Lokalisationstheorie

Lokalisationstheorie ist ein Begriff der Hirnforschung[1] und bezeichnet Versuche, die Funktion lokal abgrenzbarer Teile des Gehirns zu bestimmen und so dem Gehirn einen 'funktionellen Bauplan' zuzuschreiben. Typisch sind Darstellungen der funktionellen Areale der Großhirnrinde. Auf zellularer Ebene gehören die Großmutterneurone und Spiegelneurone zur Lokalisationstheorie.

Die einzelnen Lokalisationstheorien begründen sich auf der Lokalisation (Neurologie), also der spezifischen Funktionseinschränkung bei lokalen Schädigungen, sowie der Anatomie des Gehirns und der dadurch möglichen funktionellen Gliederung. Die Phrenologie gliedert topologisch, also ebenfalls lokal.

Eine frühe Lokalisation von kognitiven Funktionen (wie Einbildung, Urteilsvermögen und Gedächtnis) zu speziellen Gehirnregionen findet sich im 14. Jahrhundert bei dem Würzburger Mediziner und Geistlichen Berthold Blumentrost, bei dem anhand einer anatomischen Zeichung das Gedächnis (memoria) in der hinteren Gehirnregion angenommen wird.[2]

Im Gegensatz zur Lokalisationstheorie stand die Äquipotentialtheorie. Nach ihr waren alle Gehirnregionen an allen geistigen Funktionen beteiligt. Diese These wurde durch die Beschreibung der Rindenfelder durch Brodmann weitgehend entkräftet.

Zunehmende Beachtung findet die Netzwerkgliederung. Funktion wird hier auch im Konnektom realisiert, also nicht allein durch lokale Areale.

Siehe auch

Einzelnachweise

  1. Erhard Oeser: Geschichte der Hirnforschung. Von der Antike bis zur Gegenwart. 2. Auflage; Wissenschaftliche Buchgesellschaft, Darmstadt 2010, ISBN 978-3-534-23216-1, S. 58-79.
  2. Walther Sudhoff: Die Lehre von den Hirnventrikeln in textlicher und graphischer Tradition des Altertums und Mittelalters. In: Sudhoffs Archiv. Band 7, 1914, S. 149–205, insbesondere S. 190 (Tafel 7).

Literatur

  • Edwin Clarke, Kenneth Dewhurst: Die Funktionen des Gehirns. Lokalisationstheorien von der Antike bis zur Gegenwart. Heinz Moos, München 1973, ISBN 3-7879-0066-7.