„Edith Cavell“ – Versionsunterschied

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In der Nacht vor der Exekution hatte Cavell mit dem anglikanischen Geistlichen Rev. Gahan gesprochen, dem es erlaubt worden war, sie zu besuchen. Ihm sagte sie: „I realize that patriotism is not enough, I must have no hatred or bitterness towards anyone.“<ref name="tucker"/> (Ich habe erkannt, dass Patriotismus nicht genug ist, ich darf weder Hass noch Bitterkeit gegenüber irgendjemand empfinden.). Diese Worte stehen auf dem Denkmal auf dem Londoner St. Martin's Place in der Nähe des [[Trafalgar Square]].
In der Nacht vor der Exekution hatte Cavell mit dem anglikanischen Geistlichen Rev. Gahan gesprochen, dem es erlaubt worden war, sie zu besuchen. Ihm sagte sie: „I realize that patriotism is not enough, I must have no hatred or bitterness towards anyone.“<ref name="tucker"/> (Ich habe erkannt, dass Patriotismus nicht genug ist, ich darf weder Hass noch Bitterkeit gegenüber irgendjemand empfinden.). Diese Worte stehen auf dem Denkmal auf dem Londoner St. Martin's Place in der Nähe des [[Trafalgar Square]].


Die publizistische Empörung über die Hinrichtung von Edith Cavell wurde von den deutschen Behörden als einer der größten britischen [[Propaganda im Ersten Weltkrieg|Propagandaerfolge im Ersten Weltkrieg]] gewertet. [[Traugott von Sauberzweig]], 1915 [[Generalgouverneur]] in [[Brüssel]], kam im Zusammenhang mit der Hinrichtung zu einer für ihn unangenehmen Bekanntheit.<ref>''Gen. Sauberzweig Dead. Was Military Governor of Brussels When Edith Cavell Was Executed'', [[The New York Times]], 19. April 1920 [http://query.nytimes.com/gst/abstract.html?res=FB0F1EFB385B11728DDDA00994DC405B808EF1D3&scp=1&sq=Edith%20Cavell%20Sauberzweig&st=cse]</ref> Er wurde aufgrund des Falls Cavell abgelöst.<ref>''Cavell Case Causes Official's Removal'', The New York Times, 2. November 1915 [http://select.nytimes.com/gst/abstract.html?res=F30E15F9385A12738DDDAB0894D9415B858DF1D3&scp=2&sq=Edith%20Cavell%20Sauberzweig&st=cse]</ref> Zu jenen, die unter seinem nun folgenden Zorn zu leiden hatten, befand sich auch [[Herbert Hoover]] mit seiner [[Kommission für das Belgische Hilfswerk]], da Sauberzweig kurz davor stand, die Hilfeleistung dieser Organisation zu untersagen.<ref>Herbert Hoover: ''Memoiren (Bd. 1). Jahre der Abenteuer 1874–1920'', Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1951</ref> „Rückblickend“ wurde von deutscher Seite zugegeben, dass die Hinrichtung zwar rechtmäßig, aber ein schwerer politischer Fehler gewesen sei.<ref>Martin Schramm: ''Das Deutschlandbild in der britischen Presse 1912–1919.'' Akademie Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-05-004422-4, S.&nbsp;392.</ref> Der Rechtshistoriker Andreas Toppe stellte im Jahr 2008 dar, dass die Verurteilung nach den Vorschriften der Haager Landkriegsordnung zweifelhaft war. Auch sah der § 90 Absatz 3 RSTGB als Höchststrafe lebenslängliches Gefängnis und keine Todesstrafe vor, so dass mit diesem Todesurteil der „internationale Rechtsgrundsatz [[nullum crimen sine lege]]“ verletzt worden war.<ref name="toppe"/> Möglicherweise beeinflusste die internationale Kritik auch die Entscheidung von Bissings, am 5. April 1916 das Todesurteil gegen die französische Spionin [[Louise de Bettignies]] in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe mit Zwangsarbeit umzuwandeln.<ref>[http://www.mamet-dom.net/Cel/DeBettignies.htm Louise de Bettignies] (französisch)</ref>
Die publizistische Empörung über die Hinrichtung von Edith Cavell wurde von den deutschen Behörden als einer der größten britischen [[Propaganda im Ersten Weltkrieg|Propagandaerfolge im Ersten Weltkrieg]] gewertet. General [[Traugott von Sauberzweig]], 1915 [[Generalgouverneur]] in [[Brüssel]], kam im Zusammenhang mit der Hinrichtung zu einer für ihn unangenehmen Bekanntheit.<ref>''Gen. Sauberzweig Dead. Was Military Governor of Brussels When Edith Cavell Was Executed'', [[The New York Times]], 19. April 1920 [http://query.nytimes.com/gst/abstract.html?res=FB0F1EFB385B11728DDDA00994DC405B808EF1D3&scp=1&sq=Edith%20Cavell%20Sauberzweig&st=cse]</ref> Er wurde aufgrund des Falls Cavell abgelöst.<ref>''Cavell Case Causes Official's Removal'', The New York Times, 2. November 1915 [http://select.nytimes.com/gst/abstract.html?res=F30E15F9385A12738DDDAB0894D9415B858DF1D3&scp=2&sq=Edith%20Cavell%20Sauberzweig&st=cse]</ref> Zu jenen, die unter seinem nun folgenden Zorn zu leiden hatten, befand sich auch [[Herbert Hoover]] mit seiner [[Kommission für das Belgische Hilfswerk]], da Sauberzweig kurz davor stand, die Hilfeleistung dieser Organisation zu untersagen.<ref>Herbert Hoover: ''Memoiren (Bd. 1). Jahre der Abenteuer 1874–1920'', Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1951</ref> „Rückblickend“ wurde von deutscher Seite zugegeben, dass die Hinrichtung zwar rechtmäßig, aber ein schwerer politischer Fehler gewesen sei.<ref>Martin Schramm: ''Das Deutschlandbild in der britischen Presse 1912–1919.'' Akademie Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-05-004422-4, S.&nbsp;392.</ref> Der Rechtshistoriker Andreas Toppe stellte im Jahr 2008 dar, dass die Verurteilung nach den Vorschriften der Haager Landkriegsordnung zweifelhaft war. Auch sah der § 90 Absatz 3 RSTGB als Höchststrafe lebenslängliches Gefängnis und keine Todesstrafe vor, so dass mit diesem Todesurteil der „internationale Rechtsgrundsatz [[nullum crimen sine lege]]“ verletzt worden war.<ref name="toppe"/> Möglicherweise beeinflusste die internationale Kritik auch die Entscheidung von Bissings, am 5. April 1916 das Todesurteil gegen die französische Spionin [[Louise de Bettignies]] in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe mit Zwangsarbeit umzuwandeln.<ref>[http://www.mamet-dom.net/Cel/DeBettignies.htm Louise de Bettignies] (französisch)</ref>


