„Memorial (Menschenrechtsorganisation)“ – Versionsunterschied

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Memorial und weitere Umwelt- und Menschenrechtsgruppen sowie zivile Stiftungen werden seit einiger Zeit von russischen Behörden drangsaliert (z.B. mit Durchsuchungen und Steuerverfahren) und als „ausländische Agenten“ verunglimpft.<ref name="faz1">[http://www.faz.net/-hox-7uzo3 Berlin gibt Moskau nach] (der russische Außenminister Lawrow dringt beim deutschen Außenminister Steinmeier darauf, am 2014er Treffen des 'Petersberger Dialog' festzuhalten)</ref>
Memorial und weitere Umwelt- und Menschenrechtsgruppen sowie zivile Stiftungen werden seit einiger Zeit von russischen Behörden drangsaliert (z.B. mit Durchsuchungen und Steuerverfahren) und als „ausländische Agenten“ verunglimpft.<ref name="faz1">[http://www.faz.net/-hox-7uzo3 Berlin gibt Moskau nach] (der russische Außenminister Lawrow dringt beim deutschen Außenminister Steinmeier darauf, am 2014er Treffen des 'Petersberger Dialog' festzuhalten)</ref>
Memorial wurde u.a. im März 2013 durchsucht.<ref>taz.de 21. März 2013: [http://www.taz.de/!113262/ Behörden legen „Memorial“ lahm]</ref>
Memorial wurde u.a. im März 2013 durchsucht.<ref>taz.de 21. März 2013: [http://www.taz.de/!113262/ Behörden legen „Memorial“ lahm]</ref>
Das [[Putin#Dritte Amtszeit als Präsident (seit 7. Mai 2012)|Putin-Regime]] gibt Stalin-Verehrern und -verharmlosern in [[Medien in Russland|staatlich gelenkten Medien]] breiten Raum;<ref>[http://www.faz.net/-gq5-7v0j9 Selbstzweck Macht. - Das Bestreben Moskaus, „Memorial“ aufzulösen, ist ein Symbol für den Umgang mit der Macht des Putin-Regimes. Denn die Organisation wurde ausgerechnet zur Erhellung der Verbrechen Stalins gegründet] (Kommentar)</ref> die von Russland betriebene [[Ukrainekrise 2014]] kann man als „neoimperialistisches, nationalistisches Projekt“ rezipieren.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/meinung/russland-und-der-konflikt-in-der-ukraine-putins-bluff/9871700.html Putins Bluff], Tagesspiegel, 9. Mai 2014</ref>
Das [[Putin#Dritte Amtszeit als Präsident (seit 7. Mai 2012)|Putin-Regime]] gäbe Stalin-Verehrern und -verharmlosern in [[Medien in Russland|staatlich gelenkten Medien]] breiten Raum;<ref>[http://www.faz.net/-gq5-7v0j9 Selbstzweck Macht. - Das Bestreben Moskaus, „Memorial“ aufzulösen, sei ein Symbol für den Umgang mit der Macht des Putin-Regimes. Denn die Organisation wurde ausgerechnet zur Erhellung der Verbrechen Stalins gegründet] (Kommentar)</ref> die von Russland betriebene [[Ukrainekrise 2014]] könne man als „neoimperialistisches, nationalistisches Projekt“ rezipieren.<ref>[http://www.tagesspiegel.de/meinung/russland-und-der-konflikt-in-der-ukraine-putins-bluff/9871700.html Putins Bluff], Tagesspiegel, 9. Mai 2014</ref>


== Schwerpunkte ==
== Schwerpunkte ==

Version vom 28. November 2014, 20:49 Uhr

Memorial ist eine internationale Menschenrechtsorganisation. Sie wurde 1988 auf Initiative von Andrei Sacharow in Russland gegründet und widmet sich der historischen Aufarbeitung politischer Gewaltherrschaft, der Einhaltung der Menschenrechte und der sozialen Fürsorge für die Überlebenden des sowjetischen Arbeitslagersystems (GULag).

Geschichte

Ursprünglich entstand Memorial, um in der Sowjetunion (nach deren Zerfall entstand die GUS) ein Denkmal für die Opfer des Stalinismus zu errichten. Gründungsvorsitzender war Andrei Sacharow. Sie war die erste regierungsunabhängige Organisation auf dem Gebiet der früheren Sowjetunion. Das Denkmal wurde am 30. Oktober 1990 vor der früheren KGB-Zentrale in Moskau, der Lubjanka, eingeweiht.

Die Organisation setzte sich bald weitere Ziele. Die ehrenamtlichen Mitarbeiter besuchten GULag-Überlebende, schrieben ihre Lebensgeschichten auf und versuchten ihnen in der Öffentlichkeit eine Stimme zu verleihen. Anfang der 1990er-Jahre entstanden in Russland rund 70 Memorial-Verbände. Inzwischen gibt es international über 80 Gruppen, darunter in der Ukraine, in Lettland, in Deutschland, Italien und Frankreich.

Die Arbeit von Memorial wird von der Soros-Stiftung (USA) und der Heinrich-Böll-Stiftung (Deutschland) regelmäßig finanziell unterstützt. Außerdem erhält die Organisation Gelder des UNHCR und des Europarats für ihr Programm zur Beratung von Flüchtlingen.

