Evangelische Superintendentur A. B. Galizien

Evangelische Superintendentur A. B. Galizien
DiözesangebietGalizien und Bukowina
SitzLemberg (1804–1870)
Biala (1871–1885; 1897–1918)
Gelsendorf (1886–1896)
Pfarrgemeinden33 (Stand: 1913)
Filialgemeinden58 (Stand: 1913)
Predigtstationen17 (Stand: 1913)

Die Evangelische Superintendentur A. B. Galizien war eine Diözese der Evangelischen Kirche A. B. in Österreich, die von 1804 bis 1918 bestand.

Strukturen

Zur Superintendentur gehörten 1913 33 Pfarrgemeinden in Galizien und in der Bukowina.[1]

Seniorate

Sie war in vier Seniorate gegliedert:

  • das Helvetische Seniorat für die reformierten Gemeinden
  • das Mittlere Seniorat für Mittelgalizien, Sitz in Gelsendorf
  • das Östliche Seniorat für Ostgalizien, Sitz in Lemberg
  • das Westliche Seniorat für Westgalizien, Sitz in Biala

Superintendenten

Die Kirche wurde von einem Superintendenten geleitet. Der Amtssitz der Superintendentur war davon abhängig, wo der jeweilige Superintendent als Gemeindepfarrer wirkte. Bis 1870 befand sich der Sitz in Lemberg, von 1871 bis 1885 in Biala, von 1886 bis 1896 in Gelsendorf und von 1897 bis 1918 erneut in Biala.[2]

Die Superintendenten waren (Amtszeit in Klammern):

Superintendent von Mähren, Schlesien und Galizien

Superintendent von Galizien

Eine Besonderheit der Superintendentur war es, dass sie neben lutherischen (A. B.) und gemischt-konfessionellen (A. B./H. B.) auch rein reformierte (H. B.) Gemeinden umfasste, die nicht der Evangelischen Kirche H. B. in Österreich unterstanden.

Geschichte

Erste Gemeinde im Königreich Polen

1759 wurde die erste galiziendeutsche evangelische Gemeinde in Hinterwalden (Zaleszczyki) im Königreich Polen gegründet.[3]

Evangelische Gemeinden in der Habsburgermonarchie

Nach der Übernahme Galiziens durch die Habsburgermonarchie erhielten die evangelischen Deutschen religiöse Sonderrechte nach dem kaiserlichen Patent vom 1. Oktober 1774. Sie wurden in diesem Jahr der neuen Superintendentur von Mähren, Schlesien und Galizien unterstellt. 1775 erhielten die neuen Gemeinden in Lemberg, Jaroslau, Zamość, Brody und Hinterwalden (Zaleszczyki) die kaiserliche Erlaubnis, einen Pfarrer anstellen zu dürfen.[4] Erst 1778 fand sich mit Ephraim Gottlob Hoffmann ein deutscher Geistlicher, der bereit war, sich dauerhaft in Lemberg niederzulassen.

Das Toleranzpatent vom 17. September 1781 von Kaiser Joseph II. verbesserte ihre Möglichkeiten weiter.[5] 1789 wurden die ersten Seniorate für Westgalizien und für Ostgalizien geschaffen.[6] 1804 wurden die evangelischen Gemeinden in der neugegründeten Evangelischen Superintendentur A. B. Galizien zusammengefasst, nachdem Galizien formell integraler Bestandteil des Kaisertums Österreich geworden war.[7]

Gründung der Evangelischen Kirche A. und H. B. in Kleinpolen

Mit dem Untergang Österreich-Ungarns 1918 wurde die Superintendentur von der Kirchenleitung in Wien getrennt. Die Gemeinden hätten die Möglichkeit gehabt, sich der Evangelisch-Augsburgischen Kirche in Polen oder der Unierten Evangelischen Kirche in Polen anzuschließen, entschlossen sich jedoch für die Eigenständigkeit: 1920 konstituierte sich als Nachfolgerin der Evangelischen Superintendentur A. B. Galizien die Evangelische Kirche A. und H. B. in Kleinpolen.[7]

Gemeinden

(Auswahl)

1890 gab es 24 Gemeinden, 1913 33.

