„Lann Hornscheidt“ – Versionsunterschied

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Eine Frau, die sich aus einer Laune heraus als nichtbinär ausgibt!
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Version vom 23. August 2020, 14:51 Uhr

Lann Hornscheidt (2015)

Lann Hornscheidt (* 1965 als Antje Hornscheidt in Velbert) ist auf dem Gebiet der Sprachwissenschaft und Skandinavistik sowie der Gender Studies tätig und leitet einen Verlag. Bis 2016 hatte Hornscheidt eine Professur für Gender Studies und Sprachanalyse am Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien der Berliner Humboldt-Universität. Hornscheidt versteht sich als neutrois (eine nichtbinäre Geschlechtsidentität: gender-neutral) und entwickelte hierfür Bezeichnungen wie „entzweigendernd“ sowie „Profex Drex“ (Prof. Dr.).[1]

Leben und Forschung

Hornscheidt wuchs in einem nichtakademischen Elternhaus im Ruhrgebiet auf.[2] 1991 wurde Hornscheidt an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zum Dr. phil. promoviert mit der Arbeit Der L1- und L2-bilinguale Erwerb pronominaler Referenz bei Kindern: Eine Untersuchung von Schwedisch und Englisch im L2- sowie Schwedisch im nicht-dominanten L1-Erwerb.[3] 2004 erfolgte die Habilitation in skandinavistischer Linguistik an der Humboldt-Universität zum Thema Genderspezifizierung und ihre diskursive Verhandlung im modernen Schwedisch. Hornscheidt hielt Gastprofessuren an der Universität Graz (Institut für Germanistik), der Universität Örebro (Institut für Geschichtswissenschaften), der Universität Turku (Institut für schwedische Linguistik), der Universität Lund (Institut für Germanistik) und an der Universität Uppsala (Institut für Germanistik).[4]

2016 kündigte Hornscheidt die Professur für Gender Studies und Sprachanalyse und ist seitdem nicht mehr an der Humboldt-Universität tätig.[5]

Gendertheorie und geschlechtsneutrale Sprache

Hornscheidt kritisiert die generelle zweigeschlechtliche Grundkonzeption der Gesellschaft („ZweiGenderung“) und deren Vorstellungen von Normalität und Kategorisierbarkeit. Geschlechtliche Diskriminierung kann nach Ansicht Hornscheidts nicht losgelöst von den gesellschaftlichen Herrschaftsverhältnissen betrachtet werden, rassistische und ableistische Strukturen müssten daher stets mitbetrachtet werden. Ausgehend von der feministischen Linguistik befürwortet Hornscheidt eine geschlechtsneutrale Sprache, mit der sich auch diejenigen identifizieren können, die sich nicht als Mann oder Frau betrachten, und schlägt die Verwendung einer „x“-Form vor, die geschlechtsspezifische Wortendungen aufhebt (z. B. „Einx schlaux Sprachwissenschaftx liebt xs Bücher“).[6][7] Dieser Vorschlag ist nicht als Forderung zur allgemeinen Einführung einer „x“-Form als Ersatz für männliche oder weibliche Formen gedacht, sondern eine neutrale Ergänzungsform. Hornscheidt betont, dass es sich um Vorschläge handelt, nicht um Forderungen, und dass bei der Verwendung der Sprachform immer auch Kontext und Adressat betrachtet werden sollten. So sei es beispielsweise unsinnig, eine geschlechtsneutrale Form zu wählen, wenn sich in der beschriebenen Gruppe ausschließlich Männer befinden. Auch solle sich niemand eine geschlechtsneutrale Bezeichnung geben, der sich selbst mit einem Geschlecht identifiziert. Für sich selbst lehnt Hornscheidt eine Identifikation als Mann oder Frau in der Anrede ab und bezeichnet sich im Sinne der geschlechtsneutralen Sprache als „Professx“ (gesprochen: Professiks).[8][9] In einem Gedicht thematisiert Hornscheidt die Entscheidung, sich selbst den geschlechtsneutralen Namen „Lann“ zu geben.[10]

2012 organisierte Hornscheidt die Ausstellung „to dyke_trans“ in Berlin, die Kunst ausstellte, „die einen feministischen, ungewöhnlichen Blick auf ‚trans‘“ ermöglicht und so auf alle, „die nicht in ein klassisches Geschlechterbild passen“.[11]

