Landtagswahl in Thüringen 2024

Der Plenarsaal des Thüringer Landtags

Die nächste Landtagswahl in Thüringen soll nach einer Vereinbarung von Rot-Rot-Grün und CDU am 26. September 2021 als vorgezogene Neuwahl stattfinden,[1] nachdem davor der 25. April 2021 vorgesehen war.[2] Aufgrund der anhaltenden COVID-19-Pandemie wird über eine Verschiebung des Wahltermins auf den Herbst 2021, parallel zur Bundestagswahl, diskutiert.[3] Bei regulärem Ablauf der Wahlperiode würde die Wahl im Herbst 2024 stattfinden. Sie ist die achte Wahl zum Thüringer Landtag seit der Neugründung des Freistaates Thüringen 1990.

Wahltermin

Nach Artikel 50, Absatz 1 der Verfassung des Freistaats Thüringen sowie nach § 18 des Thüringer Wahlgesetzes für den Landtag[4] hat die Landtagswahl an einem Sonn- oder Feiertag frühestens 57 Monate nach dem Beginn der laufenden Wahlperiode im Herbst 2019[5] und spätestens in ihrem 61. Monat stattzufinden, also frühestens im August 2024 und spätestens im Dezember 2024.[6]

Eine vorzeitige Neuwahl ist gemäß Artikel 50, Absatz 2 der Thüringer Verfassung durchzuführen, wenn der Landtag seine Auflösung mit der Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder auf Antrag von einem Drittel seiner Mitglieder beschließt oder wenn nach einem erfolglosen Vertrauensantrag des Ministerpräsidenten der Landtag nicht innerhalb von drei Wochen nach der Beschlussfassung über den Vertrauensantrag einen neuen Ministerpräsidenten wählt. Über den Antrag auf Selbstauflösung darf frühestens am elften und muss spätestens am 30. Tag nach Antragstellung offen abgestimmt werden. Die vorzeitige Neuwahl muss sodann innerhalb von 70 Tagen stattfinden.

Wahlsystem

Am 5. Juli 2019 beschloss der Thüringer Landtag mit den Stimmen von Linken, Grünen und SPD ein Änderungsgesetz zum Landeswahlgesetz, nach dem künftig Landeslisten der Parteien und politischen Vereinigungen abwechselnd mit Frauen und Männern besetzt werden sollen (Frauenquote). Personen, die im Personenstandsregister als „divers“ registriert sind, sind von der Regelung nicht betroffen und können auf allen Listenplätzen kandidieren. Das Gesetz ist zum 1. Januar 2020 in Kraft getreten.[7] Der Thüringer Verfassungsgerichtshof erklärte diese Regelung im Juli 2020 für verfassungswidrig.[8]

Ausgangslage

Vorherige Wahl

Bei der Landtagswahl am 27. Oktober 2019 gewann die Partei Die Linke des amtierenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow an Stimmen hinzu und wurde mit 31 % stärkste Kraft. Die Linkspartei erreichte damit erstmals bei einer Landtagswahl im wiedervereinigten Deutschland die meisten Stimmen aller antretenden Parteien, erstmals erreichte sie auch über 30 % der Stimmen bei einer Wahl seit 1990.

Die AfD unter der Führung des Rechtsaußen Björn Höcke konnte mit einem Plus von 12,8 % den größten Stimmenzuwachs unter allen Parteien verzeichnen und wurde mit 23,4 % zweitstärkste Partei, gefolgt von der CDU mit Spitzenkandidat Mike Mohring, welche mit 21,8 % der Stimmen der größte Verlierer der Wahl war und ihr schlechtestes Ergebnis seit 1990 einfuhr.

Die bis 2019 an der Regierung beteiligten Parteien SPD (8,2 %) und Grüne (5,2 %) mussten ebenfalls Verluste hinnehmen, die zum Ergebnis hatten, dass die bisherige Rot-Rot-Grüne Landesregierung nicht mehr über eine parlamentarische Mehrheit verfügte. Der FDP gelang nach 5 Jahren außerparlamentarischer Opposition sehr knapp mit 5,0066 % der Wiedereinzug in das Parlament.

Wahl zum Ministerpräsidenten 2020

Ergebnisse der drei Wahlgänge am 5. Februar 2020

Am 5. Februar 2020 wurde Thomas Kemmerich von der FDP im dritten Wahlgang mit 45 von 90 Stimmen zum neuen Ministerpräsident gewählt. Der bis dahin amtierende Ministerpräsident Bodo Ramelow erhielt 44 Stimmen und es gab eine Enthaltung.[9] Damit stellte die FDP, die mit den Grünen die kleinste Fraktion im Parlament stellen, zum zweiten Mal in ihrer Geschichte einen Landesministerpräsidenten.