PfarrgemeindeGründungsjahrKonfessionSenioratKirchengebäudeBild
Alt-Fratautz1908[8]A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in Alt-FratautzEvangelische Kirche in Alt-Fratautz
Andraschfalva1797H. B.HelvetischesEvangelische Kirche in AndraschfalvaEvangelische Kirche in Andraschfalva
Augustdorf1840A. B. und H. B.ÖstlichesBethaus in Augustdorf
Baginsberg1839A. B. und H. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in BaginsbergEvangelische Kirche in Baginsberg
Bandrow1788A. B.MittleresBethaus in Bandrow; Bethaus in Makowa (Filialgemeinde A. B.)Bethaus in Bandrow
Biala1781A. B.WestlichesMartin-Luther-Kirche in BialaMartin-Luther-Kirche in Biala
Brigidau1786A. B.MittleresEvangelische Kirche in Brigidau; Bethaus in Neudorf; Bethaus in GassendorfEvangelische Kirche in Brigidau
Czernowitz1849 (1795[8])A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in Czernowitz
Deutsch-Tereblestie1905[8]A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in Deutsch-Tereblestie
Dornfeld1786A. B.MittleresEvangelische Kirche in Dornfeld (1817);

Bethaus in Falkenstein (Filialgemeinde A. B.)

Evangelische Kirche in Andraschfalva
Gelsendorf1785/1812A. B.MittleresBethaus in Gelsendorf; Bethaus in Bolechow (Filialgemeinde), Evangelische Kirche in Stryi (Filialgemeinde A. B.)Evangelische Kirche in Stryi
Hartfeld1780er JahreA. B.MittleresEvangelische Kirche in Hartfeld; Evangelische Kirche in Neu-Burschitz (Filialgemeinde A. B.), Bethaus in Alt-Jazow (Filialgemeinde A. B.), Bethaus in Neu-Kupnowitz (Filialgemeinde A. B.), Bethaus in Moosberg (Filialgemeinde H. B.), Evangelische Kirche in Schumlau (Filialgemeinde A. B.)
Hliboka1902[8]A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in HlibokaEvangelische Kirche in Andraschfalva
Hohenbach1783/1784 (bis 1867 Pfarrsitz in Reichsheim)A. B.WestlichesBethaus in Hohenbach; Bethaus in Reichsheim (Filialgemeinde A. B., bis 1867 Muttergemeinde)Evangelische Kirche in Hohenbach
Illischestje1858A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in Illischestje;Evangelische Kirche in Illischestje
Neu-Itzkany1902[8]A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in Neu-ItzkanyEvangelische Kirche in Neu-Itzkany
Jakobeny1853 (1796 als Filialgemeinde von Milleschoutz)A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in Jakobeny; Evangelische Kirche in Eisenau (Filialgemeinde A. B.), Evangelische Kirche in Kirlibaba (Filialgemeinde A. B.), Bethaus in Luisenthal-Pozoritta (Filialgemeinde A. B.)Evangelische Kirche in Jakobeny
Jaroslauum 1775A. B.MittleresHeilig-Geist-Kirche in Jaroslau (ehemalige katholische Spitalskirche)Heilig-Geist-Kirche in Jaroslau
Josefow1786/1805H. B.MittleresEvangelische Kirche in Josefow; Evangelische Kirche in Mierow (Filialgemeinde A. B.)Evangelische Kirche in Josefow
Josefsberg1783H. B.HelvetischesEvangelische Kirche in Josefsberg; Bethaus in Ugartsberg (Filialgemeinde H. B.)Evangelische Kirche in Josefsberg
Königsberg1783/1801H. B.HelvetischesBethaus in Königsberg; Evangelische Kirche in Gillershof (Filialgemeinde H. B.)
Krakau1816A. B.WestlichesMartinskirche in Krakau (ehemalige katholische Klosterkirche)Martinskirche in Krakau
Lemberg1775A. B.MittleresEvangelische Kirche in Lemberg (ehemalige Dominikanerkirche St. Ursula); Bethaus in Dobrzanica (Filialgemeinde A. B. im Uniower Diakonat), Bethaus in Unterwalden (Filialgemeinde A. B. im Uniower Diakonat), Evangelische Kirche in Theodorshof (Filialgemeinde A. B.)Evangelische Kirche Lemberg
Neu-Gawlow1785/1790A. B.WestlichesEvangelische Kirche in Neu-GawlowEvangelische Kirche in Neu-Gawlow
Neu-Sandez1802 (zuvor zu Stadlo)A. B.WestlichesEvangelische Kirche in Neu-Sandez (ehemalige Franziskanerkirche)Evangelische Kirche in Neu-Sandez (ehemalige Franziskanerkirche)
Radautz1791 (bis 1860 Pfarrsitz in Milleschoutz)A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in Radautz; Bethaus in Milleschoutz (Filialgemeinde A. B., bis 1860 Muttergemeinde), Evangelische Kirche in Alt-Fratautz, Evangelische Kirche in Tereblestie (Filialgemeinde A. B.)Evangelische Kirche in Radautz
Ranischau1782A. B.WestlichesEvangelische Kirche in Ranischau; Evangelische Kirche in Steinau (Filialgemeinde A. B.)Evangelische Kirche in Ranischau
Reichau1787A. B.MittleresEvangelische Kirche in Reichau; Evangelische Kirche in Smolin
Stadlo1786A. B.WestlichesBethaus in StadloEvangelische Kirche von Stadlo
Stanislau1890A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in StanislauEvangelische Kirche in Stanislau
Ugartsthal1784A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in Ugartsthal; Evangelische Kirche in Engelsberg (Filialgemeinde A. B.), Evangelische Kirche in Landestreu (Filialgemeinde A. B.)
Zalesczyki/Hinterwalden1759A. B.ÖstlichesEvangelische Kirche in Hinterwalden

