Ulrike Malmendier

Ulrike M. Malmendier (* August 1973 in Köln) ist eine deutsche Ökonomin, Politikberaterin und Professorin für Finanzmarktökonomik an der Haas School of Business der University of California, Berkeley.[1][2] Im August 2022 berief sie die deutsche Bundesregierung in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung.[3]

Malmendiers Forschungsschwerpunkt ist die Verhaltensökonomik – sie untersucht kognitive Verzerrungen im Kontext von Unternehmensführung und finanziellen Entscheidungen.[4][5] Sie kommentiert regelmäßig verschiedene politische Themen wie Wirtschafts- und Geldpolitik,[6] künstliche Intelligenz[7] und Migration.[8]

Laut IDEAS/RePEc zählt sie zu den Top-Ökonomen weltweit.[9]

Leben

Von 1991 bis 1993 machte Ulrike Malmendier eine Ausbildung bei der Deutschen Bank. Sie studierte als Stipendiatin der Studienstiftung des deutschen Volkes Volkswirtschaftslehre und Jura. Nach einer juristischen Promotion an der Universität Bonn im Jahre 2000 promovierte sie 2002 ein zweites Mal an der Harvard Business School über Verhaltensökonomik in der Unternehmensfinanzierung und Kapitalmarktforschung. Ihr Betreuer in Harvard war Andrei Shleifer.[10]

Von 2002 bis 2006 arbeitete sie als Assistenzprofessorin an der Stanford University. Seit 2005 unterrichtet sie in Berkeley, zunächst als Assistant Professor, seit 2008 als Associate Professor und danach auf einer Stiftungsprofessur. Ihr Hauptinteresse gilt der Verhaltensökonomie, Unternehmensfinanzierung und Vertragstheorie.[11]

Malmendier ist Redakteurin des Fachjournals Journal of Economic Perspectives.[12] In einem Zeitungsinterview 2013 verglich sie die Lage einer berufstätigen Frau in den USA mit der von berufstätigen Frauen in Deutschland. Sie argumentierte, dass es in den USA eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf gebe. So könnten mehr Frauen Karriere machen als in Deutschland.[13]

Im August 2022 wurde sie von der Bundesregierung in den Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung berufen.[14] Im Oktober 2022 gehörte sie zu den Experten der Internationalen Konferenz zum Wiederaufbau der Ukraine.[15] 2023 wurde ihr zur Würdigung ihrer wissenschaftlichen Leistungen die Ehrendoktorwürde verliehen.[16]

Ulrike Malmendier ist mit Stefano Della Vigna verheiratet und hat drei Kinder (* 2008, 2010, 2012).

Forschung

Malmendiers Forschung konzentriert sich auf Verhaltensökonomik, besonders im Kontext der Unternehmensführung und finanzieller Entscheidungen. Sie hat umfangreiche Untersuchungen zur Selbstüberschätzung von Geschäftsführern durchgeführt, bei denen sie herausfand, dass CEOs mit Selbstüberschätzung zu viel Geld in ihre Unternehmen investierten und häufiger als andere Manager destruktive Übernahmen durchführten.[4][17]

Sie hat auch untersucht, wie kognitive Verzerrungen die finanzielle Entscheidungsfindung in anderen Kontexten beeinflussen.[18] Sie stellte fest, dass Menschen, die die Weltwirtschaftskrise erlebt haben, ihr ganzes Leben lang sparsamer bleiben.[5] Außerdem überschätzen Menschen systematisch, wie oft sie das Fitnessstudio besuchen werden.[18] Des Weiteren stellte sie fest, dass Finanzanalysten zu optimistische Profitempfehlungen geben.[19]

Malmendier hat auch die Herkunft von Aktiengesellschaften erforscht. Sie entdeckte dabei eine frühe Form der Aktiengesellschaft im antiken Rom namens societas publicanorum.[20]

Preise und Auszeichnungen (Auswahl)

