Agis II.

Agis II. (altgriechisch Ἆγις Ágis; † 400 v. Chr.) war zur Zeit des Peloponnesischen Kriegs von 427/426–400 v. Chr. König des antiken Sparta. Er stammte aus der Dynastie der Eurypontiden.

Leben

Agis II. war ein Sohn des Archidamos II. und der Lampido sowie ein Stiefbruder Agesilaos’ II.[1] Zum Beginn seiner Regierung rückte er im Frühjahr 426 v. Chr. mit einem Aufgebot der Spartaner und ihrer Verbündeten aus, um in Attika einzufallen. Da aber Erdbeben und Sturmfluten Mittelgriechenland heimsuchten, kehrte er am Isthmus von Korinth wieder um.[2] Im nächsten Jahr 425 v. Chr. rückte er an der Spitze einer Armee verwüstend in Attika ein, zog aber bereits nach 15 Tagen wieder ab.[3] Seitdem war er meist Anführer des peloponnesischen Aufgebots. 421 v. Chr. beschwor er mit seinem Mitkönig Pleistoanax den damals vereinbarten Ausgleich mit Athen und gehörte wohl auch zu den Unterzeichnern des Nikiasfriedens, durch den der Peloponnesische Krieg vorläufig beendet wurde.[4] Alkibiades brachte aber ein Bündnis von Athen mit den bedeutenden peloponnesischen Städten Argos und Mantineia sowie mit Elis zustande, wodurch er sich in Spartas Einflussbereich einmischte.

419 v. Chr. griffen die Argiver auf Anstiften des Alkibiades Epidauros an. Agis zog daraufhin mit dem gesamten spartanischen Heer im Sommer dieses Jahres bis zur Grenzstadt Leuktra, machte dort aber wegen ungünstiger Opfer Halt und führte seine Truppen zurück. Seinen Verbündeten ließ er ausrichten, dass sie sich für einen weiteren Feldzug nach dem folgenden Monat, in dem das Fest der Karneia gefeiert wurde, bereithalten sollten. Als die Argiver erneut Epidauros attackierten, marschierte er mit dem spartanischen Aufgebot bis zur Grenzstadt Karyai, wagte aber wiederum wegen angeblich ungünstiger Oper nicht, die Grenze zu überschreiten.[5]

Epidauros wurde 418 v. Chr. weiterhin von den Argivern bedrängt. Agis zog mit den spartanischen Streitkräften gegen Argos. Die Argiver, Mantineier und Eleer stellten sich ihm bei der arkadischen Stadt Methydrion entgegen. Nach einem Ausweichmanöver vereinte der spartanische König seine Truppen bei Phleius mit jenen seiner Bundesgenossen, drang in die Argolis ein und schnitt das argivische Heer von der Stadt Argos ab. Trotz seiner vorteilhaften Position ließ er sich, ehe es zur Schlacht kam, von zwei Argivern, dem Feldherrn Thrasyllos um dem als Spartas Proxenos fungierenden Alkiphron, die ihm Aussicht auf Frieden machten, zum Abschluss eines viermonatigen Waffenstillstands und Abzug seines Heers überreden. Hierbei hatte er auf seine alleinige Verantwortung gehandelt und sah sich mit dem Vorwurf konfrontiert, eine günstige Gelegenheit zur Vernichtung der Feinde verpasst zu haben. Als dann die Argiver den Waffenstillstand brachen und gemeinsam mit den Athenern Orchomenos eroberten, wurde in Sparta der Antrag gestellt, das Haus des Königs zu zerstören und ihn zur Zahlung einer Geldstrafe von hunderttausend Drachmen zu verurteilen. Zwar erreichte Agis einen Aufschub seiner Bestrafung, musste aber hinnehmen, dass ihm ein Beirat von zehn Spartiaten an die Seite gestellt wurde, ohne dessen Zustimmung er nicht mit dem Heer in den Krieg ziehen durfte. Kurz darauf erfuhr er, dass die spartafreundliche Partei in Tegea zur Kapitulation gezwungen sei, wenn sie nicht rasch Verstärkung erhielte. Er rückte mit dem gesamten spartanischen Aufgebot aus, stellte in Tegea die Ordnung wieder her, erhielt hier Zuzug durch arkadische Bundesgenossen und marschierte im Spätsommer 418 v Chr. gegen Mantineia. Im Gebiet dieser Stadt hatte sich das gegnerische Heer, das aus Verbänden der Argiver, Mantineier sowie einem von Athen gesandten Aufgebot – 1000 Hopliten und 300 Reiter unter dem Kommando des Strategen Laches – bestand, Stellung auf einer steilen, schwer zugänglichen Anhöhe bezogen. Agis griff trotzdem an, zog sich aber mit seinen Truppen auf den warnenden Zuruf eines erfahrenen Begleiters, wohl einem der ihm beigegebenen Räte, wieder zurück. Um die Feinde zum Verlassen ihrer festen Stellung zu zwingen, ließ er Wasser eines Flusses durch einen Kanal in die Ebene von Mantineia leiten, um das Gebiet zu überschwemmen. Doch das feindliche Heer war schon zuvor in die Ebene herabgestiegen. In der folgenden Schlacht von Mantineia, die zu den blutigsten des Peloponnesischen Kriegs zählt, errang der mit viel Umsicht agierende König einen vollständigen Sieg und stellte so die spartanische Vormacht auf der Peloponnes wieder her.[6]

