„Israel Zangwill“ – Versionsunterschied

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[[Bild:TheMeltingpot1.jpg|thumb|right|Theaterprogramm für ''The Melting Pot'' (1916)]]
'''Israel Zangwill''' (* [[21. Januar]] [[1864]] in [[London]];<ref>Gemäß Geburtsurkunde, nach anderen Angaben am 6. oder 14. Februar. Meri-Jane Rochelson: ''A Jew in the Public Arena. The Career of Israel Zangwill''. Wayne State University Press, Detroit 2008, ISBN 978-0-8143-3344-0, S. 9.</ref> † [[1. August]] [[1926]] in [[Midhurst]], Sussex) war ein [[britisch]]er [[Juden|jüdisch]]er [[Schriftsteller]], [[Essayist]], [[Journalist]] und politischer Aktivist in der [[feministisch]]en, [[pazifistisch]]en und [[zionistisch]]en Bewegung. Zangwill ist nach überwiegender Meinung der Historiker der Autor des zionistischen Slogans „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“.<ref>{{Literatur |Autor=[[Julius H. Schoeps]] |Titel=Einleitung: Zionismus oder der Kampf um die nationale Wiedergeburt |Hrsg=Julius H. Schoeps |Sammelwerk=Zionismus. Texte zu seiner Entwicklung |Auflage=2 |Verlag=Fourier Verlag |Ort=Wiesbaden |Datum=1983 |ISBN=3-921695-85-6 |Seiten=9–45, hier S. 32 |Kommentar=Schoeps zitiert hierzu unter Fußnote 48 (S. 44): Alan R. Taylor: ''Prelude to Israel. An Analysis of Zionist Diplomacy, 1897–1947'', New York 1959, S. 31}}</ref><ref>{{Literatur |Autor=Jean-Pierre Filiu |Titel=Histoire du Moyen-Orient – De 395 à nos jours |Auflage=2 |Verlag=Éditions du Seuil |Ort=Paris |Datum=2023 |Reihe=Collection Points Histoire |NummerReihe=H602 |ISBN=978-2-7578-9937-3 |Seiten=268}}</ref> Dieser erschien erstmals im Dezember 1901 im Artikel ''The Return to Palestine'' der ''[[New Liberal Review]]''.<ref name=":0">{{Literatur |Autor=[[Omri Boehm]] |Titel=Haifa Republic – A Democratic Future for Israel |Verlag=New York Review Books |Ort=New York |Datum=2021 |ISBN=978-1-68137-393-5 |Seiten=99 |Kommentar=Boehm zitiert hierzu unter Fußnote 3 (S. 178): Israel Zangwill: ''The Return to Palestine''. In: ''New Liberal Review'', 2, Nr. 11, London Dezember 1901, S. 615}}</ref>
'''Israel Zangwill''' (* [[14. Februar]] [[1864]] in [[London]]; † [[1. August]] [[1926]] in [[Midhurst]]) war ein [[London]]er Erzähler, Theaterschriftsteller, Journalist, Verfasser zahlreicher Skizzen und Romane aus dem Eastend (Judenviertel im Osten Londons) sowie [[Zionismus|zionistischer]] Aktivist.


== Leben ==
== Familie und Ausbildung ==
Zangwill wurde in [[London]] als Sohn armer jüdischer Einwanderer aus dem [[Russisches Kaiserreich|zaristischen Russland]] und [[Polen]] geboren. Er verbrachte seine frühe Kindheit in [[Plymouth]] und [[Bristol]]. Mit acht Jahren kehrte er mit seiner Familie nach London ins [[East End]] zurück, wo er die „Jews’ Free School“ besuchte, an der er später auch als Lehrer tätig war. Er studierte an der [[London University|Universität in London]] und schloss 1884 in Geisteswissenschaften, Englisch und Französisch mit Auszeichnung ab.<ref>Meri-Jane Rochelson: ''A Jew in the Public Arena. The Career of Israel Zangwill''. Wayne State University Press, Detroit 2008, S. 9.</ref>
Geboren als Sohn armer russisch-jüdischer Einwanderer, besuchte Zangwill zunächst in [[Bristol]] die Schule, doch bald zog die Familie nach Ostlondon. Dort besuchte er die ''Jewish Free School''. Als 16-jähriger gewann er den ersten Preis in einem Wettbewerb für Kurzgeschichten. Sein erstes Buch verfasste er mit 18 Jahren (''Motza Kleis''). Nach Abschluss des Studiums wurde er Mitarbeiter in der Zeitschrift ''The Idler''.
1903 heiratete er Edith Ayrton (sie kämpfte mit Unterstützung Ihres Mannes um das Frauenstimmrecht). Mit ihr hatte er zwei Söhne und eine Tochter.


