Oberlandesgericht Königsberg (1808–1849)

Das Oberlandesgericht Königsberg war von 1808 bis 1849 ein preußisches Oberlandesgericht mit Sitz in Königsberg.

Geschichte

In Königsberg bestand bis 1808 die Ostpreußische Regierung. Die Gerichte im Königreich Preußen hatten im HRR historisch gewachsene Aufgaben, Zuschnitte und Bezeichnungen. Im Rahmen der Preußischen Reformen versuchte man, eine einheitliche Systematik einzurichten und begann damit bei den Mittelgerichten. Die Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzial-Polizei- u. Finanz-Behörden vom 26. Dezember 1808[1] bestimmte, dass die unter verschiedenen Bezeichnungen wie Oberamtsregierung oder Hofgericht firmierenden obersten Gerichte jedes Landesteils künftig Ober-Landesgericht heißen sollten. Damit wurde die Ostpreußische Regierung in das Oberlandesgericht Königsberg umgewandelt.

Nach der Restrukturierung des Staatsterritoriums 1815 sollte jeder Regierungsbezirk zugleich das Departement (= Zuständigkeitsbereich) eines Oberlandesgerichts bilden.[2] Entsprechend war das Oberlandesgericht Königsberg für den Regierungsbezirk Königsberg zuständig.

Nach der Märzrevolution wurden die Patrimonialgerichte abgeschafft und die Oberlandesgerichte durch Appellationsgerichte ersetzt. In Königsberg entstand 1849 so das Ostpreußische Tribunal zu Königsberg.

Untergerichte

Dem Oberlandesgericht Königsberg waren folgende Gerichte nachgeordnet:

ArtGerichtSitzAnmerkungen
SonstigeFürstbischöflich Ermländisches LandvoigteigerichtHeilsbergDas Fürstbistum Ermland kam bei der ersten polnischen Teilung 1772 zu Preußen und wurde säkularisiert. Das Gericht war damit faktisch ein staatliches Gericht und wurde später als Königliches Ermländisches Landvoigteigericht bezeichnet. 1823 wurde das Stadtgericht Heilsberg und das Justizamt Heilsberg auf das Landvogteigericht verschmolzen.[3]
Geistliche Gerichte des Bistums ErmlandOfficialat Frauenburg (1. Instanz)Frauenburg
Geistliche Gerichte des Bistums ErmlandAppellationsgericht Frauenburg (2. Instanz)Frauenburg
Geistliche Gerichte des Bistums ErmlandProsynodalgericht Frauenburg (3. Instanz)Frauenburg
Erb-HauptämterErbhauptämter Gerdauen und NordenburgGerdauenBesitzer war die Familie Schlieben
Erb-HauptämterErbhauptamt GilgenburgGilgenburgBesitzer war die Familie Finck von Finckenstein, ab 1831 Land- und Stadtgericht Gilgenburg
SonstigeOstpreußisches Commerz- und AdmiralitätskollegiumKönigsberg
Staatliche Gerichte 1. KlasseStadtgericht KönigsbergKönigsberg
Staatliche Gerichte 1. KlasseLand- und Stadtgericht BraunsbergBraunsberg1821 entstand aus dem Stadtgericht Braunsberg, dem Justizamt Braunsberg und dem Justizamt Frauenburg und anderen das Land- und Stadtgericht Braunsberg. 1837 kam noch das Stadtgericht Frauenburg hinzu[3]
Staatliche Gerichte 1. KlasseLand- und Stadtgericht MemelMemel1811 aus dem Stadtgericht Memel gebildet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht AllenburgAllenburg1822 aus dem Stadtgericht Allenburg und dem Justizamt Natangen errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht AllensteinAllenstein1823 errichtet[3], Später 1. Klasse
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht BartenBarten1823 aus dem Stadtgericht Barten und Teilen des Justizamt Rastenburg errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht BartensteinBartenstein1822 aus dem Stadtgericht Bartenstein, dem Justizamt Bartenstein und anderen errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht BischofsburgBischofsburg1828 errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht BischofsteinBischofstein1827 aus dem Stadtgericht Bischofstein und einigen benachbarten Orten errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht DrengfurthDrengfurth1823 aus dem Stadtgericht Drengfurth und Teilen des Justizamt Rastenburg errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht Preußisch EylauPreußisch Eylau1823 aus dem Stadtgericht Preußisch Eylau und dem Justizamt Preußisch Eylau errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht FischhausenFischhausen1822 aus dem Stadtgericht Fischhausen und dem vereinigten Justizamt Fischhausen und Justizamt Kragau errichtet[3], Später 1. Klasse
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht GerdauenGerdauen1821 aus dem Stadtgericht Gerdauen und dem Justizamt Wandlacken errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht GuttstadtGuttstadt1822 aus dem Stadtgericht Guttstadt und Teilen der Justizämter Wormditt, Seeburg, Wartenburg und Allenstein errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht HeiligenbeilHeiligenbeil1823 aus dem Stadtgericht Heiligenbeil, dem Justizamt Balga und dem Justizamt Carben errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht HohensteinHohenstein1823 aus dem Stadtgericht Hohenstein und dem Justizamt Hohenstein errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht Preußisch HollandPreußisch Holland1822 aus dem Stadtgericht Preußisch Holland und dem Justizamt Preußisch Holland errichtet. 1844 kam das Stadtgericht Mühlhausen dazu[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht LabiauLabiau1821 aus dem Stadtgericht Labiau, dem Justizamt Labiau und dem Justizamt Laukischken errichtet[3], Später 1. Klasse
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht MehlsackMehlsack1821 aus dem Stadtgericht Mehlsack und einem Teil des Justizamt Mehlsack errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht OrtelsburgOrtelsburg1821 errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht PassenheimPassenheim1828 errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht RastenburgRastenburg1823 aus dem Stadtgericht Rastenburg und Teilen des Justizamt Rastenburg errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht RößelRößel1824 aus dem Stadtgericht Rößel, dem Stadtgericht Bischofstein und dem Justizamt Rößel errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht SaalfeldSaalfeld1823 aus dem Stadtgericht Saalfeld und dem Justizamt Preußisch Mark errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht SeeburgSeeburg1823 aus dem Stadtgericht Seeburg, dem Stadtgericht Bischofsburg und Teilen der Justizämter Seeburg, Rößel und anderer errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht TapiauTapiau1822 aus dem Stadtgericht Tapiau und dem Justizamt Tapiau errichtet[3], Später 1. Klasse
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht WartenburgWartenburg1823 aus dem Stadtgericht Wartenburg und dem Justizamt Wartenburg errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht WehlauWehlau1821 aus dem Stadtgericht Wehlau und dem Justizamt Wehlau errichtet[3], Später 1. Klasse
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht WillenbergWillenberg1822 aus dem Stadtgericht Willenberg und dem Justizamt Willenberg errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLand- und Stadtgericht WormdittWormditt1822 aus dem Stadtgericht Wormditt und Teilen des Justizamt Wormditt errichtet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht CreuzburgCreuzburgab 1826 Land- und Stadtgericht Creuzburg (gemeinsam mit einigen Gerichten aus dem Landgericht Königsberg)[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht DomnauDomnauab 1827 Land- und Stadtgericht Domnau (gemeinsam mit einigen Ortschaften aus dem Landgericht Königsberg)[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht FrauenburgFrauenburgging 1837 an das Land- und Stadtgericht Braunsberg[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht FriedlandFriedland
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht GilgenburgGilgenburgab 1831 Land- und Stadtgericht Gilgenburg[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht LandsbergLandsberg
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht LiebemühlLiebemühl1827 zum Land- und Stadtgericht Osterode[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht LiebstadtLiebstadtab 1827 Land- und Stadtgericht Liebstadt (gemeinsam mit dem Justizamt Liebstadt)[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht MohrungenMohrungenab 1827 Land- und Stadtgericht Mohrungen[4], gemeinsam mit dem Justizamt Mohrungen und anderen[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht MühlhausenMühlhausen1844 an das Land- und Stadtgericht Preußisch Holland[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht NeidenburgNeidenburgab 1828 Land- und Stadtgericht Neidenburg (gemeinsam mit dem Justizamt Neidenburg)[3], später 1. Klasse
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht NordenburgNordenburg
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht OsterodeOsterodeab 1827 Land- und Stadtgericht Osterode (gemeinsam mit dem Stadtgericht Liebemühl und dem Justizamt Osterode)[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht PillauPillau
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht SchippenbeilSchippenbeil
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht SoldauSoldauab 1824 gemeinsam mit dem Justizamt Soldau zum Land- und Stadtgericht Soldau[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseStadtgericht ZintenZintenab 1826 Land- und Stadtgericht Zinten (zusammen mit einigen Orten aus dem Land- und Stadtgericht Heiligenbeil)[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseLandgericht KönigsbergKönigsbergEntstand 1823 aus den Justizämtern Brandenburg, Kobbelbude und Uderwangen. 1826 kam noch ein Teil des Justizamtes Caporn hinzu. Ab 1827 wurde das Landgericht als 1. Landgericht Königsberg bezeichnet.[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseSamländisches Landgericht KönigsbergKönigsbergEntstand 1827 aus den Justizämtern Grünhof, Rossitten, Neuhausen und Waldau und noch dem anderen Teil des Justizamtes Caporn.[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt BrandenburgBrandenburg1826 dem Königsberger Landgericht zugeordnet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt KobbelbudeKobbelbude1826 dem Königsberger Landgericht zugeordnet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt UderwangenUderwangen1826 dem Königsberger Landgericht zugeordnet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt CapornCaporn1826/27 auf die beiden Königsberger Landgerichte verteilt[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt Caymen und SchaakenKönigsberg1826 zu einem gemeinsamen Justizamt kombiniert. 1847 dem Landgericht Königsberg zugeordnet.[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt Grünhof und RossittenGrünhof1827 dem Samländisches Landgericht Königsberg zugeordnet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt LiebstadtLiebstadtab 1827 Land- und Stadtgericht Liebstadt (gemeinsam mit dem Stadtgericht Liebstadt)[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt MehlaukenMehlaukenWurde 1822 mit dem reformierten Kirchamt Spannegeln verbunden und 1847 in das Landgericht Mehlauken umgewandelt.[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt Mohrungen und OsterodeMohrungen1827 aufgehoben und im Land- und Stadtgericht Mohrungen bzw. Osterode aufgegangen
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt Neidenburg und SoldauNeidenburgDas Justizamt Soldau kam 1824 zum Land- und Stadtgericht Soldau, das Justizamt Neidenburg zum Land- und Stadtgericht Neidenburg[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt Neuhausen und WaldauNeuhausen1827 dem Samländisches Landgericht Königsberg zugeordnet[3]
Staatliche Gerichte 2. KlasseJustizamt PrökulsPrökuls
PatrimonialgerichteBurggräflich und Gräflich zu Dohnasche GesamtgerichteDeutschendorfspäter errichtet
PatrimonialgerichteHospitalkollegiumKönigsbergspäter errichtet

