„Intrauterinpessar“ – Versionsunterschied

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[[Datei:Multiload-Gynefix-Paragard.jpg|mini|[[v. l. n. r.]]: Multiload-Kupferspirale mit Widerhaken, GyneFix 200-Kupferkette und Paragard-Kupferspirale in T-Form]]'''Intrauterinpessare''' ({{laS|intra}}, innerhalb; {{lang|la|''uterus''}}, Gebärmutter; auch als '''Spiralen''' oder '''IUP''') bezeichnet, sind [[Medizinprodukt]]e zur [[Empfängnisverhütung]] für die Frau, die in die [[Gebärmutter]] eingesetzt werden.
'''Intrauterinpessare''' ({{laS|intra}}, innerhalb; {{lang|la|''uterus''}}, Gebärmutter; auch als '''Spiralen''' oder '''IUP''') bezeichnet, sind [[Medizinprodukt]]e zur [[Empfängnisverhütung]] für die Frau, die in die [[Gebärmutter]] eingesetzt werden.


Heute gibt es zwei verschiedene Typen, die sich nach dem Wirkprinzip unterscheiden: Das der hier behandelten ''Kupfer-'' beziehungsweise ''Kupfer-Gold-Spirale'' und das der [[Hormonspirale]], die auch als ''Intrauterinsystem (IUS)'' bezeichnet wird. Die Bezeichnung ''Intrauterinsystem (IUS)'' steht jedoch nicht immer ein deutlich für die Hormonspirale, sondern wird auch als Sammelbegriff für alle verhütenden Spiralen gehandhabt<ref>{{Internetquelle |url=https://www.kupferspirale.info/hormonspirale |titel=Die Hormonspirale auf einen Blick |abruf=2024-02-07}}</ref>. Nach dem Wirkprinzip der Kupferspirale funktionieren auch die weniger bekannten Verhütungsmethoden des ''[[Kupferball]]s''/ ''Kupferperlenballs''<ref>{{Internetquelle |url=https://www.familienplanung.de/verhuetung/verhuetungsmethoden/der-kupferball-kupferperlenball/ |titel=Der Kupferball (Kupferperlenball) |sprache=de-DE |abruf=2024-02-07}}</ref>, sowie der ''[[Kupferkette]]''<ref>{{Internetquelle |url=https://www.familienplanung.de/verhuetung/verhuetungsmethoden/kupferkette/ |titel=Die Kupferkette |sprache=de-DE |abruf=2024-02-07}}</ref>.
Heute gibt es zwei gängige Typen, die sich nach dem Wirkprinzip unterscheiden: Das der ''Kupfer-'' beziehungsweise ''Kupfer-Gold-Spirale'' und das der [[Hormonspirale]], die auch als ''Intrauterinsystem (IUS)'' bezeichnet wird. Die Bezeichnung ''Intrauterinsystem (IUS)'' steht jedoch nicht immer eindeutig für die Hormonspirale, sondern wird auch als Sammelbegriff für alle verhütenden Spiralen gehandhabt<ref>{{Internetquelle |url=https://www.kupferspirale.info/hormonspirale |titel=Die Hormonspirale auf einen Blick |abruf=2024-02-07}}</ref>. Nach dem Wirkprinzip der [[Kupferspirale]] funktionieren auch die weniger bekannten Verhütungsmethoden des ''Kupferballs''/ ''Kupferperlenballs''<ref>{{Internetquelle |url=https://www.familienplanung.de/verhuetung/verhuetungsmethoden/der-kupferball-kupferperlenball/ |titel=Der Kupferball (Kupferperlenball) |abruf=2024-02-07}}</ref>, sowie der ''[[Kupferkette]]''<ref>{{Internetquelle |url=https://www.familienplanung.de/verhuetung/verhuetungsmethoden/kupferkette/ |titel=Die Kupferkette |abruf=2024-02-07}}</ref>.


In der Vergangenheit wurden Ringe aus gewickeltem Metalldraht (zum Beispiel [[Gräfenberg-Ring]]) und Modelle, die einzig aus [[Kunststoff]] bestanden (z.&nbsp;B. [[Jack Lippes|Lippes]]-Loop), verwendet.
In der Vergangenheit wurden Ringe aus gewickeltem Metalldraht (zum Beispiel [[Gräfenberg-Ring]]) und Modelle, die einzig aus [[Kunststoff]] bestanden (z.&nbsp;B. [[Jack Lippes|Lippes]]-Loop), verwendet.