Memorial und weitere Umwelt- und Menschenrechtsgruppen sowie zivile Stiftungen werden seit einiger Zeit von russischen Behörden drangsaliert (z.B. mit Durchsuchungen und Steuerverfahren) und als „ausländische Agenten“ verunglimpft.[1] Memorial wurde u.a. im März 2013 durchsucht.[2] Das Putin-Regime gäbe Stalin-Verehrern und -verharmlosern in staatlich gelenkten Medien breiten Raum;[3] die von Russland betriebene Ukrainekrise 2014 könne man als „neoimperialistisches, nationalistisches Projekt“ rezipieren.[4]

Schwerpunkte

Historische Aufarbeitung

In eigenen Bibliotheken und Archiven sammelt Memorial Dokumente aus den Arbeitslagern der Sowjetunion. Dazu gehören: Opferkarteien, Häftlingserinnerungen, Prozessunterlagen, Bilder und Samisdat-Veröffentlichungen. Den Bibliotheken sind wissenschaftliche Informationszentren angegliedert, in denen das Repressionssystem erforscht wird. Die Ergebnisse werden in einem verbandseigenen Verlag veröffentlicht.

Die Organisation bemüht sich, an den Stellen früherer Lager und Massengräber Gedenksteine oder -tafeln zu errichten. Einmal im Jahr richtet Memorial eine Expedition zu den im Norden Russlands gelegenen Solowezki-Inseln aus, auf denen bereits 1920 das erste Straflager für politische Gefangene gebaut wurde.

Menschenrechte

Im Moskauer Menschenrechtszentrum von Memorial werden Informationen zur Menschenrechtslage in Russland aufbereitet und Initiativen für Konfliktlösungen vorbereitet. Es gibt Programme gegen ethnische Diskriminierungen, dem Schutz von Flüchtlingen und zur Entsendung von Beobachtern in Kriegsgebiete. Die Organisation veröffentlicht ihre Analysen in Broschüren, in einer eigenen Radiosendung sowie im Internet. Nachdem im Juli 2009 die Memorial-Mitarbeiterin Natalja Estemirowa in Grosny entführt und ermordet wurde, stellte die Organisation ihre Arbeit in Tschetschenien vorübergehend ein.[5]

Eine Memorial-Jugendgruppe setzt sich gegen den Rechtsextremismus in Russland ein. Sie beschäftigt sich mit der Geschichte des europäischen Faschismus, organisiert Demonstrationen und Pressearbeit, veröffentlicht die Zeitschrift Tumbalalajka. Wegen ihrer Beschäftigung mit dem Rechtsextremismus wurde die Sankt Petersburger Memorial-Gruppe seit 2003 verschiedentlich Opfer von Überfällen. 2004 wurde das Memorial-Mitglied Nikolai Girenko erschossen, nachdem er als Gutachter in Neonazi-Prozessen aufgetreten war.

Soziale Hilfen

Überlebende des GULag-Systems leben im Alter oft in großer Armut. Die Lagerjahre werden den Häftlingen nicht auf die Rente angerechnet. Weil sie sozial geächtet waren, erhielten sie nur unqualifizierte und schlecht bezahlte Arbeiten. Memorial unterstützt diese Personengruppe deshalb in Härtefällen.

Gesunde Mitglieder kümmern sich um pflegebedürftige frühere Lagerinsassen. Eine eigene Apotheke in Sankt Petersburg versucht, ihnen die nötigen Medikamente zur Verfügung zu stellen. Es gibt Finanzhilfen für Reparaturen und zur Grundversorgung, wenn ein Überleben anders nicht möglich ist. Für mittellos verstorbene frühere Häftlinge trägt die Organisation teilweise die Beerdigungskosten.

Auszeichnungen

Memorial erhielt 2001 den Erich-Maria-Remarque-Friedenspreis, 2004 den (als „Alternativer Nobelpreis“ bekannten) Right Livelihood Award für ihren Einsatz zur geschichtlichen Aufarbeitung und Respektierung der Menschenrechte, und wurde 2009 vom Europäischen Parlament mit dem Sacharow-Preis für geistige Freiheit gewürdigt. Der Preis gehe stellvertretend an alle Menschenrechtsaktivisten in Russland, so Laudator Jerzy Buzek, der die Auszeichnung am 16. Dezember 2009 an den damaligen Vorsitzenden des Menschenrechtszentrums von Memorial Oleg Orlow sowie dessen Mitstreiter Ljudmila Alexejewa und Sergej Kowaljow verlieh.[6][7]

Fußnoten

  1. Berlin gibt Moskau nach (der russische Außenminister Lawrow dringt beim deutschen Außenminister Steinmeier darauf, am 2014er Treffen des 'Petersberger Dialog' festzuhalten)
  2. taz.de 21. März 2013: Behörden legen „Memorial“ lahm
  3. Selbstzweck Macht. - Das Bestreben Moskaus, „Memorial“ aufzulösen, sei ein Symbol für den Umgang mit der Macht des Putin-Regimes. Denn die Organisation wurde ausgerechnet zur Erhellung der Verbrechen Stalins gegründet (Kommentar)
  4. Putins Bluff, Tagesspiegel, 9. Mai 2014
  5. Menschenrechtler wieder in Tschetschenien Greenpeace-Magazin Online, 16. Dezember 2009
  6. Europäisches Parlament: Sacharow-Preis ehrt russische Menschenrechtler .
  7. Sacharow-Preis für russische Menschenrechtsorganisation bei nzz.ch, 16. Dezember 2009 (aufgerufen am 16. Dezember 2009)