Pfarrer

Die Pfarrer kamen oft aus dem Teschener Schlesien.[9]

Lemberg

Literatur

  • Ludwig Schneider: Kurzgefasste Schilderung der Verhältnisse und Zustände in den protestantischen Kolonien Galiziens bis 1816, Posen, 1931 (online)
  • Julius A. Kolatschek: Die evangelische Kirche Oesterreichs in den deutsch-slavischen Ländern. Eine Darstellung des Arbeitsfeldes des evangelischen Vereins der Gustaf Adolf-Stiftung in den genannten Ländern und zugleich ein Beitrag zur Geschichte des österreichischen Protestantismus. Selbstverlag des Wiener Hauptvereins der Gustaf Adolf-Stiftung, Wien 1869, Kap. XII. Galizien, S. 146–191.
  • Julius A. Kolatschek: Die evangelische Kirche Oesterreichs in den deutsch-slavischen Ländern. Eine Darstellung des Arbeitsfeldes des evangelischen Vereins der Gustaf Adolf-Stiftung in den genannten Ländern und zugleich ein Beitrag zur Geschichte des österreichischen Protestantismus. Selbstverlag des Wiener Hauptvereins der Gustaf Adolf-Stiftung, Wien 1869, Kap. XIII. Bukowina, S. 192–201.

Einzelnachweise

  1. Die Evangelische Kirche A. u. H. B. in Österreich im Jahr 1913. Johannes-Mathesius-Gesellschaft – Evangelische Sudetendeutsche e. V., 27. Mai 2011, abgerufen am 19. Oktober 2013.
  2. a b Artur Bachmann: Persönlichkeiten der galiziendeutschen Geschichte. Hilfskomitee der Galiziendeutschen e. V., abgerufen am 16. Oktober 2013.
  3. K. Völker: Die Anfänge der evangelischen Gemeinde zu Zaleszczyki in Galizien. In: Jahrbuch der Gesellschaft für die Geschichte des Protestantismus in Österreich. Wien 1909. S. 157–174
  4. Isabel Röskau-Rydel: Kultur an der Peripherie des Habsburger Reiches. Die Geschichte des Bildungswesens und der kulturellen Einrichtungen in Lemberg von 1772 bis 1848. Harrassowitz Verlag, Wiesbaden 1993, ISBN 3-447-03423-8., S.127
  5. Julius A. Kolatschek: Die evangelische Kirche Oesterreichs in den deutsch-slavischen Ländern. Eine Darstellung des Arbeitsfeldes des evangelischen Vereins der Gustaf Adolf-Stiftung in den genannten Ländern und zugleich ein Beitrag zur Geschichte des österreichischen Protestantismus. Selbstverlag des Wiener Hauptvereins der Gustaf Adolf-Stiftung, Wien 1869, S. 146.
  6. Traugott Bartelmus mit Angaben zu den ersten beiden Senioren
  7. a b Małgorzata Kośka, Dorota Lewandowska: Księgi metrykalne gmin ewangelicko-augsburskiego i helweckiego wyznania 1764 – 1939. Archiwum Główne Akt Dawnych w Warszawie, archiviert vom Original (nicht mehr online verfügbar) am 17. Oktober 2013; abgerufen am 16. Oktober 2013 (polnisch).  Info: Der Archivlink wurde automatisch eingesetzt und noch nicht geprüft. Bitte prüfe Original- und Archivlink gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis.@1@2Vorlage:Webachiv/IABot/www.agad.archiwa.gov.pl
  8. a b c d e Sophie A. Welsch, The Bukovina-Germans During the Habsburg Period: Settlement, Ethnic Interaction, Contributions. „Immigrants & Minorities“, 1986, S. 97 (Memento vom 6. April 2009 im Internet Archive)
  9. Ludwig Schneider: Kurzgefasste Schilderung der Verhältnisse und Zustände in den protestantischen Kolonien Galiziens bis 1816, Posen, 1931 (online)