== Geschichte ==
== Geschichte ==
Die Anwendung von Intrauterinpessaren ist heutzutage weltweit die am weitesten verbreitete Methode der reversiblen Empfängnisverhütung.<ref>C. d’Arcangues: ''Worldwide use of intrauterine devices for contraception.'' In: ''Contraception'', Band 75, 2007, S. S2-S7.</ref> Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden erste Produkte aus Seide oder Silberdraht entworfen, u.&nbsp;a. von dem deutschen Gynäkologen [[Ernst Gräfenberg]] und dem Japaner [[Tenrei Ota]].<ref>[http://diestandard.at/2690533/Wirksamer-Frauenschutz ''Die Entwicklung des Intrauterinpessars''.] [[Der Standard]], 14. Dezember 2006; abgerufen am 21. April 2015.</ref> Mit Entwicklung von [[thermoplast]]ischen Werkstoffen Ende der 1950er Jahre kamen zahlreiche Formen und Modelle auf den Markt. Aus dieser Zeit stammen zum Beispiel der Lippes Loop und die [[Lazar C. Margulies|Margulies]]-Spirale, nach der die Intrauterinpessare nun umgangssprachlich benannt sind.<ref>M. Thiery: ''Pioneers of the intrauterine device.'' In: ''European Journal of Contraception and Reproductive Health Care'' Band 2, 1997, S. 15–23.</ref> Beim [[Dalkon Shield]] kam es in den 1970er Jahren aufgrund von spezifischen Konstruktionsmängeln zu schweren Entzündungen, was jedoch allen Intrauterinpessaren nachhaltig den Ruf eines hohen Risikos einbrachte.<ref>D. Cheng: ''The Intrauterine Device: Still misunderstood after all these years.'' In: ''Southern Medical Journal'', Band 93, Nr. 9, 2000, S. 859–864.</ref><ref>E. Espey, T. Ogburn: ''Perpetuating negative attitudes about the intrauterine device: textbooks lag behind the evidence.'' In: ''Contraception'', Band 65, 2002, S. 389–395.</ref> Seit den 1970er Jahren enthalten die Intrauterinpessare einen [[Kupfer]]anteil, nachdem die [[Empfängnisverhütung|kontrazeptive]] Wirkung von Kupfer bekannt wurde.<ref>Zipper u.&nbsp;a.: ''Metallic Copper as an intrauterine contraceptive adjunction to the "T" device.'' In: ''American Journal of Obstetrics and Gynecology'', Band 109, 1969, S. 1274–1278.</ref>
Die Anwendung von Intrauterinpessaren ist heutzutage weltweit die am weitesten verbreitete Methode der reversiblen Empfängnisverhütung.<ref>C. d’Arcangues: ''Worldwide use of intrauterine devices for contraception.'' In: ''Contraception'', Band 75, 2007, S. S2–S7.</ref> Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden erste Produkte aus Seide oder Silberdraht entworfen, u.&nbsp;a. von dem deutschen Gynäkologen [[Ernst Gräfenberg]] und dem Japaner [[Tenrei Ota]].<ref>[http://diestandard.at/2690533/Wirksamer-Frauenschutz ''Die Entwicklung des Intrauterinpessars''.] [[Der Standard]], 14. Dezember 2006; abgerufen am 21. April 2015.</ref> Mit Entwicklung von [[thermoplast]]ischen Werkstoffen Ende der 1950er Jahre kamen zahlreiche Formen und Modelle auf den Markt. Aus dieser Zeit stammen zum Beispiel der Lippes Loop und die [[Lazar C. Margulies|Margulies]]-Spirale, nach der die Intrauterinpessare nun umgangssprachlich benannt sind.<ref>M. Thiery: ''Pioneers of the intrauterine device.'' In: ''European Journal of Contraception and Reproductive Health Care'' Band 2, 1997, S. 15–23.</ref> Beim [[Dalkon Shield]] kam es in den 1970er Jahren aufgrund von spezifischen Konstruktionsmängeln zu schweren Entzündungen, was jedoch allen Intrauterinpessaren nachhaltig den Ruf eines hohen Risikos einbrachte.<ref>D. Cheng: ''The Intrauterine Device: Still misunderstood after all these years.'' In: ''Southern Medical Journal'', Band 93, Nr. 9, 2000, S. 859–864.</ref><ref>E. Espey, T. Ogburn: ''Perpetuating negative attitudes about the intrauterine device: textbooks lag behind the evidence.'' In: ''Contraception'', Band 65, 2002, S. 389–395.</ref> Seit den 1970er Jahren enthalten die Intrauterinpessare einen [[Kupfer]]anteil, nachdem die [[Empfängnisverhütung|kontrazeptive]] Wirkung von Kupfer bekannt wurde.<ref>Zipper u.&nbsp;a.: ''Metallic Copper as an intrauterine contraceptive adjunction to the "T" device.'' In: ''American Journal of Obstetrics and Gynecology'', Band 109, 1969, S. 1274–1278.</ref>
Es gibt in Deutschland inzwischen keine Intrauterinpessare mehr, die ausschließlich aus Kunststoff bestehen; das letzte (Goldlily sensitive) wurde vom Markt genommen, weil der [[Pearl-Index]] weit über dem der kupferhaltigen Intrauterinpessare liegt.
Es gibt in Deutschland inzwischen keine Intrauterinpessare mehr, die ausschließlich aus Kunststoff bestehen; das letzte (Goldlily sensitive) wurde vom Markt genommen, weil der [[Pearl-Index]] weit über dem der kupferhaltigen Intrauterinpessare liegt.