1903 heiratete er Edith Ayrton, eine [[Feministin]] und Schriftstellerin. Mit ihr hatte er zwei Söhne und eine Tochter.
1926, verzweifelt über den Untergang seiner politischen Ideale, erlitt er einen Nervenzusammenbruch und starb.


==Zionismus und jüdische Haltung==
== Leben und Wirken ==
[[Datei:TheMeltingpot1.jpg|mini|hochkant|Theaterprogramm für ''The Melting Pot'' (1916)]]
Zangwill hatte trotz grosser Verbundenheit mit der jüdischen Tradition und einer teilweisen Identifikation mit dem jüdischen Ghettoleben und den es tragenden Idealen zeit seines Lebens eine zwiespältige Haltung zum überkommenen, orthodox-chassidisch geprägten Judentum, das er andererseits als überholt und nicht mehr in die moderne Zeit passend empfand. Diese Zerrissenheit zwischen Herkunft, jüdischer Ghetto-Wärme und den Verlockungen einer fremden, unheimlichen Welt thematisiert er immer wieder in seinen Schriften bis in einzelne Charaktere hinein.
[[Datei:Israel Zangwill 1905.jpg|mini|hochkant|Israel Zangwill 1905]]


Zangwill war Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften und veröffentlichte zahlreiche Essays, Dramen und Romane. Als 17-Jähriger gewann er den ersten Preis in einem Wettbewerb für Kurzgeschichten, seine erste Erzählung, ''Motso Kleis or the Green Chinee'', schrieb er mit 18 Jahren. Berühmt wurde Zangwill 1892 mit seinem Roman ''Children of the Ghetto'' (Kinder des Ghettos). Die größte literarische Nachwirkung erzielte er mit ''The Big Bow Mistery'', das heute als Klassiker des Krimi-Genres bezeichnet wird. Das Motiv des Mordes hinter verschlossenen Türen tauchte zwar erstmals bei [[Edgar Allan Poe]] ''[[Der Doppelmord in der Rue Morgue|Murders of the Rue Morgue]]'' (1841) auf, Zangwill beeinflusste aber unmittelbar [[Gaston Leroux]] mit ''Das Geheimnis des gelben Zimmers'' (1904).<ref>Klaus-Peter Walter (Hrsg.): ''[[Reclams Krimi-Lexikon]]''. Autoren und Werke. Philipp Reclam Jun., Stuttgart 2002, ISBN 3-15-010509-9, S. 452 f.</ref> Sein bekanntestes Theaterstück ist das 1908 in den [[USA]] uraufgeführte Drama ''The Melting Pot'' (Der [[Schmelztiegel]]).<ref>{{Literatur |Autor=[[Sebastian Voigt]] |Titel=Schmelztiegel: die Neue Welt als Antwort auf den europäischen Antisemitismus. Über „The Melting Pot“ (1908) von Israel Zangwill |Hrsg=Hans-Joachim Hahn und [[Olaf Kistenmacher]] |Sammelwerk=Beschreibungsversuche der Judenfeindschaft II: Antisemitismus in Text und Bild – zwischen Kritik, Reflexion und Ambivalenz |Verlag=De Gruyter Oldenbourg |Ort=Berlin / München / Boston |Datum=2019 |ISBN=978-3110539707 |Seiten=141–160}}</ref>
Zangwill wurde ein früher Anhänger [[Theodor Herzl|Herzls]] unter den [[Chibbat Zion|Chowewe-Zion]] Englands. Zangwill war bereits, bevor er Herzl kennen lernte, Mitglied des nationaljüdisch orientierten Maccabean-Clubs in London. [[Max Nordau|Nordau]] brachte Herzl und Zangwill zusammen. Das erste Treffen zwischen den beiden fand am 21. November 1895 in London statt, worüber Herzl in sein Tagebuch schrieb:


