„Kamineffekt“ – Versionsunterschied

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Der '''Kamineffekt''' ist der [[physik]]alischer Effekt, der zur verstärkten Anfachung eines [[Feuer]]s führt und der durch die Führung von heißen [[Rauchgas]]en durch einen Kamin entsteht. Er steht im Gegensatz zum Abbrand eines offenen [[Herd]]feuers (etwa einer [[Rauchküche]], wo die Rauchgase durch das Haus zogen) oder eines offenen [[Lagerfeuer]]s.
Der '''Kamineffekt''' ist der [[physik]]alischer Effekt, der zur verstärkten Anfachung eines [[Feuer]]s führt und der durch die Führung von heißen [[Rauchgas]]en durch einen Kamin entsteht. Er steht im Gegensatz zum Abbrand eines offenen [[Herd]]feuers (etwa einer [[Rauchküche]], wo die Rauchgase durch das Haus zogen) oder eines offenen [[Lagerfeuer]]s.
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Im Zusammenwirken mit dem [[Hydrostatischer Druck|hydrostatischen Druck]], den die kältere Frischluft ausübt entsteht [[thermische Konvektion]].
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=== Physikalischer Hintergrund ===
== Physikalischer Hintergrund ==
Der Dichteunterschied wird durch Erwärmen auf der einen Seite und Normaltemperatur auf der anderen Seite des Kreislaufes aufrechterhalten. Der daraus resultierende [[Druck (Physik)|Differenzdruck]] wird auch '''„treibender Druck“''' oder '''„wirksamer Druck“''' genannt.
Der Dichteunterschied wird durch Erwärmen auf der einen Seite und Normaltemperatur auf der anderen Seite des Kreislaufes aufrechterhalten. Der daraus resultierende [[Druck (Physik)|Differenzdruck]] wird auch '''„treibender Druck“''' oder '''„wirksamer Druck“''' genannt.



Version vom 20. Februar 2020, 12:52 Uhr

Druckverhältnisse in einem Schornstein

Der Kamineffekt ist der physikalischer Effekt, der zur verstärkten Anfachung eines Feuers führt und der durch die Führung von heißen Rauchgasen durch einen Kamin entsteht. Er steht im Gegensatz zum Abbrand eines offenen Herdfeuers (etwa einer Rauchküche, wo die Rauchgase durch das Haus zogen) oder eines offenen Lagerfeuers.

Wird ein Feuer in einem Feuerraum unterhalb eines Kamins entzündet, so entsteht schnell ein großes Volumen von heißen Rauchgasen. Infolge des statischen Auftriebs steigen die heißen Gase nach oben in den Kamin. Zuerst erfolgt der Auftrieb mittig im Kamin(thermische Konvektion), während an der Innenwandung des Kamins die im Kamin lagernde kältere Luft und später Rauchgaskondensate nach unten fließen. Die schnell aufsteigende und turbulente Strömung des Abgasstroms mischt sich mit dem Gegenstrom und reißt auch aus diesem "Luftblasen" der kälteren Temperatur mit, wie schnell strömendes Wasser Luftblasen mitreißt. Zudem erwärmt die turbulente Vermischung die "kalte Luft", die von nachfolgenden heißen Abgasen dann noch leichter mitgerissen wird. Schließlich bildet sich eine einheitlich homogene Einphasenströmung nach oben. Der Bernoulli-Effekt der Strömung bewirkt einen Unterdruck im Verbrennungsraum (den sogenannten Förderdruck) gegenüber dem Luftdruck. Der Druckunterschied wird ausgeglichen indem Frischluft angesaugt wird (oder je nach Betrachtungsweise der nunmehrige Überdruck des Luftdrucks Frischluft nachströmen lässt), dadurch entsteht der Kaminzug oder Kamineffekt. An engen Luftzutrittsöffnungen tritt zudem ein Venturi-Effekt ein. Beide Effekte führen dazu, dass mehr Luftsauerstoff pro Zeiteinheit an das Verbrennungsgut gelangt, wodurch das Feuer stärker angefacht wird (dadurch steigen die Brandtemperatur und das Abgasvolumen, was zu einer weiteren Verstärkung des Kaminzugs führt).

Ein einzelnes Zündholz wird den Kaminzug nicht starten, dazu wird ein Lockfeuer mit schnell abbrennenden Anzündhilfen (Papierknäuel, Fidibus, Spreissel) benötigt, die schnell ein großes heißes Abgasvolumen (geringer Dichte) entstehen lassen.

Der Kamineffekt beruht auf der natürlichen Konvektion. Er wird technisch genutzt, um Abgase von Feuerungen durch Schornsteine abzuführen (Naturzugfeuerung). Eine Beimischung von leichtem Wasserdampf in Kühltürmen oder in Wasserhosen steigert den Auftrieb enorm.