Die Wahl führte zu einer bundesweiten kontroversen Debatte, da sich Kemmerich maßgeblich von der AfD wählen ließ, die nach eigenen Angaben geschlossen für ihn stimmte, also 22 der 45 Stimmen beisteuerte. Die AfD hatte zwar einen eigenen Kandidaten ins Rennen geschickt, den damaligen parteilosen ehrenamtlichen Bürgermeister von Sundhausen, Christoph Kindervater, doch der erhielt im entscheidenden dritten Wahlgang keine Stimme mehr, nachdem er in den ersten beiden Runden noch 25 bzw. 22 Stimmen erhalten hatte.[10] Kindervater selbst sagte nach der Wahl, „der Plan sei voll aufgegangen.“[11]

Kemmerich kündigte an, mit CDU, SPD und Grünen Gespräche über eine Koalition zu führen. Eine Zusammenarbeit schloss er sowohl mit Linken als auch mit der AfD aus, womit eine mehrheitsfähige Koalition unmöglich wäre. SPD und Grüne lehnten das Angebot umgehend ab, da man nicht mit einem Ministerpräsidenten zusammenarbeiten wolle, der von der AfD ins Amt gebracht worden sei.[9]

Einen Tag später, am 6. Februar 2020, kündigte Kemmerich seinen Rücktritt an. „Mit einem perfiden Trick habe die AfD versucht, die Demokratie zu beschädigen. Die Freien Demokraten werden weiter für einen Politikwechsel kämpfen und gegen die Extreme von rechts und links“, begründete Kemmerich seine Ankündigung. Die FDP-Fraktion beabsichtigte einen Antrag auf Auflösung des Parlamentes zu stellen, wodurch Neuwahlen herbeigeführt werden würden.[12] Dieser Antrag konnte allerdings nur mit der Unterstützung von mindestens 30 der 90 Abgeordneten eingebracht werden, die FDP allein verfügt nur über fünf Abgeordnete.[13] Am 8. Februar 2020 trat Kemmerich zurück, verblieb jedoch bis zur Wahl eines Nachfolgers am 4. März 2020 geschäftsführend im Amt.[14]

Am 21. Februar 2020 einigten sich Linke, CDU, SPD und Grüne auf einen „Stabilitätspakt“.[2] Die Neuwahl des Ministerpräsidenten wurde auf den 4. März 2020 festgelegt, außerdem wurde vereinbart, am 25. April 2021 den Landtag neu wählen zu lassen. Dazu könnte gemäß Artikel 50 Thüringer Landesverfassung frühestens am 15. Februar 2021 (die Neuwahl muss innerhalb von 70 Tage nach der Auflösung stattfinden) ein Beschluss zur Selbstauflösung des Landtags erfolgen. Bei der Wahl des Ministerpräsidenten wurde Bodo Ramelow im dritten Wahlgang für eine weitere Amtszeit gewählt. Seitdem bildet er mit der SPD und den Grünen in einer Minderheitsregierung das Kabinett Ramelow II.[14]

Umfragen

Aktuelle Umfragen

INSA-Umfrage vom 6. November 2020
im Vergleich zur Wahl 2019 (auf halbe Prozent gerundet)
 %
40
30
20
10
0
33
22
22
9
6
5
3
Gewinne und Verluste
im Vergleich zu 2019
 %p
   2
   0
  −2
  −4
+2
−1,5
+0,5
+1
+1
± 0
−2,5
InstitutDatumLinkeAfDCDUSPDGrüneFDPSonst.
INSA[15]06.11.202033 %22 %22 %09 %6 %5 %3 %
INSA[15]15.10.202033 %22 %22 %08 %7 %4 %4 %
INSA[15]04.09.202033 %22 %22 %09 %5 %4 %5 %
Infratest dimap[15]06.08.202032 %20 %24 %10 %6 %4 %4 %
INSA[15]30.07.202035 %21 %22 %09 %6 %4 %3 %
INSA[15]24.06.202035 %22 %22 %09 %6 %3 %3 %
INSA[15]21.05.202034 %22 %21 %08 %7 %5 %3 %
INSA[15]02.04.202037 %23 %18 %07 %7 %4 %4 %
INSA[15]12.03.202038 %25 %15 %08 %6 %4 %4 %
INSA[15]14.02.202040 %25 %14 %07 %6 %4 %4 %
Infratest dimap[15]10.02.202039 %24 %13 %10 %5 %4 %5 %
Forsa[15]07.02.202037 %24 %12 %09 %7 %4 %7 %
INSA[15]06.02.202034 %23 %19 %06 %6 %7 %5 %
Infratest dimap[15]28.01.202032 %24 %19 %08 %6 %6 %5 %
Landtagswahl 201927.10.201931,0 %23,4 %21,7 %08,2 %5,2 %5,0 %5,4 %

