„Interstitielle Zystitis“ – Versionsunterschied

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Die '''Interstitielle Zystitis/Cystitis''' ('''IC'''), auch '''Hunner-Zystitis''' nach [[Guy Hunner]] genannt, ist eine chronische, abakterielle [[Blasenentzündung]], bei der die Drangsymptomatik und Schmerzen von Becken und [[Harnblase]] im Vordergrund stehen.
Die '''Interstitielle Zystitis/Cystitis''' ('''IC'''), auch '''Hunner-Zystitis''' nach [[Guy Hunner]] genannt, ist eine chronische, abakterielle [[Blasenentzündung]], bei der die Drangsymptomatik und Schmerzen von Becken und [[Harnblase]] im Vordergrund stehen.Auch als IC oder Painful Blasser Syndro (PBS, Blasenschmerzsyndro) benannt. Bei der IC ist nicht die Blasenschleihaut, sondern vielmehr die tiferen Zwischenräume in der Blasenwand chronisch entzündet.<ref>{{Internetquelle |url=https://www.tk.de/tk/krankheiten-a-z/krankheiten-i/interstitielle-zystitis/691872 |titel=Was ist eine interstitielle Zystitis (IC)? {{!}} TK |zugriff=2017-11-20 |sprache=de}}</ref>

Offenbar spielt die Schleimhaut der Harnblase eine wichtige Rolle in der Pathogenese. Man vermutet, dass die schützende Glykosaminoglykan-(GAG)-Schicht auf dem Urothel defekt ist. So können aggressive Stoffe aus dem Harn direkt in Kontakt mit der Blasenwand kommen und chronische Entzündungsprozesse anstoßen. Die Freisetzung von Histamin aus Mastzellen sowie eine neurovegetative Dysbalance scheinen die Entzündungsprozesse in Gang zu halten.

Die Interstitielle Zystitis wurde bereits im 19. Jahrhundert erstmalig beschrieben, jedoch ist ihre genaue Ätiologie bis heute unbekannt.(so: Ina Maria Teichgräber)<ref>{{Literatur |Autor=Ina Maria Teichgräber |Titel=Über die Wirksamkeit der oralen Pentosanpolysulfat-Therapie (SP54) in der Behandlung der Chronisch Interstitiellen Cystitis |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |Seiten= |ISBN=}}</ref>


Der Name ''interstitielle Zystitis'' wurde erstmals 1887 von [[Alexander Skene]], einem New Yorker Arzt, in der Publikation ''Disease of bladder and urethra in woman'' verwendet.<ref name="Enigma">{{Literatur |Autor=D. A. Moutzouris, M. E. Falagas |Titel=Interstitial Cystitis:An Unsolved Enigma |Sammelwerk=[[Clinical Journal of the American Society of Nephrology]] |Band=4 |Seiten=1844–1857 |Jahr=2009 |PMID=19808225|DOI=10.2215/CJN.02000309}}</ref> Aber das umfangreichste Wissen zu dieser Zeit um diese Erkrankung, ist mit dem Bostoner Chirurgen Guy Hunner (1868–1957) verbunden. Er beschreibt diese Blasenerkrankung erstmals 1914. Hunner fand heraus, dass Patienten, mit den im weiteren Verlauf beschriebenen Symptomen, eine sehr empfindliche Blasenauskleidung hatten. Sichtbare Zeichen waren nicht vorhanden, jedoch wenn er die Blasenwand berührte, fing sie an zu bluten. Bis heute wurde der schweren Erkrankung keine rechte Bedeutung beigemessen, sie ist weder erforscht noch heilbar.
Der Name ''interstitielle Zystitis'' wurde erstmals 1887 von [[Alexander Skene]], einem New Yorker Arzt, in der Publikation ''Disease of bladder and urethra in woman'' verwendet.<ref name="Enigma">{{Literatur |Autor=D. A. Moutzouris, M. E. Falagas |Titel=Interstitial Cystitis:An Unsolved Enigma |Sammelwerk=[[Clinical Journal of the American Society of Nephrology]] |Band=4 |Seiten=1844–1857 |Jahr=2009 |PMID=19808225|DOI=10.2215/CJN.02000309}}</ref> Aber das umfangreichste Wissen zu dieser Zeit um diese Erkrankung, ist mit dem Bostoner Chirurgen Guy Hunner (1868–1957) verbunden. Er beschreibt diese Blasenerkrankung erstmals 1914. Hunner fand heraus, dass Patienten, mit den im weiteren Verlauf beschriebenen Symptomen, eine sehr empfindliche Blasenauskleidung hatten. Sichtbare Zeichen waren nicht vorhanden, jedoch wenn er die Blasenwand berührte, fing sie an zu bluten. Bis heute wurde der schweren Erkrankung keine rechte Bedeutung beigemessen, sie ist weder erforscht noch heilbar.