== Aufbau ==
[[Datei:Tête de stérilet.jpg|mini|Kupferhaltiges T-förmiges Intrauterinpessar mit Rückholfäden]]

Die Kupferspirale besteht aus einem mit feinem Kupferdraht oder einer Kupfer-Gold-[[Legierung]] umwickelten Plastik-Gebilde von 2,5 bis 3,5 Zentimetern Größe. Es gibt auch Kupferspiralen mit kleinen Gold-Clips, die jedoch keine eigene Wirkung haben (z.&nbsp;B. Femena Gold). Die Gold-Clips sollen jedoch die Sichtbarkeit der Spirale im Ultraschall verbessern.<ref name="Feige">A Feige, A Rempen, W Würfel, J Jawny, A. Rohde: {{Google Buch |BuchID=X0DgMz9TbkoC |Linktext=''Frauenheilkunde''.}}, Elsevier, Urban & Fischer Verlag, 2006, ISBN 3-437-21871-9, Kap. 5: ''Kontrazeption - Intrauterinpessar'', S. 257–259</ref> Eine andere Variante der sogenannten Goldspirale wird durch einen Goldkern im Inneren des Kupferdrahtes geboten (z.&nbsp;B. bei der Gold-T oder Goldlily). Das Edelmetall Gold im Inneren des Kupferdrahtes trägt dazu bei, dass das Kupfer weniger leicht zerfällt und sorgt somit für eine längere Haltbarkeit. Gold ist sehr beständig gegenüber Korrosion und reaktionsträge und kann daher als hypoallergen eingestuft werden. Viele heute genutzte Kupferspiralen haben die Form eines T. Aber auch andere Varianten, wie Schleifen oder die Form der Zahl 7 sind möglich. Sinn dieser verschiedenen Formen ist ein möglichst sicherer Halt der Spirale in der Gebärmutterhöhle und eine dennoch leichte Entfernbarkeit. Bei der [[Kupferkette]] erfolgt eine Verankerung in der Gebärmuttermuskulatur, sodass ein zusätzlicher Rahmen zur Fixierung nicht erforderlich ist (''Frameless IUP''). Am unteren Ende der Intrauterinpessare befindet sich eine Öse, an der Rückholfäden befestigt sind, die etwa 1 bis 2&nbsp;cm aus dem [[Muttermund]] herausragen. Sogenannte [[inert]]e Intrauterinpessare, die weder einen Kupferanteil noch ein Hormonreservoir besitzen, werden derzeit in Deutschland nicht vertrieben.