In einzelnen jüngeren britischen Büchern über Geheimdienste wird ausgeführt, Cavell sei eine britische Spionin gewesen.<ref>Nicholas Rankin: ''A genius for deception. How cunning helped the British win two world wars.'' Oxford University Press, London 2009, ISBN 019538704X, Kapitel&nbsp;3</ref><ref>Sherri Greene Ottis: ''Silent heroes. Downed airmen and the French underground.'' University Press of Kentucky, 2001, ISBN 0813121868, S.&nbsp;6.</ref> Wann sie ihre Spionagetätigkeit aufgenommen haben soll und zu welchem Zweck die Krankenschwester nachrichtendienstlich tätig gewesen war, geht aus den Angaben nicht hervor.
In einzelnen jüngeren britischen Büchern über Geheimdienste wird ausgeführt, Cavell sei eine britische Spionin gewesen.<ref>Nicholas Rankin: ''A genius for deception. How cunning helped the British win two world wars.'' Oxford University Press, London 2009, ISBN 019538704X, Kapitel&nbsp;3</ref><ref>Sherri Greene Ottis: ''Silent heroes. Downed airmen and the French underground.'' University Press of Kentucky, 2001, ISBN 0813121868, S.&nbsp;6.</ref> Wann sie ihre Spionagetätigkeit aufgenommen haben soll und zu welchem Zweck die Krankenschwester nachrichtendienstlich tätig gewesen war, geht aus den Angaben nicht hervor.

Version vom 24. August 2014, 15:01 Uhr

Edith Louisa Cavell ['kævl] (* 4. Dezember 1865 in Swardeston, Norfolk, Vereinigtes Königreich; † 12. Oktober 1915 in Brüssel) war eine britische Krankenschwester, die während der deutschen Besatzung Belgiens im Ersten Weltkrieg wegen Fluchthilfe für alliierte Soldaten hingerichtet wurde. Sie wird in England als Märtyrerin und Heldin verehrt.