=== Judentum ===
Zangwill hatte zeit seines Lebens eine zwiespältige Haltung zum überkommenen Judentum. Trotz großer Verbundenheit mit der jüdischen Tradition und einer teilweisen Identifikation mit dem jüdischen [[Ghetto]]leben und den es tragenden Idealen lehnte er das [[Chassidisch|orthodox-chassidisch]] geprägte Judentum als überholt und nicht mehr in die moderne Zeit passend ab. Diese Zerrissenheit zwischen Herkunft, jüdischer Ghetto-Wärme und den Verlockungen einer fremden, unheimlichen Welt thematisiert er immer wieder in seinen Schriften bis in einzelne Charaktere hinein.


=== Zionismus ===
:"Besuch bei Israel Zangwill, dem Schriftsteller. Er wohnt in Kilburn, NW. Fahrt im Nebel durch endlose Strassen ... Das Haus ist ein etwas dürftiges Heim. In der mit Büchern tapezierten Studirstube sitzt Zangwill vor einem enormen Arbeitstisch, mit dem Rücken gegen den Kamin. Auch dicht am Feuer sein Bruder [Louis Zangwill, 1869-1938, ebenfalls englischer Erzähler], lesend. Machen beide den Eindruck fröstelnder Südländer, die nach Ultima-Thule [nach vorchristlichen griechischen Geographen das äusserste Land am nördlichen Ende der "Welt"] verschlagen sind. Israel Zangwill hat einen langnasigen Negertypus, sehr wollige tiefschwarze in der Mitte gescheitelte Haare und im glattrasirten Gesicht den Ausdruck von hartem Hochmuth eines nach schweren Kämpfen durchgedrungenen ehrlichen Strebers. Die Unordnung in seinem Zimmer, am Arbeitstisch lässt mich errathen, dass er ein verinnerlichter Mensch ist. Ich habe nichts von ihm gelesen, glaube ihn aber zu kennen. Er muss alle Sorgfalt, die sein Aeusseres vermissen lässt, auf seinen Stil verwenden. Unsere Unterredung ist mühsam. Wir sprechen Französisch, das er nicht genügend beherrscht. Ich weiss gar nicht, ob er mich versteht. Dennoch einigen wir uns über Hauptpunkte. Er ist auch für unsere territoriale Selbständigkeit. Er steht aber auf dem Racenstandpunkt, den ich schon nicht acceptiren kann, wenn ich ihn und mich ansehe. Ich meine nur: wir sind eine historische Einheit, eine Nation mit anthropologischen Verschiedenheiten. Das genügt auch für den Judenstaat. Keine Nation hat die Einheit der Race."
Zangwill war Mitglied des nationaljüdisch orientierten „Maccabean-Clubs“ in London und ein früher Anhänger [[Theodor Herzl]]s. Er war mit [[Max Nordau]] befreundet, der ihn mit Herzl bekanntmachte. Das erste Treffen zwischen den beiden fand am 21. November 1895 in London statt, bei dem Herzl sich mit den Worten vorstellte: „Ich bin Theodor Herzl. Helfen Sie mir, den Jüdischen Staat wieder aufzubauen“.<ref name="EJ">Harold Harel Fisch: ''Zangwill, Israel''. In: Michael Berenbaum, Fred Skolnik (Hrsg.): ''[[Encyclopaedia Judaica]]''. 2. Auflage, Band 21. Macmillan Reference USA, Detroit 2007, S.&nbsp;454 ff.</ref> In seinem Tagebuch notierte Herzl eine wenig schmeichelhafte Beschreibung Zangwills, dessen (jüdisches) Äußeres und schroffes Verhalten oft negativ kommentiert wurde.<ref>Meri-Jane Rochelson: ''A Jew in the Public Arena. The Career of Israel Zangwill''. Wayne State University Press, Detroit 2008, S. 28 ff. und 153.</ref>


