Rhodocyclaceae

Rhodocyclaceae
Systematik
Domäne:Bakterien (Bacteria)
Abteilung:Proteobacteria
Klasse:Betaproteobacteria
Ordnung:Rhodocyclales
Familie:Rhodocyclaceae
Wissenschaftlicher Name der Ordnung
Rhodocyclales
Garrity et al. 2006
Wissenschaftlicher Name der Familie
Rhodocyclaceae
Garrity et al. 2006

Die Rhodocyclaceae bilden eine Familie gramnegativer Bakterien. Diese gehört bisher als einzige zur Ordnung Rhodocyclales aus der Klasse der Betaproteobakterien. Zu dieser Familie gehören viele Gattungen, die früher als Pseudomonadaceae klassifiziert wurden, aber nach den Erkenntnissen der molekularen Phylogenie (zum Beispiel 16S-rRNA-Sequenzen) als nicht verwandt zu den klassischen Pseudomonas-Arten eingestuft wurden.

Merkmale und Ökologie

Die Rhodocyclaceae umfassen hauptsächlich aerobe (auf Sauerstoff angewiesen) stäbchenförmige Bakterien, die durch vielseitige Stoffwechselleistungen gekennzeichnet sind. Auch strikt anaerobe Bakterien, die nur unter Ausschluss von Sauerstoff leben können und als Stoffwechsel die Fermentation (umgangssprachlich als Gärung bezeichnet) anwenden, sind in dieser Familie anzutreffen, wie zum Beispiel Propionibacter. Die verschiedenen Arten der Rhodocyclaceae sind meist durch Geißeln beweglich und kommen in Süßwasser oder im Boden vor. Einige, wie Zoogloea, kommen auch in Abwässern vor und spielen eine wichtige Rolle bei der biologischen Abwasserbehandlung in Kläranlagen.

Stickstofffixierende Bakterien sind ebenfalls in dieser Familie vertreten. Sie können den freien, molekularen Stickstoff (N2, Distickstoff) aus der Umgebung aufnehmen und im Stoffwechsel weiter verwerten, eine Fähigkeit die unter den Bakterien relativ weit verbreitet ist, im Pflanzen- und Tierreich aber fehlt. Einige der stickstofffixerenden Arten bilden Assoziationen mit verschiedenen Pflanzenarten, wie Reis und Kallargras (Leptochloa fusca) und versorgen sie mit Stickstoff, andere kommen frei im Boden vor. Die stickstofffixierenden Arten benötigen in der Regel mikroaerobe Bedingungen (geringer Sauerstoffgehalt in der Umgebung) um den Stickstoff zu binden.

Zurzeit wird die Möglichkeit untersucht, Azoarcus zur Verbesserung des Reisanbaus einzusetzen.

Die namengebende Gattung Rhodocyclus ist eher untypisch für die Gruppe, da sie unter anaeroben Bedingungen zur anoxygenen Photosynthese fähig ist und zur physiologischen Gruppe der Nichtschwefelpurpurbakterien gehört. Außerdem zeichnet sich die Art Rhodocyclus purpureus durch ungewöhnliche, U-förmige bis ringförmige Zellen aus.

Stickstofffixierung

Zu den Stickstofffixierer der Rhodocyclaceae zählen verschiedene im Boden vorkommende Arten von Azoarcus, Azospira, Azovibrio und Azonexus. Die Vorsilbe „Azo-“ ist von Französisch „azote“ (Stickstoff) abgeleitet. Verschiedene dieser Arten sind hierbei mit Pflanzen assoziiert und kommen auf der Wurzeloberfläche oder auch innerhalb des Wurzelgewebes (endophytisch) vor. Allerdings kommt es hier nicht zur Bildung von speziellen symbiotischen Strukturen wie es bei Rhizobien und verschiedenen Hülsenfrüchtlern (Wurzelknöllchen) der Fall ist. Die Arten von Azoarcus sind ökologisch stark an die Pflanzen gebunden, denn frei im Boden, außerhalb von Rhizosphären wurden sie noch nicht gefunden. Eine freie Kultivierung im Labor nach der Isolation von den Pflanzen ist aber möglich. Zu den endophytischen Arten zählen zum Beispiel Azospira oryzae und Azoarcus indigens. Sie besiedeln den Raum zwischen den einzelnen Pflanzenzellen des Wurzelgewebes, den sogenannten Apoplast, kommen also nicht innerhalb der Pflanzenzellen vor. Andere Arten kommen auf der Wurzeloberfläche vor (epiphytisch). Hierzu zählen zum Beispiel Azoarcus evansii und A. buckelii. Die verschiedenen Arten von Azoarcus, Azovibrio und Azospira wurden in Wurzeln von Kallargras, eine an Überflutung angepasste und salztolerante C4-Pflanze gefunden. Auch im Wurzelgewebe von Reis (Oryza sativa) kommen Arten vor.

Andere Vertreter der stickstofffixierenden Rhodocyclaceae sind wiederum ausschließlich außerhalb der Wurzelsphäre, völlig unabhängig von Pflanzen, im Boden anzutreffen. Hierzu zählen zum Beispiel verschiedene Arten von Azoarcus, wie Azoarcus evansii und A. buckelii. In oder an Pflanzen wurden sie noch nicht gefunden.