== Wirkung ==
Das Wirkprinzip ist nicht bis in alle Einzelheiten geklärt. Diskutiert werden mehrere verschiedene Mechanismen:
* Kupferionen zeigen eine toxische und hemmende Wirkung auf [[Spermien]], die zu einer Herabsetzung der Beweglichkeit und Lebensdauer führen. Die Wirkung des Kupfers ist lokal begrenzt auf Gebärmutter, Eileiter und Zervix. Erhöhte Serumkonzentrationen an Kupferionen werden nicht gefunden.
* Darüber hinaus verursacht die Spirale als Fremdkörper eine sterile Entzündungsreaktion der Gebärmutterschleimhaut, so dass deren veränderte Beschaffenheit und die von ihr produzierten cytotoxischen [[Enzym]]e eine [[Nidation]] (Einnistung) verhindern, weshalb sie vor allem dann als „Notfallkontrazeptivum“ zum Einsatz kommt, wenn die [[Pille danach]], aufgrund bereits erfolgtem Eisprung, nicht mehr wirkungsvoll angewendet werden kann.
* Entzündungszellen wie [[Makrophage]]n können auch direkt Spermien abbauen ([[Phagozytose]])<ref name="dudenhausen">{{Literatur |Autor=J. W. Dudenhausen |Titel=Frauenheilkunde und Geburtshilfe |Verlag=Walter de Gruyter |Datum=2001 |ISBN=3-11-016562-7 |Online={{Google Buch |BuchID=l1dVrgL-_dAC |Seite=79}}}}</ref>
* Eine Beeinflussung der [[Eileiter]]funktion führt zu Behinderung des [[Eizelle|Eizell]]- und Spermientransports.<ref name="Feige" /><ref>K J Bühling, W. Friedmann: {{Google Buch |BuchID=P1_1wr5CengC |Linktext=''Intensivkurs Gynäkologie und Geburtshilfe''.}} Elsevier, Urban und Fischer Verlag, 2004, ISBN 3-437-42400-9, 2.2 ''Schwangerschaftsverhütung'', S. 85.</ref><ref name="Gerhard">I. Gerhard: {{Google Buch |BuchID=fGJ3a4prYiMC |Linktext=''Geburtshilfe integrativ''.}}. Elsevier, Urban und Fischer Verlag, 2005, ISBN 3-437-56510-9, Kap. 18.1.2 ''Intrauterinpessar (IUP)'', S. 349–350.</ref>
* Die Verwendung einer Gold-Kupfer-Legierung bei den sogenannten ''Gold-Spiralen'' oder ''Kupfer-Gold-Spiralen'' soll durch eine bakterien- und pilzhemmende Wirkung mittels der in Spuren gelösten Gold- und Kupferionen das Risiko für Infektionen und Entzündungen verringern.
* Durch einen mikrogalvanischen Effekt bei den Gold-Kupfer-Legierungen sollen zudem Orientierungsfähigkeit und Beweglichkeit der Spermien herabgesetzt werden, sodass als Wirkprinzip nicht die Nidationshemmung, sondern die Verhinderung der Eibefruchtung angesehen wird.

Die Kupferspirale ist ein sehr wirksames Mittel zur Empfängnisverhütung. Insbesondere die Tatsache, dass keinerlei Interaktion seitens der Frau oder ihres Partners erforderlich ist, vermeidet Anwendungsfehler, welche die Hauptursache des Versagens der meisten Verhütungsmittel darstellen.

Laut Pro Familia liegt der [[Pearl-Index]] der Kupferspirale bei etwa 0,3 bis 0,8,<ref name="profamilia spirale pdf">[[Pro familia (Deutschland)|Pro Familia]]: [http://www.profamilia.de/fileadmin/publikationen/Reihe_Verhuetungsmethoden/spirale.pdf ''Die Spirale – Verhütungsmethoden''] (PDF; 553&nbsp;kB)</ref> der einer Gold-Kupfer-Spirale (''Goldlily'' oder ''Gold-T'') bei etwa 0,5 bis 1,0. Die Variante der [[Kupferkette]], deren Wirkprinzipien denen der Kupferspirale entsprechen, weist – je nach Studie – den gleichen<ref name="profamilia spirale pdf" /> oder einen noch besseren Pearl-Index von 0,1 bis 0,3 auf.

== Anwendung ==
Das Einsetzen der Spirale wird von einem [[Gynäkologie|Gynäkologen]] oder einer Gynäkologin durchgeführt und erfolgt meist während der [[Menstruation]], da der Gebärmutterhals zu dieser Zeit natürlicherweise etwas geöffnet ist. Eine Dehnung des Gebärmutterhalskanals, beispielsweise mit [[Hegarstift]]en, ist nur selten notwendig. Danach wird der korrekte Sitz der Spirale mittels [[Sonographie|Ultraschall]] überprüft.

Die Spirale kann auch direkt nach einem [[Schwangerschaftsabbruch]] oder einer [[Fehlgeburt]] eingesetzt werden.

Auch junge Frauen unter 20 Jahren, die noch nicht geboren haben, können die Spirale anwenden. Hier sind jedoch Ausstoßungsraten bis zu 10 % beschrieben. Da die Gebärmutter bei diesen Frauen meist noch kleiner ist, können dann entsprechend kleinere Spiralenmodelle eingesetzt werden.<ref name="Gerhard" />