2015 arbeitete Hornscheidt mitverantwortlich am Leitfaden für Feministisches Sprachhandeln mit.[12]

Hornscheidt arbeitet bei dem gemeinnützigen Verein xart splitta e. V. und ist beteiligt an w_orten & meer – Verlag für diskriminierungskritisches Handeln.[1]

Kritik und Anfeindungen

Hornscheidts Vorschläge stießen vielfach auf Kritik. So bewertete Anne-Catherine Simon, gegen die „x-Form“ als „individuelle Form des Aktivismus“ sei nichts einzuwenden, als „ernst gemeinter akademischer Vorstoß für eine neue Sprachnorm“ führe der Vorschlag aber „in unfreiwilliger Ironie gerade die jahrzehntelangen feministischen Bemühungen ad absurdum“. Es sei lange darum gekämpft worden, dass Frauen in der Sprache präsenter werden, jetzt solle „genau das wieder eliminiert werden, weil das System der Zweigeschlechtlichkeit angeblich eine Ungerechtigkeit“ bedeute.[13]

Arno Frank von der taz bezeichnete die von Hornscheidt vorgeschlagenen geschlechtergerechten Formen als „elitären Neusprech“ und „kaum praktikabel“. Eine Forschung, die „unter anderem in schwülen Oden auf ihre selbstgebastelten Vornamen“ bestehe und „experimentelle Poesie nicht von politischem Handeln unterscheiden“ könne, sei aber nicht völlig sinnlos, denn „eine offene, aufgeklärte und gerechte Welt braucht solche Menschen“.[7]

Zudem sah sich Hornscheidt auch persönlichen Anfeindungen ausgesetzt. Insbesondere in Sozialen Medien kam es neben inhaltlicher Kritik auch zu Beschimpfungen und massiven Gewaltaufrufen, die auch aus dem rechten Milieu stammten. Nach Ansicht Hornscheidts wird dieser Hass vielfach mit Nationalismus verbunden, mit „Angst um Deutschland“, da die Verfasser Frauen und Männer als „natürliche Grundlage Deutschlands“ betrachteten und durch Menschen wie Hornscheidt bedroht sähen.[9] Robin Detje sieht den Grund für Beleidigungen und Drohungen auch in süffisanter Verächtlichmachung in Massenmedien, wie es etwa durch Ulf Poschardt, Harald Martenstein, Jan Fleischhauer oder Matthias Matussek zu beobachten sei. In der Folge übersetzten „echte Männer […] für sich den Geist, der sie aus den Glossen von #Ulfharaldjanmatthias anweht, in Facebook- und Internet-Kommentare voller Morddrohungen und Vergewaltigungsphantasien“.[14]

Schriften (Auswahl)

  • Die sprachliche Benennung von Personen aus konstruktivistischer Sicht. Genderspezifizierung und ihre diskursive Verhandlung im heutigen Schwedisch. de Gruyter, Berlin und New York 2006, ISBN 978-3-11-018526-3, zugleich: Habilitationsschrift, Humboldt-Universität Berlin, 2004, unter dem Titel: Personale Appellation aus konstruktivistischer Sicht am Beispiel von Genderspezifizierung und ihrer diskursiven Verhandlung im heutigen Schwedisch.
  • mit Katharina Walgenbach, Gabriele Dietze und Kerstin Palm: Gender als interdependente Kategorie. Neue Perspektiven auf Intersektionalität, Diversität und Heterogenität. Barbara Budrich, Leverkusen 2007, ISBN 978-3-86649-871-6, 2. Auflage, 2012, ISBN 978-3-86649-496-1.
  • Gender resignifiziert. Schwedische (Aus)Handlungen in und um Sprache. Humboldt-Universität Berlin, 2008, ISBN 978-3-932406-29-4.
  • mit Adibeli Nduka-Agwu (Hrsg.): Rassismus auf gut Deutsch. Ein kritisches Nachschlagewerk zu rassistischen Sprachhandlungen. Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2010, ISBN 978-3-86099-643-0.
  • mit Hanna Acke, Gisa Marehn, Ines Jana (Hrsg.): Schimpfwörter – Beschimpfungen – Pejorisierungen. Wie in Sprache Macht und Identitäten verhandelt werden. Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2011, ISBN 978-3-86099-684-3.
  • feministische w_orte. ein lern-, denk- und handlungsbuch zu sprache und diskriminierung, gender studies und feministischer linguistik. Brandes & Apsel, Frankfurt am Main 2012, ISBN 978-3-86099-948-6.
  • Zu Lieben. Lieben als politisches Handeln. w_orten & meer, Berlin 2018, ISBN 978-3-945644-14-0.
  • mit Lio Oppenländer: Exit gender. Gender loslassen und strukturelle Gewalt benennen: eigene Wahrnehmung und soziale Realität verändern. w_orten & meer, Berlin 2019, ISBN 978-3-945644-17-1.