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Prof. Dr. Dr. Ulrike Malmendier. Abgerufen am 16. Februar 2023 (deutsch).
  2. Ulrike Malmendier's Homepage. Abgerufen am 16. Februar 2023.
  3. Malmendier und Werding werden neue Wirtschaftsweise. In: Zeit Online. Abgerufen am 16. Februar 2023.
  4. a b U Malmendier, G Tate: Who makes acquisitions? CEO overconfidence and the market's reaction. In: Journal of Financial Economics. Band 89, Nr. 1, Juli 2008, S. 20–43, doi:10.1016/j.jfineco.2007.07.002 (elsevier.com [abgerufen am 16. Februar 2023]).
  5. a b Ulrike Malmendier, Stefan Nagel: Depression Babies: Do Macroeconomic Experiences Affect Risk Taking?*. In: The Quarterly Journal of Economics. Band 126, Nr. 1, Februar 2011, ISSN 0033-5533, S. 373–416, doi:10.1093/qje/qjq004 (oup.com [abgerufen am 16. Februar 2023]).
  6. Nina Bärschneider: Wirtschaftsweise Ulrike Malmendier: „Ich bin enttäuscht von der mangelnden Zielgerichtetheit der Hilfsmaßnahmen“. 24. Januar 2023, abgerufen am 16. Februar 2023.
  7. Wirtschaftsweise Malmendier: KI bringt tiefgreifenden Wandel der Arbeitswelt. Abgerufen am 16. Februar 2023.
  8. Fachkräfteengpass könnte „die nächste Wachstumsbremse werden“ | Börsen-Zeitung. Abgerufen am 16. Februar 2023 (deutsch).
  9. Economist Rankings | IDEAS/RePEc. Abgerufen am 16. Februar 2023.
  10. RePEc Genealogy page for Ulrike Malmendier. Abgerufen am 16. Februar 2023.
  11. Eine patriotische Mission, In: Frankfurter Allgemeine Zeitung vom 11. August 2022
  12. AEAweb: Journal of Economic Perspectives. 28. Januar 2014, abgerufen am 22. Februar 2024.
  13. Olaf Gersemann: ”Meine Söhne haben mir beruflich sogar geholfen“. In: Welt. 27. Januar 2013, abgerufen am 29. November 2022.
  14. Prof. Dr. Dr. Ulrike Malmendier. In: www.sachverstaendingenrat-wirtschaft.de. Abgerufen am 29. November 2022.
  15. Diese Expertinnen und Experten beraten über den Wiederaufbau der Ukraine. In: g7germany.de. Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, abgerufen am 29. November 2022.
  16. „Wirtschaftsweise“ Prof. Dr. Dr. Ulrike Malmendier ist neue Ehrendoktorin. Abgerufen am 10. Juli 2023.
  17. Ulrike Malmendier, Geoffrey Tate: CEO Overconfidence and Corporate Investment. In: The Journal of Finance. Band 60, Nr. 6, Dezember 2005, S. 2661–2700, doi:10.1111/j.1540-6261.2005.00813.x (wiley.com [abgerufen am 16. Februar 2023]).
  18. a b Stefano Della Vigna, Ulrike Malmendier: Paying Not to Go to the Gym. In: American Economic Review. Band 96, Nr. 3, 1. Mai 2006, ISSN 0002-8282, S. 694–719, doi:10.1257/aer.96.3.694 (aeaweb.org [abgerufen am 16. Februar 2023]).
  19. Ulrike Malmendier, Devin Shanthikumar: Do Security Analysts Speak in Two Tongues? In: Review of Financial Studies. Band 27, Nr. 5, Mai 2014, ISSN 0893-9454, S. 1287–1322, doi:10.1093/rfs/hhu009 (oup.com [abgerufen am 16. Februar 2023]).
  20. Ulrike Malmendier: Law and Finance “at the Origin”. In: Journal of Economic Literature. Band 47, Nr. 4, 1. Dezember 2009, ISSN 0022-0515, S. 1076–1108, doi:10.1257/jel.47.4.1076 (aeaweb.org [abgerufen am 16. Februar 2023]).
  21. Fischer Black Prize. afajof.org, archiviert vom Original am 4. Januar 2014; abgerufen am 11. Oktober 2015 (englisch).
  22. Johannes Seiler: Bessel-Preis für internationale Ökonomin. Rheinische Friedrich-Wilhelms-Universität Bonn, Pressemitteilung vom 10. Dezember 2015 beim Informationsdienst Wissenschaft (idw-online.de), abgerufen am 10. Dezember 2015.
  23. American Academy of Arts and Sciences: Newly Elected Fellows. In: amacad.org. Abgerufen am 22. April 2016.
  24. 2017 Fellows – United States and Canada. John Simon Guggenheim Memorial Foundation, abgerufen am 1. Mai 2017.
  25. Gustav-Stolper-Preis, Liste der Preistraeger. Website des Vereins für Socialpolitik. Abgerufen am 24. Oktober 2019.