Verlauf

Umfragewerte von der Wahl 2019 bis 15. Oktober 2020

Direktwahl Ministerpräsident

InstitutDatumBodo Ramelow (Linke)Mike Mohring (CDU)Datei:Mario Voigt.jpgMario Voigt (CDU)Björn Höcke (AfD)Thomas Kemmerich (FDP)Georg Maier (SPD)Anja Siegesmund (Grüne)Christoph Kindervater (parteilos)keiner/weiß nicht
INSA[16]04.09.202042 %7 %9 %5 %3 %2 %32 %
INSA[17]12.03.202056 %16 %28 %
Forsa[18]07.02.202064 %9 %6 %3 %17 %
Infratest dimap[19]28.01.202060 %19 %9 %12 %

Umfragen zur Bewertung möglicher Koalitionen

Die Werte der Umfragen geben die Meinung der Befragten wieder, welche der abgefragten Koalitionen sie positiv bzw. negativ bewerten. Die fehlenden Werte zu 100 % machten keine Angabe.

InstitutDatumBewertungLinke
SPD
Grüne
Linke
SPD
CDU
SPD
Grüne
Linke
CDU
CDU
AfD
FDP
CDU
AfD
Infratest dimap[20]06.08.2020positiv45 %43 %36 %32 %21 %19 %
negativ52 %52 %60 %63 %76 %78 %
Infratest dimap[21]28.01.2020positiv43 %33 %19 %
negativ54 %64 %79 %

Einzelnachweise

  1. Wahltermine in Deutschland. 14. Januar 2021, abgerufen am 14. Januar 2021.
  2. a b mdr.de: Thüringen: Rot-Rot-Grün und CDU erzielen Einigung | MDR.DE. Abgerufen am 21. Februar 2020.
  3. Süddeutsche Zeitung: Erneut Debatte um Termin für Landtags-Neuwahl. Abgerufen am 25. September 2020.
  4. landesrecht.thueringen.de
  5. Konstituierende Sitzung des 6. Landtags, auf thueringer-landtag.de
  6. Wahltermine in Thüringen, auf wahlen.thueringen.de
  7. Siebtes Gesetz zur Änderung des Thüringer Landeswahlgesetzes - Einführung der paritätischen Quotierung. Parlamentsdokumantation des Thüringer Landtags, abgerufen am 29. Oktober 2019.
  8. Paritätsregelung für Wahllisten ist verfassungswidrig, auf spiegel.de
  9. a b Kemmerich ist neuer Ministerpräsident in Thüringen - Ramelow abgewählt, auf mdr.de
  10. Jetzt hat die AfD ihren ersten Ministerpräsidenten, auf spiegel.de
  11. "Der Plan ist völlig aufgegangen", auf spiegel.de
  12. Kemmerich tritt zurück, auf tagesschau.de
  13. Auflösung des Landtags fraglich – FDP ist nicht antragsfähig, auf t-online.de
  14. a b Habeck über Kemmerichs Rücktritt – „War das absolute Minimum“. In: Die Welt. Axel Springer SE, 8. Februar 2020, abgerufen am 9. Februar 2020.
  15. UMFRAGE: ROT-ROT-GRÜNE MEHRHEIT IN THÜRINGEN SCHRUMPFT, auf thueringer-allgemeine.de, abgerufen am 4. September 2020.
  16. Meinungsforscher: Stabile Mehrheit für Rot-Rot-Grün in Thüringen, auf e-pages.dk, abgerufen am 12. März 2020.
  17. CDU droht Debakel bei Neuwahl in Thüringen, auf ntv.de, abgerufen am 7. Februar 2020.
  18. Beliebtheit von Regierungschef Ramelow nimmt weiter zu, auf mdr.de, abgerufen am 28. Januar 2020.
  19. Befragte sprechen sich für rot-rot-grüne Koalition aus, auf mdr.de, abgerufen am 6. August 2020.
  20. Rot-Rot-Grün weiter ohne Mehrheit im Landtag, auf mdr.de, abgerufen am 28. Januar 2020.