Stipendien und Auszeichnungen

  • 2011/2012: Erik-Wellander-Stipendium für Sprachpflege des Svenska språknämnden
  • 2009: Einjähriger Forschungspreis von Riksbankens Jubileumsfond Schweden
  • 2001 und 2003: Preis für herausragende Lehre der Philosophischen Fakultät II der Humboldt-Universität zu Berlin

Rundfunkberichte

Artikel:

Interviews:

Einzelnachweise

  1. a b Selbstdarstellung: Lann Hornscheidt. Eigene Homepage, ohne Datum, abgerufen am 22. Januar 2020 (Foto von 2013).
  2. Lann Hornscheidt, interviewt von Nadine Lange: Interview mit Lann Hornscheidt: „Lasst uns Gender verabschieden“. In: Tagesspiegel.de. 23. Juli 2019, abgerufen am 22. Januar 2020.
  3. Präsentation: Prof. Dr. phil. Lann Hornscheidt. In: gender.hu-berlin.de. Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien, Humboldt-Universität Berlin, 16. Oktober 2013, abgerufen am 22. Januar 2020.
  4. Lann Hornscheidt: Lebenslauf. Eigene Homepage, ohne Datum, abgerufen am 22. Januar 2020.
  5. Lann Hornscheidt: Kündigung der Professur für Gender Studies und Sprachanalyse. In: Bulletin-Info. Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien, Humboldt-Universität Berlin, Nr. 54, 2017, S. 4/5 (PDF: 767 kB, 76 Seiten auf hu-berlin.de).
  6. Martin Brandt: Sprachpolitik als Klassenprivileg. In: KritischLesen.de. Ausgabe 30, 1. Oktober 2013, abgerufen am 22. Januar 2020 (Buchrezension).
  7. a b Arno Frank: Die Wahrheit: Pfeilkröte Feminismus. In: taz.de 18. November 2013, abgerufen am 22. Januar 2020.
  8. Oliver Trenkamp: Gerechte Sprache an der Uni: Professix im Geschlechterkampf. In: Spiegel Online. 24. April 2014, abgerufen am 22. Januar 2020 (Interview).
  9. a b Antonia Baum: Gendergerechte Sprache: Sagen Sie bitte Profx. zu mir. In: FAZ.NET. 17. November 2014, abgerufen am 22. Januar 2020.
  10. Lann Hornscheidt: LANN. Eigene Homepage, ohne Datum, abgerufen am 22. Januar 2020.
  11. Margarete Stokowski: „Den Blick auf die Geschlechter verwirren“ In: taz.de. 25. Mai 2012, abgerufen am 22. Januar 2020.
  12. AG Feministisch Sprachhandeln (u. a. Lann Hornscheidt): Was tun? Sprachhandeln – aber wie? W_Ortungen statt Tatenlosigkeit. 2. Auflage. Zentrum für transdisziplinäre Geschlechterstudien, Humboldt-Universität zu Berlin, Oktober 2015 (PDF: 25 MB, 69 Seiten auf feministisch-sprachhandeln.org).
  13. Anne-Catherine Simon: „Gendergerechte“ Sprache: „Professx“ und andere Sprachmutanten. In: DiePresse.de. 28. November 2014, abgerufen am 22. Januar 2020.
  14. Robin Detje: Gender-Debatte: Anschwellender Ekelfaktor. In: Zeit Online. 24. November 2014, abgerufen am 22. Januar 2020.