Edith Cavell
Denkmal für Edith Cavell

Leben

Edith Cavell beendete 1895 ihre Ausbildung zur Krankenschwester im London Hospital, 1907 wurde sie Oberin im Berkendael Medical Institute in Brüssel. Nach der deutschen Invasion in Belgien wurde das Berkendael-Institut vom Deutschen Roten Kreuz übernommen und in ein Lazarett umgewandelt.[1] Sie arbeitete eng mit der populären belgischen Diplomatin Marie Depage zusammen, die am 7. Mai 1915 bei der Versenkung des britischen Luxusdampfers Lusitania ums Leben kam.

Cavell trat einer Untergrundorganisation bei, die britischen, französischen und belgischen Kriegsgefangenen half, durch die neutralen Niederlande in ihre Heimatländer zu fliehen. Mehr als 200 Männern war bereits die Flucht über die Grenze gelungen, als Cavell und andere der Gruppe am 5. August 1915 von den Deutschen verhaftet wurden.[2] Sie wurde gemeinsam mit 34 weiteren Personen wegen eines „Verbrechens zum Schaden für die deutschen Streitkräfte“ insbesondere der Verletzung des § 90 Absatz 3 des Reichsstrafgesetzbuches (RSTGB) „Zuführung von Mannschaften an den Feind“ angeklagt und, trotz eines hervorragenden Plädoyers ihres Brüsseler Anwalts Sadi Kirschen[3], zum Tode verurteilt.[4] Das Todesurteil ist von Moritz von Bissing, dem deutschen Generalgouverneur in Belgien, unterzeichnet worden.

Eine Aussetzung des Urteils oder eine Begnadigung, um die sich der amerikanische und der spanische Botschafter bemühten, wurde abgelehnt. Auch der Papst bemühte sich um eine Begnadigung. Am 12. Oktober 1915 wurde sie gemeinsam mit dem Belgier Philippe Baucq erschossen. Gottfried Benn war bei dem Prozess anwesend und in seiner Funktion als Arzt Teilnehmer der Hinrichtung.

In der Nacht vor der Exekution hatte Cavell mit dem anglikanischen Geistlichen Rev. Gahan gesprochen, dem es erlaubt worden war, sie zu besuchen. Ihm sagte sie: „I realize that patriotism is not enough, I must have no hatred or bitterness towards anyone.“[1] (Ich habe erkannt, dass Patriotismus nicht genug ist, ich darf weder Hass noch Bitterkeit gegenüber irgendjemand empfinden.). Diese Worte stehen auf dem Denkmal auf dem Londoner St. Martin's Place in der Nähe des Trafalgar Square.

Die publizistische Empörung über die Hinrichtung von Edith Cavell wurde von den deutschen Behörden als einer der größten britischen Propagandaerfolge im Ersten Weltkrieg gewertet. General Traugott von Sauberzweig, 1915 Generalgouverneur in Brüssel, kam im Zusammenhang mit der Hinrichtung zu einer für ihn unangenehmen Bekanntheit.[5] Er wurde aufgrund des Falls Cavell abgelöst.[6] Zu jenen, die unter seinem nun folgenden Zorn zu leiden hatten, befand sich auch Herbert Hoover mit seiner Kommission für das Belgische Hilfswerk, da Sauberzweig kurz davor stand, die Hilfeleistung dieser Organisation zu untersagen.[7] „Rückblickend“ wurde von deutscher Seite zugegeben, dass die Hinrichtung zwar rechtmäßig, aber ein schwerer politischer Fehler gewesen sei.[8] Der Rechtshistoriker Andreas Toppe stellte im Jahr 2008 dar, dass die Verurteilung nach den Vorschriften der Haager Landkriegsordnung zweifelhaft war. Auch sah der § 90 Absatz 3 RSTGB als Höchststrafe lebenslängliches Gefängnis und keine Todesstrafe vor, so dass mit diesem Todesurteil der „internationale Rechtsgrundsatz nullum crimen sine lege“ verletzt worden war.[4] Möglicherweise beeinflusste die internationale Kritik auch die Entscheidung von Bissings, am 5. April 1916 das Todesurteil gegen die französische Spionin Louise de Bettignies in eine lebenslängliche Freiheitsstrafe mit Zwangsarbeit umzuwandeln.[9]

In einzelnen jüngeren britischen Büchern über Geheimdienste wird ausgeführt, Cavell sei eine britische Spionin gewesen.[10][11] Wann sie ihre Spionagetätigkeit aufgenommen haben soll und zu welchem Zweck die Krankenschwester nachrichtendienstlich tätig gewesen war, geht aus den Angaben nicht hervor.