Ein Kamineffekt kann aber auch bei Fassadenbränden auftreten, wenn die Rauchgase in einem engen Lichthof oder hinter einem Wärmedämmverbundsystem oder im Hohlraum einer hinterlüfteten Fassadeaufsteigen.

Auch ohne ein Kaminrohr treten in der Natur ähnliche Phänomene auf (siehe Feuersturm und Thermik).

Die aufsteigende Luft kühlt sich ab, bis sie Luftschichten mit gleicher Temperatur erreicht, wo der Auftrieb endet.
Wasserhose: Feuchte Luft besitzt geringere Dichte als trockene Luft

Im Zusammenwirken mit dem hydrostatischen Druck, den die kältere Frischluft ausübt entsteht thermische Konvektion.

Physikalischer Hintergrund

Der Dichteunterschied wird durch Erwärmen auf der einen Seite und Normaltemperatur auf der anderen Seite des Kreislaufes aufrechterhalten. Der daraus resultierende Differenzdruck wird auch „treibender Druck“ oder „wirksamer Druck“ genannt.

Der Differenzdruck ist vom Dichteunterschied und der wirksamen Höhe abhängig nach der Formel:

  • : wirksame Höhe in m
  • : Schwerebeschleunigung in m/s²
  • : Dichte bei Temperatur  in kg/m³
  • : Dichte bei Temperatur  in kg/m³

Der Druckunterschied macht den Luftstrom berechenbar[1] mit der Geschwindigkeit :[2]

Weil der Kaminzug / Förderdruck von der Schornsteinhöhe und von der Querschnittsfläche des Kamins abhängen, sollte die Leistung eines neu zu errichtenden Ofens darauf abgestimmt werden. Bei einem zu hohen Förderdruck steigen die Emissionen der Feuerstätte und die Belastung der Feuerstätte. Derartige Berechnungen oder Freigaben erledigen Schornsteinfeger. Abhilfe gegen zu hohen Förderdruck wäre beispielsweise ein Zugbegrenzer. Ein über den Kaminkopf streichender Wind kann den Förderdruck erhöhen oder vermindern.

Gefahren

Die bei Kamineffekten entstehenden Strömungen und Drücke und die positive Rückkopplung können gefährlich sein und müssen bei Planung und Bau von Gebäuden berücksichtigt werden. Tunnel und Treppenhäuser sind hier besonders gefährdet. Bei der Brandkatastrophe der Gletscherbahn Kaprun 2 verstärkte der Kamineffekt im ansteigenden Tunnel das Feuer und führte auch durch die Rauchgase zu einer Vielzahl von Toten oberhalb des Brandherdes. Die nach unten Flüchtenden überlebten.

Nutzen

Zunutze gemacht wird der Kamineffekt neben der Nutzfeuerung und Schornsteinen auch bei Aufwindkraftwerken, bei denen unter einem Dach erwärmte Luft in einem Turm durch den herrschenden Luftdruck aufgetrieben wird und hierbei Turbinen antreibt, sowie in Naturzugkühltürmen, in denen die durch Kühlwasser erwärmte Luft ohne weitere Hilfsmittel einen Auftrieb erfährt. Darüber hinaus findet dieser Vorgang an allen erwärmten Flächen wie Heizkörpern, Kühlrippen (von Motoren oder elektrischen Bauteilen), Hausfassaden usw. statt, wenn die geometrische Form und die Maßverhältnisse einem Kamin ähneln. Bei einem Fallwindkraftwerk wird Luft an der Spitze eines Rohrkamins abgekühlt, worauf sich die Luft abwärts bewegt und der Luftstrom ein Turbinenrad antreibt.

Anzündkamine basieren auf diesem Effekt, um Holzkohle schneller anzufeuern.

Der Effekt wird teilweise schon lange im Hausbau genutzt, traditionelle arabische Häuser etwa werden so gekühlt.[3] Der persische Windturm Bādgir nutzt den Kamineffekt seit Jahrhunderten zur Belüftung und Kühlung von Gebäuden.

Einzelnachweise

  1. Herbert Sigloch: Technische Fluidmechanik. ISBN 3642030890 S. 48 (eingeschränkte Vorschau in der Google-Buchsuche).
  2. FVLR, Heft 10[1], abgerufen 31. Januar 2017
  3. Thomas Lechner: „Traditionelle arabische Häuser zum Beispiel kühlt der Kamineffekt seit Jahrtausenden von sechzig Grad Celsius Umgebungstemperatur auf vierzig Grad ab.“, in: Roland Wengenmayer: Kühler Kopf im 41. Stock, in: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung 11. Juli 2010. (online) (PDF; 495 kB).