Israel Zangwill verließ nach Herzls Tod 1905 die zionistische Bewegung im Zusammenhang mit der [[Britisches Uganda-Programm|Uganda-Kontroverse]] und gründete nach dem 7. [[Zionistenkongress]] die „[[Jewish Territorial Organization|Jüdisch-Territorialistische Organisation]]“ (ITO), deren Ziel es war, wo immer möglich, auch außerhalb Palästinas, Grund und Boden für eine jüdische Besiedlung zu erwerben. Die Organisation siedelte einige tausend russische Juden in [[Galveston]] an, blieb sonst aber erfolglos. Nach der [[Balfour-Deklaration]] und der damit zusammenhängenden Stärkung des Zionismus schloss Zangwill sich vorübergehend wieder der offiziellen zionistischen Linie an, die Schwierigkeiten der Besiedlung in Palästina und der Widerstand der Araber ließen ihn jedoch zu seinen früheren [[Territorialismus|territorialistischen]] Überzeugungen zurückkehren.<ref name="EJ" />


[[Datei:Chosen Peoples.jpg|mini|“Chosen Peoples”: Publikation eines Vortrags von Israel Zangwill in der Londoner Jewish Historical Society, 1918, in der Sammlung des [[Jüdisches Museum der Schweiz|Jüdischen Museums der Schweiz]] in Basel. ]]
Israel Zangwill verliess allerdings 1905 die offizielle zionistische Bewegung im Zusammenhang mit der Uganda-Kontroverse und gründete nach dem 7. [[Zionisten-Kongress]] (Basel) die Jewish Territorial Organization (JTO), deren Ziel es war, irgendwo auf der Welt Grund und Boden für eine jüdische Besiedlung zu erwerben. Die Organisation siedelte einige tausend Juden in Galveston, Texas, an, blieb aber erfolglos.


== Schriften (Auswahl) ==
Nach der Balfour-Deklaration und der damit zusammenhängenden ausserordentlichen Stärkung des Zionismus kehrte Zangwill wieder zur offiziellen zionistischen Linie zurück, aber die Schwierigkeiten der Pioniere mit der Besiedlung und den Arabern machten ihn wieder schwankend, ein anderes Land könne vielleicht doch die geeignetere Option sein. 1925 löste sich die territorialistische Bewegung auf (die JTO hatte sich bereits 1918 aufgelöst).
* {{Literatur
|Titel=The Big Bow Mystery
|Datum=1891}} – deutsch: {{Literatur |Titel=Das große Geheimnis der Bow Street |Verlag=[[Das Neue Berlin]] |Ort=Berlin |Datum=1985 |Kommentar=aus dem Engl. Nachw. von Reinhard Lehmann}}
* {{Literatur
|Titel=The Children of the Ghetto
|Datum=1892}}
* Israel Zangwill, [[Eleanor Marx]]: ''„A doll’s house“ repaired''. London (Reprinted from: „Time“, March, 1891)
* {{Literatur
|Titel=Ghetto Tragedies
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* {{Literatur
|Titel=The King of Schnorrers
|Datum=1894
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|Datum=1911}}
* {{Literatur
|Titel=The Voice of Jerusalem
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== Werke ==
== Verfilmungen (Auswahl) ==
* 1928: ''Perfect Crime'' nach ''The Big Bow Mystery'' – Regie: [[Bert Glennon]]
* ''The Children of the Ghetto'', 1892
* 1946: ''[[Hier irrte Scotland Yard]]'' (The Verdict) nach ''The Big Bow Mystery'' – Regie: [[Don Siegel]] (mit [[Sydney Greenstreet]] und [[Peter Lorre]])
* ''Ghetto Tragedies'', 1893
* ''The King of Schnorrers'', 1894
* ''Dreamers of the Ghetto'', 1898,
* ''The Mantle of Elijah'', 1899-1902
* ''Ghetto Comedies'', 1907
* ''The Melting Pot'', 1908 (in diesem Melodram verwendete Zangwill erstmals den Begriff vom „Schmelztiegel“, der zum Schlagwort für die Einwanderungpolitik der USA werden sollte)
* ''The War God'', 1911


