zu Haftstrafen in der Höhe von bis zu acht Jahren. Darunter befindet sich auch der Direktor der Klinik sowie sein Sohn, ebenfalls ein Arzt. Wichtige Verdächtige blieben jedoch noch immer flüchtig.[20]

Zwischen dem Medicus-Fall und dem mutmaßlichen Organhandel unmittelbar nach Kriegsende besteht nach Überzeugung von Dick Marty ein Zusammenhang.[20]

Kontroversen um die Vorwürfe

Bernard Kouchner, der von Mitte 1999 bis Anfang 2001 als UN-Sonderbeauftragter (SRSG) und Chef der UN-Mission im Kosovo (UNMIK) über weitreichende Befugnisse im Kosovo verfügt hatte und im Jahr 2008 französischer Außenminister war, bezeichnete del Pontes Vorgehen als unseriös, da es nicht auf ernsthaften Untersuchungen beruhe. Er stritt ab, je über Vorwürfe des Organhandel informiert gewesen zu sein: „Wir waren informiert über Übergriffe. Wir kannten das organisierte Verbrechen, den Menschenhandel und die Prostitution in den Balkanstaaten. (...) Aber wir haben nie etwas von Organhandel gehört.“ Kouchner - selbst Arzt - argumentierte, der kosovarischen UÇK hätten nicht die notwendigen Mittel für den Handel mit Organen zur Verfügung gestanden. „Im Spital von Pristina habe es ja nicht einmal eine Heizung gegeben“ (NZZ online).[22]

Entsprechend wurde 2008 in der Presse der serbische Neurochirurgieprofessor Momcilo Djordjevic mit einer Aussage, die er gegenüber der Belgrader Zeitung NIN gemacht hatte, zitiert: „Für so etwas sind eine ausgefeilte Organisation, Technik, Technologie, ein perfektes Wissen und eine ebenso perfekte Logistik notwendig. [...] Das alles konnte Albanien in der damaligen Zeit nicht besitzen und hat es selbst heute nicht“.[23]

Bevor das „gelbe Haus“ spätestens seit den Untersuchungen Martys als Nebenschauplatz und nicht als hauptsächlicher Ort der Organentnahme angesehen wurde, erschienen in der Presse Argumentationen, die die Glaubwürdigkeit des Organhandelvorwurfs aufgrund der schlechten Infrastruktur in der Region von Burrel in Frage stellten. Es wurde hervorgehoben, dass es sich bei dem in weiß angestrichenen Haus in Burrel um ein typisches „großes albanisches Bauernhaus“ (Magazin),[2] das „nur über Schotter und Geröll erreichbar“ (Spiegel) und „durch enge Serpentinen und kratertiefe Schlaglöcher“ (Spiegel) zu erreichen ist und „buchstäblich am Ende der Zivilisation“ (Spiegel) liege.[24] Es wurde in Frage gestellt, dass in dieser armen, schwer erreichbaren Region damals die „Organisation, Technik, Technologie, ein perfektes Wissen und eine ebenso perfekte Logistik“ (Ärztezeitung) vorhanden waren, die für solche schwierige chirurgische Eingriffe notwendig sind.[23] Auch dass das Haus „im allgegenwärtigen Grau und Braun der Landschaft und der schäbigen Häuser eigens so knallig [gelb] gestrichen worden sein soll“ (Ärztezeitung), wurde als fragwürdig dargestellt.[23]