=== Spirale danach ===
Eine Einlage bis spätestens fünf Tage nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr als ''Spirale danach'' ist möglich und vor allem dann erwägenswert, wenn die 72-Stunden-Zeitspanne für die [[Pille danach]] überschritten wurde, der ungeschützte Geschlechtsverkehr zum Zeitpunkt des Eisprungs stattgefunden hat oder aus medizinischen Gründen keine hormonelle Nachverhütung möglich ist.<ref name="Gerhard" /> Als ''Spirale danach'' können alle dafür zugelassenen kupferhaltigen IUPs (Kupferspirale, [[Kupferkette]]) genutzt werden. Im Falle der Notfallverhütung kann die ''Spirale danach'' bis zu fünf Tage nach ungeschütztem Geschlechtsverkehr eine ungewollte Schwangerschaft mit einer bis zu über 99%igen Sicherheit verhindern. Der Berufsverband der Frauenärzte empfiehlt sie als die sicherste Notfallverhütungsmethode, da sich im Vergleich zu den beiden Präparaten der ''Pille danach'' die Effektivität der Kupferspirale nicht mit jeder vergangenen Stunde vermindert und sie auch dann noch rückwirkend verhütend wirkt, wenn der ungeschützte Geschlechtsverkehr zum Zeitpunkt des Eisprungs stattgefunden hat.<ref>[http://www.bvf.de/pdf/fachinfo/130205_final_EC_update_18_5.2.2013%5B1%5D.pdf bvf.de] (PDF)</ref><ref>{{Literatur |Autor=Thomas Rabe, Christian Albring |Hrsg=Seminar in Gynäkologischer Endokrinologie |Titel=Notfallkontrazeption - ein Update Gemeinsame Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologische Endokrinologie und Fortpflanzungsmedizin (DGGEF) e.&nbsp;V. und des Berufsverbands der Frauenärzte (BVF) e.&nbsp;V. |Datum=2013 |ISBN=978-3-00-039077-7 |Seiten=368–394}}</ref> Genauso spielen der [[Body-Mass-Index|BMI]] der Anwenderin und die Anwendersicherheit keine Rolle bei der verhütenden Wirkung.<ref>{{Literatur |Autor=Amna I. Dermish, David K. Turok |Titel=The copper intrauterine device for emergency contraception: an opportunity to provide the optimal emergency contraception method and transition to highly effective contraception |Sammelwerk=Expert Review of Medical Devices |Band=10 |Nummer=4 |Datum=2013-07-01 |ISSN=1743-4440 |Seiten=477–488 |DOI=10.1586/17434440.2013.811865}}</ref>

=== Liegedauer der Spiralen ===
Die meisten Hersteller von Kupferspiralen geben an, dass diese maximal drei oder fünf Jahre genutzt werden können. Nutzerinnen können ihre Kupferspirale jederzeit von einem Arzt entfernen (herausnehmen) lassen. Dies kann leichte Schmerzen verursachen; diese klingen im Normalfall direkt nach dem Eingriff ab.
Nach dem Herausnehmen einer Kupferspirale kann direkt ein neues Exemplar eingelegt werden.
Nach dem Entfernen der Kupferspirale ist die Frau regelhaft im nächsten [[Menstruationszyklus]] wieder [[Empfängnis|fruchtbar]].