== Literatur ==
== Literatur ==
* ''Israel Zangwill''. In: ''Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs''. Bd. 3 (1926/27), Heft 10, 16. August 1926, S. 210–212 ([https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/cm/periodical/pageview/4904662 Digitalisat]).
*''Lexikon des Judentums''; Bertelsmann-Lexikon-Verlag, Gütersloh 1971, ISBN 3-570-05964-2, Sp. 891
* Stuart Cohen: ''English Zionists and British Jews: The Communal Politics of Anglo-Jewry, 1895–1920''. Princeton University Press, Princeton NJ 1982.

=== Zeitdokumente ===
* [[Wladimir Zeev Jabotinsky|Wladimir Jabotinsky]]: ''A Talk with Zangwill''. In: ''Jewish Herald'', 4. August 1939.<ref name=":0" />


== Weblinks ==
== Weblinks ==
{{Wikisource}}
* {{IMDb Name|ID=0953015|NAME=Israel Zangwill}}
* {{PND|118808281}}
{{Commonscat}}
* [https://sammlungen.ub.uni-frankfurt.de/judaica/search/quick?query=Israel+Zangwill+ Literatur von und über Israel Zangwill] in der Universitätsbibliothek JCS Frankfurt am Main: Digitale Sammlungen Judaica
* {{IMDb|nm0953015}}
* {{DNB-Portal|118808281}}
* {{DDB|Person|118808281}}
* {{Pressemappe|FID=pe/041038}}
* [https://www.projekt-gutenberg.org/autoren/namen/zangwill.html Werke von Israel Zangwill] im Projekt Gutenberg-DE

== Einzelnachweise ==
<references />

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Aktuelle Version vom 7. Januar 2024, 11:03 Uhr

Israel Zangwill

Israel Zangwill (* 21. Januar 1864 in London;[1]1. August 1926 in Midhurst, Sussex) war ein britischer jüdischer Schriftsteller, Essayist, Journalist und politischer Aktivist in der feministischen, pazifistischen und zionistischen Bewegung. Zangwill ist nach überwiegender Meinung der Historiker der Autor des zionistischen Slogans „Ein Land ohne Volk für ein Volk ohne Land“.[2][3] Dieser erschien erstmals im Dezember 1901 im Artikel The Return to Palestine der New Liberal Review.[4]

Familie und Ausbildung

Zangwill wurde in London als Sohn armer jüdischer Einwanderer aus dem zaristischen Russland und Polen geboren. Er verbrachte seine frühe Kindheit in Plymouth und Bristol. Mit acht Jahren kehrte er mit seiner Familie nach London ins East End zurück, wo er die „Jews’ Free School“ besuchte, an der er später auch als Lehrer tätig war. Er studierte an der Universität in London und schloss 1884 in Geisteswissenschaften, Englisch und Französisch mit Auszeichnung ab.[5]

1903 heiratete er Edith Ayrton, eine Feministin und Schriftstellerin. Mit ihr hatte er zwei Söhne und eine Tochter.