[5][6][7]

Die Justizämter waren für die Staatsdomänen zuständig. Da einzelne Domänen für ein Gericht zu kleinteilig gewesen wären, wurden diese auf Ebene eines oder mehrerer Kreise zusammengefasst. Die Stadtgerichte waren jeweils für das Gebiet ihrer Stadt zuständig. Im Rahmen der Vereinheitlichung der Gerichte wurden diese im Laufe der Zeit in Land- und Stadtgerichten zusammengefasst. Daneben bestanden 712 Patrimonialgerichte im Sprengel des Oberlandesgerichts.[8]

Richter

Literatur

  • W. F. C. Starke: Beiträge zur Kenntniß der bestehenden Gerichtsverfassung und der neusten Resultate der Justizverwaltung in dem Preussischen Staate, Justiz-Verwaltungs-Statistik des Preussischen Staats, Bd. 2, 1839, S. 79 f., Digitalisat.

Einzelnachweise

  1. PrGS 1808 S. 464 (§ 53)
  2. Verordnung wegen verbesserter Einrichtung der Provinzialbehörden vom 30. April 1815 (PrGS S. 85, 98)
  3. a b c d e f g h i j k l m n o p q r s t u v w x y z aa ab ac ad ae af ag ah ai aj ak al am an ao ap aq ar as at au av aw ax ay az ba bb Max Töppen: Historisch-comparative Geographie von Preussen, 1858, S. 390–393, Digitalisat
  4. Die Einrichtung einen Königl. Land- und Stadtsgerichts zu Mohrungen dessen Gerichtsbezirk betreffend; in: Amtsblatt der königlichen preußischen Regierung zu Königsberg, 1827, No.33, Verordnung No.147
  5. Handbuch über den Königlich Preußischen Hof und Staat für das Jahr 1824, S. 323 f. Digitalisat
  6. Handbuch über den Königlich Preußischen Hof und Staat für das Jahr 1843, S. 485 f., Digitalisat
  7. Uebersicht der Justiz-Beamten und der Ressortverhältnisse der Gerichtsbehörden im preußischen Staate: Anfangs April 1833, S. 24 f. Digitalisat
  8. Johann Daniel Friedrich Rumpf: Der preußische Sekretär. Ein Handbuch zur Kenntniß der Preußischen Staatsverfassung und Staatsverwaltung, 1823, S. 416–435, Digitalisat