== Risiken ==
Grundsätzlich gilt die Kupferspirale als sehr zuverlässig<ref>{{Internetquelle |url=https://www.profamilia.de/themen/verhuetung/spirale |titel=Die Spirale |werk=Profamilia |sprache=de-DE |abruf=2024-02-07}}</ref>. Insbesondere geht sie nicht mit den üblichen Nebenwirkungen hormoneller Verhütungsmittel wie der Pille einher, da sie nicht in den Hormonhaushalt eingreift. Folgende unerwünschte Wirkungen sind jedoch beschrieben:
* Frauen, die eine Spirale tragen, haben gegenüber Frauen ohne Spirale in den ersten Monaten nach Einsetzen ein erhöhtes Infektionsrisiko. Danach besteht in einem Zeitraum bis zu acht Jahren kein erhöhtes Infektionsrisiko mehr.<ref name="Feige" /> Mittlerweile ist dieses Risiko allerdings durch entsprechende Anpassungen im Design der Spiralen minimiert worden.<ref>{{Cite book|url=https://books.google.com/books?id=v4krPhqFG8sC&q=COPPER+AND+MIRENA+MONOFILAMENT&pg=PA529|title=Danforth's Obstetrics and Gynecology|last=Gibbs|first=Ronald S.|date=2008|publisher=Lippincott Williams & Wilkins|isbn=978-0-7817-6937-2|language=en}}</ref> Eine Infektion entsteht zudem nicht durch die Spirale selbst, sondern durch eine bereits bestehende Infektion der Scheide, meist mit [[Chlamydia trachomatis]].<ref name="Moh2006">{{Cite journal |last1=Mohllajee |first1=AP |last2=Curtis |first2=KM |last3=Peterson |first3=HB |title=Does insertion of an intrauterine device increase the risk of pelvic inflammatory disease among women with sexually transmitted infection? A systematic review |journal=Contraception |issue=2 |volume=73 |pages=143–153 |year=2006 |doi=10.1016/j.contraception.2005.08.007 |pmid=16413845 |url=https://zenodo.org/record/1258853 |accessdate=2020-09-30 |archiveurl=https://web.archive.org/web/20200206031628/https://zenodo.org/record/1258853 |archivedate=2020-02-06}}</ref> Diese Infektion tritt insbesondere bei jungen Frauen zwischen 15 und 19 Jahren gehäuft auf und sollte vor der Einlage eines IUPs geprüft bzw. ausgeschlossen werden, um einer solchen aszendierenden Infektion vorzubeugen.<ref>{{Literatur |Autor=Werner Mendling |Titel=Chlamydienabstrich vor Spiraleinlage |Nummer=21 |Verlag=gyn |Datum= |Seiten=466–467}}</ref> Bei einer auftretenden Infektion sollte die Spirale entfernt werden.<ref name="Feige" />
* Spiralen können zu einer stärkeren bzw. längeren [[Menstruation]] führen, zudem können sich [[Menstruationsbeschwerden]] verstärken<ref name="profamilia spirale pdf" /> oder gelegentlich [[Zwischenblutung]]en auftreten. Dies tritt bei ''Frameless IUPs'' genauso häufig auf wie bei herkömmlichen Spiralen.<ref>P O’Brien, CC. Marfleet: [http://www.cochrane.org/reviews/en/ab003282.html ''Frameless versus classical intrauterine device for contraception.''] Cochrane Database of Systematic Reviews 2005, Issue 1. Art. No.: CD003282 [[doi:10.1002/14651858.CD003282.pub2]].</ref> Nach 3–6 Monaten normalisieren sich eventuelle Blutungsstörungen jedoch oft wieder.<ref name="WHOMEC">{{Cite book |title=Medical eligibility criteria for contraceptive use |publisher=World Health Organization |location=Genf |edition=5 |year=2015 |isbn=9789241549158 <!--|hdl=10665/181468-->}}</ref>
* In den ersten zwei bis drei Monaten ist das Risiko einer Ausstoßung der Intrauterinpessare erhöht.
* Eine Spirale kann verrutschen, was bei sehr jungen Frauen und Frauen ohne Kinder etwas häufiger vorkommt. Eine verrutschte Spirale verhütet nicht mehr.<ref name="profamilia spirale pdf" />
* Beim Einsetzen der Spirale kann in seltenen Fällen die Gebärmutterwand durchstoßen werden(Perforation). Das Risiko ist bei einer Einlage kurz nach einer Geburt erhöht.
* Die Rückholfäden können selten in die Gebärmutter hochschlagen, wodurch die Entfernung einen operativen Eingriff ([[Hysteroskopie]]) erfordern kann.
* Spiralen schützen nicht vor [[Sexuell übertragbare Krankheit|sexuell übertragbaren Krankheiten]].<ref>{{cite web|title=What Are the Side Effects & Complications of the IUD?|url=https://www.plannedparenthood.org/learn/birth-control/iud/what-are-the-disadvantages-of-iuds|website=plannedparenthood.org|accessdate=2017-11-21|language=en}}</ref>
* Wenn eine Spirale bei Eintritt einer Schwangerschaft nicht entfernt wird, kann sie Infektionen und Fehlbildungen des Fötus verursachen. Das Entfernen führt jedoch auch in seltenen Fällen zu einem Abgang des Fötus.<ref>Sandra Hermes: ''[https://www.eltern.de/schwangerschaft/schwanger-trotz-spirale#schwangerschaft-trotz-spirale-gefahr-fuer-das-kind Schwanger trotz Spirale: Wie hoch ist das Risiko?]'' Website der Zeitschrift ''[[Eltern (Zeitschrift)|Eltern]]'' vom 12. Oktober 2022, abgerufen am 12. Oktober 2023.</ref>

Spiralen führen nicht zur [[Unfruchtbarkeit]]. Nach ihrer Entfernung sind Frauen bereits nach wenigen Tagen wieder voll zeugungsfähig.<ref>{{Cite book|url=https://books.google.com/books?id=ZQehCgAAQBAJ&q=infertility+and+iud&pg=PA273|title=The Handbook of Contraception: A Guide for Practical Management|last1=Shoupe|first1=Donna|last2=Mishell|first2=Daniel R. Jr.|date=2015-09-28|publisher=Humana Press|isbn=978-3-319-20185-6|language=en}}</ref>

Die von veralteten kupferfreien Spiralen bekannte Erhöhung der Wahrscheinlichkeit von [[Eileiterschwangerschaft]]en ist bei der Kupferspirale deutlich geringer, da das Wirkprinzip auch extrauterine Schwangerschaften relativ sicher verhindert.