Leben und Wirken

Theaterprogramm für The Melting Pot (1916)
Israel Zangwill 1905

Zangwill war Mitarbeiter verschiedener Zeitschriften und veröffentlichte zahlreiche Essays, Dramen und Romane. Als 17-Jähriger gewann er den ersten Preis in einem Wettbewerb für Kurzgeschichten, seine erste Erzählung, Motso Kleis or the Green Chinee, schrieb er mit 18 Jahren. Berühmt wurde Zangwill 1892 mit seinem Roman Children of the Ghetto (Kinder des Ghettos). Die größte literarische Nachwirkung erzielte er mit The Big Bow Mistery, das heute als Klassiker des Krimi-Genres bezeichnet wird. Das Motiv des Mordes hinter verschlossenen Türen tauchte zwar erstmals bei Edgar Allan Poe Murders of the Rue Morgue (1841) auf, Zangwill beeinflusste aber unmittelbar Gaston Leroux mit Das Geheimnis des gelben Zimmers (1904).[6] Sein bekanntestes Theaterstück ist das 1908 in den USA uraufgeführte Drama The Melting Pot (Der Schmelztiegel).[7]

Judentum

Zangwill hatte zeit seines Lebens eine zwiespältige Haltung zum überkommenen Judentum. Trotz großer Verbundenheit mit der jüdischen Tradition und einer teilweisen Identifikation mit dem jüdischen Ghettoleben und den es tragenden Idealen lehnte er das orthodox-chassidisch geprägte Judentum als überholt und nicht mehr in die moderne Zeit passend ab. Diese Zerrissenheit zwischen Herkunft, jüdischer Ghetto-Wärme und den Verlockungen einer fremden, unheimlichen Welt thematisiert er immer wieder in seinen Schriften bis in einzelne Charaktere hinein.

Zionismus

Zangwill war Mitglied des nationaljüdisch orientierten „Maccabean-Clubs“ in London und ein früher Anhänger Theodor Herzls. Er war mit Max Nordau befreundet, der ihn mit Herzl bekanntmachte. Das erste Treffen zwischen den beiden fand am 21. November 1895 in London statt, bei dem Herzl sich mit den Worten vorstellte: „Ich bin Theodor Herzl. Helfen Sie mir, den Jüdischen Staat wieder aufzubauen“.[8] In seinem Tagebuch notierte Herzl eine wenig schmeichelhafte Beschreibung Zangwills, dessen (jüdisches) Äußeres und schroffes Verhalten oft negativ kommentiert wurde.[9]

Israel Zangwill verließ nach Herzls Tod 1905 die zionistische Bewegung im Zusammenhang mit der Uganda-Kontroverse und gründete nach dem 7. Zionistenkongress die „Jüdisch-Territorialistische Organisation“ (ITO), deren Ziel es war, wo immer möglich, auch außerhalb Palästinas, Grund und Boden für eine jüdische Besiedlung zu erwerben. Die Organisation siedelte einige tausend russische Juden in Galveston an, blieb sonst aber erfolglos. Nach der Balfour-Deklaration und der damit zusammenhängenden Stärkung des Zionismus schloss Zangwill sich vorübergehend wieder der offiziellen zionistischen Linie an, die Schwierigkeiten der Besiedlung in Palästina und der Widerstand der Araber ließen ihn jedoch zu seinen früheren territorialistischen Überzeugungen zurückkehren.[8]

“Chosen Peoples”: Publikation eines Vortrags von Israel Zangwill in der Londoner Jewish Historical Society, 1918, in der Sammlung des Jüdischen Museums der Schweiz in Basel.

Schriften (Auswahl)

  • The Big Bow Mystery. 1891. – deutsch: Das große Geheimnis der Bow Street. Das Neue Berlin, Berlin 1985 (aus dem Engl. Nachw. von Reinhard Lehmann).
  • The Children of the Ghetto. 1892.
  • Israel Zangwill, Eleanor Marx: „A doll’s house“ repaired. London (Reprinted from: „Time“, March, 1891)
  • Ghetto Tragedies. 1893.
  • The King of Schnorrers. 1894 (Roman). – deutsch: Der König der Schnorrer. Manesse, Zürich 2006, ISBN 978-3-7175-2104-4 (aus dem Engl. übers. von Trude Fein. Nachw. von Herbert Tauber).
  • Dreamers of the Ghetto. 1898.
  • The Mantle of Elijah. (1899–1902).
  • Ghetto Comedies. 1907.
  • The Melting Pot. 1908 (in diesem Drama verwendete Zangwill erstmals den Begriff vom „Schmelztiegel“, der zum Schlagwort für die Einwanderungspolitik der USA werden sollte).
  • The War God. 1911.
  • The Voice of Jerusalem. 1921.