== Epidemiologie ==
Interstitielle Zystitis hat den Status der sogenannten Seltenen Krankheiten<ref>{{Literatur |Titel=Seltene Krankheit |Sammelwerk=Wikipedia |Datum=2017-09-26 |Online=https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Seltene_Krankheit&oldid=169457507 |Abruf=2017-11-20}}</ref> (Orphan Disease).


90 Prozent der Betroffenen sind Frauen, jedoch werden nun auch immer mehr Männer diagnostiziert (Hohlbrugger). Die Angaben zur Verbreitung schwanken sehr stark, zwischen zehn und 700 Kranken von 100.000 Personen. Das liegt auch daran, dass die Diagnose nicht so klar zu stellen ist.
90 Prozent der Betroffenen sind Frauen, jedoch werden nun auch immer mehr Männer diagnostiziert (Hohlbrugger). Die Angaben zur Verbreitung schwanken sehr stark, zwischen zehn und 700 Kranken von 100.000 Personen. Das liegt auch daran, dass die Diagnose nicht so klar zu stellen ist.

•    Prävalenz 10–500/100 000 Frauen, je nach Einschlusskriterien. Moderne Studien zeigen höhere Prävalenzen.

•    mittleres Alter bei Diagnosestellung 40–50 Jahre, f:m = 9:1.<ref>{{Internetquelle |autor=Dr. med. Dirk Manski |url=http://www.urologielehrbuch.de/interstitielle_zystitis.html |titel=Interstitielle Zystitis und Blasenschmerzsyndrom – www.urologielehrbuch.de |zugriff=2017-11-20}}</ref>

== Symptome ==
Die interstitielle Zystitis macht sich durch ausgeprägte Unterleibsschmerzen und sehr häufigen, nicht zu unterdrückenden Harndrang bemerkbar. Die Betroffenen müssen oft 30-mal und häufiger am Tag zur Toilette. Das funktionelle Harnblasenvolumen ist deutlich erniedrigt, das heißt, die Menge Harn, die gehalten werden kann, ist deutlich geringer als bei einer gesunden Blase.

Häufig haben Betroffene gleichzeitig rheumaartige Gelenkschmerzen, migräneartige Kopfschmerzen, Allergien und/oder Magen- oder Darmprobleme. Die Schmerzen werden oft als ausgesprochen stark bis unerträglich empfunden und können über Monate andauern, aber in Häufigkeit und Art wechseln.

Zu den körperlichen Beschwerden kommen häufig psychische Probleme wie Depressionen oder eine allgemeine Abkapslung von der Umwelt hinzu.<ref>{{Literatur |Autor=Ina Maria Teichgräber |Titel=Über die Wirksamkeit der oralen Pentosanpolysulfat-Therapie (SP54) in der Behandlung der Chronisch Interstitiellen Cystitis |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |Seiten=10 |ISBN=}}</ref>

== Diagnostik ==
Die Diagnostik geschieht im Ausschlussverfahren von Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen.

== Therapie ==
Je früher IC diagnostiziert wird, desto besser sind die Therapieerfolge. Es gibt zurzeit keine adäquate Therapie, die zur Heilung der IC führen würde. Alle Therapien konnten bislang lediglich eine Linderung der Symptome erzielen. In der Vergangenheit gab es bereits diverse Therapieansätze, die jedoch alle nicht den gewünschten Erfolg zeigten (wie z.B. der Einsatz von Antihistaminika oder DMSO) und daher weitgehend keine Anwendung finden. Stoffe wie z.B. Hyaluronsäure oder Chondroitinsulfat, die den Aufbau der schützenden Glycosaminoglycanschicht unterstützen sollen, können zwar zur Symptomreduktion führen, müssen aber über einen transurethralen Katheter in die Blase instilliert werden, was bei vielen der IC-Patienten nur mit Schmerzen durchgeführt werden kann.<ref>{{Literatur |Autor=Ina Maria Teichgräber |Titel=Über die Wirksamkeit der oralen Pentosanpolysulfat-Therapie (SP54) in der Behandlung der Chronisch Interstitiellen Cystitis |Hrsg= |Sammelwerk= |Band= |Nummer= |Auflage= |Verlag= |Ort= |Datum= |Seiten=17 |ISBN=}}</ref>