Siehe auch

Literatur

Einzelnachweise

  1. Paul Lewis: At family farm, grim claims of organ culling from captured Serb soldiers. In: The Guardian. 25. November 2008, abgerufen am 9. Oktober 2010 (englisch).
  2. a b c d e f g h Thomas Zaugg: Was geschah in Burrel? In: Das Magazin. 13. Februar 2010, archiviert vom Original am 23. November 2010; abgerufen am 9. Oktober 2010.
  3. Westfälischer Friedenspreis 2002 für Carla Del Ponte. Wirtschaftliche Gesellschaft für Westfalen und Lippe (WWL), 28. Dezember 2001, archiviert vom Original am 19. Januar 2013.
  4. Chefanklägerin Del Ponte wird für ihren Mut ausgezeichnet. Frankfurter Allgemeine Zeitung, 28. Dezember 2001, von Jutta Steinhoff, dpa, archiviert vom Original am 19. Januar 2013.
  5. Former war crimes prosecutor alleges Kosovan army harvested organs from Serb prisoners (englisch). The Guardian, 12. April 2008, von Ian Traynor, archiviert vom Original am 2. Mai 2013.
  6. Kosovo: Ein privilegierter Partner, 13. März 2011, archiviert von der Internetversion auf www.politonline.ch am 23. Januar 2013, ursprüngliche Quelle: http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58025, vom 11. März 2011; mit Verweis auf: Carla del Ponte, La Caccia. Io e i Criminali di Guerra, Meiland 2008.
  7. Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo (provisional version) in: Europarat, Entschließungsentwurf und erläuterndes Memorandum von Dick Marty, (englisch, PDF; 396 kB) vom 12. Dezember 2010, abgerufen am 19. Dezember 2010
  8. Council of Europe: Parliamentary Assembly, Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo, Committee on Legal Affairs and Human Rights, Doc. 12462, 7. Januar 2011, von Dick Marty, archiviert vom Original am 2. Mai 2013.
  9. a b c Vorwürfe im Europarat: Kosovo-Premier Thaçi soll an Organmafia beteiligt sein. Spiegel online, 15. Dezember 2010, archiviert vom Original am 27. Januar 2013.
  10. Council of Europe: Parliamentary Assembly, Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo, Committee on Legal Affairs and Human Rights, Doc. 12462, 7. Januar 2011, von Dick Marty, S. 13f., archiviert vom Original am 2. Mai 2013.
  11. Council of Europe: Parliamentary Assembly, Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo, Committee on Legal Affairs and Human Rights, Doc. 12462, 7. Januar 2011, von Dick Marty, S. 2, archiviert vom Original am 2. Mai 2013.
  12. a b Die furchtbaren Details aus dem Bericht zum Kosovo-Krieg - «Schweizer» Mafiaboss in Organhandel verwickelt!, Blick (Zeitung), 14. Dezember 2010, von Henry Habegger, archiviert vom Original am 3. Mai 2013.
  13. Dick Marty: Inhuman treatment of people and illicit trafficking in human organs in Kosovo. Hrsg.: Europarat. Doc. 12462, 7. Januar 2011 (Website des Europarats – Bericht zuhanden des Europarats).
  14. Henry Habegger: Schock-Bericht zum Kosovo-Krieg: „Schweizer“ Mafiaboss in Organhandel verwickelt! In: Blick. 15. Dezember 2010, S. 2 (Blick.ch).
  15. Deportationen unter den Augen der Bundeswehr? (PDF; 278 kB) In: NDR Info. 11. April 2011, abgerufen am 11. Oktober 2012.
  16. http://www.ndr.de/unternehmen/presse/pressemitteilungen/pressemeldungndr8011.html Illegaler Organhandel: Wurden Kosovo-Serben unter den Augen von Bundeswehrsoldaten nach Albanien entführt?, NDR, Pressemeldung, 7. April 2011, archiviert vom [Original] am 2. Mai 2013.
  17. Klage gegen Dick Marty. In: NZZ Online. 31. März 2011, abgerufen am 31. März 2011.
  18. Albanisches Gericht lehnt Verleumdungsklage gegen Dick Marty ab. In: Die Südostschweiz. 8. Juni 2011, abgerufen am 8. Juni 2011.
  19. EU steps up probe into Kosovo organ-trafficking claims. In: EUbusiness. 10. Juni 2011, abgerufen am 11. Mai 2012 (englisch).
  20. a b c Thomas Fuster: Illegale Organverpflanzungen in Kosovo. In: Neue Zürcher Zeitung. Nr. 100, 2. Mai 2013, S. 7 (Artikel auf NZZOnline vom 30. April 2013 [abgerufen am 2. Mai 2013]).
  21. Albanien gibt internationalen Ermittlungen zu Organhandel grünes Licht. 10. Mai 2012, abgerufen am 11. Mai 2012.,
    EULEX, arrests in Albania?! In: Top Channel. 10. Mai 2012, abgerufen am 11. Mai 2012 (englisch).
  22. Bernard Kouchner sieht keine Beweise für Organhandel - Ehemaliger Uno-Verwalter für Kosovo kritisiert Del Ponte und Marty, Neue Zürcher Zeitung Online, 5. April 2011, archiviert vom Original am 3. Mai 2013.
  23. a b c Deutsche Presse-Agentur: Gab es Organdiebstahl in Albanien? Zweifel werden immer lauter. In: Ärztezeitung online. 29. Oktober 2008, abgerufen am 9. Oktober 2010.
  24. Renate Flottau: Das Haus am Ende der Wel. In: Der Spiegel. Nr. 39, 2008 (online).