Verfilmungen (Auswahl)

Literatur

  • Israel Zangwill. In: Gemeindezeitung für die israelitischen Gemeinden Württembergs. Bd. 3 (1926/27), Heft 10, 16. August 1926, S. 210–212 (Digitalisat).
  • Stuart Cohen: English Zionists and British Jews: The Communal Politics of Anglo-Jewry, 1895–1920. Princeton University Press, Princeton NJ 1982.

Zeitdokumente

Wikisource: Israel Zangwill – Quellen und Volltexte
Commons: Israel Zangwill – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. Gemäß Geburtsurkunde, nach anderen Angaben am 6. oder 14. Februar. Meri-Jane Rochelson: A Jew in the Public Arena. The Career of Israel Zangwill. Wayne State University Press, Detroit 2008, ISBN 978-0-8143-3344-0, S. 9.
  2. Julius H. Schoeps: Einleitung: Zionismus oder der Kampf um die nationale Wiedergeburt. In: Julius H. Schoeps (Hrsg.): Zionismus. Texte zu seiner Entwicklung. 2. Auflage. Fourier Verlag, Wiesbaden 1983, ISBN 3-921695-85-6, S. 9–45, hier S. 32 (Schoeps zitiert hierzu unter Fußnote 48 (S. 44): Alan R. Taylor: Prelude to Israel. An Analysis of Zionist Diplomacy, 1897–1947, New York 1959, S. 31).
  3. Jean-Pierre Filiu: Histoire du Moyen-Orient – De 395 à nos jours (= Collection Points Histoire. H602). 2. Auflage. Éditions du Seuil, Paris 2023, ISBN 978-2-7578-9937-3, S. 268.
  4. a b Omri Boehm: Haifa Republic – A Democratic Future for Israel. New York Review Books, New York 2021, ISBN 978-1-68137-393-5, S. 99 (Boehm zitiert hierzu unter Fußnote 3 (S. 178): Israel Zangwill: The Return to Palestine. In: New Liberal Review, 2, Nr. 11, London Dezember 1901, S. 615).
  5. Meri-Jane Rochelson: A Jew in the Public Arena. The Career of Israel Zangwill. Wayne State University Press, Detroit 2008, S. 9.
  6. Klaus-Peter Walter (Hrsg.): Reclams Krimi-Lexikon. Autoren und Werke. Philipp Reclam Jun., Stuttgart 2002, ISBN 3-15-010509-9, S. 452 f.
  7. Sebastian Voigt: Schmelztiegel: die Neue Welt als Antwort auf den europäischen Antisemitismus. Über „The Melting Pot“ (1908) von Israel Zangwill. In: Hans-Joachim Hahn und Olaf Kistenmacher (Hrsg.): Beschreibungsversuche der Judenfeindschaft II: Antisemitismus in Text und Bild – zwischen Kritik, Reflexion und Ambivalenz. De Gruyter Oldenbourg, Berlin / München / Boston 2019, ISBN 978-3-11-053970-7, S. 141–160.
  8. a b Harold Harel Fisch: Zangwill, Israel. In: Michael Berenbaum, Fred Skolnik (Hrsg.): Encyclopaedia Judaica. 2. Auflage, Band 21. Macmillan Reference USA, Detroit 2007, S. 454 ff.
  9. Meri-Jane Rochelson: A Jew in the Public Arena. The Career of Israel Zangwill. Wayne State University Press, Detroit 2008, S. 28 ff. und 153.