Man nimmt an, dass bei interstitieller Zystitis die Schutzschicht der Schleimhaut (Glykosaminoglykan-(GAG)-Schicht) in der Blase durchlässiger ist. Normalerweise ist die Blasenwand so konzipiert, dass vom Urin, der sehr viele Abfallstoffe enthält, möglichst nichts oder sehr wenig in den Körper zurückgelangt. Wenn nun die innerste Lage, eine Schleimschicht, geschädigt ist, können Bestandteile aus dem Urin in tiefere Schichten der Blasenwand eindringen.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=37115 |titel=Interstitielle Zystitis: Ständige Qualen in der Blase |autor=Brigitte M. Gensthaler |werk=pharmazeutische-zeitung.de |datum=2011-10-01 |zugriff=2016-09-22}}</ref> Dabei steht vor allem das Kalium im Verdacht, das Gewebe zu reizen und in der Blasenwand Ödeme auszulösen. Diese Schwellungen könnten weiße Blutkörperchen anziehen. Die Folge wäre eine chronische Entzündung. Als Reaktion darauf könnten sich vermehrt Nervenfasern bilden. Was die Schäden an der Schleimhaut auslöst, ist aber nicht bekannt.
Man nimmt an, dass bei interstitieller Zystitis die Schutzschicht der Schleimhaut (Glykosaminoglykan-(GAG)-Schicht) in der Blase durchlässiger ist. Normalerweise ist die Blasenwand so konzipiert, dass vom Urin, der sehr viele Abfallstoffe enthält, möglichst nichts oder sehr wenig in den Körper zurückgelangt. Wenn nun die innerste Lage, eine Schleimschicht, geschädigt ist, können Bestandteile aus dem Urin in tiefere Schichten der Blasenwand eindringen.<ref>{{Internetquelle|url=http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=37115 |titel=Interstitielle Zystitis: Ständige Qualen in der Blase |autor=Brigitte M. Gensthaler |werk=pharmazeutische-zeitung.de |datum=2011-10-01 |zugriff=2016-09-22}}</ref> Dabei steht vor allem das Kalium im Verdacht, das Gewebe zu reizen und in der Blasenwand Ödeme auszulösen. Diese Schwellungen könnten weiße Blutkörperchen anziehen. Die Folge wäre eine chronische Entzündung. Als Reaktion darauf könnten sich vermehrt Nervenfasern bilden. Was die Schäden an der Schleimhaut auslöst, ist aber nicht bekannt.


Für die ursächliche Behandlung stehen u.&nbsp;a. eine Reihe von Molekülen zu Verfügung, welche strukturelle Ähnlichkeiten zu den Bausteinen der GAG-Schicht aufweisen. Dazu gehören Chondroitinsulfat, Hyaluronsäure, Heparin oder das dem Heparin strukturverwandte Pentosanpolysulfat. Die Therapie erfolgt oral oder durch direkte Einbringung des Wirkstoffes in die Blase mittels Instillation. Für die orale Therapie ist aktuell der Wirkstoff Pentosanpolysulfat gebräuchlich, welcher in den USA als Fertigarzneimittel unter dem Namen Elmiron erhältlich ist. Instillationslösungen sind unter den Handelsnamen ''Gepan instill'' (Chondroitinsulfat), ''Cystistat'' (Hyaluronsäure), ''Instillamed'' (Hyalouronsäure, Chondroitinsulfat), ''Cysturon'' (Pentosanpolysulfat) erhältlich.
Für die ursächliche Behandlung stehen u.&nbsp;a. eine Reihe von Molekülen zu Verfügung, welche strukturelle Ähnlichkeiten zu den Bausteinen der GAG-Schicht aufweisen. Dazu gehören Chondroitinsulfat, Hyaluronsäure, Heparin oder das dem Heparin strukturverwandte Pentosanpolysulfat. Die Therapie erfolgt oral oder durch direkte Einbringung des Wirkstoffes in die Blase mittels Instillation. Für die orale Therapie ist aktuell der Wirkstoff Pentosanpolysulfat gebräuchlich, welcher in den USA als Fertigarzneimittel unter dem Namen Elmiron erhältlich ist. Im Juni 2017 hat die Europäische Kommission die EU-Zulassung für das Präperat elmiron<sup>®</sup> bekannt gegeben. Mit dem neu zugelassenen Produkt steht nun auch in der EU ein orales Mittel zur Behandlung von IC zur Verfügung.[http://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=69930] Instillationslösungen sind unter den Handelsnamen ''Gepan instill'' (Chondroitinsulfat), ''Cystistat'' (Hyaluronsäure), ''Instillamed'' (Hyalouronsäure, Chondroitinsulfat) erhältlich.