Im Winter 418/417 v. Chr. fand in Argos eine Gegenrevolution statt, die den Sturz der dortigen oligarchischen prospartanischen Partei herbeiführte. Agis rückte mit der spartanischen Armee nochmals gegen Argos aus und zerstörte die mit Hilfe der Athener begonnenen langen Mauern, die Argos mit dem Meer verbinden sollten. Er vermochte jedoch nicht, die spartafreundliche Partei in Argos wieder an die Macht zu bringen.[7]

Alkibiades fiel 415 v. Chr. in Athen in Ungnade und wurde als Flüchtling in Sparta aufgenommen. Inzwischen war der Krieg zwischen Sparta und Athen wieder ausgebrochen, und auf Rat des Alkibiades wurde Agis im Frühjahr 413 v. Chr. an der Spitze eines Heers nach Attika entsandt, um die dort gelegene, strategisch bedeutsame Stadt Dekeleia zu besetzen und zur Festung auszubauen. Agis blieb nun bis zum Ende des Kriegs als machtvoller Oberbefehlshaber in Dekeleia und besaß dort wieder volle Handlungsfreiheit. Von hier aus konnten die Spartaner Athen die auf dem Landweg über Oropos erfolgende Lebensmittelzufuhr von Euböa blockieren und ständig in das attische Gebiet einfallen. 20.000 Sklaven, darunter viele Handwerker, wechselten auf die Seite der Spartaner; Schafe und anderes Vieh der Athener, das im Umland von Dekeleia weidete, ging zugrunde.[8] Nach dem Eintreffen der Nachricht über das katastrophale Scheitern der athenischen Sizilienexpedition zog Agis im Winter 413/412 v. Chr. nach Mittelgriechenland, ließ den Oitaiern das Vieh wegtreiben und erpresste dann Geld für dessen Rückgabe. Auch zwang er die Achaier von Phthiotis und andere Untertanen der Thessaler zur Stellung von Geiseln und Geldzahlungen. Ferner regte er den Schiffsbau zur Vorbereitung des Seekriegs an. Die zum Abfall von Athen bereiten Einwohner von Euböa, Lesbos und Chios wandten sich an Agis, der in Dekeleia auch Gesandtschaften der Boioter und anderer spartanischer Verbündeter empfing.[9]

In Sparta sah Agis sich aber durch den machthungrigen und eloquenten Alkibiades in den Hintergrund gedrängt. Um seinen Einfluss fürchtend, setzte Agis das Gerücht in die Welt, Alkibiades habe seine Gemahlin Timaia verführt, was ihm ermöglichte, dem schwer beschuldigten Alkibiades nach dem Leben zu trachten und ihn zu verfolgen. Darauf ging dieser zu den Persern. Zwar haben alle antike Autoren wie Plutarch und Thukydides diese Erklärung bereitwillig übernommen, jedoch bestehen ernsthafte Zweifel, ob Alkibiades wirklich so unklug gewesen war, die Ehefrau seines Gastgebers zu entehren und sich dem Vorwurf des groben Undanks auszusetzen. Agis verstieß wenig später seinen Sohn Leotychides, weil er die Vaterschaft Alkibiades zuschrieb.

Der politische Einfluss des Königs war trotz seiner bedeutenden Stellung in Dekeleia weiterhin begrenzt; so hatte er nicht die Befugnis, über einen Waffenstillstand mit Athen zu verhandeln, sondern musste sich den Entscheidungen der Bürger Spartas unterwerfen, die jegliche Angebote Athens ablehnten. Es ist strittig, ob er danach an der weiteren Belagerung Athens überhaupt beteiligt war. Xenophon zufolge war er 405/404 v. Chr. während des letzten Kampfes um Athen abwesend.

Nach dem Sieg über Athen 404 führte er einen Feldzug gegen Elis, dessen Territorium er plündern ließ und das er zu einem demütigenden Frieden zwang. Auf dem Rückweg von Delphi verstarb er. Anstelle des verstoßenen Sohnes folgte ihm als nächster Verwandter sein Stiefbruder Agesilaos II. nach.

Literatur

Anmerkungen

  1. Plutarch, Agesilaos 1, 1.
  2. Thukydides, Peloponnesischer Krieg 3, 89, 1.
  3. Thukydides, Peloponnesischer Krieg 4, 2 und 4, 6.
  4. Thukydides, Peloponnesischer Krieg 5, 19, 2 und 5, 24, 1.
  5. Thukydides, Peloponnesischer Krieg 5, 54 f.
  6. Thukydides, Peloponnesischer Krieg 5, 57-74; dazu Wolfgang Will: Athen oder Sparta. Eine Geschichte des Peloponnesischen Kriegs, C. H. Beck, 2. Auflage München 2020, ISBN 978-3-406-74098-5, S. 136-142; Erich Bayer: Griechische Geschichte, Kröner, 3. Auflage, Stuttgart 1987, ISBN 3-520-36203-1, S. 313 f.
  7. Thukydides, Peloponnesischer Krieg 5, 83.
  8. Thukydides, Peloponnesischer Krieg 7, 19, 1; 7, 27, 4 ff.
  9. Thukydides, Peloponnesischer Krieg 7, 3 und 7, 5; dazu Wolfgang Will: Athen oder Sparta. Eine Geschichte des Peloponnesischen Kriegs 2020, S. 204 f.
VorgängerAmtNachfolger
Archidamos II.König von Sparta
427–400 v. Chr.
Agesilaos II.