Ehrungen

1919 wurde Cavells Leichnam exhumiert und nach London überführt. In Anwesenheit von König Georg V. fand in der Westminster Abbey ein Gedenkgottesdienst statt, bevor der Leichnam mit einem Sonderzug nach Norwich überführt und dort außerhalb der Kathedrale beigesetzt wurde. Noch heute findet alljährlich ein Gottesdienst am Grab von Cavell statt.

  • London, Denkmal für Edith Cavell in der Nähe des Trafalgar Square
  • Gent, Gedenktafel für Edith Cavell in der Koningin Elisabethlaan, an dem Haus, in dem sie sich im April 1915 versteckt hielt (Englische Aufschrift: „Miss Edith Cavell, the glorious victim of German barbarity was secretly harboured in this house in April 1915“)

Nach Edith Cavell sind unter anderem benannt:

Verfilmungen

Edith Cavell in der Literatur

  • Der Fall Edith Cavell wird von Arnold Zweig in seinem Roman „Junge Frau von 1914“ erwähnt. (Aufbau-Verlag, Berlin 1963. S. 195 ff.)
  • Edith Cavell findet auch Erwähnung bei Alfred Döblin: November 1918. Eine deutsche Revolution. Erzählwerk in drei Teilen. Erster Teil: Bürger und Soldaten 1918. Frankfurt am Main 2008, S. 261ff.
  • Thomas Mann schildert die Verhaftung und Hinrichtung in seinen Betrachtungen eines Unpolitischen von 1917.
  • Gottfried Benn: Wie Miss Cavell erschossen wurde. Gesammelte Werke Bd. IV. Wiesbaden 1961, S. 194-201
  • T. H. White erwähnt sie im 7. Kapitel seines Romans Das Buch Merlin und bezieht sich dabei auf ihre letzten Worte: „If Miss Edith Cavell had been an ant, they would have had to write on her pedestal: Smell is not enough.“ („Wenn Miss Edith Cavell (...) eine Ameise gewesen wäre, hätte man auf ihr Denkmal schreiben müssen: Geruch genügt nicht.“)

Literatur

Commons: Edith Cavell – Sammlung von Bildern, Videos und Audiodateien

Einzelnachweise

  1. a b Spencer Tucker (Hrsg.): The Encyclopedia of World War I. A Political, Social and Military History. Verlag ABC-Clio, Santa Barbara 2005, ISBN 1-85109-420-2, S. 279f.
  2. Gerhard Hirschfeld (Hrsg.): Enzyklopädie Erster Weltkrieg. Schöningh, Paderborn 2003, ISBN 3-506-73913-1, S. 408f.
  3. Antonius Lux (Hrsg.): Große Frauen der Weltgeschichte. Tausend Biographien in Wort und Bild. Sebastian Lux Verlag, München 1963, S. 101.
  4. a b Andreas Toppe: Militär und Kriegsvölkerrecht. Rechtsnorm, Fachdiskurs und Kriegspraxis in Deutschland 1899–1940. Oldenbourg Verlag, München 2007, ISBN 3486582062, S. 126f.
  5. Gen. Sauberzweig Dead. Was Military Governor of Brussels When Edith Cavell Was Executed, The New York Times, 19. April 1920 [1]
  6. Cavell Case Causes Official's Removal, The New York Times, 2. November 1915 [2]
  7. Herbert Hoover: Memoiren (Bd. 1). Jahre der Abenteuer 1874–1920, Matthias-Grünewald-Verlag, Mainz 1951
  8. Martin Schramm: Das Deutschlandbild in der britischen Presse 1912–1919. Akademie Verlag, Berlin 2007, ISBN 978-3-05-004422-4, S. 392.
  9. Louise de Bettignies (französisch)
  10. Nicholas Rankin: A genius for deception. How cunning helped the British win two world wars. Oxford University Press, London 2009, ISBN 019538704X, Kapitel 3
  11. Sherri Greene Ottis: Silent heroes. Downed airmen and the French underground. University Press of Kentucky, 2001, ISBN 0813121868, S. 6.