== Literatur ==
== Literatur ==
* Laura M. Bogart, Sandra H. Berry, J. Quentin Clemens: [http://www.rand.org/pubs/reprints/RP1322/ ''Symptoms of Interstitial Cystitis, Painful Bladder Syndrome and Similar Diseases in Women. A Systematic Review.''] In: ''[[The Journal of Urology]].'' Band 177, 2007, S. 450–456, [[doi:10.1016/j.juro.2006.09.032]]; PDF-Reprint durch die [[Rand Corporation]].
* Laura M. Bogart, Sandra H. Berry, J. Quentin Clemens: [http://www.rand.org/pubs/reprints/RP1322/ ''Symptoms of Interstitial Cystitis, Painful Bladder Syndrome and Similar Diseases in Women. A Systematic Review.''] In: ''[[The Journal of Urology]].'' Band 177, 2007, S. 450–456, [[doi:10.1016/j.juro.2006.09.032]]; PDF-Reprint durch die [[Rand Corporation]].
* Karl H. Kurth: ''Interstitielle Cystitis.'' Ergebnisse Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-87916-069-4.
* Karl H. Kurth: ''Interstitielle Cystitis.'' Ergebnisse Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-87916-069-4
* Tutolo, Manuela, Ammirati, Enrico, Castagna, Giulia, Klockaerts, Katrien, Plancke, Hendrik, Ost, Dieter, Aa, Frank Van der, & Ridder, Dirk De. (2017). A prospective randomized controlled multicentre trial comparing intravesical DMSO and chondroïtin sulphate 2% for painful bladder syndrome/interstitial cystitis. International braz j urol, 43(1), 134-141
* Hiergeist A, Gessner A. Clinical implications of the microbiome in urinary tract diseases. Curr Opin Urol. 2016 Nov 24. [Epub ahead of print]
* Jhang JF, Kuo HC1. Pathomechanism of Interstitial Cystitis/Bladder Pain Syndrome and Mapping the Heterogeneity of Disease. Int Neurourol J. 2016 Nov;20(Suppl 2):S95-104. Epub 2016 Nov 22


== Weblinks ==
== Weblinks ==
* [http://www.urologielehrbuch.de/interstitielle_zystitis.html www.urologielehrbuch.de, Kapitel interstitielle Zystitis]
* [http://www.urologielehrbuch.de/interstitielle_zystitis.html www.urologielehrbuch.de, Kapitel interstitielle Zystitis]
* https://www.tk.de/tk/krankheiten-a-z/krankheiten-i/interstitielle-zystitis/691872
* https://www.ica-ev.de/


== Einzelnachweise ==
== Einzelnachweise ==

Version vom 20. November 2017, 18:50 Uhr

Die Interstitielle Zystitis/Cystitis (IC), auch Hunner-Zystitis nach Guy Hunner genannt, ist eine chronische, abakterielle Blasenentzündung, bei der die Drangsymptomatik und Schmerzen von Becken und Harnblase im Vordergrund stehen.Auch als IC oder Painful Blasser Syndro (PBS, Blasenschmerzsyndro) benannt. Bei der IC ist nicht die Blasenschleihaut, sondern vielmehr die tiferen Zwischenräume in der Blasenwand chronisch entzündet.[1]

Offenbar spielt die Schleimhaut der Harnblase eine wichtige Rolle in der Pathogenese. Man vermutet, dass die schützende Glykosaminoglykan-(GAG)-Schicht auf dem Urothel defekt ist. So können aggressive Stoffe aus dem Harn direkt in Kontakt mit der Blasenwand kommen und chronische Entzündungsprozesse anstoßen. Die Freisetzung von Histamin aus Mastzellen sowie eine neurovegetative Dysbalance scheinen die Entzündungsprozesse in Gang zu halten.