Es folgt eine Liste einiger Gattungen und Arten dieser Familie[1]:

  • Azospira Reinhold-Hurek & Hurek 2000
    • Azospira oryzaeReinhold-Hurek & Hurek 2000
    • Azospira restrictaBae et al. 2007
  • AzovibrioReinhold-Hurek & Hurek 2000
    • Azovibrio restrictusReinhold-Hurek & Hurek 2000
  • NiveibacteriumChun et al. 2016
  • OryzomicrobiumLiu et al. 2017
  • PropionivibrioTanaka et al. 1991
    • Propionivibrio dicarboxylicusTanaka et al. 1991
    • Propionivibrio limicolaBrune et al. 2002
    • Propionivibrio pelophilus(Meijer et al. 1999) Brune et al. 2002
  • RhodocyclusPfennig 1978
    • Rhodocyclus purpureusPfennig 1978
    • Rhodocyclus tenuis(Pfennig 1969) Imhoff et al. 1984

Die folgenden Gattungen werden neuerdings in der LPSN abgetrennt und innerhalb der Ordnung in eigene Familien gestellt:

Familie AzonexaceaeBoden et al. 2017

  • AzonexusReinhold-Hurek & Hurek 2000
    • Azonexus caeniQuan et al. 2006
    • Azonexus hydrophilusChou et al. 2008
    • Azonexus fungiphilusReinhold-Hurek & Hurek 2000
  • DechloromonasAchenbach et al. 2001
    • Dechloromonas agitataAchenbach et al. 2001
    • Dechloromonas denitrificansHorn et al. 2005
  • FerribacteriumCummings et al. 2000
    • Ferribacterium limneticumCummings et al. 2000
  • QuatrionicoccusTindall & Euzéby 2006
    • Quadricoccus australiensis(Maszenan et al. 2002) Tindall & Euzéby 2006

Familie FluviibacteraceaeWatanabe et al. 2020

  • FluviibacterWatanabe et al. 2020
    • Fluviibacter phosphoraccumulansWatanabe et al. 2020

Familie ZoogloeaceaeBoden et al. 2017

  • AzoarcusReinhold-Hurek et al. 1993
    • Azoarcus anaerobiusSpringer et al. 1998
    • Azoarcus buckeliiMechichi et al. 2002
    • Azoarcus communisReinhold-Hurek et al. 1993
    • Azoarcus evansiiAnders et al. 1995
    • Azoarcus indigensReinhold-Hurek et al. 1993
    • Azoarcus toluclasticusSong et al. 1999
    • Azoarcus tolulyticusZhou et al. 1995
    • Azoarcus toluvoransSong et al. 1999
  • ThaueraMacy et al. 1993
    • Thauera aminoaromaticaMechichi et al. 2002
    • Thauera aromaticaAnders et al. 1995
    • Thauera chlorobenzoicaSong et al. 2001
    • Thauera linaloolentisFoss & Harder 1999
    • Thauera mechernichensisScholten et al. 1999
    • Thauera phenylaceticaMechichi et al. 2002
    • Thauera selenatisMacy et al. 1993
  • Uliginosibacterium Weon et al. 2008
  • ZoogloeaItzigsohn 1868
    • Zoogloea caeniShao et al. 2009
    • Zoogloea oryzaeXie & Yokota 2006
    • Zoogloea ramigeraItzigsohn 1868
    • Zoogloea resiniphilaMohn et al. 1999

Nach der LPSN (ebenso wie nach der Taxonomie des NCBI, nicht aber nach der GTDB) wird die folgende Familie ebenfalls abgetrennter Gattungen in die Ordnung Nitrosomonadales gestellt:

Familie SterolibacteriaceaeBoden et al. 2017

Nach der LPSN wird die folgende Familie mit einer abgetrennten Gattung in die Ordnung Hyphomicrobiales gestellt:

Familie RhizobiaceaeConn 1938

  • CrabtreellaXie & Yokota 2006
    • Crabtreella saccharophilaXie & Yokota 2006

Quellen

  1. J.P. Euzéby: List of Prokaryotic names with Standing in NomenclatureFamilie Rhodocyclaceae (Stand 30. August 2032)

Literatur

  • Michael T. Madigan, John M. Martinko, Jack Parker: Brock – Mikrobiologie. 11. Auflage. Pearson Studium, München 2006, ISBN 3-8274-0566-1.
  • George M. Garrity: Bergey's manual of systematic bacteriology. 2. Auflage. Springer, New York 2005, Vol. 2: The Proteobacteria Part C: The Alpha-, Beta-, Delta-, and Epsilonproteabacteria ISBN 0-387-24145-0.
  • Martin Dworkin, Stanley Falkow, Eugene Rosenberg, Karl-Heinz Schleifer, Erko Stackebrandt (Hrsg.): The Prokaryotes, A Handbook of the Biology of Bacteria. Volume 5: Proteobacteria: Alpha and Beta Subclasses, 3. Auflage, Springer-Verlag, New York u. a. O., 2006, ISBN 978-0-387-25495-1.