Das Risiko für [[Zervixkarzinom|Gebärmutterhalskrebs]] ist nach einer großen [[Metaanalyse|Studie]] nicht erhöht, sondern sogar verringert.<ref>Xavier Castellsagué, Mireia Díaz, Salvatore Vaccarella, Silvia de Sanjosé, Nubia Muñoz, Rolando Herrero, Silvia Franceschi, Chris J L M Meijer, F Xavier Bosch: ''Intrauterine device use, cervical infection with human papillomavirus, and risk of cervical cancer: a pooled analysis of 26 epidemiological studies.'' The Lancet Oncology 12 (2011), S. 1023–1031, [[doi:10.1016/S1470-2045(11)70223-6]].</ref>

== Gegenanzeigen ==
Nicht geeignet ist die Kupferspirale bei:

* Eisenmangel oder einer Blutarmut
* einer Kupferallergie oder einer KupferSpeicherkrankheit (Wilson-Krankheit)<ref name="profamilia spirale pdf" />

Im Falle von:
* [[Diabetes mellitus]]
* [[Nephropathie|Nierenerkrankungen]]
* Behandlungen mit [[Immunsuppressivum|Immunsuppressiva]]
* Behandlung mit [[Antikoagulation|Antikoagulatien]]
* [[Uterus myomatosus]]
sollte die Einlage einer Spirale nur im Einzelfall unter Abwägung aller Risiken erfolgen.<ref name="Feige" /><ref name="Gerhard" />

Eine Spirale darf auf keinen Fall eingelegt werden, wenn:
* eine [[Schwangerschaft]] oder der Verdacht auf eine Schwangerschaft besteht<ref>R. Gros: Gynäkologie für Frauen. Thieme Verlag, Stuttgart, 1989. Seite 67.</ref>
* nicht abgeklärte [[Hypermenorrhoe|Blutungsstörungen]] vorliegen
* [[Adnexitis|Entzündungen]] im Genitalbereich vorliegen
* der Verdacht auf eine [[Uteruskarzinom|bösartige Erkrankung der Gebärmutter]] vorliegt.

== Kosten und Kostenübernahme ==
Die Kupferspirale kostet je nach Modell zwischen 20 und 85 Euro.<ref name="profamilia spirale pdf" /> Hinzu kommen die Kosten für das Einlegen, die bei etwa 120 bis 250 Euro liegen.<ref name="profamilia spirale pdf" /> Für die empfohlenen jährlichen Kontrollen fallen je nach Arzt oder Ärztin und Region um die 40 Euro an.<ref name="profamilia spirale pdf" />

Die Kosten werden für gesetzlich krankenversicherte Frauen in Deutschland nach {{§|24a|sgb_5|juris}} [[Fünftes Buch Sozialgesetzbuch|SGB V]] bis zum vollendeten 22.&nbsp;Lebensjahr von der [[Krankenkasse]] und für sozialhilfeberechtigte Frauen, die nicht krankenversichert sind ({{§|52|sgb_12|juris}}), nach {{§|49|sgb_12|juris}} [[Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch|SGB XII]] (Hilfe zur Familienplanung) vom zuständigen [[Sozialamt (Deutschland)|Sozialhilfeträger]] übernommen.

== Verbreitung ==
In Deutschland verhüten laut der [[Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung]] 10 % der Frauen mit der Spirale, in der Schweiz 6 %, in Österreich 12 % und in China sind es 46 % (Stand 2004).<ref>[http://derstandard.at/2000014565557/Verhuetung-Spirale-teurer-Aerzte-fuerchten-Probleme ''Verhütung mit der Spirale''.] [[Der Standard]], 21. April 2015</ref><ref>[http://www.chinadaily.com.cn/english/doc/2005-01/18/content_410003.htm ''Chinese women and their contraceptive choices''.] [[China Daily]], 8. Januar 2005; abgerufen am 21. April 2015.</ref>

== Ethische Fragestellungen ==
{{Hauptartikel|Lebensrechtsbewegung#Weltanschaulicher und philosophischer Hintergrund|titel1=Lebensrechtsbewegung}}

In einigen Kulturkreisen ist es für die Frau nicht möglich, selbstbestimmt über Verhütung zu entscheiden. Bei entsprechender Kürzung der Rückholfäden wird das Tragen einer Spirale nicht offensichtlich, weswegen eine „kontrazeptive Anonymität“ gewährleistet ist.