Die Interstitielle Zystitis wurde bereits im 19. Jahrhundert erstmalig beschrieben, jedoch ist ihre genaue Ätiologie bis heute unbekannt.(so: Ina Maria Teichgräber)[2]

Der Name interstitielle Zystitis wurde erstmals 1887 von Alexander Skene, einem New Yorker Arzt, in der Publikation Disease of bladder and urethra in woman verwendet.[3] Aber das umfangreichste Wissen zu dieser Zeit um diese Erkrankung, ist mit dem Bostoner Chirurgen Guy Hunner (1868–1957) verbunden. Er beschreibt diese Blasenerkrankung erstmals 1914. Hunner fand heraus, dass Patienten, mit den im weiteren Verlauf beschriebenen Symptomen, eine sehr empfindliche Blasenauskleidung hatten. Sichtbare Zeichen waren nicht vorhanden, jedoch wenn er die Blasenwand berührte, fing sie an zu bluten. Bis heute wurde der schweren Erkrankung keine rechte Bedeutung beigemessen, sie ist weder erforscht noch heilbar.

Epidemiologie

Interstitielle Zystitis hat den Status der sogenannten Seltenen Krankheiten[4] (Orphan Disease).

90 Prozent der Betroffenen sind Frauen, jedoch werden nun auch immer mehr Männer diagnostiziert (Hohlbrugger). Die Angaben zur Verbreitung schwanken sehr stark, zwischen zehn und 700 Kranken von 100.000 Personen. Das liegt auch daran, dass die Diagnose nicht so klar zu stellen ist.

•    Prävalenz 10–500/100 000 Frauen, je nach Einschlusskriterien. Moderne Studien zeigen höhere Prävalenzen.

•    mittleres Alter bei Diagnosestellung 40–50 Jahre, f:m = 9:1.[5]

Symptome

Die interstitielle Zystitis macht sich durch ausgeprägte Unterleibsschmerzen und sehr häufigen, nicht zu unterdrückenden Harndrang bemerkbar. Die Betroffenen müssen oft 30-mal und häufiger am Tag zur Toilette. Das funktionelle Harnblasenvolumen ist deutlich erniedrigt, das heißt, die Menge Harn, die gehalten werden kann, ist deutlich geringer als bei einer gesunden Blase.

Häufig haben Betroffene gleichzeitig rheumaartige Gelenkschmerzen, migräneartige Kopfschmerzen, Allergien und/oder Magen- oder Darmprobleme. Die Schmerzen werden oft als ausgesprochen stark bis unerträglich empfunden und können über Monate andauern, aber in Häufigkeit und Art wechseln.

Zu den körperlichen Beschwerden kommen häufig psychische Probleme wie Depressionen oder eine allgemeine Abkapslung von der Umwelt hinzu.[6]

Diagnostik

Die Diagnostik geschieht im Ausschlussverfahren von Erkrankungen mit ähnlichen Symptomen.

Therapie

Je früher IC diagnostiziert wird, desto besser sind die Therapieerfolge. Es gibt zurzeit keine adäquate Therapie, die zur Heilung der IC führen würde. Alle Therapien konnten bislang lediglich eine Linderung der Symptome erzielen. In der Vergangenheit gab es bereits diverse Therapieansätze, die jedoch alle nicht den gewünschten Erfolg zeigten (wie z.B. der Einsatz von Antihistaminika oder DMSO) und daher weitgehend keine Anwendung finden. Stoffe wie z.B. Hyaluronsäure oder Chondroitinsulfat, die den Aufbau der schützenden Glycosaminoglycanschicht unterstützen sollen, können zwar zur Symptomreduktion führen, müssen aber über einen transurethralen Katheter in die Blase instilliert werden, was bei vielen der IC-Patienten nur mit Schmerzen durchgeführt werden kann.[7]

Man nimmt an, dass bei interstitieller Zystitis die Schutzschicht der Schleimhaut (Glykosaminoglykan-(GAG)-Schicht) in der Blase durchlässiger ist. Normalerweise ist die Blasenwand so konzipiert, dass vom Urin, der sehr viele Abfallstoffe enthält, möglichst nichts oder sehr wenig in den Körper zurückgelangt. Wenn nun die innerste Lage, eine Schleimschicht, geschädigt ist, können Bestandteile aus dem Urin in tiefere Schichten der Blasenwand eindringen.[8] Dabei steht vor allem das Kalium im Verdacht, das Gewebe zu reizen und in der Blasenwand Ödeme auszulösen. Diese Schwellungen könnten weiße Blutkörperchen anziehen. Die Folge wäre eine chronische Entzündung. Als Reaktion darauf könnten sich vermehrt Nervenfasern bilden. Was die Schäden an der Schleimhaut auslöst, ist aber nicht bekannt.

