Paulus Niavis

Paulus Niavis, latinisiert aus Paul Schneevogel (* um 1460 in Eger, Länder der Böhmischen Krone; † 1517 in Bautzen), war ein deutscher Humanist, Pädagoge, Schriftsteller und Beamter.

Leben

Geboren im böhmischen Eger (heute Cheb), verbrachte er seine Schulzeit (zumindest teilweise) in Plauen im Vogtland. Er studierte ab 1475 in Ingolstadt und ab 1479 in Leipzig, wo er 1481 den Magistergrad erwarb.

Anschließend wurde er als Schulmeister nach Halle (Saale) und als Rektor nach Chemnitz an die städtische Lateinschule berufen. Im Jahre 1490 wurde er Stadtschreiber in Zittau, 1497 übernahm er dieselbe Funktion in Bautzen. Zwischen 1508 und 1514 saß er im dortigen Rat. Aus einer Chronik von 1518 geht hervor, dass er wahrscheinlich 1517 in Bautzen verstorben war.

Wirken

Als Pädagoge reformierte Niavis den Lateinunterricht an der Chemnitzer Lateinschule. Mit seinem um 1489 erstmals erschienenen Lehrwerk Dialogus parvulis scholaribus ad latinum idioma perutilissimus bekämpfte er das bis dahin übliche sture Auswendiglernen grammatischer Regeln und realitätsferner Texte, indem er Themen aus dem Schüleralltag, in Dialogform aufbereitet, zur Grundlage seines Unterrichts machte. Mit seiner szenischen Gestaltung dieser Dialoge gilt Niavis als Begründer der Gattung lateinischer Schülergesprächsbücher. Seine ersten Nachfolger darin waren die Schlesier Andreas Hündern und Laurentius Corvinus.

Von besonderer Bedeutung ist das ca. 1495 erschienene Iudicium Iovis, das als erstes literarisches Werk über den Bergbau im Erzgebirge gilt.

Neben den eigenen Schriften gab Niavis auch Texte von Platon, Lukian, Cicero, Kirchenvätern (Basilius Magnus) und italienischen Humanisten (Buonaccorsi, Vegio) in lateinischer Sprache heraus. Die Drucke der wenigsten seiner Werke sind datiert, werden aber im Allgemeinen in die 1480er Jahre gelegt.

Werke

  • Thesaurus eloquencie
  • Latinum ydeoma pro novellis studentibus
  • Latinum ydeoma pro parvulis editum
  • Dialogs, in quo litterarum studiosus cum beano loquitur
  • Latinum ydeoma pro scholaribus adhuc particularia frequentantibus
  • Latinum ydeoma pro noviciis in religionibus constitutis
  • Elegancie latinitatis
  • Epistolae breves
  • Epistolae mediocres
  • Epistolae longiores
  • Colores rethorice discipline
  • Declamatio de conceptione intemerate virginis Marie
  • Iudicium Iovis in valle amenitatis habitum
  • Historia occisorum in Culm

Literatur

  • Rudolf Wolkan: Böhmens Antheil an der deutschen Litteratur des XVI. Jahrhunderts. Prag 1894, Teil 3, S. 159.
  • Aloys Bömer: Die lateinischen Schülergespräche der Humanisten. Texte und Forschungen zur Geschichte des Unterrichts in den Ländern deutscher Zunge. Band 1. Berlin 1897, S. 19–55.
  • Aloys Bömer: Paulus Niavis. Ein Vorkämpfer des deutschen Humanismus. In: Neues Archiv für Sächsische Geschichte und Altertumskunde. 19/1898, S. 51–94
  • Paulus Niavis: Iudicium Iovis oder Das Gericht der Götter über den Bergbau: ein literarisches Dokument aus der Frühzeit des deutschen Bergbaus / Übers. u. bearb. von Paul Krenkel. Berlin 1953. Freiberger Forschungshefte, D 3
  • Joachim Knape, Ursula KocherNiavis, Paul. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 19, Duncker & Humblot, Berlin 1999, ISBN 3-428-00200-8, S. 195 f. (Digitalisat).
  • Michael Rupp: Der Petrarca aus Böhmen. Paulus Niavis und die humanistische Novelle in Leipzig. In: Der Humanismus an der Universität Leipzig. Pirckheimer-Jahrbuch 23, München 2008, S. 59–104.
  • Paulus Niavis, Spätmittelalterliche Schülerdialoge, hg. von A. Kramarczyk und O. Humberg, Chemnitz 2013.
  • Oliver Humberg: Die drei Briefsammlungen des Paulus Niavis. Kritische Edition mit typographischer Analyse der Drucküberlieferung, Regesten, historischen Erläuterungen und Übersetzung. 2 Bände. Wuppertal-Barmen 2021.
  • Oliver Humberg: Jupiters Gericht über den Bergbau des Menschen. Paul Schneevogels Kontroverse ‚Judicium Jovis‘ kritisch ediert mit Studien zur Textgeschichte und einem Einblick in den zeitgenössischen Sprachunterricht. Wuppertal-Barmen 2021.