Einige Bevölkerungsgruppen lehnen die Anwendung von Intrauterinpessaren wegen der [[Interzeption (Gynäkologie)|nidationshemmenden Wirkung]] aus weltanschaulichen Gründen ab.

== Siehe auch ==
* [[Menstruationszyklus]]
* [[Hormonspirale]]
* [[Empfängnisverhütung|Kontrazeptiva]]


== Weblinks ==
== Weblinks ==

Aktuelle Version vom 13. Juli 2024, 12:36 Uhr

v. l. n. r.: Multiload-Kupferspirale mit Widerhaken, GyneFix 200-Kupferkette und Paragard-Kupferspirale in T-Form

Intrauterinpessare (lateinisch intra, innerhalb; uterus, Gebärmutter; auch als Spiralen oder IUP) bezeichnet, sind Medizinprodukte zur Empfängnisverhütung für die Frau, die in die Gebärmutter eingesetzt werden.

Heute gibt es zwei gängige Typen, die sich nach dem Wirkprinzip unterscheiden: Das der Kupfer- beziehungsweise Kupfer-Gold-Spirale und das der Hormonspirale, die auch als Intrauterinsystem (IUS) bezeichnet wird. Die Bezeichnung Intrauterinsystem (IUS) steht jedoch nicht immer eindeutig für die Hormonspirale, sondern wird auch als Sammelbegriff für alle verhütenden Spiralen gehandhabt[1]. Nach dem Wirkprinzip der Kupferspirale funktionieren auch die weniger bekannten Verhütungsmethoden des Kupferballs/ Kupferperlenballs[2], sowie der Kupferkette[3].

In der Vergangenheit wurden Ringe aus gewickeltem Metalldraht (zum Beispiel Gräfenberg-Ring) und Modelle, die einzig aus Kunststoff bestanden (z. B. Lippes-Loop), verwendet.

Geschichte

Die Anwendung von Intrauterinpessaren ist heutzutage weltweit die am weitesten verbreitete Methode der reversiblen Empfängnisverhütung.[4] Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurden erste Produkte aus Seide oder Silberdraht entworfen, u. a. von dem deutschen Gynäkologen Ernst Gräfenberg und dem Japaner Tenrei Ota.[5] Mit Entwicklung von thermoplastischen Werkstoffen Ende der 1950er Jahre kamen zahlreiche Formen und Modelle auf den Markt. Aus dieser Zeit stammen zum Beispiel der Lippes Loop und die Margulies-Spirale, nach der die Intrauterinpessare nun umgangssprachlich benannt sind.[6] Beim Dalkon Shield kam es in den 1970er Jahren aufgrund von spezifischen Konstruktionsmängeln zu schweren Entzündungen, was jedoch allen Intrauterinpessaren nachhaltig den Ruf eines hohen Risikos einbrachte.[7][8] Seit den 1970er Jahren enthalten die Intrauterinpessare einen Kupferanteil, nachdem die kontrazeptive Wirkung von Kupfer bekannt wurde.[9] Es gibt in Deutschland inzwischen keine Intrauterinpessare mehr, die ausschließlich aus Kunststoff bestehen; das letzte (Goldlily sensitive) wurde vom Markt genommen, weil der Pearl-Index weit über dem der kupferhaltigen Intrauterinpessare liegt.

Einzelnachweise

  1. Die Hormonspirale auf einen Blick. Abgerufen am 7. Februar 2024.
  2. Der Kupferball (Kupferperlenball). Abgerufen am 7. Februar 2024.
  3. Die Kupferkette. Abgerufen am 7. Februar 2024.
  4. C. d’Arcangues: Worldwide use of intrauterine devices for contraception. In: Contraception, Band 75, 2007, S. S2–S7.
  5. Die Entwicklung des Intrauterinpessars. Der Standard, 14. Dezember 2006; abgerufen am 21. April 2015.
  6. M. Thiery: Pioneers of the intrauterine device. In: European Journal of Contraception and Reproductive Health Care Band 2, 1997, S. 15–23.
  7. D. Cheng: The Intrauterine Device: Still misunderstood after all these years. In: Southern Medical Journal, Band 93, Nr. 9, 2000, S. 859–864.
  8. E. Espey, T. Ogburn: Perpetuating negative attitudes about the intrauterine device: textbooks lag behind the evidence. In: Contraception, Band 65, 2002, S. 389–395.
  9. Zipper u. a.: Metallic Copper as an intrauterine contraceptive adjunction to the "T" device. In: American Journal of Obstetrics and Gynecology, Band 109, 1969, S. 1274–1278.