Für die ursächliche Behandlung stehen u. a. eine Reihe von Molekülen zu Verfügung, welche strukturelle Ähnlichkeiten zu den Bausteinen der GAG-Schicht aufweisen. Dazu gehören Chondroitinsulfat, Hyaluronsäure, Heparin oder das dem Heparin strukturverwandte Pentosanpolysulfat. Die Therapie erfolgt oral oder durch direkte Einbringung des Wirkstoffes in die Blase mittels Instillation. Für die orale Therapie ist aktuell der Wirkstoff Pentosanpolysulfat gebräuchlich, welcher in den USA als Fertigarzneimittel unter dem Namen Elmiron erhältlich ist. Im Juni 2017 hat die Europäische Kommission die EU-Zulassung für das Präperat elmiron® bekannt gegeben. Mit dem neu zugelassenen Produkt steht nun auch in der EU ein orales Mittel zur Behandlung von IC zur Verfügung.[1] Instillationslösungen sind unter den Handelsnamen Gepan instill (Chondroitinsulfat), Cystistat (Hyaluronsäure), Instillamed (Hyalouronsäure, Chondroitinsulfat) erhältlich.

Literatur

  • Laura M. Bogart, Sandra H. Berry, J. Quentin Clemens: Symptoms of Interstitial Cystitis, Painful Bladder Syndrome and Similar Diseases in Women. A Systematic Review. In: The Journal of Urology. Band 177, 2007, S. 450–456, doi:10.1016/j.juro.2006.09.032; PDF-Reprint durch die Rand Corporation.
  • Karl H. Kurth: Interstitielle Cystitis. Ergebnisse Verlag, Hamburg 2004, ISBN 3-87916-069-4
  • Tutolo, Manuela, Ammirati, Enrico, Castagna, Giulia, Klockaerts, Katrien, Plancke, Hendrik, Ost, Dieter, Aa, Frank Van der, & Ridder, Dirk De. (2017). A prospective randomized controlled multicentre trial comparing intravesical DMSO and chondroïtin sulphate 2% for painful bladder syndrome/interstitial cystitis. International braz j urol, 43(1), 134-141
  • Hiergeist A, Gessner A. Clinical implications of the microbiome in urinary tract diseases. Curr Opin Urol. 2016 Nov 24. [Epub ahead of print]
  • Jhang JF, Kuo HC1. Pathomechanism of Interstitial Cystitis/Bladder Pain Syndrome and Mapping the Heterogeneity of Disease. Int Neurourol J. 2016 Nov;20(Suppl 2):S95-104. Epub 2016 Nov 22

Einzelnachweise

  1. Was ist eine interstitielle Zystitis (IC)? | TK. Abgerufen am 20. November 2017.
  2. Ina Maria Teichgräber: Über die Wirksamkeit der oralen Pentosanpolysulfat-Therapie (SP54) in der Behandlung der Chronisch Interstitiellen Cystitis.
  3. D. A. Moutzouris, M. E. Falagas: Interstitial Cystitis:An Unsolved Enigma. In: Clinical Journal of the American Society of Nephrology. Band 4, 2009, S. 1844–1857, doi:10.2215/CJN.02000309, PMID 19808225.
  4. Seltene Krankheit. In: Wikipedia. 26. September 2017 (wikipedia.org [abgerufen am 20. November 2017]).
  5. Dr. med. Dirk Manski: Interstitielle Zystitis und Blasenschmerzsyndrom – www.urologielehrbuch.de. Abgerufen am 20. November 2017.
  6. Ina Maria Teichgräber: Über die Wirksamkeit der oralen Pentosanpolysulfat-Therapie (SP54) in der Behandlung der Chronisch Interstitiellen Cystitis. S. 10.
  7. Ina Maria Teichgräber: Über die Wirksamkeit der oralen Pentosanpolysulfat-Therapie (SP54) in der Behandlung der Chronisch Interstitiellen Cystitis. S. 17.
  8. Brigitte M. Gensthaler: Interstitielle Zystitis: Ständige Qualen in der Blase. In: pharmazeutische-zeitung.de. 1. Oktober 2011, abgerufen am 22. September 2016.